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Meinungsmache

Mal wieder die totale Manipulation bei Spiegel online zum Thema Aufschwung

Heute erschien wieder einer der typischen Propaganda-Artikel von Spiegel online („Deutsche Wirtschaft ist so stark wie vor der Krise“) zu einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes das Wachstum der deutschen Wirtschaft betreffend. Diese Artikel werden geschrieben, um das Kommentarecho und die Berichterstattung in anderen deutschen Medien zu bestimmen. Sie werden das heute in den elektronischen Medien und Morgen in den gedruckten Medien wiederfinden. Deshalb ein paar Anmerkungen im Text von Spiegel online, jeweils in Klammern und versehen mit „AM“. Albrecht Müller

Die Autoimmunerkrankung der Vierten Gewalt

Am letzten Freitag war die Welt der Großjournalisten noch in Ordnung. Man traf sich, in Smoking und Ballkleid gewandet*, im edlen Hamburger Schauspielhaus und feierte sich selbst für die eigene Großartigkeit. Vor allem in schlechten Zeiten dienen solche Rituale der weltanschaulichen Festigung – Strukturvertriebe zeichnen in ähnlichen Ritualen ihren besten Klinkenputzer aus, Kaninchenzüchter den patentesten Rammler. In diesem Jahr ging der Egon-Erwin-Kisch-Preis, die bedeutendste Trophäe der journalistischen Selbstinszenierung, an den SPIEGEL-Redakteur René Pfister, der für seinen Arbeitgeber ein nett zu lesendes, sehr gut geschriebenes aber letztlich doch an der Oberfläche bleibendes Portrait des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer geschrieben hatte. Eine Woche später schlägt die Branche hysterisch aufeinander ein. Statt Selbstkritik zu üben, tanzt die selbsternannte Elite der Vierten Gewalt um ein goldenes Kalb namens Wahrhaftigkeit und zeigt damit nur einmal mehr, dass sie sich von journalistischen Prinzipien entfernt hat und in einer inzestuösen Parallelwelt lebt. Von Jens Berger

Gefährliche Gerüchte aus Berlin

Am gestrigen Montag hat in Athen die leitende Staatsanwältin Elena Raikou eine strafrechtliche Vorermittlung gegen die Redaktion von SPIEGEL-Online in die Wege geleitet. Verfolgt werden soll ein Delikt namens „Verbreitung falscher Nachrichten“, das in Griechenland eine Panik ausgelöst habe. Gemeint ist damit die Publikation vom vergangenen Freitag, wonach die Regierung Papandreou überlege, den Euro aufzugeben und wieder eine eigene Währung einzuführen.
Die Ermittelungen werden wahrscheinlich in einer juristischen Sackgasse enden, aber der Vorgang zeigt, wie intensiv das vom SPIEGEL verbreitete Gerücht die griechische Öffentlichkeit beschäftigt. Dabei sind informierte Beobachter und die seriöse Presse in der Meinung einig, dass hinter der Publikation politische Kreise in Berlin stehen. Das ist nicht unrealistisch, weil SPIEGEL-Online in der Vergangenheit mehrmals als Outlet für Ideen aus der Regierung und speziell aus dem Finanzministerium diente. Von Niels Kadritzke

Die Spekulation brechen und verbannen. Das ist entscheidend. (Finanzkrise E)

Gehört Spekulation notwendigerweise zum marktwirtschaftlichen Geschehen? Manche Ökonomen versuchen das zu begründen. Das ist angesichts der Schäden, die Spekulanten anrichten, nicht mehr zu akzeptieren. Es gab einmal eine klare Ächtung der Spekulation. Grundstücksspekulanten und Währungsspekulanten zum Beispiel waren noch vor 30 Jahren nicht gut angesehen. Das Bild hat sich gewandelt. Spekulanten und ihre Helfer unter den Investmentbankern werden bewundert wegen ihrer hohen Einkommen. Finanzminister von Eichel über Steinbrück bis Schäuble haben ihnen rote Teppiche ausgelegt. Wir Steuerzahler haben auf Geheiß der politisch Entscheidenden ihre Wettschulden übernommen – konkret mit einem Bankenrettungsschirm über 480 Milliarden € und mit der Rettung mehrerer Banken. Albrecht Müller.

Es gibt PR-Journalisten, PR-Wissenschaftler, PR-Schriftsteller, abrufbare PR-„Persönlichkeiten“ und Medien, die die PR-Geschichten transportieren

Immer wieder bekommen wir Anschauungsmaterial für diese Beobachtungen frei Haus geliefert: Gestern Abend im heute journal zum Beispiel den so genannten Wissenschaftler Herfried Münkler mit dem Versuch, Angela Merkel herauszuschlagen, gestern am Tage den deutschlandweit bekannten Bernd Raffelhüschen, immer zur Stelle, wenn es um die Privatisierung sozialer Sicherungssysteme geht, vor ein paar Tagen den Schriftsteller Peter Schneider und täglich ein Sortiment von PR-Journalisten bei Spiegel Online und anderen Medien. Albrecht Müller.

Wir sind von Ignoranten umstellt – oder eben von professionellen PR-Journalisten

Heute um 11:57 Uhr werden wir von Spiegel Online mit der Meldung (Anlage 1) überrascht, wir hätten eine „Hohe Inflation“. 2,4 % Preissteigerung nennt der Spiegelautor Böll eine Inflation, und noch dazu eine „hohe“. Er tut dies, obwohl er gleichzeitig schreibt, dass diese 2,4 % vor allem wegen der „hohen Energiekosten“ erreicht werden. Wer in einem solchen Fall von Inflation spricht, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Oder er arbeitet im Interesse anderer Interessenten und nicht seiner Leser. Albrecht Müller.

Nachtrag Albrecht Müller zu Hinweis Nr. 8. von heute:

Studie von Stiftung Warentest: Die Bahn kommt – zu spät
Ein Drittel aller Fernzüge ist verspätet. Das ist das niederschmetternde Ergebnis einer Studie von Stiftung Warentest. Die Bahn sucht wie immer nach Ausreden.
(…)
Siehe: Hinweise des Tages, Nr. 8
Quelle: Stern

Kommentar AM: Im letzten Jahr bin ich sehr viel Bahn gefahren und hatte mir eigentlich vorgenommen, in den NachDenkSeiten gelegentlich einen Artikel über die Pünktlichkeit der Bahn und das PR-Geschäft, das gegen sie in Sachen Pünktlichkeit betrieben wird, zu schreiben. Jetzt ist mir die Stiftung Warentest zuvorgekommen, allerdings mit der gegenteiligen Meldung. Ich halte diese Meldung und auch die zu Grunde liegende Studie für eine PR Maßnahme der privaten Betreiber des Schienenverkehrs. Das tue ich so lange, bis die Stiftung Warentest nicht auch eine Studie über die Pünktlichkeit des Flugverkehrs und des PKW-Verkehrs – eine Staustudie sozusagen – vorgelegt hat. An der Bahn kann man nämlich vieles kritisieren. Das haben wir in der NachDenkSeiten auch getan. Aber ihre Pünktlichkeit im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern ist vermutlich eben nicht zu beanstanden.

TV Tipp: Heute 21.45 Uhr Panorama legt in der Maschmeyer-Affäre nach

Die Magazinmacher haben … herausgefunden, dass Maschmeyer im Landtagswahlkampf 1998 den Ministerpräsidenten und späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder offenbar nicht nur mit der zunächst anonymen, bundesweit geschalteten Anzeigenkampagne „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“ unterstützt hat, die 650 000 Mark kostete.
Wer hinter der Aktion stand, wurde erst später bekannt. Es soll noch eine weitere, bislang nicht bekannte Spende Maschmeyers von rund 150 000 Mark für Schröders Kanzler-Wahlkampf gegeben haben. Mit dieser sollen Anzeigen finanziert worden sein, die in „Welt“, „Welt am Sonntag“ und „F.A.Z.“ erschienen.
„Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder“ war der Titel der Anzeige, mit ihr bekundeten 53 zum Teil namhafte Unterzeichner im September 1998 ihre Unterstützung für den SPD-Politiker, der sich als Kanzlerkandidat gegen den innerparteilichen Konkurrenten Oskar Lafontaine durchgesetzt hatte. Das Geld für die Anzeigen soll über einen Strohmann, Chefredakteur eines Fachverlags, geflossen sein. Eine solche Konstruktion sei eindeutig illegal, erklärte der Verfassungsrechtler Martin Morlok. Die SPD hätte auf ein „Strohmann-Modell“ niemals eingehen dürfen.
Quelle 1: FAZ
Quelle 2: Panorama

Die Lüge mit Hartz IV-Sanktionen-Statistik soll den Flop des „Bildungspakets“ verdecken

828.708 Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger, eine Steigerung um 14 Prozent, so lauteten die Schlagzeilen. Damit wird der Eindruck erweckt, dass nahezu jeder Sechste der etwa 5 Millionen von Hartz IV Betroffenen sanktioniert würde, weil er die gesetzlichen Auflagen nicht erfüllt. Tatsächlich sind aber nur höchstens 4 Prozent Hartz-IV-Empfänger mit Sanktionen belegt worden. Bezogen auf den Bestand der Hartz IV-Empfänger, die sanktioniert wurden, hat sich die Quote der Betroffenen gerade einmal von 2,5 auf 2,8 Prozent erhöht. Selbst Arbeitsministerin von der Leyen muss einräumen: „96 Prozent verhalten sich korrekt“. Die in diskriminierender Absicht in die Welt gesetzte Horrorzahl von über 800.000 ausgesprochenen Sanktionen („Trauriger Rekord“) erklärt sich, dass nur die im angenommenen Zeitraum Anzahl der Sanktionen im Verlauf, also etwa auch mehrfache Sanktionen, erfasst werden, aber nicht die Zahl der Personen, die von einer Sanktion betroffen wurden. Wolfgang Lieb

Europa ohne Europäer

Seit dem Wahlerfolg der europaskeptischen „wahren Finnen“ ist das politische Europa wieder einmal in Erklärungsnöten. Die Finanz- und Schuldenkrise lastet schwer auf dem Selbstverständnis der EU. Jahrzehntelang wurden unpopuläre politische Reformen in allen Mitgliedsstaaten gerne als Entscheidungen Brüssels verkauft, was das Image der supranationalen Institutionen der EU schwer beschädigt hat. Kritik an der EU wurde dabei tabuisiert und selbst Detailkritik wurde meist durch Fundamentalverteidigung pariert, während Europapolitik hinter geschlossenen Türen stattfand. Wenn die Politik nicht bald anfängt, einen offenen Europa-Diskurs zu führen, dürften die Europaskeptiker, die meist im rechten Lager zu verorten sind, auch in Zukunft Wahlerfolge feiern und damit Europa nicht nur als Institution, sondern auch als Idee desavouieren. Jens Berger

Bertelsmann Umfrage: Der „Glaube“ an die „Soziale Marktwirtschaft“ hat kaum noch ein Fundament

Ein Beispiel dafür, zu welch widersprüchlichen Interpretationen Meinungsumfragen dienen können, ist eine von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegebene infas-Umfrage unter dem Titel „Zukunft Soziale Marktwirtschaft“.
Bertelsmann sieht den Glauben an die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt. Nimmt man die Umfragewerte im Einzelnen, kann Meinung der Befragten nur so bewertet werden, dass sie die „Soziale Marktwirtschaft“ zwar (nach wie vor) positiv bewerten, aber gleichzeitig der Meinung sind, dass das „Soziale“ schon jetzt zu kurz kommt und in Zukunft noch mehr abhanden kommt. Das Vertrauen, dass die Politik diesen Trend aufhält, schwindet mehr und mehr. Wolfgang Lieb

Die WELT und der Euro

Es ist ja nicht neu, dass die beiden Springer-Zeitungen BILD und WELT stets die Klassenbesten sind, wenn es darum geht, den Euro niederzuschreiben. Im Hause Springer scheint man sich eine ultraharte Währung zu wünschen und wenn dies schon nicht mehr die „gute alte D-Mark“ sein kann, so soll der Euro doch bitte die legendäre Stärke der D-Mark übernehmen. Um dem Leser den Eindruck zu vermitteln, der Euro sei eine windelweiche Währung, schrecken diese Blätter noch nicht einmal vor Manipulationen und Falschdarstellungen zurück, wie auch das gestern erschienene Verwirrstück „Nur drei Währungen sind schwächer als der Euro“ beweist. Jens Berger

Eine überflüssige Konjunkturprognose

Angesichts der Vielzahl der Wirtschaftsprognosen ragt die „Gemeinschaftsdiagnose“ [PDF – 5.3 MB] der ohnehin wirtschaftspolitisch gleich gepolten Wirtschaftsinstitute nicht mehr aus dem heraus, was man schon oft gelesen hat. Man fragt sich warum das Bundeswirtschaftsministerium überhaupt 4 Forschungsinstitute (das Ifo Institut des Professors Sinn, das Instituts für Weltwirtschaft des Professors Snowers, des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle des Professors Professors Blum oder des RWI des Professors Schmidt) und dazu noch mehrere kooperierende Forschungsstellen beschäftigen und bezahlen muss, von denen man jedenfalls was ihre wirtschaftswissenschaftlichen Bewertungsmaßstäbe und dementsprechend was ihre wirtschaftspolitischen Empfehlungen anbetrifft, ohnehin von vorneherein weiß, was als Ergebnis herauskommt. Wolfgang Lieb

Bild: Im Namen des Volkes gegen dessen Interessen

Das Mysterium „Bild“ beschäftigte schon Generationen von Medienkritikern, auch die Nachdenkseiten haben ihre Kampagnen gegen den Sozialstaat, gegen Transfer-Empfänger und Minderheiten analysiert. Nun haben sich auch Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz im Auftrag der Otto Brenner Stiftung (OBS) an die Aufgabe herangewagt, Deutschlands größte Tageszeitung zu analysieren. In ihrer Studie »Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde« gelingt es den beiden Autoren, die Bild ein Stück weit zu entmystifizieren und einen Blick auf einige ihrer Wirkmechanismen zu werfen. Auch wenn noch viele Fragen offen bleiben, so stellt die aktuelle OBS-Studie eine wertvolle Hilfe für all diejenigen dar, die sich ein genaueres Bild von der Bild machen wollen. Jens Berger