Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Der Primat der Finanzindustrie, keine Bankenrettung ohne Gegenleistung, warum Zocker mit Staatsgeld absichern?, Schuldenschnitt, aber wie?, Kredit-Ratings europäischer Staaten, Griechenland im „Kriegszustand“, Seuchengefahr in Athen, Finanzberatung, Democracy vs. Bankers at the Fed, Modern Monetary Theory, Steuern oder Mäzene, „Wir brauchen eine neue soziale Bilanz“, Konjunkturerwartung, Glücksatlas, Bildung, Leben wie geschmiert, zu guter Letzt. (RS/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Der Primat der Finanzindustrie – Wie man ihn bricht
  2. Keine Bankenrettung ohne Gegenleistung
  3. Heiner Flassbeck: Warum Zocker mit Staatsgeld absichern?
  4. Ulrike Herrmann – Schuldenschnitt! Aber wie?
  5. Kredit-Ratings europäischer Staaten
  6. Papandreou sieht Griechenland im “Kriegszustand”
  7. Nach Müllabfuhr-Streik: Seuchengefahr in Athen
  8. Finanzberatung bei Geldinstituten: Brüssel will Bankprovisionen kippen
  9. Democracy Versus Bankers at the Fed
  10. Debt, Deficits, and Modern Monetary Theory
  11. Faire Lastenverteilung: Steuern oder Mäzene?
  12. Grünen-Finanzpolitiker Schick: “Wir brauchen eine neue soziale Balance”
  13. ZEW-Bericht: Schlechteste Konjunkturerwartung seit drei Jahren
  14. Dem Land geht es gut – Glücksatlas, Meinungsmache
  15. Bildung
  16. Leben wie geschmiert
  17. Zu guter Letzt: Neues aus der Anstalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der Primat der Finanzindustrie – Wie man ihn bricht
    […] Was wäre, wenn Europa Mal solidarisch wäre. Anstatt Griechische Schulden abschreiben zu müssen, sollen sie zu einem Zinssatz, den ich hier gar nicht festsetzen möchte, den Griechen und Italienern Geld leihen. Dieser Zinssatz soll viel weiter unter demjenigen stehen, als der Zinssatz, den die Griechen und auch die Italiener derzeit zahlen. Jetzt fragt ihr euch, wie wir das denn anstellen sollen…
    An dieser Stelle kehrt der Primat der Politik zurück. War es bisher so, dass die Politik nach der Pfeife der Banken tanzte, die Banken die Politik indirekt erpressten, drehen wir den Spieß um, dafür muss Europa nur solidarisch sein:
    Wenn die Banken den Griechen keine Kredite zu einem niedrigerem, festem Zinssatz gewähren, dann machen alle Eurostaaten einen Schuldenschnitt und alle Banken sehen keinen Cent mehr von ihrem Geld. Dies hätte zur Folge, dass mit einem Schlag alle Banken pleite wären, seien es solche, die den Staaten zu viel Geld geliehen haben, oder auch diejenigen, die diesen Banken zu viel Geld geliehen haben.
    Quelle: Vorwärts
  2. Keine Bankenrettung ohne Gegenleistung
    Wiederholt sich die Geschichte? Vor gerade mal drei Jahren wurden weltweit „notleidende“ Finanzinstitute mit staatlichen Kapitalspritzen gerettet. Den geschröpften Steuerzahlern wurde eine grundlegende Reform des Finanzsystems versprochen, doch nichts passierte. Jetzt stehen die Banken wieder am Abgrund.
    Quelle: DGB Klartext
  3. Heiner Flassbeck: Warum Zocker mit Staatsgeld absichern?
    Seit dem Sommer sind all die Geschäfte zusammengekracht, mit denen sich unsere Banken mangels anderer Betätigungsmöglichkeiten über Wasser halten, um die schönen Boni zu rechtfertigen. Die Sparte der Investmentbanker, also der zockende Teil unseres Bankensystems, macht ebenso wie viele Hedge-Fonds massive Verluste, weil die Preise an den Aktien-, den Rohstoff- und den spekulativ aufgeblähten Währungsmärkten in den Keller gegangen sind. Der ganze Aufschwung des Bankensektors seit dem Frühjahr 2009 war der simplen Tatsache zuzuschreiben, dass sich weltweit wieder Herden von Investoren auf alle erreichbaren Assets gestürzt und genau dadurch deren Preise in die Höhe getrieben hatten. Nur dadurch konnten die Investmentabteilungen der Banken hohe Gewinne melden, und die Welt schien wieder in Ordnung. Aber diese Gewinne waren genau die gleiche Art von unhaltbaren Spekulationsgewinnen, die schon die große Krise des Jahres 2008 ausgelöst hatten. Der Großteil der Gewinne, die in Investmentbanken gemacht werden, ist eben nicht intelligenten und hochkomplexen Handelstrategien zuzuschreiben, sondern dem Herdenverhalten, mit dessen Hilfe die Finanzmärkte temporäre Knappheiten schaffen, statt sie – wie auf normalen Märkten – zu beseitigen.
    2008 hat die Politik zwar diese sogenannten Banken gerettet, sie hat aber nichts getan, um deren schädliche Investments zu beenden oder sie zumindest vom normalen Bankgeschäft abzuspalten. Das rächt sich nun. Das Platzen von Blasen an hochspekulativen Märkten kann einem normalen Bankensystem nichts anhaben, weil Banken, die sich auf die Finanzierung von Sachinvestitionen konzentrieren, dort niemals in hohem Maße engagiert sein können, weder mit eigenen Mitteln noch über Kredite an Zocker. Folglich ist die Rückkehr zu Lean Banking, wie es im englischen Sprachraum heißt, das Sine-qua-non jeder erfolgreichen Bewältigung der Bankenkrise. In den USA und in Großbritannien wird das immerhin ernsthaft diskutiert, Kontinentaleuropa beschränkt sich darauf, Banken zu retten, die längst keine Banken mehr sind.
    Quelle. FTD
  4. Ulrike Herrmann – Schuldenschnitt! Aber wie?
    Ein Schuldenerlass von 50 Prozent würde Banken in die Pleite treiben. Die Regierungen müssten wieder helfen. Lafontaine fordert sogar, Banken ganz zu verstaatlichen.
    Quelle: taz
  5. Kredit-Ratings europäischer Staaten
    1. Frankreich “unter Bewachung”
      Das AAA ist der Stolz der Nation, der Beweis, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft des Kontinentes noch zu Nordeuropa gehört und nicht zum überschuldeten Süden. Nun wankt die Benotung gefährlich.
      Quelle: FR
    2. Ratingagentur Moody’s stuft Spanien herab
      Die Bonitätswächter haben wieder geurteilt: Die Ratingagentur Moody’s senkt die Kreditwürdigkeit Spaniens um zwei Stufen auf “A1”. Das Land bleibe in der Krise weiterhin für Marktturbulenzen anfällig und habe außerdem hochverschuldete Banken und Konzerne. Auch eine weitere Abstufung schließt die Agentur nicht aus.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    3. Standard & Poor’s Ratingagentur stuft italienische Banken herab
      18.10.2011, 20:57
      Erst vor einigen Wochen hat Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit des italienischen Staates herabgestuft, jetzt trifft es auch die Banken des Landes: Die Ratingagentur senkte die Bonität von 24 italienischen Geldinstituten. Betroffen sind vor allem kleinere Bankhäuser, aber schon bald könnten auch die Großen der Branche in Bedrängnis geraten.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  6. Papandreou sieht Griechenland im “Kriegszustand”
    Banken, Apotheken, Tankstellen, Bäckereien: alles geschlossen. In Griechenland steht das öffentliche Leben für zwei Tage still, weil die Gewerkschaften es so wollen. In Athen gehen Zehntausende gegen die Sparpolitik der Regierung auf die Straße. Die Polizei befürchtet Ausschreitungen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou warnt vor einer “Zersetzung” des Landes.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  7. Nach Müllabfuhr-Streik: Seuchengefahr in Athen
    Seit zwei Wochen streiken in Griechenland die Müllarbeiter. 30.000 Müll haben sich seitdem allein in der Hauptstadt angesammelt. Laut Gesundheitsministerium eine tickende Zeitbombe.
    Quelle: FR

    Anmerkung RS: Der Ausfall staatlicher Leistungen macht sich bemerkbar…

  8. Finanzberatung bei Geldinstituten: Brüssel will Bankprovisionen kippen
    Wenn ein Kunde zur Bank geht, hofft er auf faire Behandlung – oft allerdings vergebens. Die Kundenberater stehen unter Verkaufsdruck und empfehlen darum häufig Papiere, die den Banken besonders üppige Provisionen einbringen. Das will die Europäische Union nach SZ-Informationen nun radikal ändern. Dabei geht es ihr um mehr als nur die Rechte der Kunden.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  9. Democracy Versus Bankers at the Fed
    The Federal Reserve Board has provided the basis for thousands of conspiracy theories in its near-100-year existence. These conspiracies have some basis in reality as can be seen by the Fed’s recent moves on monetary policy. In the last two meetings of the Fed’s Open Market Committee (FOMC), the Fed’s key decision-making body, the members appointed through the political process unanimously supported stronger measures to spur growth and create jobs. By contrast, three of the five voting members appointed by the banking industry opposed further action.
    Quelle: The Smirking Chimp
  10. Debt, Deficits, and Modern Monetary Theory
    An Interview with Bill Mitchell
    Quelle: Harvard International Review
  11. Faire Lastenverteilung: Steuern oder Mäzene?
    Der Vermögende als Mäzen: Die Privatisierung öffentlicher Wohlfahrt ist in den USA auf den Begriff des “philanthrocapitalism” gebracht worden. Mäzenatentum ist wichtig, aber auch ungemein gefährlich für die Gesellschaft.
    Quelle: FR
  12. Grünen-Finanzpolitiker Schick: “Wir brauchen eine neue soziale Balance”
    Wer trägt eigentlich die Kosten der Euro-Krise? Der Grünen-Politiker Gerhard Schick wirft Schwarz-Gelb vor, keine klare Antwort zu geben – und erklärt im Interview, warum sich seine Partei an Demonstrationen gegen die Macht der Banken à la “Occupy Wall Street” beteiligen sollte.
    […]
    SPIEGEL ONLINE: Was sollte die Bundesregierung tun?
    Schick: Es ist notwendig, die Verteilungspolitik der vergangenen Jahre zu korrigieren. Die Regierung sagt aber bisher nicht einmal, wer jetzt die Kosten der Krise tragen soll. Wir brauchen eine neue soziale Balance. Deshalb fordern die Grünen höhere Steuersätze für große Einkommen und eine Abgabe auf große Vermögen, die 100 Milliarden Euro über zehn Jahre erbringen soll, um die Krisenkosten zu refinanzieren.
    SPIEGEL ONLINE: Die Grünen waren zwischen 1998 und 2005 an zwei Bundesregierungen beteiligt. Auch in Deutschland wurden die Finanzmärkte dereguliert, was der Banken- und Finanzkrise Vorschub geleistet hat. Sind Sie bereit, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen?
    Schick: Ja. Damals haben die Grünen die Deregulierung der Finanzmärkte teilweise mitgetragen. Aus solchen Fehlentscheidungen müssen wir die Schlussfolgerungen ziehen: Ohne starke Unterstützung der Bürger und der Zivilgesellschaft gelingt uns die Kontrolle der Finanzmärkte nicht. Als grüne Abgeordnete alleine können wir gegen die geballte Kraft der Finanzlobby zu wenig ausrichten.

    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung des NDS-Lesers J.A.: Der SPIEGEL stellt erstaunlicherweise die richtige Frage nach den krassen Verfehlungen, die die Grünen in Regierungsbeteiligung begangen haben – aber Schick darf sich dann doch herausreden. Wieso, bitte schön, sollte dem Parlament nicht die Kontolle der Finanzmärkte gelingen; was ist mit der Demokratie und dem Primat der Politik über die Wirtschaft?
    Und wie sollten ein paar Demonstrationen oder der Unmut der Bürger den Abgeordneten dabei helfen, die Finanzmärkte zu zähmen?

  13. ZEW-Bericht: Schlechteste Konjunkturerwartung seit drei Jahren
    Zuletzt hatten die Finanzexperten unmittelbar nach der Lehman-Pleite derart pessimistisch in die Zukunft geblickt. Allein die Bundesregierung gibt sich optimistisch.
    Quelle: FR

    Dazu: UDE: Studie zu Arbeitsverhältnissen im Dienstleistungssektor – Viele Jobs, wenig Geld
    Drei von vier Beschäftigten in Deutschland arbeiten heute in Dienstleistungsunternehmen. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung ist in den vergangenen 20 Jahren um 14 Prozent gestiegen, in der Industrie sind entsprechend weniger unter Vertrag. In diesem Strukturwandel haben sich aber die Bedingungen dramatisch verschlechtert. „In manchen Dienstleistungsbranchen ist prekäre Arbeit zum Normalfall geworden“, kritisieren Prof. Dr. Gerhard Bosch und Dr. Claudia Weinkopf vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE). Ihre Analyse ist in den aktuellen WSI-Mitteilungen der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht.
    Quelle: IDW

  14. Dem Land geht es gut – Glücksatlas, Meinungsmache
    […] Die Dreistigkeit, mit der Stimmung gemacht wird, ist wirklich erschreckend. Alle Menschen, die durch die einseitige Politik mit der extremen Begünstigung der Finanzwirtschaft in prekäre Lebenssituationen bzw. in die Armut getrieben wurden, müssen sich verhöhnt fühlen. Sie werden sich weiter von der Politik abwenden. Die tatsächlichen Zustände im Land werden ganz bewusst ausgeblendet. Armut gibt es demnach nicht oder kaum. Auch Erwin Teufel hat in einem vielbeachteten Vortrag vor CDU-Senioren geäußert, dass es Armut noch nicht gäbe. Wenn man selbst nicht betroffen ist, lässt sich vieles verdrängen. Offenbar sprach er vor einem Publikum, das gut abgesichert ist und für die auch nicht die Gefahr besteht, finanziell abzustürzen.
    Quelle: AKOPOL Arbeitskreis
  15. Bildung
    1. Bildungskrise: US-Studenten haben eine Billion Dollar Schulden
      Platzt nach der Immobilien- die nächste Schuldenblase in den USA? Experten befürchten, dass dieses Mal die exorbitanten Studiengebühren in den USA Schuld sein könnten. Immer mehr Uni-Absolventen finden keinen Job.
      Quelle: FR
    2. 360.000 würden von Ausbildungskosten-Abzug profitieren
      360.000 Steuerpflichtige könnten von einer Absetzbarkeit der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten profitieren. Auf dieser Basis wäre mit Steuermindereinnahmen von jährlich rund 1,1 Milliarden Euro zu rechnen, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/7259) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/6978) zu den Auswirkungen des Urteils des Bundesfinanzhofes, der diesen Abzug als Werbungskosten erstmals zugelassen hatte.
      Die Bundesregierung verweist in einem Vorwort zur Antwort auf die aktuelle Gesetzesfassung, nach der diese Aufwendungen nur als Sonderausgaben bis zu einer Höhe von 4.000 Euro im Jahr abziehbar sind. Dennoch habe der Bundesfinanzhof „überraschend“ entschieden, dass das Abzugsverbot entgegen dem Willen des Gesetzgebers nicht greife. Weitere Fragen der Abgeordneten will die Bundesregierung allerdings nicht beantworten, weil sie sich auf die noch laufende Prüfung der Schlussfolgerung aus der Rechtsprechung beziehen würden.
      Quelle: Deutscher Bundestag
  16. Leben wie geschmiert
    Politiker sind selten in Korruptionsfälle verwickelt – weil die Gesetzeslücken so groß sind. Das ließe sich leicht ändern, wie man in der Privatwirtschaft sehen kann.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  17. Zu guter Letzt: Neues aus der Anstalt
    Zur Kurztherapie werden die Kabarettisten Helmut Schleich und Rainald Grebe sowie das Comedy-Duo Badesalz “eingeliefert”.
    Quelle: ZDF

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