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Finanzen und Währung

Sparkassen als Vorfeldorganisationen der neoliberalen Bewegung

Die Verbreitung der neoliberalen Glaubensbekenntnisse läuft nicht nur über Professoren, einschlägige Politiker und bundesweit tätige Organisationen wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und die Bertelsmann Stiftung, auch regional tätige Einrichtungen beteiligen sich daran und setzen ihre organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten für neoliberale Propaganda ein. Ich verweise auf einen beispielhaften Vorgang, der sich gerade in der “Heimat” der NachDenkSeiten abspielt: Die Sparkasse Südliche Weinstraße hat Wolfgang Clement als Festredner eingeladen. Albrecht Müller

Staatsverschuldung und gesamtwirtschaftliche Vermögensbilanz: Öffentliche Armut, privater Reichtum

„Öffentliche Armut, privater Reichtum“, diese alte These treffe auch die Entwicklungstrends der letzten Jahrzehnte von Staatsverschuldung und Staatsvermögen einerseits sowie Privatvermögen andererseits. Während die privaten Nettovermögen von 1991 bis 2009 um 99% auf 7.370 Milliarden, das sind 307% des BIP beträchtlich gestiegen sind, wurde die staatliche Vermögenssubstanz im gleichen Zeitraum von 52% des BIP auf einen Anteil von 6% im Jahr 2009 zunehmend ausgezehrt. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie des DIW [PDF – 601 KB]. Der Autor Stefan Bach spricht sich für ein mittelfristiges Konsolidierungsprogramm mit einem ausgewogenen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen aus. Dabei sollten auch die höheren Einkommen und Vermögen etwa durch eine Erbschaftssteuer oder durch eine einmalige Vermögensabgabe belastet werden. Die Studie liefert harte Argumente für die Initiative „Vermögenssteuer jetzt“ www.vermoegensteuerjetzt.de, sie wird aber auch von konservativer Seite mit den ewig gestrigen Parolen bekämpft. Wolfgang Lieb

Heiner Flassbeck zur aktuellen Eurokrise und zur Marktwirtschaft des 21. Jahrunderts

Für Heiner Flassbeck gibt es nur eine zielführende Lösung der Eurokrise: „Kurzfristig sind die Zinsdifferenzen durch eine gemeinsame, von allen EWU-Ländern getragene Euroanleihe zu beseitigen, und es muss verhindert werden, dass die angeschlagenen Defizitländer durch ein kontraproduktives Kaputtsparen der öffentlichen Haushalte in eine weitere Rezession abgleiten. Gleichzeitig muss den Finanzspekulanten das Handwerk gelegt werden.“ Und: „Will man den Euro – und mit ihm das ganze europäische Projekt – retten, gibt es mittel- und langfristig nur einen einzigen Ausweg: Die Wettbewerbsfähigkeit der Länder mit Auslandsschulden muss wiederhergestellt werden und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte müssen beseitigt werden. Das kann innerhalb der EWU nur durch eine Umkehr der Lohnstückkostenpfade erreicht werden: Deutschland braucht stärker steigende Lohnstückkosten als die EWU-Partner, die Südeuropäer dagegen unterdurchschnittliche.“ (S. 214f.) So lautet das Resümee in Flassbecks neuem Buch „Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“. Wolfgang Lieb

Griechenland: Alternative zum Totsparen: Die Reichen müssen bluten. (IV)

Ehe das grundlegende Dilemma der griechischen Staatseinnahmen beschrieben wird, soll hier die neueste Etappe in der Diskussion um die „Streckung“ der Tilgungsfristen für die von Athen beanspruchten Kredite aus dem Stützungsprogramm von IWF und EFSF (dem Hilfsfonds der Euro-Partner) nachgezeichnet werden. Das ist schon deshalb geboten, weil alle denkbaren Strategien für eine mittelfristige Sanierung der öffentlichen Finanzen zum Scheitern verurteilt sind, wenn Griechenland seine Schulden ab Anfang 2013 zu den Bedingungen abzahlen muss, die im „Memorandum“ vom Mai 2010 von der Troika festgelegt wurden. Von Niels Kadritzke

„Juncker wirft Merkel simples Denken vor“ … Endlich sagt das einer. (Finanzkrise A)

Frau Merkel macht Währungspolitik mit dem Blick auf Punktgewinne bei ihren Wählern in Deutschland. Das ist rundum unverantwortlich. Es bedroht die gemeinsame Währung. Außerdem reißt Frau Merkel mit ihrem Auftreten ein, was ihre Vorgänger vorher mühsam aufgebaut haben: Ansehen bei unseren Nachbarn. – Der für die Eurogruppe sprechende Luxemburger Ministerpräsident hat sich zu Merkels Kurs kritisch geäußert (Siehe Anlage). Das ist mutig, denn es ist nicht leicht, gegen die geballte aber populäre Unvernunft der deutschen Regierung anzugehen. Ich habe mich zu Merkels Kurs in einem Interview mit La Vanguardia, Barcelona geäußert, dessen Rohfassung in Deutsch hier als Erläuterung und Kommentar folgt. Albrecht Müller.

So führen Abgeordnete der Regierungsfraktionen ihre Wähler an der Nase herum

Am 10. August habe ich den Artikel „7 Wahrheiten über Milliarden-Spender“ kritisch kommentiert. Siehe: Der Reiche als der ausgebeutete Gutmensch und der Arme als Schmarotzer.
Ein Leser hat diesen Beitrag an den FDP-Abgeordneten Sebastian Blumenthal geschickt und um Stellungnahme gebeten.
MdB Blumenthal hat geantwortet. Ich dokumentiere mit Erlaubnis des Abgeordneten seinen Antwortbrief und kommentiere ihn der Einfachheit halber mit kursiver Schrift im Text. Wolfgang Lieb

Griechenland: Schock-Therapie oder Schock ohne Therapie? (III)

Die neuen Berechnungen über das griechische Haushaltsdefizit für das Jahr 2009 waren in Brüssel schon seit Monaten bekannt und wurden in der griechischen Presse seit September erörtert. Dass die offizielle Zahl – 15,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – erst am 15. November veröffentlich wurde, war kein Zufall: Die EU-Kommission wollte wohl der Regierung Papandreou die düstere Botschaft erst nach den Kommunalwahlen zumuten.
Wie erklärt sich die um 1,8 Prozent (des BIP) erhöhte Defizitzahl und was bedeutet sie für die künftigen griechischen Staatsaushalte und das Sparprogramm, zu dem sich die Athener Regierung gegenüber der Troika (EU-Kommission, EZB und IWF) verpflichtet hat, als sie im Mai 2005 gezwungen war, den „Rettungsschirm“ eines Kreditpools von 110 Milliarden aus dem EFSF (European Financial Stability Facility) in Anspruch zu nehmen. Von Niels Kadritzke

Die SPD ist kein ernstzunehmender Gegner für Schwarz-Gelb mehr

Nicht mehr die SPD, sondern die Grünen seien nun zum Hauptgegner der Kanzlerin geworden, so oder so ähnlich war der Tenor nicht nur der Süddeutschen Zeitung zur Generaldebatte um den Haushalt des Bundeskanzleramtes.
Wenn man sich die Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Frank-Walter Steinmeier anhörte, dann kann man nur sagen: Die Kanzlerin hat sogar Recht, wenn sie die SPD als politischen Gegner ignoriert. Diese SPD, die Steinmeier mit seinem Debattenbeitrag repräsentierte, ist wirklich kein ernstzunehmender Gegner für diese schwarz-gelbe Regierung mehr. Wolfgang Lieb.

Ein Hoch auf FAZ.NET für diese Erkenntnis: „Längst hat die Finanzwelt die Politik fest im Griff“ (Finanzkrise XLVIV)

Die NachDenkSeiten werden überflüssig. Die FAZ übernimmt unsere Rolle. Was wir seit langem, spätestens seit der Rettung der IKB in den Jahren 2007 und 2008 schreiben, dass nämlich die deutsche Politik in den Fängen der Finanzindustrie ist, schreibt jetzt die FAZ in ihrer Internetausgabe. Fantastisch. Lesen Sie selbst. Albrecht Müller

Zum Gutachten des Sachverständigenrats: Ein bisschen Selbstkritik, aber sonst nichts Neues

Die Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung werden zwar immer dicker, doch bei den Empfehlungen wird nur das gedroschene Stroh noch einmal gedroschen. Eine Weiterentwicklung der wirtschaftspolitischen Prämissen und des wirtschaftstheoretischen Denkens auch nach der Krise ist nicht zu erkennen. Obwohl die Empfehlungen in der Vergangenheit nicht zum Erfolg geführt haben und egal wie die wirtschaftliche Realität aussieht, die Ratschläge gleichen sich seit Jahren: Konsequente Fortsetzung der „Strukturreformen“, Sparpolitik auf Kosten der sozialen Sicherungssysteme, Warnungen vor „überzogenen“ Lohnforderungen.
Es ist die alljährliche Wiederholung des immer Gleichen. Bis auf Peter Bofinger sind die Wirtschaftsweisen nur noch die Lordsiegelbewahrer der herrschenden Lehre. Wolfgang Lieb

Staatsschulden als permanente Einnahmequelle

„Seit Jahren hat in Deutschland die Kreditfinanzierung öffentlicher Ausgaben eine miserable Presse. Die Kampagne hat zumindest in formaler Hinsicht Früchte getragen: Das Grundgesetz enthält seit 2009 (anscheinend) strikte Vorschriften, um Budgetdefiziten einen Riegel vorzuschieben. Jedoch empfiehlt sich ein weniger verkrampfter Umgang mit Staatsschulden, denn sie erfüllen nicht nur eine wichtige Funktion im Wirtschaftskreislauf, sondern sie erhöhen bei vernünftigem Gebrauch auch die Wohlfahrt der Bevölkerung.“
Zu diesem interessanten Text von Prof. Dr. Fritz Helmedag, Lehrstuhlinhaber an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Chemnitz, schickte uns NachDenkSeiten-Leser G.K. die folgenden Anmerkungen.

Verbarrikadierte Demokratie – Politik schafft sich ab

Stabilitätspakt, Dienst- und Niederlassungsfreiheit, Unabhängigkeit der Bundes- und Europäischen Zentralbank, Schuldenbremse, automatische Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen verschärfte Stabilitätsregeln, auch auf vielen anderen Feldern erleben wir, wie sich die Politik hinter unumstößlichen Prinzipien, unbeeinflussbare Verfahren oder zwingend umzusetzende Gesetze verbarrikadiert. Man erhofft sich damit die Begründung für unliebsame Entscheidungen ersparen und sich vor einer politischen Auseinandersetzung schützen zu können.
Das Vorgehen beim Aufbau solcher Barrikaden ist immer das gleiche. Man gibt ein paar allgemeine, oftmals als hehre Ziele verpackte und vor allem populistisch eingängig Parolen vor, schafft damit ein unveränderbar erscheinendes Prinzip und wenn dann konkrete politische Entscheidungen anstehen, argumentiert man, dass man dabei sich den unumstößlichen Zwängen unterordnen müsse.
Die Politik schafft sich damit selber ab. Die Demokratie wird hinter die von der Politik aufgebauten Barrikaden eingesperrt. Wolfgang Lieb

Wir sind in den Händen von Irren. Oder von verantwortungslosen Zynikern. Oder beides.

Diese Überschrift ruht seit einiger Zeit auf meinem Laptop. Ich habe die Kennzeichnung der herrschenden Verhältnisse und Personen als „irre“ nicht zu gebrauchen gewagt, weil auch ein Teil der NachDenkSeiten-Nutzer eine solche Charakterisierung für zu grob hält. Jetzt ermunterte der Luxemburger Außenminister zum Gebrauch und lieferte auch noch eine richtige Begründung für diese Kennzeichnung. Albrecht Müller.

Martin Walser – der lebende Beweis für die Lüge von der „Wissensgesellschaft“

Am 19.10. erschien in der „Zeit“ eine Rezension des neuen Buches von Peer Steinbrück mit der Überschrift „Leidenschaftlich wahr“, unterzeichnet von Martin Walser. Dieser Text ist ein wunderbarer Beweis dafür, dass wir alles andere als eine Wissensgesellschaft sind. Insbesondere das so genannte gebildete Bürgertum weiß offensichtlich sehr vieles nicht und schleppt eine Fülle von Vorurteilen insbesondere im Bereich der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik mit sich herum. Diese sich im allgemeinen besonders wissend fühlenden Menschen sind anfällig für allerlei Einflüsterungen. So auch Martin Walser. Er bringt das eigene Manko treffend auf den Punkt: Albrecht Müller.