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Demoskopie/Umfragen

Gabriel sprintet in Richtung 20 % für die SPD. Die Suche nach einer erfolgreichen Strategie wäre einfach.

Die SPD hätte mit Beginn der Finanzkrise und speziell in der jetzigen Krise um Griechenland die Chance gehabt, sich ihrer früheren makroökonomischen Kompetenz zu entsinnen und in der Auseinandersetzung mit der Austeritätspolitik von Schäuble in der Sache und publizistisch Punkte zu machen. Gabriel hat diese Chance nicht ergriffen, im Gegenteil. Er und Schulz versuchen in der Aggression gegen die griechische Regierung die CDU rechts zu überholen. Damit hat Gabriel die Besinnung auf einen anderen Kurs verbaut. Er hat die Medien ermuntert, ihre völker- und menschenverachtende Kampagne gegen die Griechen fortzusetzen und zu verstärken. Der Platz von Herrn Schäuble, von Frau Merkel und jener, die in der Union rechts von ihnen stehen, ist aber besetzt. Da kann Gabriel keinen Blumentopf gewinnen. Er hat eine falsche politische Strategie, eine erfolglose Wahlkampfstrategie. Sieht er das nicht oder ist er fremdbestimmt? Ich will nicht polemisieren, ich will beschreiben, welche wichtigen Erkenntnisse eine erfolgreiche Strategie berücksichtigen müsste. Albrecht Müller.

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Geschichte wiederholt sich – das gilt zumindest für den Einsatz von Wahlprognosen für die Wählermobilisierung. Beispiel Großbritannien und Vorgänger BTW 1965.

Der Wahlkampf mit Wahlprognosen in Großbritannien erinnert an vergleichbare Vorgänge bei der Bundestagswahl 1965 in Deutschland. Damals war vom Institut für Demoskopie Allensbach und anderen ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt worden. Das bestimmte die öffentliche Debatte und auch die Stimmung in den Parteien. Die SPD hoffte darauf, mit der CDU/CSU gleichzuziehen, und den Regierungswechsel zu schaffen. Sie führte einen treuherzig biederen Wahlkampf mit dem neuen Kfz Kennzeichen und darin die Jahreszahl 1965. Wirklich die Proklamation eines umwerfenden Alleinstellungsmerkmals! Die CDU/CSU genoss das Kopf-an-Kopf-Rennen. CDU-Bundesgeschäftsführer Josef Hermann Dufhues bekannte, die Kopf-an-Kopf-Propaganda sei eine Wahllist gewesen, um die Bürger an die Urne zu bringen. Das Ergebnis: mit 47,6 Prozent lag die Union weit vor der SPD mit 39,3 Prozent. Albrecht Müller

Das griechische Drama spitzt sich zu

Die griechische Bevölkerung weiß nicht mehr aus noch ein. Positive Signale und Katastrophenmeldungen lösen ein Wechselbad der Gefühle aus. Die große Mehrheit will Kompromisse „mit der Brüsseler Gruppe“ aber keine Demütigung. Die Angst vor einem „Grexit“ ist groß und weit verbreitet. Tsipras und Syriza verlieren an Vertrauen.
In der Öffentlichkeit und in der Regierungspartei gibt es Spekulationen um Finanzminister Varoufakis. Im Regierungslager herrscht Vielstimmigkeit über die Reformvorschläge und das weitere Vorgehen. Die Sozialkassen werden zu kurzfristigen Liquiditätshilfen herangezogen. Die nervöse Regierung erlässt verfassungsrechtlich bedenkliche Notstandsgesetze, die sie dann doch durch das Parlament absegnen lassen muss. Ohne die Gelder aus dem Restprogramm der „Troika“ sind die in den nächsten Monaten anstehenden Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Eine traurige Bilanz fünf Jahre nach der Flucht unter den Rettungsschirm von IWF, EU und EZB. Ein aktueller Sachstandsbericht von Niels Kadritzke mit der Übersetzung eines Lageberichts von Yiannis Palaiologos, in der Kathimerini vom 19. April 2015.

Wie antisemitisch ist die Linke?

Eine bisher nicht in Gänze veröffentlichte, in einigen Monaten jedoch wohl unter dem Titel „Israelkritik zwischen Antisemitismus und Menschenrechtsidee. Eine Spurensuche“ als Buch erscheinende Serie von Studien [PDF – 795 KB] des inzwischen emeritierten Professors für Psychologische Methodenlehre und Friedensforschung an der Universität Konstanz Wilhelm Kempf ging unter anderem der Frage des „linken Antisemitismus“ nach und förderte hierbei Erstaunliches zutage. Jens Wernicke sprach hierzu mit Rolf Verleger, der Kempfs von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstütztes Projekt als Berater wissenschaftlich begleitet hat.

Verbarrikadierte Demokratie – Schafft sich die Politik ab?

Referat von Wolfgang Lieb auf der Herbstkonferenz 2014 der Evangelischen Akademie Bad Boll unter dem Titel „Kirche in der Demokratie, Demokratie in der Kirche“ am 21. Oktober 2014.

Nach einer Zustandsbeschreibung der Demokratie aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger, wird am Beispiel der Einführung der sog. „Schuldenbremse“ dargestellt, wie die neoliberale Wirtschaftslehre auf Verfassungsrang erhoben wurde. Danach werden weitere Beispiele angesprochen, wie sich die Politik in zentralen Fragen sich hinter Vorfestlegungen verbarrikadiert und sich selbst abschafft.

WPP – Die im Dunkeln sieht man nicht

Manch kritischem Beobachter fällt auf, dass sich die Meldungen der auflagenstärksten Medien kaum noch voneinander unterscheiden. Rein theoretisch könnten das lauter ungeplante Zufälle sein. Wer jedoch die Chance hat, ein wenig hinter die Kulissen zu schauen, erkennt da durchaus System und nicht nur Copy/Paste. Von Christoph Jehle [*]

Sind falsche Prognosen gut?

Am vergangenen Mittwoch haben die Nachdenkseiten, denen wir freundschaftlich verbunden sind, einen Kommentar von Wolfgang J. Koschnick „Nur falsche Prognosen sind gute Prognosen und das ist auch ganz gut so“ abgedruckt, der sich kritisch mit „den Ökonomen“ und insbesondere mit den Prognosen „der Ökonomen“ auseinandersetzt. Die Kritik gipfelt in der Forderung, überhaupt keine Prognosen mehr zu machen, weil es einfach objektiv unmöglich sei, die Zukunft eines komplexen Systems wie der Wirtschaft vorherzusehen. Ich will mich auf diese Frage konzentrieren, aber nicht im Detail auf den Artikel eingehen. Denn dort geht so vieles durcheinander, dass man viele Seiten bräuchte, um das wieder auf die Reihe zu bekommen. Aber es gibt eine weit verbreitete Auffassung, wonach die Volkswirte einfach unfähig sind, gute Prognosen zu erstellen, und das zeige doch, dass das ganze Fach nichts wert sei. Das ist eine Sichtweise, die angesichts des vielfältigen Versagens der Ökonomen verständlich, gleichwohl aber viel zu pauschal ist. Von Heiner Flassbeck.

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EU-Wahlkampf als innergriechische Machtfrage

In keinem anderen EU-Land sind die anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) so stark mit einer innenpolitisch-nationalen Bedeutung aufgeladen wie in Griechenland. Das hat vor allem zwei Gründe: Die Europawahl fällt mit dem zweiten Durchgang der Kommunalwahlen zusammen, die über die lokale Selbstverwaltung in 350 Städten bzw. Gemeinden und in den 13 Regionen Griechenland befinden. Noch bedeutsamer ist, dass die drei Wahlvorgänge (von denen der erste Wahlgang auf kommunaler Ebene schon am letzten Sonntag stattgefunden hat) wegen der Fragilität der politischen Verhältnisse im Allgemeinen und der stets gefährdeten parlamentarischen Mehrheit der Koalition aus Nea Dimokratia und Pasok zu einem Crashtest für die „Haltbarkeit“ der Regierung Samaras geworden sind. Von Niels Kadritzke

Nur falsche Prognosen sind gute Prognosen und das ist auch ganz gut so

Hellseher, Wahrsager, Kaffeesatzleser, Spökenkieker, Astrologen und Ökonomen haben eine Gemeinsamkeit: Ihre Prognosen gehen meist in die Hose. Und wenn sie das ausnahmsweise einmal nicht tun, ist das reiner Zufall.
Man hat sich längst daran gewöhnt: Das Ritual findet alle paar Monate aufs Neue statt, und das Publikum wird nicht müde, sich das anzuhören. Irgendwelche Wirtschaftsweisen treten auf und verkünden: Die Konjunktur hat sich erholt, die Wirtschaft wächst, es geht bergauf.
Leider, leider aber hat sich inzwischen gezeigt, dass die Prognose vom letzten Quartal total daneben lag und nach unten korrigiert werden muss. Woran das lag? Nun ja, die Konjunktur hat sich nicht so positiv entwickelt wie erwartet. Von Wolfgang J. Koschnick.

Das zentrale Element der Friedenspolitik wäre heute der Verzicht auf Eskalation und vor allem auf Destabilisierung.

Heute treffen sich die Außenminister der USA, Russlands, der Ukraine und die Außenbeauftragte der EU Ashton zu einem als wichtig erachteten Gespräch über den Konflikt in und um die Ukraine. Die Begleitmusik ist im wahrsten Sinne des Wortes mörderisch: „Deutschland schickt Kampfjets nach Osteuropa“ überschrieb Spiegel Online einen Text zur Erklärung des NATO-Generalsekretärs Rasmussen, das Bündnis verstärke seine Truppen in Osteuropa. Der Grünen-Europa-Abgeordnete Werner Schulz weiß wie auch der NATO-Generalsekretär, dass Putin der Verursacher der Eskalation ist. Und der Deutschlandfunk verbreitet die Thesen von Schulz in einem langen Interview. Zur gleichen Zeit lässt Angela Merkel verkünden, sie habe die Regierung in Kiew für deren Vorgehen gelobt. Auch in Russland wird Stimmung gemacht. So schaukelt sich die Neigung zum Konflikt hoch. Hier wie in vielen anderen Medien unseres Landes. In wessen Hände sind wir da geraten! Von Albrecht Müller

Hochschulfreiheit und W-Besoldung – Eine Umfrage des Hochschullehrerbundes NRW unter Fachhochschulprofessorinn/en

Die Absicht des Gesetzgebers, durch Einführung der W-Besoldung die Vergütung für Professorinnen und Professoren leistungsgerechter zu gestalten, wurde nach Ansicht von 72 % der Befragten nicht erreicht. 76 % fühlen sich nicht motiviert mehr Leistung als zuvor zu erbringen. Für 86 % entspricht das W-Vergütungssystem nicht den Anforderungen der Professur. Berufungen werden schwieriger und die Qualität der Bewerber/innen ist schlechter geworden.
Mit Einführung des Hochschulfreiheitsgesetzes in NRW wurde für knapp drei Viertel der Befragten die Selbstverwaltung der Hochschule durch den akademischen Senat entwertet.
Als Ursache wird von den meisten die Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf die Leitungsorgane (69 %) gesehen. Das mit großen politischen Visionen eingeführte Gesetz hinterlässt bereits nach einigen Jahren erhebliche Kollateralschäden. So beklagen in der Umfrage rund 40 % der Befragten, ihr Engagement in der Hochschule sei dadurch gebremst worden und 43 % der Professorinnen und Professoren fühlen sich sogar in ihrer wissenschaftlichen Freiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG beeinträchtigt. Ergebnisbericht von Leo Hellemacher.

Dass die Wählerpräferenzen für die Grünen sinken, ist nicht verwunderlich

Die Forschungsgruppe Wahlen hat für das ZDF zwischen 2. und 4. September für die Grünen nur noch 10 % ermittelt. Auch wenn man bei Umfragen bekanntlich skeptisch sein muss: Das ist nach den Höhenflügen in Richtung 20 % in der Tat ein „Absturz der grünen Überflieger“, wie Spiegel online das nennt. Der von Umfragen erhobene Niedergang ist nicht allzu schwer zu erklären und ein bisschen anders, als SpiegelOnline es tut. Wie immer scheinen mir mehrere Faktoren im Spiel zu sein. Von Albrecht Müller

Deutschland nahezu ohne politische Alternative nach der Bundestagswahl am 22.9.13

Umfragen sind keine verlässlichen Prognosen. Aber das Gesamtbild der verschiedenen Befragungsergebnisse ist ziemlich eindeutig: Es gibt nahezu keine Chance zur „Abwahl“ von Frau Merkel. Der Gegenkandidat Steinbrück bringt die SPD erwartungsgemäß gegen die 22% von 2009; Rot-Grün ist weit weg von einer Mehrheit; Merkel hat gleich mehrere Koalitionsoptionen; die einzige rechnerische Alternative zu ihr – Rot-Grün-Rot – wird von den verantwortlichen Feiglingen nicht einmal erwogen. – In den folgenden Tabellen sind auf der Basis der Zusammenstellung von wahlrecht.de die aktuellen Koalitionsmöglichkeiten errechnet. Ich ergänze um einige Beobachtungen und Gedanken zur Konstellation und Entwicklung der Parteien. Albrecht Müller.

Deutschland ohne Alternative? – Selbst linke „Sozis“ sehen sie nicht

Diesen schon länger skizzierten Beitrag über die notwendige und leicht zu formulierende Alternative zum neoliberal geprägten Kurs der Angela Merkel veröffentliche ich unter dem Eindruck eines gestrigen Gesprächs mit einem sozialdemokratischen Freund. Er ist eng verbunden gewesen mit Ottmar Schreiner und alles andere als ein konservativer Seeheimer. Umso erstaunlicher seine politische Perspektive. Weil diese weit verbreitet ist, nehme ich den Faden auf. Es geht im Kern darum, dass man selbst in diesen Kreisen die Möglichkeit einer rot-grün-roten Koalition nicht sehen und lieber eine große Koalition eingehen will.
Es wäre nicht nur notwendig, sondern auch leicht, eine andere, wirkliche Alternative zu formulieren. Von Albrecht Müller

Transparencys Rankingsabsturz von Griechenland: Irreführend! Mindestens aus dreierlei Gründen.

Gestern waren die Meldungen und heute sind die Zeitungen voll von der Nachricht der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International, Griechenland sei inzwischen das korrupteste Land Europas. Das war eine wirksame Veröffentlichung. Bei Google News gab es 368 Hinweise, zwei davon in Anlage 1. Auch die Redaktion der NachDenkSeiten wurde aufgrund des Absturzes Griechenlands beim Ranking kritisiert, weil wir gerade einen relativierenden Beitrag von Heiner Flassbeck veröffentlicht hatten. Wir bestreiten nicht, dass die Korruption in Griechenland ein großes Problem ist. Aber selbst der Vertreter von Transparency weist darauf hin, dass der Absturz auf veränderten Erhebungsmethoden beruhen könnte – der erste Grund zur Skepsis. Siehe Anlage 2 . Noch gravierender sind zwei andere Schwächen der Messungen von Transparency. Von Albrecht Müller