Hinweise des Tages

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  1. Nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Erbschaftssteuer ist nun die Politik gefordert
    Nachhilfe für Politiker. Wieder einmal muss das Verfassungsgericht mahnen: Erben werden ungleich behandelt. Eigentlich seit Jahren klar. Wer große Grund- und Immobilienvermögen erbt, zahlt zu wenig Steuer. Und beim Betriebsvermögen gibt es zu viele Vergünstigungen. Trotzdem ist nichts passiert. Jetzt sagt das Gericht: Hausaufgaben machen! Ein besseres Gesetz muss her!
    Quelle: ver.di Wirtschaftspolitik aktuell [PDF – 72 KB]
  2. Aus der wunderbaren Welt der PPP:
    • Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) soll eine Agentur werden
      Die Deutsche Arzneimittelagentur (DAMA) soll nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden. Die Prüfungen für Medikamente, für die das BfArM bislang im Schnitt rund 17 Monate benötigte, soll die DAMA in nur sieben Monaten erledigen. “Effizient” ist das dann vor allem für die Pharmaindustrie, denn die kann ihre Medikamente schneller und leichter auf den deutschen Markt bringen – Risiken und Nebenwirkungen trägt der Patient.
      Quelle: ZDF
    • Privatknäste
      Hessen hat den Anfang gemacht, nun wollen drei weitere Bundesländer folgen: In ihren Gefängnissen sollen private Unternehmen die Häftlinge betreuen. Bei den Projekten geht es um viel Geld, doch rechtlich sind sie umstritten.
      Quelle: Spiegel Online
  3. IMK-News 1/07 zum Produktionspotential einer Volkswirtschaft, Konjunkturaussicht 2007, warum Deutschland gegenüber Schweden und England zurückbleibt u.a.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  4. Lothar Späth in den Tagesthemen zur Rente mit 67
    Tom Buhrow: Brauchen wir vielleicht einen ganz neuen Generationsvertrag?
    Lothar Späth: Im Endergebnis sind wir dabei, das zu erkennen. Wir sagen nur nicht – um die Leute nicht zu erschrecken -, wir brauchen einen ganz neuen Generationenvertrag, sondern wir sagen, wir müssen die Dinge anpassen.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung: So offen wird selten ausgesprochen, wie die Bevölkerung durch „Tarnworte“ wie „anpassen“ oder „Umbau“ getäuscht und belogen werden.

  5. Polarisiertes Japan
    Während die Unternehmen dank einer robusten Exportentwicklung und einem anhaltend schwachen Yen zuversichtlich nach vorne blicken, ist bei den Konsumenten von einer Aufbruchstimmung noch immer wenig spürbar. Statt ihre Gewinne an die Mitarbeiter weiterzureichen, verwenden Japans Firmen ihre freien Mittel für Investitionen oder Dividendenzahlungen, um einerseits international wettbewerbsfähig zu bleiben und anderseits die Aktionäre zufrieden zu stellen.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung eines Lesers: Bemerkenswert ist die Parallelität zu Deutschland. Beide Volkswirtschaften bestätigen die Freihandeltheorie insofern, dass ein Vorteil für die gesamte Volkswirtschaft nur dann entsteht, wenn die aus den Exportüberschüssen gewonnnen Einkommen auch der gesamten Volkswirtschaft zu Gute kommen, d.h. das die entstandenen Verteilungsasymmetrien aufgehoben werden.

  6. Die Linke im Bundestag fordert die Wiedereinführung einer Börsenumsatzsteuer
    In anderen EU-Ländern wird die Börsenumsatzsteuer nach wie vor erhoben, darunter Großbritannien als einem der weltweit größten internationalen Finanzplätze. In Großbritannien beträgt die Börsenumsatzsteuer 0,5 Prozent, in dem häufig als „Steuerparadies“ bezeichneten Irland 1 Prozent, in Finnland 1,6 Prozent. Deutschland hat heute – gemessen an der Börsenumsatzsteuer – also keinen Wettbewerbsnachteil, sondern unterbietet andere Finanzplätze.
    In der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank werden für das Jahr 2005 Börsenumsätze von insgesamt 3,8 Bio. Euro ausgewiesen. Bei einer Börsenumsatzsteuer von 1 Prozent auf alle Wertpapiertransaktionen entspricht dies Steuereinnahmen von 38 Mrd. Euro.
    Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 56 KB]
  7. Studie der FES: 40 Prozent ausbildungswilliger Jugendlicher landen in Ersatzmaßahmen für Lehrstellen, die keinen Berufsabschluss bringen
    Die Schwäche des Berufsbildungssystems ist nicht konjunktureller Art, sondern ganz prinzipiell und lässt sich auch an den aktuellen Zahlen ablesen. Formell suchen in Deutschland im Januar 2007 noch 17.500 Jugendliche einen Ausbildungsplatz – rechnet man die so genannten Altbewerber hinzu, sind es zehnmal so viele: 160.000. Nur noch ein Viertel der Betriebe bildet überhaupt aus und, besonders alarmierend: Im Westen des Landes ist die Zahl der regulären Lehrstellen im vermeintlichen Champagnerjahr um drei Prozent gesunken. Gutachter der Friedrich-Ebert-Stiftung fordern eine grundlegende Überprüfung des Übergangssystems.
    Quelle: taz
  8. Im Streit um CO2-Grenzwerte schlägt sich auch Schröders Nachfolgerin auf die Seite der deutschen Industrie und lehnt feste Vorgaben ab.
    Die deutschen Automobilhersteller – und nun auch die Kanzlerin – wenden sich mit ihrer Kritik gegen einheitliche Obergrenzen für alle Autos. Eine solche absolute Obergrenze wird von der EU jedoch überhaupt nicht angestrebt. Der Grenzwert von 120 Gramm soll vielmehr als Durchschnittswert für die Neuwagenflotte jedes Herstellers gelten. Dagegen könnten eigentlich weder Kanzlerin noch Wirtschaftsminister etwas haben, denn dieses Ziel steht im Koalitionsvertrag.
    Quelle: taz
  9. Die Mindestlohn-Debatte wird mit den falschen Argumenten geführt
    Der Mindestlohn wird kommen, auch wenn sich die Union noch ziert. Denn der Staat wird von den Unternehmen ausgeplündert. Der Trick der Firmen: Sie zahlen nur noch niedrigste Stundenlöhne und erwarten, dass ihre Mitarbeiter ergänzendes Arbeitslosengeld II beantragen. Inzwischen erhalten schon 550.000 Arbeitnehmer staatliche Hilfen, obwohl sie regulär beschäftigt sind. Ein Jahr zuvor waren es erst 367.000. Diese Zahlen sind ein Zeichen der Krise – mitten im Boom. Ausgerechnet während eines Aufschwungs müssen immer mehr Menschen erleben, dass ihre Arbeit nicht zum Leben reicht, obwohl die Firmengewinne sprudeln. Da hilft nur noch ein Mindestlohn, der zumindest Hartz IV übersteigt.
    Quelle: taz
  10. Bericht 2006 der Bundesregierung zu Hartz I bis III
    Ein durchwachsenes Zeugnis stellen Wissenschaftler den Arbeitsmarktreformen “Hartz I bis III” aus. Im “Bericht 2006 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt” werden etwa die Sperrzeitenregelungen beim Arbeitslosengeldbezug und der Existenzgründungszuschuss positiv bewertet. Schlechte Noten erhalten in dem 200-seitigen Bericht, den die Bundesregierung als Unterrichtung [PDF – 3.5 MB] vorgelegt hat, dagegen unter anderem die so genannten Personal-Service-Agenturen (PSA). Die PSA stellen Arbeitslose befristet ein und leihen sie mit dem Ziel der Daueranstellung vorrangig an andere Betriebe aus. Die Untersuchung ergab, dass PSA-Beschäftigte aufgrund dieser Tätigkeit aber sogar später als vergleichbare Arbeitslose einen festen neuen Job fanden. Außerdem sei das Instrument mit hohen Kosten für die Bundesagentur für Arbeit (BA) verbunden. An der Untersuchung waren den Angaben zufolge mehr als 100 Wissenschaftler in mehr als 20 Forschungseinrichtungen beteiligt. Der Bericht ist die Zusammenfassung von mehr als 2.000 Seiten an Ergebnissen zu den einzelnen Instrumenten der 2002 beschlossenen ersten “Hartz”-Gesetze. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (“Hartz IV”) ist nicht Gegenstand des Berichts, das Arbeitslosengeld II (Alg II) soll gesondert evaluiert werden. Verknüpft mit dem Bericht sind Handlungsempfehlungen der Forscher. Diese sollen nach Darstellung der Bundesregierung Ausgangspunkt sein für die im Koalitionsvertrag für 2007 anberaumte Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Anders als noch im Zwischenbericht von Anfang 2006 [PDF – 5.9 MB] kommen die Wissenschaftler nun zu dem Schluss, dass sich die Integrationschancen von Arbeitslosen mit Vermittlungsgutscheinen für private Arbeitsvermittler verbessern lassen. Arbeitslose, die im Jahr 2005 einen Vermittlungsgutschein erhielten, hätten binnen vier Monaten früher eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Weiterhin heißt es in dem Bericht, die Zahl der Teilnehmer an einer geförderten beruflichen Weiterbildung sei stark gesunken: von 523.000 neuen Maßnahmen im Jahr 2000 auf 132.000 im Jahr 2005 – mithin ein Rückgang von gut 75 Prozent. Zurückgeführt wird dies vor allem auf das “Creaming” – nur solche Arbeitslose erhalten eine Weiterbildung, die eine möglichst hohe Eingliederungswahrscheinlichkeit haben. Dieses Vorgehen sei “nicht aussichtsreich, solange die methodische Basis hierfür unzulänglich ist”, kritisieren die Wissenschaftler. Die Unterstützung Arbeitsloser beim Schritt in die Selbstständigkeit wird von den Forschern begrüßt. Im Jahr 2005 seien knapp 248.000 Neugründungen aus Arbeitslosigkeit von der BA gefördert worden, 37 Prozent davon in einer so genannten Ich-AG. Noch nicht untersucht ist allerdings die Zusammenlegung von Existenzgründungszuschuss und Überbrückungsgeld zum 1. August 2006. Bei den Minijobs gab es aufgrund der seit 1. April 2003 bestehenden Neuregelung bis Mitte 2006 1,56 Millionen zusätzliche Minijobber vor allem im Nebenerwerb. Im Juni 2006 gab es etwa 6,8 Millionen Minijobber. “Dabei erweisen sich die Minijobs allerdings für Arbeitslose nicht als Brücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung”, heißt es in dem Bericht. Mit der Neuregelung wurde die Bruttoentgeltgrenze von 325 Euro auf 400 Euro monatlich angehoben und die vorherige Arbeitszeitbegrenzung von 15 Stunden wöchentlich aufgehoben. Der Umbau der BA verlaufe “in die richtige Richtung”, heißt es in dem Bericht. Genannt werden etwa der Aufbau von Kundenzentren und die systematische Steuerung des Kundenstroms in den Arbeitsagenturen. Die Fachkräfte in den Agenturen würden etwa dadurch entlastet, dass eine Vielzahl von Anfragen bereits in Eingangszone abschließend bearbeitet werden könne. Im März 2006 habe dies auf etwa 50 bis 70 Prozent der Anliegen zugetroffen. Den Angaben zufolge hat sich die Kundenzufriedenheit von Alg-I-Beziehern vom Frühjahr 2004 bis zum Frühjahr 2006 “insgesamt leicht verbessert”. Am öffentlichen Bild der BA habe sich dagegen “wenig geändert”. Die Wissenschaftler weisen daraufhin, dass die Trennung der Trägerschaft arbeitsmarktpolitischer Leistungen für Alg I und II “eine der größten Achillesfersen der deutschen Arbeitsmarktpolitik” darstelle. So genannte Betreuungskunden, also Arbeitslose mit großen Vermittlungshemmnissen, seien von aktiven Leistungen weitgehend ausgeschlossen, da die BA erwarte, dass sie erst dann Wirkung zeigten, wenn der Betroffene nach einem Jahr vom Alg I ins Alg II gerutscht sei – sich der Einsatz also nicht mehr rechne. Die Forscher schlagen als eine Möglichkeit vor, die Kosten aktiver Leistungen für Alg-I-Bezieher mit dem so genannten Aussteuerungsbetrag zu verrechnen, wenn der Integrationserfolg erst nach Eintritt in den Alg-II-Bezug eintritt. Der Aussteuerungsbetrag von rund 10.000 Euro muss von der BA für jeden Arbeitslosen bezahlt werden, der vom Alg I ins Alg II wechselt.

    Quelle: heute im bundestag newsletter (Sie können sich kostenlos als Abonnent eintragen.)

    heute im bundestag – hib ist der laufende Pressedienst des Deutschen Bundestages. Er wird vom Pressezentrum des Deutschen Bundestages herausgegeben und berichtet über die inhaltliche Arbeit des Deutschen Bundestages, z.B. welche Beratungen in den Ausschüssen oder anderen Gremien stattfinden.

  11. ARD plus-minus: Rentensicherung nur noch mit Aktienfonds
    Für einen langfristigen Vermögensaufbau und für die Altersvorsorge kann man auf Aktien eigentlich nicht verzichten. Auf lange Sicht – gemeint ist ein Anlagezeitraum von mindestens zehn Jahren – war die Entwicklung fast immer positiv. Einzige Ausnahme: der Zeitraum von Anfang 1961 bis Ende 1970. Da gab es jährlich ein Minus von durchschnittlich einem Prozent.
    Quelle: ARD

    Anmerkung: Wehe man geht in einer Aktienbaisse oder wie 2001 eine Blase platzt in Rente. Aber wie sagt die Finanzwirtschaft doch immer: Die private Altersvorsorge ist sicher.

    Siehe zur Rentendebatte einen wohltuend kritischen Beitrag in den vdi nachrichten.

  12. Die Wachstumsmöglichkeiten der deutschen Wirtschaft werden nach Ansicht zweier renommierter Wirtschaftsinstitute fehlerhaft berechnet.
    “Die Potenzialberechnungen des deutschen Wirtschaftswachstums sind notorisch unzuverlässig”, urteilt Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Ähnlich skeptisch ist sein Kollege Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. “Wir tappen im Dunkeln. Die Methoden sind alle sehr angreifbar.”
    Damit stellen die Ökonomen eines der wichtigsten Konzepte zur Steuerung der deutschen Wirtschaftspolitik in Frage. Das Potenzialwachstum dient Geld- und Finanzpolitikern seit Jahrzehnten als Orientierungsgröße für ihre Zins- und Haushaltsentscheidungen.
    Quelle 1: FTD
    Quelle 2: IMK [PDF – 108 KB]
  13. Meiler der Skrupellosen
    Die Verfasser des internen Vattenfall-Berichts sprechen von einer “Degradierung der Sicherheitskultur” zugunsten von Produktionsinteressen. Das Personal rief vergeblich um Hilfe oder wurde selbst Teil des Problems.
    Quelle: taz

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