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Parteien und Verbände

Sigmar Gabriel und die Entdeckung der „echten Nazis“ – so viel Geschichtsvergessenheit macht wütend

Es ist Wahlkampf. Da darf man natürlich als Parteipolitiker auch schon mal etwas krachlederner zur Sache gehen und Warnungen vor der AfD sind im Kern ja nie falsch. Aber was Sigmar Gabriel in einem Interview sagt, das er gestern dem Portal t-online gegeben hat, sprengt sämtliche Grenzen von Anstand und Moral. Angesprochen auf den mittlerweile wohl wahrscheinlichen Einzug der AfD in den Bundestag sagt Gabriel, „dann [hätten] wir zum ersten Mal nach Ende des Zweiten Weltkriegs im deutschen Reichstag wieder echte Nazis“. Das ist geschichtsvergessen und dumm. Gerade in der Nachkriegszeit saßen zahlreiche „echte“ Nazis in den westdeutschen Landesparlamenten und im Bundestag. Das geht vom NS-Juristen, über hohe Beamte, die verantwortlich bei den Deportationen und dem Holocaust mitgemacht haben, waschechten Kriegsverbrechern und ideologischen Vordenkern der kruden NS-Ideologie bis hin zu einem Teilnehmer der zweiten und dritten Wannseekonferenz. Betroffen sind alle alten Parteien – auch die SPD, in deren Reihen ein von den Franzosen in Abwesenheit zum Tode verurteilter SS-Offizier sogar in den Bundesvorstand aufsteigen konnte. Wer derart geschichtsvergessen agiert, stärkt damit am Ende nur die AfD, die sich – diesmal sogar zu Recht – als Opfer einer Kampagne sieht. Von Jens Berger.

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AfD-Werbung – Facebook hat ein Social-Bot-Problem

Jens Berger

Nachdem die Satireseite Der Postillon sich am Freitag gänzlich unsatirisch über Twitter wunderte, dass Facebook an prominenter Stelle politische Diskussionsgruppen aus dem Umfeld der AfD empfiehlt, löste dies eine Welle der Aufregung aus. #fickdichfacebook wurde am Wochenende zum meistgenutzten Hashtag und auch der Faktenfinder der Tagesschau nahm sich – diesmal sogar seriös – der Thematik an. Eigene Tests konnten die Vorwürfe bestätigen: Facebook empfiehlt aktiv und ohne erkennbare sachliche Gründe seinen Nutzern rechtsextreme Diskussionsgruppen. Dies ist aber nicht das einzige Problem, das Facebook mit braunen Meinungsmachern hat. Für den Eklat gibt es fünf mögliche Gründe, wobei es wahrscheinlich ist, dass Social Bots zugunsten der AfD den Algorithmus beeinflussen. Von Jens Berger.

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Warum ging Venezuela siegreich aus dem jüngsten Krieg der vierten Generation hervor?

Es ist erstaunlich still geworden um Venezuela. Noch im Juli und Anfang August konnte man viel lesen über die Auseinandersetzungen in Venezuela. Das letzte, was mir haften blieb, war dieser FAZ-net Artikel. Die deutsche und wohl insgesamt die westliche Öffentlichkeit, gemeint ist die Politik und die Medien, hat ein ziemlich eindeutiges Urteil: Präsident Maduro verkörpert das Böse, die Opposition das Gute. – Das kann man auch anders sehen: Die NachDenkSeiten-Redaktion erreichte die Übersetzung eines Artikels mit einer anderen Sicht und vor allem mit einer Erklärung dafür, warum es inzwischen etwas ruhiger geworden ist in der deutschen und westlichen Öffentlichkeit. Albrecht Müller.

Professor Thomas Meyer zur Moderation des ‘Kanzlerduells’: „Das war eine ungenügende Leistung“

Thomas Meyer

„Ein Journalismus, der sich als Anwalt der Öffentlichkeit versteht, zeigt sich jedenfalls anders als das, was uns vorgesetzt wurde“, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Meyer, der im NachDenkSeiten-Interview auf die journalistische Leistung der Moderatoren des „TV-Duells“ vom vergangenen Sonntag fokussiert. Auch wenn die NachDenkSeiten sich bereits mit dem „Kanzlerduell“ auseinandergesetzt haben, wollen wir Ihnen dieses Interview, das Marcus Klöckner mit Meyer geführt hat, nicht vorenthalten. Für Meyer, der vor zwei Jahren das medienkritische Buch „Die Unbelangbaren“ publizierte und dafür bei einigen Journalisten Verstimmung auslöste, war die Moderation der Sendung so ausgelegt, dass ein Gespräch zwischen den Politikern unterbunden werden sollte. „Wir konnten im Grunde genommen eine systematische ‘Gesprächsverhinderungskonstruktion’ beobachten“, so der emeritierte Professor.

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Einflussnahme aus Russland, Einflussnahme aus den USA … von Äpfeln und Birnen und Splittern und Balken

Das publizistische Deutschland ist mal wieder aus dem Hause. Nachdem Facebook in einem Blogbeitrag über seine Recherche zu möglicher russischer Einflussnahme auf den US-Wahlkampf berichtet, wittern die großen deutschen Portale mal wieder einen Skandal. SPIEGEL Online, ZEIT, Süddeutsche, FAZ, BILD und heute.de sind sich einig – und das ist kein Zufall, nutzen alle Portale doch im Kern ein und dieselbe dpa-Meldung: „Russische Hintermänner“ haben auch über Facebook in den US-Wahlkampf „eingegriffen“. Diese Bewertung ist interessant. Wenn für die Kollegen fragwürdige Facebook-Anzeigen im Wert von 100.000 Dollar schon eine Schlagzeile mit dem Slogan „Einmischung“ oder „Einflussnahme“ wert sind, was sind dann die Milliarden Dollar, die US-Think-Tanks Jahr für Jahr im Inland wie im Ausland zur politischen Meinungsmache einsetzen? Die NachDenkSeiten haben nachgerechnet: Die 100 größten Think Tanks der USA verfügen über ein jährliches Budget von rund 5,4 Milliarden US-Dollar und können neben fast ebenso großen Spenden – oft von der US-Regierung selbst – auf ein Stiftungsvermögen von mehr als 40 Milliarden US-Dollar zurückgreifen. Dagegen sind die angeblichen russischen Einmischungen noch nicht einmal Peanuts und bestenfalls der Splitter im fremden Auge, den man aufgrund des gigantischen Balkens im eigenen Auge nicht sieht. Von Jens Berger.

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Couragiert gegen den Strom: Eine Buchempfehlung

Wer sich einmal unvoreingenommen und objektiv jenseits medialer Verzerrungen über Sahra Wagenknecht und ihre politischen Vorstellungen informieren möchte, der sollte auf ein Buch zurückgreifen, das gestern im Frankfurter Westend Verlag unter dem Titel „Couragiert gegen den Strom“ erschienen ist. In diesem Buch kommt Sahra Wagenknecht in Form eines langen Interviews ausführlich zu Wort. Die Fragen stellte Florian Rötzer, Chefredakteur des Online-Magazins „Telepolis“. Außerdem enthält das Buch vier Reden von Sahra Wagenknecht. Udo Brandes hat das Buch für die NachDenkSeiten gelesen.

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Mir geht es gut, sonst ist mir alles scheißegal – Glückwunsch! Sie wählen die Merkel. Oder doch nicht?

Das ist der Titel einer schwungvollen, von Sachkenntnis geprägten Polemik von Werner Rügemer[*]. Da wird so richtig klar, warum man Merkel bei klarem Verstand kaum wählen kann. Nicht wegen Rügemers Polemik, sondern wegen der von ihm angeführten Fakten! Fakten sprechen gegen die Wiederwahl dieser Bundeskanzlerin. – Sicher gibt es auch in Ihrem Umkreis Menschen, die einen solchen Text mal lesen sollten, und sogar davon berührt sein könnten. Dann schicken Sie diesen Artikel per E-Mail bitte weiter oder drucken Sie ihn aus. Albrecht Müller.

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Schlagabtausch der „Kleinen“

Wen das große TV-Duell zwischen Kanzlerin Merkel und Herausforderer Schulz unbefriedigt oder ratlos zurückließ, durfte auf den Schlagabtausch der „Kleinen“ hoffen. Den gab es sowohl im ZDF als auch in der ARD.

Im ZDF stellten sich Alexander Dobrindt (CSU), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Dietmar Bartsch (die Linke) den Fragen des ZDF-Politikchefs Matthias Fornoff. Das Format nannte sich „Schlagabtausch”. Auf weiten Strecken zu Recht. Anette Sorg.

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Leser-Mails zum Bericht und Kommentar zum Duell Merkel vs. Schulz

Es sind eine Reihe von Leser-Mails Zum Duell Merkel vs. Schulz: Wer das nicht gesehen hat, hat nichts versäumt. eingegangen. Sie könnten für die NachDenkSeiten-Leserinnen und -Leser interessant sein. Deshalb sind sie unten wiedergegeben. In einigen Mails wird darauf hingewiesen, dass man sehr viel mehr zu diesem Duell hätte schreiben können. Das stimmt. Es wird moniert, dass die Umstände des Zustandekommens des Duells – eine Art Erpressung – nicht erwähnt worden sind. Das kann man so sehen. Ich habe in der Tat einiges weggelassen. Vor diesem Zwang steht man immer bei der Besprechung einer über 90-minütigen Fernsehsendung. Albrecht Müller.

Zum Duell Merkel vs. Schulz: Wer das nicht gesehen hat, hat nichts versäumt.

Albrecht Müller

Merkel und Schulz trafen gestern Abend aufeinander, befragt von zwei Journalistinnen von ARD und ZDF und zwei Journalisten von RTL und SAT1 Prosieben. Vorweg gleich die schockierende Nachricht für die „Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten in der SPD“: Schulz bestätigte das Gerücht, er werde auch nach einer Niederlage Vorsitzender der SPD bleiben. Es geht also weiter wie 2009. Damals ließ sich der Wahlverlierer Steinmeier, der die SPD mit 23 % an das untere Ende ihrer Geschichte gebracht hatte, feiern und bekam dann auch den zweitwichtigsten Job, den Fraktionsvorsitz. Es ging aber selbstverständlich gestern Abend über 90 Minuten lang nicht nur um die SPD. Es ging thematisch um mehr. Dazu einige Beobachtungen. Albrecht Müller.

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Liebe Union – Wir müssen mal reden

Auch wenn die Bundestagswahl schon in drei Wochen ist, ist der Wahlkampf zäh wie Tapetenkleister. Der „große“ Konkurrent um den Sieg bei der Wahl, die SPD samt ihres Kanzlerkandidaten Martin Schulz, ist trotz eines kurzzeitigen Höhenfluges zu Beginn des Jahres inzwischen wieder zur Schwalbe geworden, die in geringer Höhe über den Boden streift. Schulz´ SPD bekommt nicht nur in den etablierten Medien ordentlich Zunder, auch auf den NachDenkSeiten hält man ihm seine Verweigerung eines inhaltlich fundierten, sich von Dir deutlich abgrenzenden Wahlprogramms immer wieder vor. Und das auch völlig zu Recht, wie ich meine. Von Lutz Hausstein[*].

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Ulrich Schneider: „Armutspolitische Ignoranz“

Menschen, die aufgrund ihrer Armut aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt sind, eine Einkommensarmut, die sich seit der Wiedervereinigung auf einem Rekordstand befindet und Parteien, die sich vor der Bundestagswahl schwer damit tun, das Thema Armut anzugehen: Darum geht es in einem NachDenkSeiten-Interview mit dem Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Ulrich Schneider fordert von den politisch Verantwortlichen, dafür Sorge zu tragen, dass den Armen jene Unterstützung zuteilwird, „die sie brauchen, um teilhaben zu können an dieser Gesellschaft.“
Das Interview führte Marcus Klöckner.

Kanzlerinnensturz durch russische Hacker? Was haben unsere lieben Qualitätsjournalisten nur jetzt schon wieder geraucht?

Zugegeben – wenn man sich den blut- und inhaltsleeren Wahlkampf so anschaut, mag man sich glatt wünschen, dass „der Russe“ endlich mal eingreift und uns mit seiner ominösen Hackermeute und deren Hackerbeute aus dem Halbschlaf reißt. Und wenn das nichts wird, soll doch das Monster von Loch Ness die Kanzlerin verspeisen oder der Yeti als letzte Geheimwaffe der SPD den Schulz-Zug auf der Zielgeraden anschieben. Mythen und Märchen sterben nie, nur dass die „russischen Hacker“ anders als Nessie und der Yeti einen Stammplatz bei SPIEGEL Online und Co. haben. Nachdem die Süddeutsche nun gaaaaaanz vorsichtig entwarnt, „analysiert“ SPIEGEL Online nun in einem kruden Text, der dem Postillion alle Ehre machen würde, ob, wie, wann und warum nicht russische Hacker nun doch oder doch nicht noch die Bundestagswahlen manipulieren. Sogar von einem „Kanzlerinnensturz“ ist da die Rede. Da mag man „dem Russen“ ja beide Daumen drücken, doch wie er schaffen soll, woran nicht nur das Who is Who der ehemaligen Sozialdemokraten, sondern auch die gesamte Riege aufstrebender CDU-Talente wie Wulff, Koch, Wissmann, Oettinger, Jung und Merz sowie das gesamte politische Bayern gescheitert sind, behält SPIEGEL Online leider für sich. Schade. Eine Glosse von Jens Berger.

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Entwicklungshilfe und nette Worte aus der Schweiz

Die Basler Zeitung ernannte Deutschland vor ein paar Tagen zum „Drittweltland“ und machte sich Gedanken darüber, ob die Schweiz nun ihr Entwicklungshilfebudget aufstocken sollte. Nach 12 Jahren Merkel hat Deutschland den Schaden und muss sich über Spott nicht wundern. Ins gleiche Horn stößt ein netter Leserbrief unseres Schweizer Lesers Xaver S., der ärgerlich über die Grenze blickt und Deutschland ein Erwachen wünscht. Diesen Brief wollen wir Ihnen nicht vorenthalten.

Nochmals: Anne Will, Scholz. Arbeitslosigkeit und Niedriglohnsektor eine Folge der Globalisierung?

Es ist immer wieder ermunternd, zu beobachten, was für gute Beobachter und Analytiker unter den Leserinnen und Lesern der NachDenkSeiten sind. Im Anschluss an die Sendung Anne Will vom vergangenen Sonntag und unseren Beitrag dazu schickte der NDS-Leser Tobias Peters die folgenden weiteren Beobachtungen. Neben dem Skandalerlebnis der Sendung, dass Scholz Wagenknecht als Verschwörungstheoretikerin bezeichnet und in eine Schublade mit Trump steckt, gebe es „einige andere Stellen, die sehr aufschlussreich sind.“ Das stimmt. Wir zitieren zunächst die Lesermail, dann folgt eine Ergänzung. Albrecht Müller.

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