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Überwachung

Rezension zu Götz Eisenberg: Zwischen Amok und Alzheimer. Zur Sozialpsychologie des entfesselten Kapitalismus

Götz Eisenberg ist ein kritischer Beobachter des Alltagslebens im gegenwärtigen Kapitalismus. Seine Beobachtungen hat er in Form einer Collage zu essayistischen Fragmenten verdichtet. Mit großer Sensibilität nimmt er Alltagsphänomene wahr, an die zu gewöhnen er sich strikt weigert. So unterschiedliche Erscheinungen wie Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr; die Entwicklung des Gesundheitswesens zur Gesundheitsindustrie; der zeitgenössische Handywahn; Formen der Brutalisierung wie Messerattacken, Amokläufe oder Massaker; Praktiken des Social Sponsoring durch eine Fastfood-Kette oder die Rolle der Psychiatrie im System des Neoliberalismus sowie die Zerstörung sozialer Orte der Begegnung, wie der Wochenmarkt in seiner Heimatstadt, stellen für ihn Symptome einer Gefährdung demokratischer Errungenschaften dar. Von Joke Frerichs

Terroralarm

Fast jedes terroristische Attentat führt in Folge unmittelbar zu einem weiteren. Zu einem politischen nämlich, welches auf die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger abzielt, um hierdurch – so wird behauptet – der terroristischen Gefahr besser begegnen zu können. Aber, mal ehrlich: Wenn die Totalüberwachung der Kommunikationswege wirklich vor Terror schützen würde und deswegen nun auch in Deutschland nötig wäre – warum genau hat sie mit diesem Anliegen in Frankreich dann soeben vollends versagt? Und wenn die Einschränkungen der Grundrechte für so genannte „Gefährder“ wirklich und ausschließlich weiteren Terror verhindern sollen – warum verbleibt der Begriff dann so nebulös und werden in Großbritannien inzwischen investigative Journalisten zum Teil als solche überwacht? Und: Schützt ein Bundeswehreinsatz im Inland, wie er nun erneut in die Diskussion gerät, wirklich dabei, Anschläge zu verhindern – und wenn ja, wie und wodurch eigentlich genau? Über die „Antiterror“-Gesetze im Land und ihre bisherigen wie zu erwartenden Wirkungen sprach Jens Wernicke mit Michael Csaszkóczy vom Bundesvorstand der Roten Hilfe.

Terrorismus – Gegen die grassierende Hysterie!

Und täglich grüßt das Murmeltier. Kaum kommen bei einem wahrscheinlich islamistisch motivierten Anschlag in einem westlichen Land nichtmuslimische Menschen ums Leben, ist die Aufregung mal wieder groß. Eine ganze Religionsgruppe wird unter Kollektivverdacht gestellt und die medial geschürten Ängste der Menschen werden instrumentalisiert, um von wichtigeren Themen abzulenken und die Grundrechte immer weiter einzuschränken. Ist die Debatte über islamistischen Terrorismus eine Phantomdebatte? Ja und nein. Dennoch sollten wir uns um andere Themen Sorgen machen und uns nicht von Pegida, BILD und CDU ins Bockshorn jagen lassen. Von Jens Berger

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Die gestrige Manifestation von Paris wird, so eindrucksvoll sie auch war, die Möglichkeit zur Sozial- und Medienkritik um Jahre zurückwerfen

Die gestrige Manifestation von Paris wird, so eindrucksvoll sie auch war, die Möglichkeit zur Sozial- und Medienkritik um Jahre zurückwerfen

Es ist großartig, dass sich so viele Menschen gegen die Ermordung von 17 Menschen wenden und für Pluralität, für Pressefreiheit und Verständigung zwischen den Religionen eintreten. Ich habe das Geschehen und die mediale Behandlung gestern und heute nicht mit Genugtuung und Bewunderung verfolgt, sondern mit Sorgen. Die Überschrift eines ersten Textentwurfs von gestern lautete: „Vom schamlosen Missbrauch der Morde von Paris durch Politik und Medien.“ Jetzt will ich den unterlassenen Einwurf mit einigen kritischen Fragen und Feststellungen nachholen. Albrecht Müller.

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Sie versuchen das Problem am Laufen zu halten, statt es zu lösen

Die Komplexität der Spionageprogramme der NSA hat einige ihrer früheren technischen Experten zu ihren gefährlichsten Kritikern gemacht, da sie zu den wenigen Zeitgenossen zählen, die ihre totalitären Potentiale und Gefahren verstehen – wie William Binney, der ehemalige Technical Director for Intelligence der NSA in diesem Interview mit Lars Schall aufzeigt.

Edward Snowden: Ein Interview mit ‘The Nation’ – hier ins Deutsche übersetzt!

In einem beinahe vierstündigen Interview hat Edward Snowden Anfang Oktober mit Vertretern der amerikanischen Wochenzeitung ‘The Nation’ gesprochen.

Er stellt dabei die Tragweite der Enthüllungen und ihrer Implikationen deutlich klarer heraus, als er sie im Gespräch mit ‘The Guardian’ im Sommer geäußert hatte, und besticht darüber hinaus durch sein klares Verständnis grundlegender politischer Konzepte und treffende Analysen und Bewertungen der besorgniserregenden politischen Realitäten. Auch hinsichtlich seiner Vorstellungen notwendiger Maßnahmen zur Verbesserung der Lage nimmt er kein Blatt vor den Mund.

Wie schon im Sommer hat Carsten Weikamp auch dieses höchst interessante Interview für die NachDenkSeiten übersetzt. Großartig und herzlichen Dank auch im Namen der NDS-Leser.

Um Ihnen den Zugang zu dem achtzehn Seiten umfassenden Dokument [PDF – 176 KB] zu erleichtern, haben wir nach unserem Verständnis zehn Kernaussagen zusammengefasst und diese dann auch im vollständigen Text optisch hervorgehoben. Albrecht Müller.

Manipulations-Mechanismen in den transatlantischen Beziehungen

Nach Irreführung der Öffentlichkeit durch Bundesregierung und Leitmedien seit über einem Jahr in der NSA/BND-Ausspähaffäre droht auch bei den im Geheimen laufenden transatlantischen Verhandlungen über ein Handelsabkommen (TTIP) eine Wiederholung von Desinformation und Verschleierung. Die ZEIT warnt bereits vor einer „Wahnsinnstat“, die Süddeutsche Zeitung vor einem „heimlichen Staatsstreich“.
Die Instrumentarien wiederholen sich. Insofern kann für eine kritische Gegenöffentlichkeit die folgende systematische Aufarbeitung der Kampagnen während der Ausspähaffäre auch bei der nächsten transatlantischen Auseinandersetzung nützlich sein. Die folgende kommentierte Dokumentation enthält viele nützliche Zitate. Sie wurde von Peter Munkelt verfasst. Er war Leiter des Politischen Archivs der SPD. Albrecht Müller.

Übersetzung des ausführlichen Interviews mit Snowden im Guardian

Der Whistleblower Snowden hat 7 h lang mit Alan Rusbridger und Ewen MacAskill über sein Leben in Russland, die NSA Kultur, seine Zeit bei der NSA und die Zukunft der Kommunikation gesprochen. Der Bericht über dieses Gespräch ist am 18. Juli erschienen. Carsten Weikamp hat dieses in vieler Hinsicht interessante Interview für die Nachdenkseiten übersetzt [PDF – 156 KB]. Herzlichen Dank, auch im Namen unserer Leserinnen und Leser. Die Interview-Aufzeichnung ist 17 Seiten lang. Aber sie ist so übersichtlich gegliedert und mit Zwischenüberschriften versehen, dass Sie bei der Lektüre schnell und leicht herausfinden, was Sie interessiert. Albrecht Müller.

Rezension: Die Transparenz-Hölle

Der amerikanische Autor Dave Eggers hat einen Roman über ein fiktives, weltweit operierendes IT-Unternehmen namens Circle geschrieben, das wie eine Verschmelzung von Facebook, Apple, Google, Amazon und Twitter anmutet. Götz Eisenberg hat das Buch gelesen.

NSA, BND & Co. – Der Mensch als „Sicherheitsrisiko“

2013 geht in die Geschichte ein als ein Jahr, in dem eine bislang unvorstellbare Dimension geheimdienstlicher Überwachung bekannt geworden ist, die Hunderte Millionen, ja Milliarden von Menschen in aller Welt betrifft. Die verdachtsunabhängige Ausforschung, wie sie der Whistleblower Edward Snowden aufgedeckt hat, stellt alle Betroffenen unter Generalverdacht, unterhöhlt die Unschuldsvermutung, führt zu massenhafter Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre, stellt verbriefte Grundrechte, ja die Demokratie insgesamt in Frage. Von Rolf Gössner[*]

Vieles spricht dafür, dass die Ausweisung des CIA-Chefs ein inszenierter Theaterdonner ist.

Viele Menschen in Deutschland, möglicherweise die Mehrheit, sehen kritisch, was die USA bei uns anstellen und was sie weltweit tun. Das färbt negativ auch auf die Bundesregierung ab. Deshalb hat die Bundesregierung ein Interesse an einer Distanzierung, die nichts kostet. Die Ausweisung des CIA-Chefs kostet weder die Bundesregierung noch die USA etwas. Sie lenkt von den wirklichen Bedrohungen ab. Und dies erfolgreich. Die Lobeshymnen, die wegen dieser geradezu lächerlichen Ausweisung in den deutschen Medien und unter Politikern (mit wenigen Ausnahmen) gesungen werden, sind bemerkenswert. Von Albrecht Müller

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Ablenkungsmanöver der Staatsspitze

Bitte beachten Sie, dass sich sowohl der Bundespräsident als auch die Bundeskanzlerin in eine typische Ablenkungsstrategie einbauen lassen. Es ist bekannt, dass der deutsche BND mit den amerikanischen Geheimdiensten einschließlich der NSA zusammenarbeitet und die NSA viele Deutsche bespitzelt. Der Bundespräsident und auch die Bundesregierung haben dies nahezu klaglos hingenommen. Jetzt wird bekannt, dass ein einzelner BND-Mitarbeiter für US-Dienste gearbeitet haben soll. Und darüber regen sich nun Merkel und Gauck auf. „Doppelagent beim BND. Merkel fassungslos über mögliche US-Spionage“, heißt es bei Spiegel Online. Gauck war richtig aufgebracht. Man sieht an diesem Beispiel, für wie blöd Bundespräsident und Bundeskanzlerin das deutsche Volk halten. Geben Sie diesen Hinweis bitte weiter an Ihre Freundinnen und Freunde.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung, ein Weckruf zum Umdenken

Dass der Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinien von Anfang an für ungültig erklären würde und damit außer Kraft setzt, hatte wohl kaum jemand erwartet. Die Richter sehen durch die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten aus dem Jahre 2006 die „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“, speziell die Rechte auf Achtung des Privatlebens sowie auf den Schutz personenbezogener Daten, verletzt. Sie rechnen gründlich mit der Verharmlosung ab, wonach ja nur Verbindungsdaten und keine Kommunikationsinhalte gespeichert würden. Das Gericht sieht allerdings den Wesensgehalt dieser Grundrechte durch Datenspeicherung dann (noch) nicht tangiert, wenn die Ausnahmen vom Schutz personenbezogener Daten und dessen Einschränkungen auf das absolut Notwendige beschränkt sind.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD, der die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Regierungsprogramm machte, läuft nun ins Leere. Die Richtlinie existiert nicht mehr. Die Frage ist nicht nur, ob ein deutsches Vorpreschen mit einem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor der Erarbeitung einer neuen Richtlinie auf europäischer Ebene Sinn macht. Das Urteil sollte vielmehr Anlass für ein Umdenken sein, nämlich darüber Aufklärung zu verlangen, ob eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt zu mehr öffentlicher Sicherheit führen kann. Dieser Beweis ist bisher nicht erbracht. Von Wolfgang Lieb.