Kategorie:
Parteien und Verbände

„Seid mutiger, Genossen“

Als rote Kopie der CDU hat die SPD keine Chance: Peer Steinbrück müsste stattdessen für ein anderes Deutschland werben. Ein Leitartikel von Albrecht Müller im neuen „Freitag“. Die SPD hat mit Steinbrück zwar keine große Chance, Angela Merkel abzulösen. Aber mit einer grundlegenden und offensiven Auseinandersetzung mit der herrschenden neoliberalen Ideologie hätte die SPD wenigsten eine kleine Chance. Und in jedem Fall würde sie unser Land damit voranbringen. Aber vermutlich ist das eine eitle Hoffnung, wie man schon an der Zustimmung zur Entsendung von Patriots samt Bundeswehrsoldaten an die türkisch-syrische Grenze sieht. Von Albrecht Müller

Das Streik-Urteil des Bundesarbeitsgerichts – ein Pyrrhussieg der Kirchen?

Ein Urteil der Erfurter Richter hat zwei Schlussfolgerungen ausgelöst: Die Süddeutsche Zeitung titelt: „Richter lockern kirchliches Streikverbot“, während die Frankfurter Allgemeine Zeitung behauptet: „Kirchen können Streiks ausschließen“. Haben die Richter ein Urteil gefällt, das nur Gewinner und keine Verlierer kennt?
Von Friedhelm Hengsbach SJ, Nell-Breuning Institut

Betrieb eines eigenen Geheimdienstes – bei CDU und CSU heiligte der Zweck schon immer alle Mittel

Das Zeit-Magazin berichtete am 29. November unter der Überschrift „Die Verschwörung gegen Brandt“. „Nachdem 1969 erstmals ein SPD-Politiker Bundeskanzler wurde, bauten CDU- und CSU-Anhänger einen eigenen Nachrichtendienst auf. Ein unglaublicher Spionagefall“, so die Autorin und Politikwissenschaftlerin Stefanie Waske. „Das beste Stück aus der Mainstream-Presse seit Jahren“, kommentiert ein Nachdenkseitenleser. Überrascht hat mich dieser Bericht nicht. Es überrascht mich auch nicht, wie wenig dieser Beitrag von anderen Medien aufgenommen wurde. CDU und CSU gelten heute wie damals als Staatspartei, der quasi alles erlaubt ist. Wenn etwas Ähnliches auf der linken Seite des politischen Spektrums passiert wäre, dann hätten sich die Medien von Springer bis zum ZDF wochenlang damit beschäftigt. Ich weise im Folgenden auf bemerkenswerte Elemente des Berichtes von Stephanie Waske hin und versuche, diese einzuordnen. Von Albrecht Müller.

Ein Papier zur Medienbarriere aus der Linkspartei. Muss das nur dort ein Thema sein?

Am 26. November haben wir von einer Erhebung über die unterschiedliche Parteienpräsenz in den Fernsehnachrichten berichtet: 573 zu 13 (!), das war das Verhältnis der Auftritte von Politikern der Union zu jenen der Linkspartei im Oktober 2012. Wenn das keine Medienbarriere ist! Jetzt veröffentlichte der Bundestagsabgeordnete der Linken Wolfgang Gehrcke die Arbeit seiner Mitarbeiterin Christel Buchinger zum Thema „Die Linke und die Medien“. Das Thema ist zur Klärung der Frage, ob es eine demokratische Willensbildung wirklich noch gibt, wichtig. Aber der Umgang mit der Medienbarriere ist selbst innerhalb der stark betroffenen Linkspartei strittig. In der SPD ist das Thema sowieso nahezu tabu. Ein Fehler, denn auch dort wird man sich mit der Medienbarriere beschäftigen müssen. Je mehr man sich nämlich dem Wahltermin nähert, umso mehr wird die Mehrheit der Medien ihre Nähe zu Angela Merkel entdecken. Albrecht Müller.

Unappetitliche Allianzen – Der Kinderschutzbund geht eine Sozialpartnerschaft mit der Filiale einer Fastfood-Kette ein

Der Gießener Anzeiger berichtet in seiner Ausgabe vom 24. November 2012 über die Eröffnung einer Filiale der Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC). Dreihundert geladene Gäste hätten am Tag vor der offiziellen Eröffnung an einem sogenannten Pre-Dinner teilgenommen und dabei für einen wohltätigen Zweck gespendet. Der Orts- und Kreisverband des Deutschen Kinderschutzbundes wird zukünftig Sozialpartner der Filiale sein. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, „die körperliche, seelische, geistige und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern und der Gefährdung des Nachwuchses entgegenzuwirken“. Die bei der Veranstaltung anwesende Repräsentantin des Kinderschutzbundes sagte, die Spenden würden unter anderem dafür verwendet, das „Kinderrechteprojekt“ in Kindergärten weiter auszubauen. Ziel dieses Projektes sei es, „dem Nachwuchs zu vermitteln, Nein sagen zu können“.
Zuallererst sollte man den Kindern dort beibringen, „Nein“ zu Kentucky Fried Chicken zu sagen. Von Götz Eisenberg[*]

Meinungsmache bestimmt das politische Leben. Hier der Blick auf die Manipulationen der Woche – Nr. 1

Neben der Lobbyarbeit bestimmt nichts so sehr die Willensbildung und die politischen Entscheidungen wie die gezielte und strategisch angelegte Meinungsmache. Von NachDenkSeiten-Nutzerinnen/n wissen wir, dass sie von den NachDenkSeiten Recherchen und Informationen zur gängigen Meinungsmache und ihren Methoden erwarten. Wir wollen dem in regelmäßigen, vielleicht wöchentlichen Abständen gerecht werden. Deshalb diese besondere Rubrik. Heute zur „Kauflaune“ zu Weihnachten (1), zu Merkels Bemerkung über ihre außerordentliche Regierungskunst und die dementsprechenden Überschriften in der Zeitung „Das Parlament“(2), zur kritischen Distanz der Piraten zur Vollbeschäftigung (3), zu einem Kommentar über die Haushaltsberatungen im „Parlament“ (4) und am Ende noch einmal zum Rentenbeschluss der SPD (5), weil dessen einleitende Absätze immer noch Kabarettreife haben. Albrecht Müller.

SPD-Renten-Beschluss stellt den DGB-Vorsitzenden und auch die NachDenkSeiten bloß.

Der DGB-Vorsitzende Sommer hat in einem Interview mit dem Tagesspiegel vom 18.11.2012 davon gesprochen, „dass sich die SPD in der Rentenpolitik deutlich bewegt hat“. Als seine wesentlichen Elemente nennt er „den Verzicht auf die Rente mit 67 und keine Absenkung des Rentenniveaus“. In den NachDenkSeiten hatte ich am 16.11.2012 nach Lektüre des damals vorgelegten Leitantrags des SPD Vorstands geschrieben: „Der SPD Vorstand bewegte sich in die richtige Richtung.“ Anlass für meine Hoffnung war wie bei Sommer die vorgesehene Sicherung des Rentenniveaus. Michael Sommer bekräftigte seine Hoffnung mit folgender Äußerung: „Die Positionierung der SPD in Sachen Rente ist für mich eine Hinwendung zu den Menschen, die dieses Land mit ihrer Hände Arbeit tragen.“ – Pustekuchen! Wir wurden beide – wie auch die Linke in der SPD – desavouiert. Die Sicherung des Rentenniveaus auf mindestens 50 % ist nicht festgeschrieben. Albrecht Müller.

Betrifft Rente: Der SPD Vorstand bewegte sich in die richtige Richtung. Aber immer noch kein Bekenntnis zur Konzentration auf die gesetzliche Rente und zum Ausstieg aus der staatlichen Förderung von Privatvorsorge.

Die SPD berät am 24. November 2012 auf einem Parteikonvent über die beabsichtigte Politik zur Rente und zur Altersarmut. Dazu gab es am 24. September einen Antrag des SPD-Parteivorstandes. Dieser geriet unter Beschuss der Linken in der SPD, der Frauen (ASF) und einiger Landesverbände (NRW, Berlin). Am 12. November hat der SPD-Vorstand einen korrigierten Beschluss vorgelegt. Die Linke in der SPD betrachtet das als Fortschritt. Die Vorstellung, dass Rentenniveau zum Ende des Jahrzehnts aufrecht zu erhalten und nicht auf 43 % abzusenken, spricht für Fortschritt. Aber im Beschluss fehlt die notwendige Klarheit und er ist in seiner Präambel so verlogen, dass man nur staunen kann. Wir dokumentieren den neuen Beschluss (Anlage 1a), den Vorläuferbeschluss (Anlage 1b), den Beschluss des Landesverbands NRW (1 c) und zum Vergleich ein Positionspapier der Linkspartei vom 19.9.2012. Albrecht Müller.

Kurzdokumentation zu Fragen im Vorfeld der Urwahl bei den Grünen betr.: Mitgliedschaft in der Atlantik-Brücke e.V.

Auf der Website der Grünen sind Fragen und Antworten wiedergegeben. Unten finden Sie die Frage von Michael Hoffmeier und die Antworten von Karin Göring-Eckhardt, Renate Künast, Jürgen Trittin und Claudia Roth zur Mitgliedschaft in der Atlantikbrücke. Der Brief von Göring-Eckhardt ist interessant und aufschlussreich. „Entweder ist sie naiv oder sie ist schon so angepasst, dass sie es gar nicht mehr merkt, mit wem sie sich da einlässt“, kommentiert Wolfgang Lieb. In der Antwort von Claudia Roth wird ein wenig sichtbar, um was für einen Verein es sich bei der Atlantikbrücke handelt. Die Besetzung der Gremien ist auch aufschlussreich. Friedrich Merz als Vorsitzender – das sagt schon viel. Stellvertreterin: Edelgard Buhlmann – früher einmal Parlamentarische Linke der SPD-Fraktion. Angepasst oder was sonst?? – Nutzen Sie bitte die folgende Zusammenstellung zur Information von Anhängern der Grünen. Von Albrecht Müller

Wir lieben unsere Frauen auch wegen ihrer Warmherzigkeit. Einige Politikerinnen versuchen, uns das abzugewöhnen.

Frau von der Leyen ist bekannt dafür. Jetzt springt ihr die bayerische Justizministerin bei. Zu hören und zu sehen, wie sie in einem Interview – wie in der Praxis – mit dem weggesperrten Gustl Mollath umgeht, jagt einem kalte Schauer übern Rücken. Wir hatten auf den Vorgang aufmerksam gemacht. Report Mainz hatte darüber berichtet und auch das komplette Interview mit Justizministerin Beate Merk ins Netz gestellt. Darauf will ich Sie aufmerksam machen und damit auch noch einmal auf das Schicksal des Gustl Mollath. Verzeihen Sie die Wiederholung. Aber Mollath sitzt seit fast 7 Jahren in der geschlossenen Psychiatrie Bayreuth. Und die Ministerin lässt kalt, dass dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Unrecht geschieht. Auch das ist Bayern. Unsympathisch und bedrohlich.
P.S.: Es gibt auch das andere Bayern. Pelzig und Priol z.B. kommen aus dem bayerischen Franken. Wir hatten auf ihre letzte Sendung „Neues aus der Anstalt“ hingewiesen. Es gibt einen Wiederholungstermin auf 3sat: Montag, 26.11.2012, 20:15 Uhr. Albrecht Müller

40 Jahre Bundestagswahl 1972

Am 19.11.2012 sind 40 Jahre seit der spektakulären Wahl von 1972 vorbei. Es war die Wahl mit der bisher höchsten Wahlbeteiligung (91,1 %). Die SPD wurde stärkste Partei und Annemarie Renger, die an einer Spezialität des damaligen Wahlkampfes, der Besetzung des Begriffes „Demokratischer Sozialismus“ durch Willy Brandt und die SPD, am meisten herumzukritteln hatte, wurde Präsidentin des Deutschen Bundestages. Das war aber nur eine aparte Nebenerscheinung des damaligen Bundestagswahlkampfes. Es ging dabei thematisch und inhaltlich um vieles mehr als nur um die Ostpolitik und die Person Willy Brandts, wie historische Abhandlungen zu dieser Periode deutscher Politik regelmäßig falsch notieren. Wahlprogramm und Wahlkampf waren differenziert und progressiv. Damit kann man Wahlen gewinnen. Das habe ich 1997 in „Willy wählen 72. Siege kann man machen“ dokumentiert und analysiert. Mein buntestes Buch, und mehr. Albrecht Müller.

Katrin Göring-Eckardt – die neue Vizekanzlerin

Nach der selbsternannten und von Anfang an nur zur Wählertäuschung erfundenen „bürgerlichen Koalition“ von FDP und CDU, könnte sich zwischen Grünen und CDU nun bald eine Koalition aus alter und neuer Bürgerlichkeit zusammenfinden – nämlich zu einer Koalition der Kinder des Bürgertums, die inzwischen selbst zu Besitz gelangt und zu Besitzstandswahrern geworden sind, die sich mit ihren Eltern, nämlich dem etablierten Besitzbürgertum versöhnt haben.
Mit ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl hat die „Reala“ Göring-Eckardt wie bei einem Mühlespiel, die Position einer „Zwickmühle“ erlangt: Sie kann mit jedem Zug eine Mühle schließen und entweder unter Angela Merkel oder – im unwahrscheinlicheren Fall – unter Peer Steinbrück die künftige Vizekanzlerin werden. Von Wolfgang Lieb.

Wen wundert der Niedergang mit Steinbrück? Nur noch die SPD-Führung. Sie hält standhaft an ihrem Missgriff fest.

Als Peer Steinbrück seine Honorarliste einschließlich des Honorars der Stadtwerke Bochum in Höhe von 25.000 vorlegte, hatte ich gerade ein Gespräch mit einer früher sehr engagierten Sozialdemokratin. Ihr Kommentar ist vermutlich typisch für die Gefühlslage der Mehrheit der früher einmal engagierten Mitglieder und Sympathisanten der SPD: „Der verdiente an einem Abend so viel wie viele andere im ganzen Jahr. Dafür mach ich keinen Finger krumm.“ Diese Stimmung schlägt sich in Umfragen schon nieder, wie der Deutschland-Trend der ARD zeigt. Von Albrecht Müller

Lügen mit Zahlen auf dem „Lehrstellenmarkt“

Widersprüchlicher könnten die Schlagzeilen an ein und dem gleichen Tag nicht sein: „Insgesamt gute Situation auf dem Ausbildungsmarkt“, meldeten gestern die Partner des Ausbildungspaktes und die Bundesagentur für Arbeit.
Eine Expertise des Deutschen Gewerkschaftsbundes stellte dieser Erfolgsmeldung folgende Zahlen entgegen: „Im Jahr 2011 befanden sich insgesamt rund 294.000 Jugendliche in den Maßnahmen des Übergangsbereichs. Damit mündeten 28,4 Prozent der Neuzugänge im gesamten Berufsbildungssystem in diesen Teilbereich ein, der keinen qualifizierten Berufsabschluss bietet [PDF – 104 KB].“
Wer hat nun Recht? Die Schönredner vom sog. „Ausbildungspakt“, den die Bundesregierung und die Spitzenverbände Wirtschaft sowie die Kultusministerkonferenz unterschrieben haben, oder die angeblichen Miesmacher von der Gewerkschaft? Von Wolfgang Lieb.

Hohe Redehonorare – „Marktwert“ oder Judaslohn bzw. Investition in die künftige politische Korruption

Die SPD täte gut daran, den Kandidaten Steinbrück zurückzuziehen – nicht wegen unanständig hoher Honorare, nicht wegen der Vernachlässigung seiner Abgeordneten-Tätigkeit; die eigentliche Gefahr: der begründbare Verdacht der politischen Korruption. Dieser Verdacht wird im Wahlkampf immer wieder eingespielt werden. Auch von Seiten der Union und der Wirtschaft. Weil Steinbrück seine Reden mit Honoraren von im Durchschnitt 14.000 € vor allem bei Banken, Versicherungen, Wirtschafts-Kanzleien und anderen Wirtschaftseinrichtungen gehalten hat, weiß man dort über die Motivation und Umstände genau Bescheid. Für die Wahlkämpfer von Union und FDP ist das ein reicher Fundus. Und – was wichtig ist – der Verdacht liegt nahe. Und außerdem: für politische Entscheidungen entlohnt zu werden, ist um vieles schlimmer als das Schwänzen von Bundestagssitzungen. Es betrifft uns nämlich sehr viel mehr. Denn wir alle zahlen letztlich für im Nachhinein oder vorher honorierte Fehlentscheidungen. Albrecht Müller.