Scharlatan mit Professorentitel: Ulrich Beck

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Bevor ich zur Sache komme, möchte ich eine Anmerkung zur redaktionellen Arbeit der NachDenkSeiten machen. Albrecht Müller.

Manche unserer Leser denken, wir seien eine große Redaktion. Tatsächlich wird die redaktionelle Arbeit von Wolfgang Lieb und mir sowie von Kai Ruhsert geleistet, der in seiner Freizeit meist die „Hinweise des Tages“ zusammenstellt und redigiert.
Die einzelnen Hinweise auf interessante Artikel bekommen wir von einem guten Dutzend Leser der NachDenkSeiten, denen wir und unsere Leser zu großem Dank verpflichtet sind. Sie schicken uns teilweise schon nachts, wenn die ersten Artikel ins Netz gestellt werden, die Ausbeute ihrer Recherchen.
Einer davon ist Orlando Pascheit. Er hat uns den folgenden Hinweis geschickt – übrigens wie immer so aufgemacht, dass wir den Hinweis direkt in die Hinweise des Tages kopieren könnten: Überschrift, kurze Anmoderation zum Inhalt, Link und manchmal ein kurzer, zwei- bis fünf-zeiliger Kommentar.
Den Artikel von Ulrich Beck hat er mit einem ausführlichen Kommentar versehen, den wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten. Hier der Hinweis plus Kommentar von Orlando Pascheit und am Ende ein Abbinder von mir:

Abschied von der Utopie der Vollbeschäftigung
Die Debatte über Armut und Arbeitslosigkeit in Westeuropa steckt in der nationalstaatlichen Falle – so die These des folgenden Diskussionsbeitrags, der einen unkonventionellen Vorschlag skizziert.
Von Ulrich Beck
Quelle: NZZ

Kommentar: Man fragt sich, warum renommierte Zeitungen Schlagwortproduzenten wie Ulrich Beck erlauben, ihr altbekanntes, nicht sonderlich interessantes Zeug wiederkäuen zu lassen. Allerdings ist die Community der deutschen Gesellschaftswissenschaften mit der Vergabe des Schader-Preises an Beck nach Raffelhüschen (!) mit gutem Beispiel vorangegangen. Welch ein Ausweis für die analytische Kraft unserer Wissensgesellschaft, armes Deutschland!

Die Diskussion um produktivitätsbedingte Arbeitslosigkeit ist so alt wie die industrielle Revolution selbst, wie auch die von Beck verfochtene Lösung – Abschied von der Vollbeschäftigung gekoppelt an die Forderung an bedingungsloses Bürgereinkommen – nur eine weitere Variante von Brot und Spiele (Juvenal 100 n.Chr.) darstellt. Die seit den frühen 80ern geführte Diskussion ist durch einige Vertreter von Attac bis hin zu Politikern der ‘CDU’ wieder in Mode gekommen. Statt in diese Debatte konkret einzusteigen, drischt Beck Phrasen wie “Freiheit statt Vollbeschäftigung” und betreibt ein bißchen ‘name dropping’. Sachlich fängt die Crux schon damit an, daß die negative Einkommenssteuer nicht klar zum bedingungslosen Grundeinkommen abgegrenzt wird. Beck mag ja zur Finanzierung die Machbarkeitsstudie der Konrad-Adenauer-Stiftung gelesen haben, aber als Sozialwissenschaftler müßte er den statischen Charakter solcher Untersuchungen, d.h. die nicht intendierten Nebenfolgen (und Kosten) solcher ‘Modelle’ im Auge haben.
Vor allem lenkt das Geschwätz vom Ende der Vollbeschäftigung davon ab, daß einige nationale Eliten, z.B. in DE, ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, d.h. sie die bestehenden nationalstaatlichen Potentiale in sträflicher Weise vernachlässigt haben. Wie erklärt sich Beck z.B. die beschäftigungspolitischen Erfolge der skandinavischen Nationalstaaten?

Und dann: die nationalstaatliche Sackgasse. Was ist denn nun das Kapital, “national” oder “mobil”? Sollte Beck entgangen sein, daß die EU schon immer ein neoliberales Unternehmensprojekt gewesen ist, um nationalstaatliche Regulierungen und Barrieren zu überwinden, letztlich um Europa zu globalisieren? Ebenso verkennt Beck, daß die EU gleichzeitig auch immer ein politisches Projekt war, um negative Effekte dieses Prozesses eben die “Brasilianisierung der Wohlfahrtsgesellschaften” zu verhindern – wenn auch vielen Entwicklungen nachhinkend und nicht im erforderlichen Umfang erfolgreich. Dies gilt z.B. für das von Beck eingeforderte Bemühen, europaweit Innovationsschübe zu generieren, oder auch für andere Bestrebungen, wie z.B. auf internationaler Ebene Steuerschlupflöcher zu schließen. Das Problem ist bekannt. “Die Europäer könnten” nicht nur, wie Beck meint, sie haben die “nationalstaatliche Sackgasse” längst erkannt. Auch hier formuliert Beck konkreten Entwicklungen hinterher.
Wohlfeil aber wenig hilfreich sind abstrakte Forderungen nach “praktische(n) Ideen für eine Humanisierung des Globalisierungsprozesses”. Was sind die konkreten Strategien für Verhandlungen mit dem “Traummarkt China? ” Herrlich diese naive Vorstellung von der “professionellen Phantasie” Europas, welche von den billigen Arbeitskräften in China zum gegenseitigen Nutzen umgesetzt wird.
Insgesamt nervt dieses dauernde “könnte”, “müßte” nicht nur Becks, sondern vieler Sozial- und Geisteswissenschaftler. Die realen Schwierigkeiten z.B. der jetzt bevorstehenden Umsetzung eines Chemikaliengesetzes für einen ganzen Kontinent interessieren nicht. – Natürlich läßt sich über die inhaltliche Ausformung streiten, aber “nationalstaatliche Sackgassen” werden überwunden. Im Übrigen geht es weniger um Nationalstaat und Europa, sondern eher um einzelwirtschaftliches und gesamtwirtschaftliches Denken, um kurzfristige Gewinne und langfristige Erträge, um Markt und Staat (eben auch supranational), um ‘ego’ und ‘polis’ usw.

Beck sollte sich selbst beim Wort nehmen und versuchen, ein “sinnvolles Leben” zu führen – als “selbstbewusster Bürger ohne Lohnarbeit.” Vielleicht könnte eine Sammelbewegung organisiert werden, um Beck ein Grundeinkommen von 700 Euro zu sichern mit der Auflage, solche Texte zu unterlassen.

Ergänzungen von Albrecht Müller:

  1. Mit Recht weist Orlando Pascheit daraufhin, dass Ulrich Beck davon ablenkt, dass die nationalen Eliten wie zum Beispiel die unseren ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Beck blendet einfach aus, dass zum Beispiel die Verantwortlichen in Deutschland 1992/93 die gute Entwicklung unserer Volkswirtschaft mit geldpolitischen und fiskalpolitische Maßnahmen brutal abgebrochen haben. Der Diskontsatz wurde damals von der Bundesbank von 2,9 auf 8,75% erhöht. Und auch seitdem wurde immer wieder prozyklisch eingegriffen und so der Niedergang verstärkt. Unsere Eliten haben makroökonomisch versagt. Aber Beck weiß das besser. Er wäscht die Verantwortlichen weiß. Anzunehmen, bei der Arbeitslosigkeit handle es sich „um ein Versagen – der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft“… – „Auch das ist falsch“, erklärt Beck kategorisch.
    Es ist, wie ich immer schon vermutet habe: Viele so genannte Intellektuelle in Deutschland haben keine Ahnung von ökonomischen Zusammenhängen, aber ein um so festeres Urteil dazu. Auch in dem hier kommentierten Beitrag von Ulrich Beck findet man diesen Eindruck mehrfach bestätigt.
  2. Ergänzend kommentieren muss ich auch, dass Beck die Kooperation mit anderen Staaten als etwas Neues, als eine neue Idee darstellt. Was uns unsere Professoren so alles zumuten, ist nicht mehr zu fassen. Der IMF (und sei seine Politik auch noch so zweifelhaft), genauso die Weltbank, die OECD, die EU, der ursprüngliche Gipfel der Sieben – das waren und sind allesamt Koordinierungsversuche. Die Bundesregierung hat sich übrigens in den letzten 15 Jahren mehrmals einer Koordination der Wirtschafts- und Finanzpolitik innerhalb der Europäischen Union zu Gunsten der Beschäftigung verweigert. So etwas einfach zu unterschlagen – Wahnsinn.

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