Drosten und seine schräge Vorstellung von der Meinungsfreiheit: Es darf sich doch nicht jeder einfach äußern!

Drosten und seine schräge Vorstellung von der Meinungsfreiheit: Es darf sich doch nicht jeder einfach äußern!

Drosten und seine schräge Vorstellung von der Meinungsfreiheit: Es darf sich doch nicht jeder einfach äußern!

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Der Virologe Christian Drosten hat in fragwürdigen Äußerungen seine Vorstellung von Debatten in „der Wissenschaft“ beschrieben. In einem aktuellen Vortrag sagt er: „So sollten wir niemanden haben, der, nur weil er irgendeinen akademischen Abschluss hat, über den Kern des Problems mitten in einer Pandemie spricht.“ Laut Drosten sollen „Institutionen der Wissenschaft“ stattdessen „eine Auswahl treffen“ – also von Stimmen, die sich demnach noch äußern „dürfen“? Diese Vorschläge sind gruselig: für den wissenschaftlichen Diskurs und für die Gesellschaft allgemein. Das Problem geht über Drosten hinaus: Seine bedenklichen Äußerungen lösen nur darum keine breite Empörung aus, weil während der Corona-Politik Tabus gebrochen und Maßstäbe dauerhaft verschoben wurden. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Gestern haben wir auf die „Westminster-Erklärung“ gegen die Unterdrückung der Meinungsvielfalt hingewiesen. Darin wird unter anderem die Sorge über die Versuche ausgedrückt, „geschützte Meinungsäußerungen als ‚Fehlinformation‘, ‚Desinformation‘ und mit anderen schlecht definierten Begriffen zu bezeichnen“. Ein Beispiel für diese Strategie hat nun (einmal mehr) der Virologe Christian Drosten praktiziert, bei einem Vortrag beim „World Health Summit“, der vor einigen Tagen in Berlin stattgefunden hat. Drosten hat dort bedenkliche Einblicke in seine Vorstellungen von Meinungsvielfalt und wissenschaftlicher Debatte offenbart. Ebenso bedenklich ist die ausbleibende (hörbare) Empörung, auch in Kreisen „der Wissenschaft“. Hier folgen einige Zitate und ein Video des Ausschnitts, eine Einordnung erfolgt weiter unten.

„Es geht darum, als Wissenschaftler etwas weniger opportunistisch zu sein“

Drosten sagte bei dem Vortrag unter anderem (Hervorhebungen von mir):

„Ein anderes Problem, das wir mit dem Virus haben, ist Kommunikation und Desinformation. Und das ist so ein komplexes Thema, viele Medienleute hier wissen genau, wovon ich spreche. Das ist wirklich der Eingriff zu Beginn einer Pandemie. Es gibt also zwei Interventionen, die wirklich effizient sind, bevor wir ein Medikament oder einen Impfstoff haben: Das sind diagnostische Tests und dann geht es um die politische Entscheidungsfindung. Und sobald diese Entscheidungsfindung durch Desinformation und Propaganda beeinflusst und verzerrt wird, sind wir verloren.

Und es gibt Rolle, die von den Medien selbst nicht erfüllt werden – da müssen sie wirklich in den Spiegel schauen.

Und es gibt noch eine andere Rolle, die einige manchmal ein bisschen ignoriert haben, nämlich die Rolle der Wissenschaft selbst. So sollten wir niemanden haben, der, nur weil er irgendeinen akademischen Abschluss hat, über den Kern des Problems mitten in einer Pandemie spricht.

Wir müssen uns an die Institutionen der Wissenschaft wenden, um eine Auswahl zu treffen und Expertengremien einzusetzen, die wirklich Experten sind und die nicht in die Medien drängen, die aber irgendwie qualifiziert sind, den Stand der Wissenschaft zusammenzufassen. Und dies kann nur über die Institutionen der Wissenschaft geschehen. Diese Institutionen müssen der Gesellschaft diese Funktion anbieten. Diese Institutionen der Wissenschaft bestehen eigentlich aus Wissenschaftlern, aus Spitzenwissenschaftlern.

Und es geht wirklich darum, als Wissenschaftler etwas weniger opportunistisch zu sein und etwas mehr der Gesellschaft zu dienen. Das ist mein Vorschlag.“

Hier ist ein Video der Szene:

Die Welt steht Kopf

Die Zitate stellen die Realitäten teils geradezu auf den Kopf: Die meisten Journalisten (fast alle) haben nicht zu wenig Meinungsmache für die unangemessenen Corona-Maßnahmen betrieben, sondern zu viel. Nicht das Lager von Drosten, Lauterbach, Wieler und so weiter war Opfer von Hetze der Mainstream-Medien (bis auf einige unfreundliche Artikel zu Drosten etc. aus dem Axel-Springer-Verlag), sondern deren Kritiker, auch die seriösen darunter. Ohne diese Unterstützung durch fast alle Mainstream-Journalisten wäre eine Einführung und Aufrechterhaltung der nicht angemessenen Corona-Maßnahmen gar nicht möglich gewesen.

Der Vorschlag Drostens ist das Gegenteil von Wissenschaft, die vom Streit und dem Austausch unterschiedlicher Positionen lebt. Auch wenn Drosten nicht die harte Zensur meinen sollte oder das tatsächliche, juristische Verbot, sich zu äußern, so zielt er doch in die Richtung, Andersdenkenden grundsätzlich zumindest die „moralische“ Berechtigung entziehen zu wollen, sich bei bestimmten Themen einzubringen. Ein unbehelligter und von Kritik und der Realität der Bürger abgeschirmter Eliten-Zirkel erstickt aber den notwendigen Austausch und ist abzulehnen.

Zur Erinnerung: Für die Seite der Corona-Scharfmacher durften auch zahllose virologische Laien unbedrängt sprechen, während gleichzeitig Sprechern der Gegenseite deren Fachfremdheit um die Ohren gehauen wurde. Und was heißt denn „fachfremd“: Die Corona-Maßnahmen hatten auch soziale, psychische und politische Folgen – und dazu sollen sich dann nur Virologen äußern? Zusätzlich wurden Teile der Bevölkerung zu Komplizen der Corona-Maßnahmen gemacht: Jeder B-Promi und jeder Ladenbesitzer durfte plötzlich unbelegte und darum fragwürdige Gesundheitstipps und Impfempfehlungen auf großen medialen Bühnen verbreiten und wurde dafür gefeiert.

Heute fühlen sich diese instrumentalisierten Bürger möglicherweise als belastete Mitläufer und zögern darum, den zerstörerischen Charakter der Corona-Politik wenigstens in der Rückschau eindeutig zu benennen. Durch dieses Zögern wird aber eine Wiederholung ähnlicher Kampagnen wahrscheinlich.

Flucht nach vorn: „Haltet den Dieb!“

Vielerorts ist nun die dreiste Flucht nach vorn zu beobachten: Ein solches „selbstbewusstes“ Auftreten wie das von Drosten sollte nicht mehr möglich sein, ohne dass es Empörung hervorruft – die ausbleibende Empörung unterstreicht die Notwendigkeit einer Aufarbeitung, sie zeigt einmal mehr, wie die Tabubrüche in der Coronazeit die Kriterien für Debatten dauerhaft verschoben haben.

Für die eigenen Feststellungen der Verantwortlichen der Corona-Politik, die Maßnahmen hätten positiv gewirkt, gibt es keine Datengrundlage, weil die dafür nötigen Daten gar nicht erhoben wurden – mutmaßlich vorsätzlich: um die Illusion einer „Unwissenheit“ aufrechtzuerhalten, in der radikale Reaktionen gerechtfertigt erscheinen konnten bzw. diese wegen fehlender Daten nicht angegriffen werden konnten.

Ich möchte betonen: Es gibt theoretisch Szenarien, da können Lockdowns etc. angemessen sein. Im Fall von Corona war aber die offizielle Dramatisierung des Virus und die auch zum Impfdruck genutzten Schikanen gegen die Bürger und vor allem gegen Kinder und Jugendliche zu keinem Zeitpunkt mit seriösen Daten unterfüttert. Und sie sind es bis heute nicht – auch weil, wie gesagt, essenzielle Daten von den Verantwortlichen gar nicht erst erhoben wurden. Als Beispiele unter zahllosen weiteren für die Nutzung von unseriösen Daten und Begriffen sei hier an die „Inzidenzen“ und die Zählung der „an oder mit Corona“ Verstorbenen erinnert.

Als echt gewagt muss man es bezeichnen, wenn ausgerechnet Drosten jetzt Opportunismus anprangert und Wissenschaftler kritisiert, die „in die Medien drängen“. Das ist schon eine extreme Form der Taktik „Haltet den Dieb!“. Meine Kritik an Drosten ist übrigens keineswegs ein Versuch der Zensur, diesmal gegen Drosten: Natürlich soll er sich äußern dürfen – aber die Forderung, dieses Recht anderen zu verwehren und es einer „Auswahl“ vorzubehalten, soll hier scharf kritisiert werden. Zumal diese Auswahl in Drostens Vorstellung vermutlich von hochbelasteten Institutionen wie dem RKI oder der WHO erstellt werden soll.

Drostens Äußerungen gehen über die Corona-Politik hinaus, geforderte indirekte Sprechverbote gefährden die wissenschaftliche Kommunikation insgesamt. Warum lassen so viele Wissenschaftler und Forscher diese Tendenz momentan geschehen? Haben sie die Hoffnung, dass einst sie selber vom RKI oder der WHO in den erlauchten Kreis der Menschen berufen werden, die sich noch zu wissenschaftlichen Fragen äußern dürfen?