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Kampagnen/Tarnworte/Neusprech

Die Mission des Dr. Hugo Müller-Vogg: Abschied vom Versorgungsstaat oder: Wie Meinung für die Vermögensberater gemacht wird

Schon oft hat mir Hugo Müller-Vogg in der BILD-Zeitung entgegengelächelt – für mich war er immer der nette Mann mit Schnauzer von Seite 2. Schon oft habe ich ihm in Politmagazinen, Nachrichtensendungen und Diskussionsrunden zugehört. Ich wollte aber noch mehr, also was tun wenn man mehr wissen will? Richtig: man surft im Internet und mit ein bisschen Glück findet man, was man sucht, so auch die Homepage. Lesen Sie dazu Anmerkungen unseres Lesers Matthias Burghardt.

Die mediale Lobby für die Privatversicherer betreibt nun auch eine Kampagne gegen die gesetzliche Krankenversicherung.

Ausgerechnet unter Berufung auf die BILD-Zeitung, die ja mit den Privatversicherern kommerziell verbandelt ist, empören sich der Stern und der SPIEGEL über die angebliche „Fettsucht“ bei den gesetzlichen Krankenkassen. Die Verwaltungskosten seien von 1995 bis 2005 von 6,1 auf 8,15 Milliarden Euro auf 5,7 Prozent der Gesamtkosten gestiegen.
Tatsache ist allerdings, dass der Anteil der Verwaltungskosten seit 2002 gesunken ist und Tatsache ist auch, dass die Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb bei den privaten Krankenversicherungen prozentual im Jahre 2001 bei 13%, also deutlich mehr als doppelt so hoch wie bei den gesetzlichen lagen.

Gerd Bosbach: Demographische Entwicklung – Realität und mediale Aufbereitung

Wie ein Trommelfeuer hören wir es jeden Tag: Deutschland vergreist und schrumpft, wir bekommen zu wenig Kinder und werden auch viel älter. Gerd Bosbach stellt dagegen, dass in den letzten 100 Jahren die Lebenserwartung stärker gestiegen ist, als sie in den nächsten 50 Jahren steigen wird. Die Verringerung der Kinderzahl war in der Vergangenheit auch wesentlich stärker als für die Zukunft vorhergesagt.
Rechne man alle in der Debatte ausgeblendeten Komponenten etwa den Gesamtquotienten der gemeinsam zu versorgenden Jungen und Alten pro Erwerbstätige, die Arbeitslosigkeit, das reale Renteneintrittsalter oder die Steigerung der Produktivität in die statistischen Berechnungen ein, so müsste jeder Erwerbsfähige pro Jahr gerade mal 0,29 Prozent Versorgungslast mehr meistern. Jedenfalls kein Drama!
Siehe dazu “Demographische Entwicklung – Realität und mediale Aufbereitung”.

Das „deutsche Problem“ mit dem Arbeitsmarkt: Das IW sieht die Schuld bei den Arbeitslosen, das IAB sieht das Problem im Auftragsmangel der Unternehmen

Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht 3 Millionen Stellenangebote und 1,3 Millionen offene Stellen. Nirgendwo in Europa seien mit 3,2% so viele Arbeitsplätze unbesetzt wie in Deutschland. Das IW sieht „ein deutsches Problem“ in der mangelnden Mobilität und Flexibilität und in der „recht großzügigen“ staatlichen Alimentation der Arbeitslosen.
Sind also die Arbeitslosen an der hohen Arbeitslosenrate selbst schuld?

Das ist das Niveau unserer Eliten – einfach so daher geschwätzt

Die NachDenkSeiten wären ohne die Beobachtungsgabe unsrer Leser schon gar nicht denkbar. Auf den folgenden Beitrag des Chefs von McKinsey, Jürgen Kluge, hat einer von ihnen aufmerksam gemacht. Der Beitrag ist in Cicero vom Juli erschienen unter dem Titel: „Eliten, hört auf euer Volk!“
Lesen Sie mal rein. Und bedenken Sie: Von solchen Leuten werden Generationen von Nachwuchsmanagern geprägt. Bei seinem Beratergeschwätz stützt sich Kluge auf seine eigenen tendenziösen Umfrageergebnisse unter dem Titel „Perspektive Deutschland“, wo das Tarnwort „Soziale Leistungsgesellschaft“ erfunden wurde, um die Diskrepanz zwischen einem klaren Bekenntnis zum Sozialstaat und den von McKinsey geforderten Reformnotwendigkeiten zu verdecken.

Die „Bundespräsidenten-Partei“ im BILD-Interview

„Köhler ist ein abgeschnittener Präsident… Er ist die Hinterlassenschaft einer nicht zustande gekommenen schwarz-gelben Koalition ist.“ Diese Sätze von Heribert Prantl las ich am 4. Juli in der Süddeutschen Zeitung. Köhler bestätigt am Tag darauf mit seinem zweiseitigen Interview in der BILD-Zeitung dieses Urteil. Uns ist das schon etwas länger aufgefallen und deshalb haben wir auf den NachDenkSeiten unsere Serie die „Bundespräsidenten-Partei“ aufgelegt.

Datenschutzbeauftragter: 20% Alg II-Missbrauch, behauptet Clement. Mit der Wirklichkeit hatte diese Zahl nichts gemein.

Die oft behauptete Missbrauchsquote von 20% „ist aus einer datenschutzrechtlich ohnehin sehr zweifelhaften Telefonaktion der Bundesagentur für Arbeit hochgerechnet worden: Betroffene, die telefonisch nicht erreicht werden konnten oder eine Teilnahme an der Aktion ablehnten, wurden dem Generalverdacht des Leistungsmissbrauchs ausgesetzt. Mit der Wirklichkeit hatte diese Zahl jedoch nichts gemein“, schreibt der Landesbeauftragte für den Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern in seinem 7. Tätigkeitsbericht 2004/2005.

Der SPIEGEL mit „Ansturm der Armen“ – geht es noch gröber?

Ich muss eine kurze Geschichte erzählen: An einem Samstag Mittag, vermutlich im Frühherbst 1992, mitten in der damals heftigen Asyldebatte, rief mich eine mir unbekannte Bürgerin meines damaligen Wahlkreises an und beschimpfte mich minutenlang und ohne Unterbrechung wegen meiner, wie sie meinte, zu freundlichen Haltung gegenüber Asyl suchenden Menschen. Der Wortschwall war gespickt von Argumenten und Vorwürfen, die sie sich nicht selbst ausgedacht haben konnte.

Frustriert von Deutschland wandern so viele Deutsche aus wie seit 122 Jahren nicht mehr. Die heutige Nachrichtenlage macht diese Flucht aus unserem Lande nur allzu verständlich.

Da gibt es in Deutschland geradezu eine hysterische Debatte über die demografische Entwicklung, die vielleicht in ein paar Jahrzehnten zu Buche schlagen wird. Über eine ganz aktuelle Bevölkerungsentwicklung – das „manager-magazin“ spricht gar schon dramatisierend von einer „bevölkerungspolitischen Krise“ – wird bisher kaum geredet, nämlich dass nach Schätzungen im letzten Jahr 250.000 Deutsche ausgewandert sind.
Warum wohl?

Jeder Haushalt hat im Durchschnitt 70.000 Euro Nettogeldvermögen. Oder: Für wie dumm hält uns der Bundesbankpräsident eigentlich?

Er muss es ernst gemeint haben, denn es steht schwarz auf weiß in einer offiziellen Pressenotiz der Deutschen Bundesbank [PDF – 244 KB] vom 19.06.06:
„Ende 2005 kamen die deutschen Haushalte auf ein Nettogeldvermögen von 2,69 Billionen €. Das sind pro Haushalt im Durchschnitt knapp 70.000 €, in etwa doppelt so viel wie Anfang der neunziger Jahre.“
Die ökonomische Logik unseres obersten Bankers lautet also etwa so: Wenn ich 20.000 Euro auf dem Sparkonto habe und mein Nachbar hat 10.000 Euro Schulden, dann haben wir beide im Durchschnitt 5.000 Euro. Darüber kann sich mein Nachbar aber richtig freuen!
Eigentlich müsste ein homerisches Gelächter über Axel Weber durch den Blätterwald schallen. Aber fast alle drucken diese Durchschnittszahl ohne jeden realen Aussagewert über die tatsächliche Verteilung des Nettogeldvermögens nach.

Hartz IV einmal nicht aus dem weichen Sessel eines „Stern“-Chefredakteurs betrachtet.

„Der Kommunismus siegt“, „Arbeit wird verhöhnt, Nichtstun belohnt.“ So titelte Ulrich Jörges, stellvertretender Chefredakteur des „Stern“ im Heft 22 seinen wöchentlichen „Zwischenruf aus Berlin“ über den nach seiner Ansicht „komfortabelsten Ausbau“ des Sozialstaats durch Hartz IV. Jörges beweist mit seinen Kolumnen schon seit langem, dass er zu den eitelsten Journalisten gehört, dem es weniger um Aufklärung, sondern darum geht mit seinen pseudointellektuellen Zuspitzungen sich selbst darzustellen.

Auf welcher „Wolke der Unwissenheit“ ein „Star“-Journalist schweben darf, ohne dass er nur noch Hohn und Spott erntet, zeigt die Sicht eines Hartz IV-Betroffenen [PDF – 352 KB].

Suchanzeige!

Wir suchen den Bericht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres, an den Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales von Anfang Mai 2006, wonach Hartz IV gegenüber den alten sozialen Sicherungssystemen keine Kostenexplosion ausgelöst hat.