Medien und Hochschulen gehen McKinseys „Hochschulranking“ auf den Leim

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Obwohl in dem vom SPIEGEL veröffentlichten Ranking nicht die Leistungen der Hochschulen in Forschung und Lehre verglichen wurden (vgl. NachDenkSeiten vom 23.11.04) sondern allenfalls welche Studierenden, von welchen Unis am ehesten die Kriterien der Personalauswahl des Personalberaters McKinsey & Co erfüllen, machen die Medien aus einem zweifelhaften Studentenranking ein Hochschulranking: „Köln ist mieses Mittelmaß“ oder „Uni-Test: NRW-Hochschulen weit abgeschlagen“ oder „Neues Uni-Ranking macht RWTH-Rektor nachdenklich“. Der Trick hat also funktioniert. Kaum einer schaut hinter das Ranking und die meisten glauben, dass damit die Qualität der Hochschulen miteinander verglichen wurde. Jetzt suchen die Rektoren nach Methoden, die „richtigen“ Studenten zu bekommen. McKinsey kann seine Hilfe anbieten. Das wird ein gutes Geschäft.

Es ist wohl keine bösartige Unterstellung, wenn man vermutet, dass McKinsey und SPIEGEL & Co mit der Veröffentlichung ihres neuesten „Hochschulrankings“ mindestens drei Kommunikationsziele beabsichtigten:

  • Erstens wollten die Initiatoren den Wettbewerbsgedanken unter den Hochschulen fördern und sei es auch mit einem noch so zweifelhaften Vergleich. Es wurden ja nicht die Leistungen der Hochschulen in Forschung und Lehre verglichen, sondern zum Vergleich standen, inwieweit die Studierenden an den jeweiligen Hochschulen die Kriterien der Personalauswahl eines Personalberaters erfüllen.Das könnte man vielleicht noch hinnehmen und als ein Beispiel dafür abhaken, worum es jedenfalls der Wirtschaftslobby bei der Verbreitung des Wettbewerbsgedankens eigentlich geht: Nämlich um den Wettbewerb um eine an die Einstellungskriterien großer Unternehmen angepasste Ausbildung von Studierenden – um Karriereorientierung statt um die Förderung von selbständigem Denken und Forschen.
  • Zweitens wollte man erreichen, dass die Hochschulen ihr Studienangebot stärker an den Einstellungsstandards von Großunternehmen anpassen. Auch das könnte man noch akzeptieren, wenn diese Standards etwas mit Kreativität, innovativem Denken und Gestalten oder mit Verantwortung für Unternehmen und Gesellschaft zu tun hätten. Und das kann man bei den McKinsey-Standards nachdrücklich bestreiten.
  • Drittens war das Ziel, die Rektoren und Hochschullehrer zu stimulieren, dass sie noch mehr Druck ausüben, um „ihre“ Spitzenstudierenden selbst auswählen zu können. Da die McKinsey-Kriterien für das Studentenranking, ziemlich kritiklos übernommen wurden, darf man unterstellen, dass solche Standards künftig die Auswahl bestimmen werden. Am allerschönsten wäre es für McKinsey natürlich, wenn die Hochschulen ihre Auswahlverfahren gleich von dieser Personalberaterfirma abkauften. Das ersparte den Hochschulen eigene Überlegungen und brächte McKinsey einen neuen Markt und eine schöne Stange Geld.

Ob nun gewollt oder nicht: Alle drei Ziele wurden erreicht.

  • Das Studentenranking wurde von vielen Medien und Hochschulen als Qualitätsvergleich zwischen den Hochschulen aufgenommen: „Köln ist mieses Mittelmaß’“ titelt etwa der Kölner Stadt-Anzeiger-Direkt oder „Uni-Test: NRW-Hochschulen weit abgeschlagen“, so der Kölner Stadt-Anzeiger, die Westdeutsche Allgemeine meint, dass die „Ruhrgebiets-Universitäten schlecht“ abschnitten (alle Zitate vom 23.11.04). Der Wettbewerbsdenken wurde gefördert.
  • Indem sich die Rektoren auf dieses Ranking einließen, sind sie in die Falle geraten, die Auswahlkriterien von McKinsey für „Elite-Studenten“ als geeignet anzuerkennen.
  • Die Rektoren fordern ein Auswahlrecht für ihre Studierenden, um beim nächsten Studierenden-Ranking besser abzuschneiden: RWTH-Rektor Burkhard Rauhut wird in der Aachener Zeitung zitiert: „Es trifft sicher zu, dass wir etwas tun müssen, um die richtigen Studenten nach Aachen zu bekommen“ und der Kölner Rektor Tassilo Küpper sieht im Kölner Stadt-Anzeiger-Direkt den Grund für das schlechte abschneiden seiner Hochschule gegenüber der TU München darin: „Die suchen sich ihre Studenten weitgehend selbst aus. Das ist in Köln nicht zugelassen.“

Die Manipulationsstrategie von McKinsey und SPIEGEL & CO ist also aufgegangen.

Keiner braucht sich mehr selbst Gedanken über die Sache machen, der Wettbewerb wird es schon richten.