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Wichtige Debatten

Fiskalpakt – der klammheimliche Systemwechsel

Gestern gab es den Auftakt der Beratungen über den Fiskalpakt und den dauerhaften europäischen Rettungsschirm ESM. Mit der Verabschiedung des Fiskalpakts wird nicht nur für Deutschland sondern für nahezu das gesamte Europa ein „Systemwechsel“ vollzogen: Nämlich mit einer möglichst in allen Verfassungen zu verankernden „Schuldenbremse“, deren Überwachung durch die Behörde der Europäischen Kommission und – bei einem Verstoß gegen die Verschuldungskriterien – der Klagemöglichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof.
Weil man nicht den Mut hat die Europäischen Verträge zu verändern, was ja in verschiedenen Ländern einer Volksabstimmung bedürfte, soll der Fiskalpakt – sozusagen auf einem Schleichweg – separat in einem zwischenstaatlichen Vertrag festgeschrieben werden. Dieser Vertrag ist praktisch nicht revidierbar, er wird also künftig die Politik nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa – so lange es noch als politische Institution existiert – bestimmen. Die schwarz-gelbe Koalition würde die Gesetzentwürfe im Schnellverfahren am liebsten noch vor der Sommerpause verabschieden. Es ist also höchste Zeit, dass wir uns alle intensiv damit auseinandersetzen. Deswegen ein paar wichtige Informationen. Von Wolfgang Lieb.

Erich Fromm-Preis für Georg Schramm: Preisverleihung und der Preisträger mit „Nach uns kommt keine Sintflut“ als Video

Es folgen für Interessierte der Link zum Video von der Preisverleihung in Stuttgart. Dort in Teil 1 die Preisverleihung mit Einführung von Prof. Dr. Jürgen Hardeck und die Laudatio von Thomas Gebauer (medico international). Dann in Teil 2 die Rede von Georg Schramm. Die Laudatio finden Sie unten auch noch verschriftet. Nebenbei: Die NachDenkSeiten wurden am Montagabend gleich zweimal öffentlich als Informationsquelle gewürdigt. Georg Schramm meinte im Gespräch mit mir, er wie auch viele seiner Kollegen nutzten die NDS. So ist es auch gedacht. Und es macht Sinn, sich gegenseitig zu stützen. Albrecht Müller.

Bedeutung der Quote auch für öffentlich-rechtliche Sender

Damit sich die NachDenkSeiten nicht den Vorwurf einhandeln, wir würden nur die eine Seite hören – nämlich Kritiker der Quote – wollen wir auch Thomas Nell, den bisherigen Leiter der Programmgruppe Wirtschaft und Recht beim WDR in Köln zu Wort kommen lassen, der den diagnostischen und den (Programm-)Relevanzaspekt der Quotenmessung hervorhebt.
Damit kein Missverständnis aufkommt, wir huldigen keineswegs einem ethischen Relativismus. In seinem Referat auf einem Symposion des IÖR sieht Thomas Nell die Einschaltquote als unterstützendes Instrument der Programmplanung an, hört man allerdings z.B. den ARD-Programmdirektor Volker Herres („Quote sind nichts anderes als Menschen“), dann wir man eher den Kritikern wie Gert Monheim oder Manfred Kops Recht geben müssen. Wie richtig sie mit ihrer Kritik an der Quote liegen, kann schließlich jeder Rundfunkteilnehmer selbst beobachten, etwa wenn er pro Woche inzwischen fünf Talk-„Shows“ ertragen muss und dies noch als ein „Mehr an Information“ angepriesen wird.

Und sie bewegt sich doch!

Es vergeht fast kein Tag, an dem uns nicht ein Politiker, Journalist oder Kommentator aufs Neue einbläut, wie gut es uns hier in Deutschland doch ginge. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, auf wen sich dieses „uns“ eigentlich bezieht. Ob es jemandem gut geht, ist eine sehr subjektive Frage. Es mag ja durchaus sein, dass es den betreffenden Politikern, Journalisten, Kommentatoren und ihrem persönlichen Umfeld wirklich gut geht. Man sollte sich jedoch tunlichst davor in Acht nehmen, diese subjektive und eingeschränkte Einschätzung zu verallgemeinern. Wer in sich geht und die veröffentlichte Meinung kritisch hinterfragt, muss zu einem ganz anderen Ergebnis kommen. Von Jens Berger.

Die Quote: Voraussetzung oder Hemmnis für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags?

Mit dem folgenden Beitrag setzen wir die mit dem Artikel von Erika Fuchs „Occupy WDR“ auf den NachDenkSeiten angestoßene Debatte über den Programmauftrag, über Qualitätsansprüche und journalistisches Profil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fort. Der WDR-Hörfunkdirektor hat auf unserer Website geantwortet und unsere Autorin hat kurz erwidert. Die Diskussion über dieses medien- und kulturpolitisch wichtige Thema – angestoßen durch eine Programmreform des Kulturradiosenders WDR 3 – hat inzwischen beachtlich große Kreise gezogen: Fast 17.000 Interessierte unterzeichneten einen Offenen Brief einer neu gegründeten Initiative für Kultur im Rundfunk, „Die Radioretter“.
Der „Initiativkreis Öffentlicher Rundfunk“ (IÖR) hat ein Symposion zum Thema „Was soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Gesellschaft leisten?“ veranstaltet. Gert Monheim hat uns sein dort gehaltenes Referat mit einer Kritik am Einfluss der Einschaltquote auf die Programminhalte zur Verfügung gestellt. Dr. Manfred Kops, der Vorsitzende des IÖR, hat auf dieser Tagung ein Schlusswort gehalten, das wir in einer überarbeiteten und erweiterten Fassung dokumentieren.

Dazugelernt

“Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand, – ist ein alter Scherz, den man wohl in unsern Zeiten nicht gar für Ernst wird behaupten wollen.” Diesen Satz schrieb der große deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel schon 1821 in der Vorrede zu den „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ und diese Kritik trifft gewiss auch die heutige Politikergeneration. Aber immerhin scheint der neue Bundespräsident Joachim Gauck – kaum im Amt – dazugelernt zu haben. Offenbar nimmt er die Kritik, die an seinen bisher geäußerten Positionen geübt wurde, ernst. In seiner Rede nach seiner Vereidigung vor Bundestag und Bundesrat hat er Töne angeschlagen und Themen aufgegriffen, die man so von ihm noch nicht gehört hatte. Von Wolfgang Lieb.

Tarifrunde 2012 – Medizin für eine kränkelnde Volkswirtschaft

Die Zeichen stehen auf Sturm. Nachdem die Arbeitgeberseite trotz Warnstreiks bis dato noch nicht ernsthaft auf die Forderungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eingegangen ist, droht dem Land nun ein zäher Arbeitskampf mit massiven Streiks im öffentlichen Dienst. Dabei sind die Forderungen der Arbeitnehmer nicht nur im Sinne der Frage eines gerechten Lohns gerechtfertigt, sondern stellen ein zwingend notwendiges Korrektiv für die Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone dar. Da bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Staat auf Seiten der Arbeitgeber verhandelt, könnte hier die Politik endlich ein Zeichen setzen, gelten die Verhandlungen doch auch als Vorlage für etliche Tarifverhandlungen, die in den nächsten Monaten anstehen. Von Jens Berger.

Die Quote ein Hindernis für die Erfüllung des öffentlichen-rechtlichen Programmauftrags ?

Sendeplatz im Programm wurde ursprünglich nach qualitativen Gesichtspunkten und gesellschaftlichen Bedürfnissen getroffen. Die Redakteure und auch Intendanten und Programmdirektoren hatten so etwas wie den innewohnenden Programmauftrag eines „Rundfunks der Gesellschaft“, der die Gebührenzahler mit den für sie wichtigen Informationen in der gebotenen Nachhaltigkeit zu versorgen, die Grundversorgung sicherzustellen.
Das änderte sich in den 90er Jahren, als die kommerziellen Sender stärker auf den Markt drängten. Das Programm wurde immer weniger nach qualitativen Gesichtspunkten geplant. In den Vordergrund rückte die Frage, wie organisieren wir ein Programm, das möglichst viele Zuschauer erreicht. Nun ist das a priori nicht schlecht: jeder Autor will möglichst viele Leser oder Zuschauer, jeder Künstler große Aufmerksamkeit. Aber diese Entwicklung hatte die fatale Wirkung, dass die Inhalte, die vorher im Zentrum des Programms gestanden hatten, plötzlich immer mehr an den Rand gedrängt wurden. Von Gert Monheim.

Amok im Krieg

Gegen 3 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag hat ein 38-jähriger US-Feldwebel südwestlich von Kandahar seinen Stützpunkt verlassen und ist in nächste Dorf gegangen. Dort brach er in Häuser ein und tötete wahllos schlafende Bewohner, darunter auch Kinder und Frauen. Danach soll er versucht haben, die Leichen anzuzünden. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand kamen 16 Menschen bei dem Amoklauf ums Leben. Der Täter ergab sich anschließend widerstandslos den Behörden. Die US-Armee betont, das Massaker sei die Tat eines Einzelnen, den man zur Rechenschaft ziehen und einer Bestrafung zuführen werde.
Solche Massaker geschehen in Kriegen regelmäßig, sie gehören zum Krieg wie der Unfall zum Straßenverkehr. Von Götz Eisenberg.

Debattenkultur im WDR

Vor einigen Tagen hatte ich für die Nachdenkseiten einen kritischen Artikel über den WDR verfasst. Darin wurde die derzeitige Unruhe in den Redaktionen geschildert, der Niedergang und die Banalisierung in Teilen der WDR-Programme beschrieben. Seitdem ist viel passiert: unter anderem hat sich die Unterschriftenaktion, bei der unter www.die-radioretter.de gegen die Organisationsreform bei der WDR-3-Kulturwelle protestiert werden kann, zu einem vollen Erfolg für die Initiatoren entwickelt. Rund 2.400 Menschen (Stand: 28.2., 16 Uhr) haben sich nach nur wenigen Tagen an dieser Aktion beteiligt und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Und auch in der Führungsspitze des WDR scheint die Unruhe groß geworden zu sein. Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz hat uns ein Schreiben zukommen lassen, das wir unseren Lesern hiermit zur Kenntnis geben. Von Erika Fuchs

Occupy WDR? Nein danke!

Das ist schon ein Kunststück, das Ihrer Autorin gelungen ist: Über zweitausend Wörter formte sie zu einem Artikel, in dem keine einzige Behauptung stimmt, kein lustvoll ausgebreitetes Gerücht einer Überprüfung auf seinen Wahrheitsgehalt standhielte. Das mag damit zusammenhängen, dass man Erika Fuchs eher in Entenhausen kennt als im seriösen Medienjournalismus, der beispielsweise seine Quellen benennt, aber sei’s drum. Von Wolfgang Schmitz, WDR-Hörfunkdirektor

Aus dem Leben eines Taugenichts

Kurz nach seiner Geburt schwächelte BP10XH noch ein wenig, dann ging es steil bergauf. Am Ende kollabierte das innovative Produkt der BNP Paribas jedoch. Brauchen wir Finanzinnovationen wie BP10XH eigentlich? Von Günter Wierichs

Occupy WDR

Im WDR gärt es, und zwar seit langem. Ob es um die schleichende Boulevardisierung des Fernseh-Nachrichtenmagazins Aktuelle Stunde geht oder den Abbau von lokaler Berichterstattung im Hörfunk: vor allem die Mitarbeiter des Senders, die ihre Aufgabe als kritische Wächter in Nordrhein-Westfalen noch ernst nehmen wollen, fragen sich, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben. Die größte ARD-Anstalt verliert unter der Ägide ihrer Intendantin Monika Piel (Jahresgehalt 2009: 308.000 Euro) immer mehr an Anspruch und journalistischem Profil. Gleichzeitig scheint es, als räume Monika Piel als derzeitige ARD-Vorsitzende auch noch bundesweit wichtige Bastionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugunsten der privaten Verleger. Von Erika Fuchs.

Grünes Licht für das zweite Hilfspaket

Abermals wird aus Brüssel die Rettung Griechenlands gemeldet. Eine „vorläufige“ Rettung, betonen die meisten Beobachter. Und das nicht nur, weil wichtige Komponenten der Beschlüsse – etwa die Beteiligung von europäischen Zentralbanken an dem bevorstehenden Schuldenschnitt – noch nicht klar sind. Für Griechenland waren die Beschlüsse von heute morgen wieder einmal „schicksalhaft“. Die endgültige Freigabe des neuen „Rettungspakets“ von 130 Milliarden Euro ist eine Voraussetzung dafür, dass die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt mit dem privaten Gläubigern Griechenlands (über das sogenannte Private sector involvement oder PSI), noch in dieser Woche abgeschlossen werden können. Beides ist wiederum Voraussetzung dafür, dass Athen die am 20. März fälligen 14,5 Milliarden Euro für auslaufende Staatsobligationen begleichen kann. Von Niels Kadritzke.