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  1. Ukraine fordert Taurus-Lenkflugkörper: Was es mit der nächsten „Wunderwaffe“ auf sich hat
  2. The Hard Truth: Ukraine Has No Realistic Path to Victory Over Russia
  3. Russland ist und war immer ein zuverlässiger Energielieferant
  4. Wo die Energiewende scheitert – ein Beispiel aus Neuwied
  5. Ampel-Gehampel: Streit um Kindergrundsicherung. Gastkommentar
  6. Neuer Bericht: Russland ist reicher, der Westen ärmer geworden – trotz Sanktionen
  7. Argentiniens Währungskrise und das gefährliche Spiel mit dem US-Dollar
  8. Ex-Chefankläger des internationalen Strafgerichtshofs: “Ein Völkermord ist es jetzt schon”
  9. Wie bleibt das Leben in Großstädten erträglich?
  10. Berliner Klinik säuft bei Starkregen ab: „Sinnbildlich fürs Gesundheitssystem“
  11. Asylbewerber sollen als erste ans digitale Gängelband gelegt werden
  12. Why Is Ukraine Prosecuting Pacifist Yurii Sheliazhenko for “Justifying Russian Aggression”?
  13. Aufruf zum Schutz der Pressefreiheit: Bündnis fordert Freilassung von Julian Assange

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ukraine fordert Taurus-Lenkflugkörper: Was es mit der nächsten „Wunderwaffe“ auf sich hat
    Der deutsche Marschflugkörper Taurus soll helfen, Russlands Nachschublinien zu unterbrechen. Doch die Waffe reicht weiter als bis zur Krim. […]
    Gerät die ukrainische Armee in die Defensive, werden umgehend Forderungen nach mehr Waffen laut. Zuerst sollten Kampfpanzer wie der US-amerikanische Abrams oder der deutsche Leopard 2 die Kriegswende bringen, dann Kampfjets wie die F-16, nun Mittelstreckenraketen wie der bunkerbrechende deutsche Lenkflugkörper Taurus. Das lässt sich gewiss noch steigern.
    Allerdings handelt der Westen im Fall der Ukraine nicht moralisch, sondern zynisch. Er gesteht immer nur so viele Waffen zu, dass die Ukraine den Krieg nicht verliert und Russland ihn nicht gewinnen kann. Das angestrebte Dauerpatt nimmt die langsame Zerstörung der Ukraine in Kauf, um das übergeordnete Ziel des Westens, die Schwächung Russlands, möglichst risikolos zu erreichen.
    Doch inkompetente Journalisten und politikberatende Pseudoexperten verbreiten nun erneut, wie beim Kampfpanzer Leopard 2, das Märchen, die Wunderwaffe Taurus werde die Rückeroberung der Krim ermöglichen. Die an vorderster Front kämpfende Bild fragt scheinheilig: „Kann unsere Super-Waffe den Krieg entscheiden?“ Die Taurus-Rakete, raunen Kriegserklärer bedeutungsvoll, sei in der Lage, die mächtigen Brückenpfeiler der mehrfach vergeblich angegriffenen Kertsch-Brücke zum Einsturz zu bringen und so die Hauptversorgungslinie der russischen Armee zur Krim endlich abzuschneiden. Die Entfernung zwischen der südukrainischen Stadt Cherson und der Kertsch-Brücke beträgt ziemlich exakt 500 Kilometer, das entspricht, wie überall zu lesen ist, der Reichweite der Taurus-Rakete. Allerdings wird gern vergessen, dass die Internetseite der Herstellerfirma als Reichweite „greater than 500 km“ angibt. Von der Nordostgrenze der Ukraine könnte das Geschoss auch Wladimir Putins „Führerbunker“ in Moskau erreichen.
    Quelle: Wolfgang Michal in der Freitag

    dazu auch: Knappe Mehrheit gegen “Taurus”-Lieferung an Ukraine
    Eine Mehrheit von 52 Prozent der Deutschen steht einer Lieferung von “Taurus”-Marschflugkörpern an die Ukraine ablehnend gegenüber. Unter den Grünen-Anhängern ist die Zustimmung am größten, zeigt der ARD-DeutschlandTrend.
    Soll Deutschland der Ukraine luftgestützte Marschflugkörper vom Typ “Taurus” liefern? In der Frage sind die Deutschen gespalten, ähnlich wie zuletzt in der Debatte um die Lieferung von Kampfflugzeugen. Das zeigt der neue DeutschlandTrend für das ARD-Morgenmagazin.
    52 Prozent der Wahlberechtigten sind der Meinung, dass Deutschland die Marschflugkörper, die gegen Ziele in größerer Entfernung eingesetzt werden können, nicht an die Ukraine liefern sollte, 36 Prozent sind dafür. Die Zustimmung ist unter Westdeutschen mit 40 Prozent deutlich größer als bei den Ostdeutschen (21 Prozent). Zwölf Prozent können oder wollen sich in der Frage nicht positionieren.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung Albrecht Müller: Tendenzberichterstattung der ARD. 52 % sind gegen die Lieferung von Taurus an die Ukraine, deutlich weniger, nämlich 36 % sind dafür. Die Meldung zu diesem Ergebnis lautet: knappe Mehrheit gegen Taurus-Lieferung. Das ist, gemessen an den Daten, eine tendenzielle Berichterstattung, die an Manipulation grenzt.

  2. The Hard Truth: Ukraine Has No Realistic Path to Victory Over Russia
    This means it is almost certain Ukraine will never win its freedom on the battlefield. To preserve the territory it presently holds, and to prevent the loss of any more land, Kyiv must accede to the harsh reality that the most prudent course is now to seek a freeze of the conflict and enter into negotiations to end the war.
    With the Ukrainian Armed Forces (UAF) nearing the complete tactical capture of Urozhyne and Robotyne, and having established a foothold on the Russian side of the Dnipro River in three places, supporters of Kyiv claim its offensive is finally producing fruit.
    They hope the operation may yet reach the Azov coast.
    Viewed from the strategic or even operational points of view, however, the cost to the UAF in acquiring those gains has been vastly higher than the benefits they confer. […]
    The impression most analysts and pundits have is that once the Ukrainian military possesses a certain number of modern weapons, and enough of its forces undergo advanced NATO training, they will be able to match and then defeat Russia. What those beliefs expose, unfortunately, is a lack of understanding of how wars are waged and won. It is the human dimension, not the tools of combat, that determines the outcome of wars. On this front, the UAF may have already suffered irreparable loss.
    The issue is no longer about equipment. It is not even about training, be it good or bad. The most crucial component of the Ukrainian Army’s potential to wage war is the human resource. According to leaked U.S. intelligence, as of April the Ukrainian military had lost approximately 130,000 killed and wounded. The number has likely skyrocketed since the June 5 launch of their offensive. Especially harmful to Ukraine has been the loss of their most experienced, NATO-trained troops.
    Quelle: 1945

    dazu auch: U.S. intelligence says Ukraine will fail to meet offensive’s key goal
    The U.S. intelligence community assesses that Ukraine’s counteroffensive will fail to reach the key southeastern city of Melitopol, people familiar with the classified forecast told The Washington Post, a finding that, should it prove correct, would mean Kyiv won’t fulfill its principal objective of severing Russia’s land bridge to Crimea in this year’s push. The grim assessment is based on Russia’s brutal proficiency in defending occupied territory through a phalanx of minefields and trenches, and is likely to prompt finger pointing inside Kyiv and Western capitals about why a counteroffensive that saw tens of billions of dollars of Western weapons and military equipment fell short of its goals. (…)
    Ukraine launched the counteroffensive in early June hoping to replicate its stunning success in last fall’s push through the Kharkiv region. But in the first week of fighting, Ukraine incurred major casualties against Russia’s well-prepared defenses despite having a range of newly acquired Western equipment, including U.S. Bradley Fighting Vehicles, German-made Leopard 2 tanks and specialized mine-clearing vehicles.
    Quelle: Washington Post

  3. Russland ist und war immer ein zuverlässiger Energielieferant
    Entgegen gängiger Behauptungen hat Russland die Ausfuhr von Erdgas kaum je zu politischen Zwecken genutzt.
    Zwei Sichtweisen
    «Putins Russland ist imperialistisch. Es wollte sich die Ukraine schon immer einverleiben. Als Nächstes wären die baltischen Staaten und Polen dran, wenn die NATO sie nicht verteidigen würde.»
    Das ist die eine Sichtweise. Über diese werden wir fast täglich informiert.
    «Die USA wollten Russland schon lange schwächen und von Westeuropa abkoppeln. Seit dem russischen Angriff ziehen es die USA vor, Russland mit einem andauernden Krieg zu schwächen, als eine neutrale Ukraine zu akzeptieren. Die NATO will sich an den Grenzen Russlands ausdehnen und dort Raketen stationieren.»
    Das ist die andere Sichtweise.
    Diese beiden gegensätzlichen Sichtweisen sind Teile des Informationskriegs und beeinflussen selektiv die Informationen, die über den Maidan, die Krim, den Donbas, die Minsker Abkommen, die Getreideausfuhren und den Verlauf des Krieges verbreitet wurden und werden.
    Über Fakten und Argumente der zweiten Sichtweise, die nahelegt, dass der Krieg vermeidbar gewesen wäre, informieren grosse Medien wenig. Als Ergänzung dazu veröffentlicht Infosperber Auszüge aus dem Buch «Putin – Herr des Geschehens?». […]
    n den 1960er-Jahren ist jedermann klar, dass in einem Konflikt der USA mit der UdSSR der Einsatz von Atomwaffen zuerst in den europäischen Ländern stattfinden wird. Die Amerikaner befürchten deshalb, dass die öffentliche Meinung in Europa eine solche Strategie der gegenseitigen Abschreckung ablehnen könnte (was mit der deutschen Friedensbewegung in den 1980er-Jahren auch geschieht). Seit dieser Zeit versuchen die Amerikaner, jede Annäherung zwischen Europa und Russland zu verhindern. Russland werfen sie vor, den Westen «spalten» zu wollen.
    Um Russland unglaubwürdig zu machen, versucht man, uns davon zu überzeugen, Russland sei kein verlässlicher Partner. Aber die Wirklichkeit ist eine andere: Selbst während des Kalten Kriegs haben die Sowjets ihre Lieferverträge peinlich genau eingehalten und nie versucht, sie als politisches Einflussmittel zu nutzen.
    Quelle: Infosperber
  4. Wo die Energiewende scheitert – ein Beispiel aus Neuwied
    Eigentlich sollen die deutschen Haushalte künftig unabhängiger werden von fossilen Energieträgern. Warum trotzdem Gasheizungen boomen, zeigt ein Beispiel aus Neuwied.
    Hausverwalter Peter Eigendorf und Heizungsbaumeister Mario Schunk stehen vor einer aufgerissenen Wand. Rohre und Stromleitungen schauen heraus, der Putz ist heruntergerissen, es riecht nach Baustaub. Diese Wohnung in der Neuwieder Innenstadt wird saniert – und bekommt eine neue Heizung. Es wird eine Gasheizung und keine Wärmepumpe.
    Das Haus wurde in den 1960er Jahren erbaut. Es gebe keine Außendämmung, keine Dachdämmung, auch zum Boden hin sei das Haus nicht isoliert, bemängelt Heizungsbauer Schunk: “Eine Wärmepumpe macht bei diesem Haus einfach keinen Sinn, das ist Energieverschwendung.”
    Bevor eine Wärmepumpe hier installiert werden könne, müssten zigtausende Euro in die Sanierung des Hauses gesteckt werden, rechnet Hausverwalter Peter Eigendorf vor. Das könnten sich die Vermieter nicht leisten.
    Damit das Heizungssystem ausgetauscht werden kann, müssten alle Wohnungen frei sein, alle Mietverhältnisse gekündigt werden. Die Energieversorgung müsste neu gelegt werden, um die Wärmepumpe mit ausreichend Strom zu versorgen.
    Also fiel die Wahl auf eine Gasheizung der neuesten Generation. Eine Brennwerttherme soll in jede der Wohnungen eingebaut werden. Die Kosten dafür betragen nur einen Bruchteil dessen, was die Sanierung des Hauses und der Einbau der Wärmepumpe kosten würde.
    Das Haus in der Neuwieder Innenstadt sei kein Einzelfall, sagt Mario Schunk. Er hat bereits in den ersten Monaten dieses Jahres so viele Gasheizungen verkauft, wie sonst in anderthalb Jahren. Grundsätzlich sei die Idee hinter einer energiesparenden Wärmepumpe gut, sagt Schunk. Es scheitere aber oft an der Realität und der Infrastruktur in den Städten und Gebäuden.
    So sei zum Beispiel die Stromversorgung oft nicht auf die neuen Geräte ausgerichtet. Viele Gebäude müssten erst aufwendig saniert werden, damit dort überhaupt ein Energiespareffekt durch eine Wärmepumpe eintreten könne.
    Quelle: SWR
  5. Ampel-Gehampel: Streit um Kindergrundsicherung. Gastkommentar
    Seit die grüne Familienministerin Lisa Paus im Januar 2023 ihre Eckpunkte für ein Gesetz zur Kindergrundsicherung vorgelegt hat, herrscht über das sozialpolitische Prestigeprojekt der Ampelkoalition erbitterter Streit innerhalb des Bundeskabinetts. Finanzminister Christian Lindner übte heftige Kritik an seiner Kabinettskollegin, weil sie jährliche Mehrausgaben von zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung veranschlagte. Ein solches Projekt sei »derzeit nicht realisierbar«, behauptete der FDP-Vorsitzende. Für die Familien habe man bereits viel getan. Beispielsweise sei das Kindergeld auf 250 Euro erhöht worden, und sieben Milliarden Euro pro Jahr mehr stelle man für Familien und Kinder zur Verfügung. Allerdings war die Inflation nach 1945 auch nie so hoch wie heute, und von der Erhöhung des Kindergeldes hatten Eltern im Transferleistungsbezug nichts, weil es auf den Sozialtransfer angerechnet wird. Meist sind die Grünen vor der FDP eingeknickt, wenn die »Fortschrittskoalition« ihrem hohen Anspruch nicht gerecht wurde und eine Maßnahme verabschiedete, die einen sozialen oder ökologischen Rückschritt bedeutet. In der letzten Kabinettssitzung vor der parlamentarischen Sommerpause hatten sie murrend den von Lindner entwickelten Haushaltsplan akzeptiert, in dem für die Kindergrundsicherung nur zwei Milliarden Euro vorgesehen sind. Erst nach der Sommerpause blockierte Paus das von Lindner ins Kabinett eingebrachte »Wachstumschancengesetz« mit 50 Steuererleichterungen für Unternehmen im Volumen von 6,5 Milliarden Euro. Geht es um das Wohl der Wirtschaft, ist die Bundesregierung generös und fasst auch schnell Beschlüsse. Das hat Paus durch ihr Veto zunächst verhindert, was ihr seitens überraschter FDP-Politiker den Vorwurf der Erpressung einbrachte. Dabei war dies für sie vermutlich die letzte Chance, eine gesichtswahrende Kompromisslösung zu erreichen. Eigentlich wären gut 20 Milliarden Euro mehr nötig, wollte man die auf einem Höchststand befindliche Kinderarmut wirksam bekämpfen. Bleibt die Ampelkoalition dahinter zu deutlich zurück, wird die Kindergrundsicherung – wie das Bürgergeld – bloß ein schöneres Etikett für eine im Kern unveränderte, also nach wie vor fragwürdige Sache.
    Quelle: Christoph Butterwegge in junge Welt

    dazu auch: “Merken Sie eigentlich jenseits Ihrer Blase, dass Sie gerade das letzte Quäntchen Vertrauen verspielen?”
    Ein vorbildliches Interview im Deutschlandfunk legte am Donnerstagmorgen die akute Lähmung der Ampelkoalition und die politische Schizophrenie des Koalitionspartners Die Grünen offen.
    Zugleich ist das elf-minütige Stück ein guter Beleg dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Medien keineswegs so linkslastig und Grünen-freundlich sind, wie Rechtsextremisten und CDU-Populisten ihnen bei jeder Gelegenheit gern unterstellen. Man könnte es an Journalistenschulen als Lehrbeispiel für eine mögliche Kunst der Interviewführung präsentieren.
    Am Donnerstagmorgen, einen Tag nach der erpresserischen Verweigerung der Zustimmung der grünen Familienministerin Lisa Paus, zu einem vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck ausgehandelten Wirtschaftspaket, wurde der stellvertretende grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch von Philipp May, Moderator der Informationen am Morgen, regelrecht gegrillt – und zwar überaus angemessen. […]
    Audretschs Auftritt ist gerade in schweren Zeiten, wachsender Krise und vermehrt Fragen darüber, ob die von massiven inneren Vertrauensverlusten gebeutelte Ampel-Koalition die Legislaturperiode durchsteht, nicht kluge Polit-PR, sondern ein Kommunikationsdesaster.
    Denn auch intern funktionieren die Kommunikationswege innerhalb der Grünen gerade offenbar suboptimal. Das öffentliche Ansehen der Grünen ist zuletzt massiv gesunken.
    Geht es nur um die Sache, dann ist Audretsch in seiner Stellung nach diesem Auftritt jetzt angezählt.
    Noch prekärer ist aber die Position von Lisa Paus: Die Familienministerin vom linken Flügel der Grünen hat – unabhängig von der Sache – den Kanzler schon länger gegen sich, den Finanzminister sowieso. Jetzt hat sie auch ihren eigenen Minister beschädigt. Vielleicht muss Paus früher ihren Stuhl räumen, als man glauben möchte.
    Die erste Woche nach der parlamentarischen Sommerpause ist vorbei, und schon wackeln zwei Stühle bei den Grünen.
    Quelle: Telepolis

  6. Neuer Bericht: Russland ist reicher, der Westen ärmer geworden – trotz Sanktionen
    Russlands privates Gesamtvermögen ist gestiegen, Nordamerikas und Europas Haushalte schrumpfen hingegen. Das zeigt ein neuer Bericht von UBS und Credit Suisse.
    Im Jahr 2022 ist das private Gesamtvermögen Russlands gestiegen, während die Einwohner der Vereinigten Staaten und Europas Billionen Dollar verloren haben. Dies geht aus dem jährlichen Global Wealth Report hervor, den die Schweizer Banken UBS und Credit Suisse verfasst haben.
    Im vergangenen Jahr sank das weltweite Vermögen privater Haushalte zum ersten Mal seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Inflation und die Aufwertung des US-Dollars haben rund 11,3 Billionen Dollar an Vermögenswerten vernichtet. Laut dem Bericht ist das private Nettovermögen weltweit um 2,4 Prozent gesunken, auf insgesamt 454,4 Billionen Dollar. Nordamerika und Europas Haushalte sind besonders betroffen – zusammen haben die Kontinente rund 10,9 Billionen Dollar verloren.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu: Einst VW-Werk in Russland: Die Chinesen sollen noch in diesem Jahr Produktion starten
    Volkswagen hat im Mai sein Werk in Kaluga verkauft. Es soll nicht mehr lange stillstehen, genauso wie die frühere Anlage von Mercedes-Benz. Übernehmen jetzt die Chinesen?
    Schon im Frühjahr 2022 hatte Volkswagen (VW) als Antwort auf die russische Invasion in die Ukraine die Autoproduktion im Werk von Kaluga gestoppt. Im Mai dieses Jahres wurde das Werk zusammen mit anderen Vermögenswerten des deutschen Konzerns an die neu gegründete russische Firma Art-Finance verkauft. Der frühere offizielle Autohändler der VW-Marken, Avilon, steht nach VW-Angaben hinter dem neuen Eigentümer.
    Nun wird klar: Das Werk in Kaluga wird nicht mehr lange stillstehen. Die Automobilproduktion könnte noch in diesem Jahr beginnen, verkündete der russische Vizepremierminister und Minister für Industrie und Handel, Denis Manturow, am Dienstag. Die Produktion von Autos in der ehemaligen Mercedes-Benz-Anlage in der Region Moskau, die nach dem Verkauf im März dem russischen Autohändler Avtodom gehört, könnte dagegen nach Angaben von Manturow im nächsten Jahr aufgenommen werden. Manturow stellte klar, dass der zweite Standort gesondert für Personenkraftwagen vorbereitet werde. (…)
    Das russische Autoportal Autonews.ru berichtete seinerseits unter Berufung auf ungenannte Quellen über eine Einigung zwischen dem neuen Eigentümer Art-Finance und dem chinesischen Autokonzern Chery Automobile über die Produktion von Limousinen unter der neuen Marke Omoda S5. Das neue Auto soll ein Ersatz für die Volkswagen Polo-Limousine sein, die zuvor in Kaluga produziert wurde.
    Nach dem Rückzug der westlichen Autokonzerne wurde Russland zum größten Exportmarkt für chinesische Autos. Inzwischen entfallen schon über 70 Prozent Marktanteil allein auf die chinesischen Autohersteller, wie die russische Zentralbank in einem Juli-Bericht über die regionale Wirtschaft vermeldete. Die Chinesen haben bisher ihre Autos nach Russland nur exportiert; mit der Aufnahme der Produktion soll sich das ändern. Die beliebtesten chinesischen Automarken in Russland sind Chery Tiggo, Haval und Geely.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: Neue Studie: China nimmt zunehmend Deutschlands Platz in Europa ein
    Schlechte Nachricht für die deutsche Wirtschaft: Chinesische Hersteller schnappen sich zunehmend Marktanteile der Deutschen auf dem europäischen Markt. Wie passiert das?
    Chinesische Hersteller machen deutschen Unternehmen auf ihrem Heimatmarkt in der Europäischen Union zunehmend Konkurrenz, vor allem im Bereich anspruchsvoller Industriegüter, wo Deutschland noch führend ist.
    Eine Studie des privaten Wirtschaftsforschungsinstituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Ergebnis, dass Chinas Anteil an den EU-Importen in den zwei Jahren bis 2022 in einigen Sektoren genauso stark oder sogar noch stärker gestiegen sei als im vorangegangenen Jahrzehnt.
    Es bestehe eine Gefahr für die Absatzperspektiven auf wichtigen deutschen Exportmärkten – bis hin zu der Gefahr von Wohlfahrtsverlusten für Deutschland insgesamt, warnt der Autor der Studie und IW-Leiter des Clusters Globale und regionale Märkte, Jürgen Matthes.
    Wie wird diese Gefahr erklärt? China hole technologisch sowie bei Bildung und Forschung auf und verbindet die so entstehende originäre Wettbewerbsfähigkeit mit intensiver industriepolitischer Subventionierung, steht in der Studie geschrieben. Mit der Made-in-China-2025-Strategie wolle die Regierung in Peking die chinesische Wirtschaft durch massive Förderung längerfristig auch in Branchen zum Innovationsführer machen, in denen die deutsche Wirtschaft ihre Spezialisierungsvorteile habe, darunter bei der Entwicklung von Kraftwagen und -motoren, bei Pharmaprodukten und vor allem bei Grundstoffen und Chemikalien. Das ermöglicht den Chinesen, zunehmend Marktanteile in der EU zu erobern. Eine IW-Umfrage zeigte zudem, dass deutsche Industriefirmen dem Konkurrenzdruck durch chinesische Unternehmen schon Ende 2020 einen deutlich höheren Stellenwert zugeschrieben hätten als dem Protektionismus.
    Quelle: Berliner Zeitung

  7. Argentiniens Währungskrise und das gefährliche Spiel mit dem US-Dollar
    Javier Mileis radikale Vision und die Geister der Vergangenheit. Wie Argentinien erneut mit dem US-Dollar zu experimentieren droht und welche Folgen das haben könnte.
    Ende Dezember 2021 habe ich zusammen mit einem Kollegen aus Anlass des 20. Jahrestags des größten finanzpolitischen Debakels der jüngeren Geschichte einen Artikel über Argentinien geschrieben, in dem wir resigniert feststellten, es sei kein Licht am Horizont dieses Landes erkennbar.
    Wir erinnerten daran, dass es der Versuch Argentiniens in den 1990er-Jahren war, den argentinischen Peso bei einem Wert von 1:1 gegenüber dem US-Dollar zu fixieren, der am Anfang des Debakels stand. “Fixing forever” hieß das Experiment am lebenden Patienten, das unter Aufsicht und positiver Begutachtung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Argentinien durchgeführt wurde und katastrophal gescheitert ist.
    Als wir 2021 den Artikel schrieben, lag der Wert des argentinischen Pesos bei etwa 100 zu 1 gegenüber dem US-Dollar, man benötigte also einhundert Pesos, um einen Dollar zu kaufen. Das war aus fixing forever geworden. In diesen Tagen braucht man fast 400 Pesos, um einen Dollar zu kaufen.
    Der Wahnsinn hat eine neue Dimension erreicht. Die Inflationsrate liegt inzwischen bei über einhundert Prozent und die Armut ist ein Massenphänomen geworden. Viele sozialdemokratische (sozialistische) Regierungen, einen hyperkonservativen Wahnsinn von 2015 bis 2019 unter Mauricio Macri und die Assistenz des IWF hat es gebraucht, um ein Land, das eigentlich enorme Entwicklungspotentiale besitzt, zugrunde zu wirtschaften (dazu hier ein Artikel aus dem Jahre 2019).
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Telepolis
  8. Ex-Chefankläger des internationalen Strafgerichtshofs: “Ein Völkermord ist es jetzt schon”
    Seit Wochen blockiert Aserbaidschan Hilfslieferungen in das umkämpfte Gebiet Bergkarabach. Der ehemalige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs warnt vor einem Völkermord.
    Mehrere Stunden anstehen für ein Brot – ohne sicher zu sein, am Ende etwas zu bekommen: Für die Menschen in der Region Bergkarabach, die zu Aserbaidschan gehört, ist das seit Kurzem Alltag. Um die Region, in der überwiegend ethnische Armenier leben, streiten sich Armenien und Aserbaidschan seit dem Fall der Sowjetunion.
    Im ersten Krieg zwischen den beiden Ländern von 1992 bis 1994 eroberte Armenien Bergkarabach, in einem zweiten Krieg gewann Aserbaidschan den bergigen Landstrich im Kaukasus zurück. Seitdem verbindet nur noch eine Straße, der sogenannte Latschin-Korridor, Armenien und Bergkarabach. Im Waffenstillstandsabkommen nach dem Krieg vereinbarten beide Länder, den Latschin-Korridor offen zu halten und so die Reise- und Warenfreiheit zwischen Armenien und Bergkarabach zu sichern.
    Doch genau damit ist jetzt Schluss: Seit dem 11. Juli darf nicht einmal mehr das Rote Kreuz Hilfsgüter nach Bergkarabach bringen – und die Einwohner des umkämpften Landstrichs haben keinen Zugang zu Nahrung, Benzin und medizinischer Versorgung mehr.
    Quelle: t-online
  9. Wie bleibt das Leben in Großstädten erträglich?
    Hitze kann tödlich sein, und die Zahl der Hitzetage nimmt zu. Großstädte müssen an die Erwärmung angepasst werden. Das erfordert den größten Umbau nach dem Krieg. […]
    Dass speziell Städte zur Überhitzung neigen, ist eigentlich schon lange bekannt. 1833 wies der britische Apotheker und Meteorologe Luke Howard mit Messungen nach, dass es im Inneren Londons deutlich wärmer ist als im Umland. 1937 schuf der Benediktinerpater Albert Kratzer mit »Das Stadtklima« das erste Standardwerk. Wie Wasserflächen, Parks, grüne Dächer und Luftzufuhr aus dem Umland kühlend wirken, gehört für Stadtplaner schon lange zum Grundwissen.
    Bis heute wird aber wenig Rücksicht darauf genommen, weil andere Bedürfnisse als wichtiger gelten. Teils werden Gewerbegebiete mit riesigen Hallen oder die Dämme von Umgehungsstraßen mitten in Kaltluftschneisen gesetzt, Wohngebiete gebaut, ohne ausreichend Grünflächen vorzusehen. In den Straßen dürfen Stoßstange an Stoßstange Autos stehen, obwohl sie zur Überhitzung beitragen. Knapp 72 Grad hat die Kühlerhaube eines Mercedes in der Nürnberger Innenstadt an diesem Hitzetag – gemessen mit einem Thermometer, das mit einem Laserstrahl misst. Grünflächen werden vielerorts miserabel gepflegt – etwa wenn Behörden Blumenwiesen, die kühlend wirken, rigoros niedermähen lassen, weil man das schon immer so gemacht hat.
    Quelle: Spektrum
  10. Berliner Klinik säuft bei Starkregen ab: „Sinnbildlich fürs Gesundheitssystem“
    Intensivpfleger Ricardo Lange hat ein Video gepostet. Es zeigt einen Klinikkeller, der im Wasser versinkt. Lange prangert den Zustand deutscher Kliniken insgesamt an.
    In den sozialen Medien geht gerade ein Video viral. Es zeigt einen Klinikkeller unter Wasser, notdürftig geflickte Fußbodenbeläge, Baumängel. Es soll sich um das Untergeschoss des Urban-Krankenhauses in Kreuzberg handeln. Entsprechende Informationen erhielt die Berliner Zeitung aus Mitarbeiterkreisen. Auf Twitter gepostet hat das Video nun Ricardo Lange, Intensivpfleger und Kolumnist der Berliner Zeitung. Im Interview spricht er über die Hintergründe.
    Herr Lange, das Video zeigt Bilder, die aus einer Klinik in einem Krisengebiet stammen könnten. Was sagen Sie dazu?
    Die Aufnahme steht sinnbildlich dafür, wie in Deutschland mit Kliniken umgegangen wird. Man lässt sie absaufen.
    Sie sind in der Berliner Klinikszene gut vernetzt. Was wissen Sie über die Hintergründe?
    Ich habe das Video seit zwei Monaten. Es wurde an einem Tag aufgenommen, als es in Berlin ein Starkregen-Ereignis gab. Damals wurde es zum ersten Mal in den sozialen Medien hochgeladen. Ich habe das Video über persönliche Verbindungen erhalten, kann allerdings weder zum Urheber etwas sagen noch über den Ort.
    Warum nicht?
    Erstens, um den Urheber des Videos zu schützen. Zweitens, um auch weiterhin in Berlin arbeiten zu können.
    Okay, reden wir also über „ein Berliner Krankenhaus“. Warum haben Sie das Video heute veröffentlicht?
    Weil mir heute noch mal ganz krass klargeworden ist, dass im Gesundheitswesen vieles nicht zusammenpasst.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. Asylbewerber sollen als erste ans digitale Gängelband gelegt werden
    Was Australien vorgemacht hat, wollen einige deutsche Städte und Bayern nachmachen: eine besonders schwache Gruppe soll über eine programmierbare Bezahlkarte ans digitale Gängelband gelegt werden. Die Karte soll Taschengeld für Asylbewerber in bar oder per Scheck ersetzen.
    Australien hat schon vor Jahren digitale Bezahlkarten für Sozialhilfeempfänger eingeführt, in denen einpgrogrammiert ist, wofür man sie nicht verwenden kann.
    Nun starten auch Hamburg, Hannover und Bayern Pilotprojekte, um den angeblich hohen Verwaltungsaufwand der bisherigen Lösungen zu vermeiden und die Asylbewerber der Notwendigkeit zu entheben, monatlich persönlich zur Auszahlungsstelle zu gehen.
    Mir will nicht recht einleuchten, warum es ein Problem sein soll, wenn die Geldempfänger persönlich erscheinen müssen, und nicht ein Vorteil, weil man so vermeidet, Geld an Personen zu zahlen, die sich womöglich gar nicht mehr dort aufhalten, wo sie sich aufhalten sollten.
    Was die hohen Kosten angeht, so kann ich mir schwer vorstellen, dass es kostengünstig sein soll, für die 304 Personen, von denen in Hannover die Rede ist, eine spezielle Kartenlösung programmieren zu lassen und einzuführen.
    Zur Ausschreibung des Hamburger Pilotprojekts heißt es:
    „Das Guthaben auf der Karte soll nicht überziehbar sein, zudem sollen beispielsweise Glücksspielanbieter gegebenenfalls blockiert werden können.“
    Man beachte das Wort „beispielsweise“ vor Glückspielanbieter. In meiner Berichterstattung zu entsprechenden Bestrebungen hatte ich prognostiziert, dass auch bei uns mit den Schwächsten angefangen werden wird, um nach und nach immer mehr Menschen ans digitale Gängelband zu legen, mit dem bestimmt werden kann, wer künftig was noch kaufen darf. So kommt es nun, und die nächsten Schritte sind bereits in Vorbereitung. Man denke etwa an das digitale Zentralbankgeld. Zu neuesten, gruseligen Entwicklungen dort in Kürze mehr.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Christian Reimann: Eine der nächsten Gruppen könnten – so ist zu befürchten – die Empfänger des Arbeitslosengeldes (insbesondere des Bürgergeldes; ehemals “Hartz IV”) sein.

  12. Why Is Ukraine Prosecuting Pacifist Yurii Sheliazhenko for “Justifying Russian Aggression”?
    We speak with Ukrainian peace activist Yurii Sheliazhenko, whom Ukrainian authorities have charged with justifying Russian aggression, days after his Kyiv apartment was raided and searched. Sheliazhenko is executive secretary of the Ukrainian Pacifist Movement and has vocally opposed any escalation of the conflict, calling for a ceasefire and peace talks to end the war. “It is total nonsense that a pacifist is accused in justification of war,” Sheliazhenko told Democracy Now! in an interview just after he returned from being interrogated. He notes the security services are under the authority of President Volodymyr Zelensky, and says “direct involvement” from the leader in suppressing peace activism “is inappropriate in [a] democratic society.”
    Quelle: Democracy Now
  13. Aufruf zum Schutz der Pressefreiheit: Bündnis fordert Freilassung von Julian Assange
    Die angespannte Situation um den Journalisten Julian Assange erreicht einen kritischen Punkt. Mit einem in Kürze erwarteten Urteil über das Berufungsverfahren vor dem Britischen High Court droht dem australischen Staatsbürger täglich die Abschiebung in die USA. In einer gemeinsamen Stellungnahme der deutschen Sektionen der ärztlichen und juristischen Friedensorganisationen IPPNW und IALANA appellieren die beiden Verbände an die Bundesregierung, insbesondere an Außenministerin Annalena Baerbock, sich gegenüber der US-Regierung energisch gegen eine Auslieferung von Assange auszusprechen.
    „Wir fordern die Bundesregierung auf, um der Pressefreiheit willen und zur Rettung des zu Unrecht wegen der Veröffentlichung ihm zugespielter Informationen verfolgten Journalisten Assange in klaren Worten bei US-Präsident Biden gegen die drohende Auslieferung zu protestieren und die Beendigung des Strafverfahrens gegen Assange zu fordern“, heißt es in dem heute veröffentlichten Aufruf von IPPNW und IALANA.
    Quelle: IPPNW