Kategorie:
Ungleichheit, Armut, Reichtum

Finanzhypokrisie. Von Joseph Stiglitz

Dank unserer aufmerksamen und freundlichen Leserinnen und Leser kommen wir und Sie immer wieder in den Genuss von interessanten Beiträgen und zum Beispiel auch von Übersetzungen. So erreichte uns gestern folgende Mail: Liebes Team der Nachdenkseiten, der Kommentar von Albrecht Müller über die Arroganz unserer Kanzlerin hinsichtlich “guter Regierungsführung” der afrikanischen Staaten in Ziffer 8 der Hinweise vom 10. 12. hat mich an den folgenden Artikel von Joseph Stiglitz in der spanischen Tageszeitung El Pais erinnert. Die Übersetzung habe ich beigefügt. – Wir sagen Danke und reichen das Geschenk weiter.

Betrug – und wo bleiben die Kontrolleure, die Wirtschaftsprüfer, die Bankenaufsicht, die Zentralbanken und letztendlich die Politik?

„UBS noch tiefer im Strudel der Kreditkrise“ so lautet die Überschrift über einer Meldung der Neuen Zürcher Zeitung. Und weiter: „Die Grossbank UBS muss wegen der amerikanischen Hypothekenkrise weitere 10 Milliarden Dollar abschreiben. Die grösste Schweizer Bank befürchtet rote Zahlen für das ganze Jahr. Sie erhält eine Finanzspritze aus Singapur und Nahost.“
Quelle: NZZ
Orlando Pascheit hat dazu für die NachDenkSeiten einen interessanten Kommentar geschrieben. Albrecht Müller.

Wir sind alles kleine Kapitalisten

Ich erfuhr die frohe Botschaft während der morgendlichen Zeitungslektüre: Da stand es – schwarz auf weiß.: „Viele Arbeitnehmer und einfache Bürger sind inzwischen längst kleine Kapitalisten.“ Diese überaus erfreuliche Mitteilung fand sich in einem Artikel von Peter Hahne (nein, nicht der bekannte Neokonservative vom ZDF), sondern eines Redakteurs vom Kölner Stadt-Anzeiger. Ich gestehe, dass ich für derlei Hinweise überaus empfänglich bin. Was in der Zeitung steht, ist bekanntlich wahr. Erbaulich auch die Nachricht, dass unser Finanzminister Steinbrück den Bankmanagern einmal so richtig die Leviten gelesen hat. Viele seien der Komplexität ihrer Aufgaben nicht gewachsen. Hat der Mann sich in der Veranstaltung geirrt oder ist das schon eine Auswirkung der strikt anti-kapitalistischen Parteitagsbeschlüsse der SPD; gar des Bekenntnisses zum „demokratischen Sozialismus“? Die Zukunft wird es zeigen.
Ein Zwischenruf zum Schmunzeln von Joke Frerichs.

Verfassungsfeinde geben den Ton an.

Wir hatten uns am 13.11. über Tonlage und Inhalt einer Sendung bei Deutschlandradio Kultur gewundert. Leser fanden, wir hätten auf die Inhalte stärker eingehen müssen. Ich hatte gedacht, der Text erschließe sich selbst. Freundlicherweise hat einer unserer Leser uns einen Brief an Deutschlandradio Kultur zur Verfügung gestellt. Siehe unten.
Das ist eine bestimmte, aber immer noch freundliche Kritik. Vielleicht verlangen aber die Zeit und das Gebot, unsere Demokratie und das Grundgesetz streitbar zu verteidigen, eine deutlichere Sprache. Aus meiner Sicht ist der Autor des Beitrags im Deutschlandradio ein Feind unserer Verfassung. Er kann sich mit dem Sozialstaatsgebot unseres Grundgesetzes offensichtlich nicht anfreunden. Und er ist bei weitem nicht allein. Auch und vielleicht gerade bei Deutschlandradio Kultur findet sich eine Ansammlung davon. Acht Tage vorher lief dieses Stück „Über Gleichmacher und Abstiegsängste“ von Ulf Poschardt über den gleichen Sender. Der gleiche Geist – angefüllt von antidemokratischem, elitären Denken, und eingebettet in eine Reihe ähnlicher Stücke. Es ist an der Zeit, die Verfassungsfeindlichkeit dieser Kreise beim Namen zu nennen. Um ein Begriff des unseligen Autors zu benutzen: Auf Samtpfoten werden wir diese soziale Demokratie, soweit sie noch existiert, nicht verteidigen können.
Der Verletzung des Sozialstaatsgebots in der praktischen Politik der letzten Jahrzehnte ist Lothar Kindereit nachgegangen. Er hat sich entschlossen, gegen die Verletzung des Artikel 20 GG zu klagen. Albrecht Müller.

Buchbesprechung: Butterwegge/Lösch/Ptak/Engartner: Kritik des Neoliberalismus

Die NachDenkSeiten wollen – so steht es auf der Homepage – „eine gebündelte Informationsquelle für jene Bürgerinnen und Bürger werden, die am Mainstream der öffentlichen Meinungsmacher zweifeln und gegen die gängigen Parolen Einspruch anmelden.“ Dieser Mainstream besteht seit einigen Jahren aus einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik mit einer starken Betonung wettbewerblicher Elemente – zusammengefasst unter dem Begriff des Neoliberalismus. Wie dieser entstanden ist, was das Primat des Marktes bedeutet, wie der Sozialstaat unterminiert wird und wie der Neoliberalismus die Demokratie gefährdet, dass haben Christoph Butterwegge, Bettina Lösch und Ralf Ptak (unter Mitarbeit von Tim Engartner) in einem neuen Buch untersucht.
Eine Rezension von Klemens Himpele.

Newsweek über Angela Merkel – Ein Medienspiel über die amerikanische Bande

Der Aufmacher in der früher einmal links-liberal geltenden amerikanischen Wochenzeitung über einen angeblichen Links-Ruck in Deutschland kam wie gerufen. Die Sprachrohre der Reformpolitik vom „Spiegel“ über die „Welt“ bis hin zur „Zeit“ stiegen mächtig darauf ein. BILD machte sogar mit der Schlagzeile auf: “US-Magazin nennt Angela Merkel ,verlorene’ Kanzlerin”. Was unterging: Mit einer Ausnahme stammen die Meinungsmacher in Newsweek alle aus Deutschland, so etwa der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer, Zeit-Herausgeber Josef Joffe oder der BILD-Kolumnist Hugo Müller-Vogg. Autoren, die in Deutschland mit ihrer Reformeuphorie kaum noch ernst genommen werden, benutzten jetzt die USA als ihren Resonanzboden. Dazu die SZ süffisant: Das US-Spezifische der Hauptgeschichte besteht darin, dass sie von einem nach Pittsburgh ausgewanderten Deutschen auf Englisch geschrieben wurde, der offenbar seit 2001 Deutschland-Korrespondent von Newsweek ist. Seine Hauptquellen sind das Allensbach-Institut, der Forsa-Chef, Zeit-Kommentator Jörg Lau und ein in London lebender Chef-Ökonom der Bank of America mit dem Namen Holger Schmieding. Unser Leser Roger Strassburg hat einen Leserbrief an Newsweek geschrieben.

Zumutungen ohne Ende

Wir haben eine ernste ökonomische Situation. Die Binnenkonjunktur schwächelt deutlich. Schon im August war beim Vergleich von Juli 2007 zu Juli 2006 festgestellt worden, dass die Einzelhandelsumsätze real um 1,5% gesunken waren. Das ist alles andere als ein Zeichen von Boom. Jetzt deuten die Daten für September auf eine Verschärfung hin: -2,2%. Die Sparquote steigt. Siehe unten. Würde bei uns eine von Vernunft geleitete Wirtschaftspolitik betrieben, wüsste man, dass man umschalten muss. Nichts davon und auch die Wissenschaft beharrt auf der Richtigkeit des Kurses. Albrecht Müller.

WSI-Herbstforum: Armut, Reichtum und Sozialstaat. Ist die soziale Spaltung noch lösbar?

Vom 29. November 2007 bis 30. November 2007 veranstaltet die Hans-Böckler-Stiftung in Berlin, Hotel Maritim pro Arte, ein WSI-Herbstforum.
Die private Armut wächst – und der private Reichtum auch. Doch Öffentlichkeit und Politik scheinen sich damit abzufinden. Weil offizielle Armuts- und Reichtumsberichte immer dasselbe Ergebnis dokumentieren? Und weil eine politische Reaktion darauf ausbleibt bzw. wegen ebenfalls gestiegener öffentlicher Armut unterbleiben muss?
Das WSI-Herbstforum will das Ausmaß der sozialen Spaltung kritisch in Erinnerung rufen – und trotz der behaupteten Hindernisse nach sozialstaatlichen Lösungswegen suchen.
Interessierte können sich noch anmelden. Tagungsgebühren werden nicht erhoben.
Quelle 1: Einladung [PDF – 272 KB]
Quelle 2: Antwortkarte [PDF – 176 KB]

Die Einigung auf den Reformvertrag wird in Lissabon von massiven Protesten der Bevölkerung gegen das Konzept einer “Flexicurity” begleitet

In Lissabon verständigten sich am 19. Oktober die anwesenden Staats- und Regierungschefs auf einen neuen Reformvertrag. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Einigung auf den neuen Reformvertrag als „großen Erfolg“, des Weiteren sei die sechsjährige Vertragsdebatte zu einem guten Abschluss gebracht worden. Der Grundlagenvertrag soll am 13. Dezember in Lissabon unterzeichnet werden. Nach der Ratifizierung wird der Vertrag voraussichtlich am 1. Januar 2009 in Kraft treten. De facto ist jedoch dieser Reformvertrag fast der gleiche wie der abgelehnte EU-Verfassungsvertrag, da die inhaltliche Substanz größtenteils erhalten bleibt und in die bestehenden Verträge einfließt. Von den Medien weitgehend totgeschwiegen wurde, dass die Verhandlungen von massiven Protesten in Lissabon begleitet wurden. Die Gewerkschaftsführung von CGTP-Intersindical spricht von der größten Demonstration in Lissabon seit Jahrzehnten. Ein Beitrag von Christine Wicht.

IAB-Studie: Was wurde aus den Arbeitslosenhilfeempfängern nach Hartz?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) legte eine Auswertung von Daten und Modellrechnungen zum Übergang und zum Verbleib von Arbeitslosenhilfeempfängern nach der Hartz-IV-Reform vor.
Nach Auswertung methodisch unterschiedlicher Studien brachte Hartz bei der weit überwiegenden Zahl der Arbeitslosenhilfeempfängern Einkommensverluste, darüber hinaus hätten 15 – 25 % der früheren Arbeitslosenhilfebezieher, nach der Hartzreform überhaupt keinen Anspruch auf weitere Leistungen mehr. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen habe sich nur geringfügig geändert, allerdings seien Umverteilungswirkungen zwischen ehemaligen Sozialhilfeempfängern zu Lasten der früheren Arbeitslosenhilfeempfänger festzustellen. Wolfgang Lieb

„David gegen Goliath“ – das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten soll den reichen Ländern neue Märkte eröffnen

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit laufen die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten (AKP-Staaten) zu den Economic Partnership Agreements (EPAs). Die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird mit wohlklingenden Begründungen wie etwa der “Beseitigung der Armut”, der „Förderung nachhaltiger Entwicklung“, der „Förderung der Menschenrechte“ und der „Förderung der Demokratie” propagiert. Ein Beitrag von Christine Wicht.