RKI-Mails: „Die Absonderungsregeln wurden politisch durch (…) den Minister Lauterbach selbst festgelegt“

RKI-Mails: „Die Absonderungsregeln wurden politisch durch (…) den Minister Lauterbach selbst festgelegt“

RKI-Mails: „Die Absonderungsregeln wurden politisch durch (…) den Minister Lauterbach selbst festgelegt“

Tobias Riegel
Ein Artikel von: Tobias Riegel

„Folge der Wissenschaft“? – Pustekuchen! Laut geleakten, internen RKI-Mails beruhten einige einschneidende Corona-Maßnahmen nicht „primär auf Basis von Bewertung der wissenschaftlichen Evidenz durch das RKI“, sondern wurden politisch angeordnet – unter anderem von Karl Lauterbach. Nach dem wissenschaftlich nicht begründeten Maskenzwang, der erfundenen „Pandemie der Ungeimpften“ und teils politisch festgelegten offiziellen Risiko-Szenarien ist nun ein weiterer Mythos um die wissenschaftliche Grundlage der Corona-Politik bedroht. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das Durcharbeiten der RKI-Files ist eine langwierige Aufgabe – zunächst vielen Dank an Paul Schreyer und Aya Velazquez dafür, dass sie diese nun folgenden Recherchen möglich gemacht haben. Außerdem geht mein Dank an die zahlreichen Personen, die diese RKI-Files nun durchforsten und etwa auf X immer wieder wichtige Details daraus bekanntgeben. So zum Beispiel das in diesem Artikel behandelte Zitat aus einer E-Mail, die etwa hier auf X einzusehen ist.

Die betreffende Mail wurde demnach im Februar 2022 von Ute Rexroth von der Abteilung für Infektionsepidemiologie des RKI RKI-intern verschickt. Diese Abteilung ist laut RKI „für die Erfassung und Auswertung der nach dem Infektionsschutzgesetz an das RKI zu übermittelnden Daten sowie für deren infektionsepidemiologische Bewertung zuständig“.

In der fraglichen Mail geht es um eine Stellungnahme des RKI zu „Anpassungen der Quarantäne- und Isolierungsmaßnahmen“. In der Mail wird von Rexroth unter anderem empfohlen, die verpflichtende Selbstisolation von Infizierten durch eine freiwillige Selbstisolation zu ersetzen. Diese Empfehlung seitens der Wissenschaftler zur „Aufhebung der staatlich angeordneten Absonderung“ sei aber „politisch nicht aufgegriffen“ worden. Wörtlich heißt es in der Mail:

Die Absonderungsregeln sind aktuell Empfehlungen des Bundes und werden vom RKI lediglich ausgewiesen. (…) Sie beruhen nicht mehr primär auf Basis von Bewertung der wissenschaftlichen Evidenz durch das RKI, sondern wurden politisch durch die MPK, der GMK bzw. durch den Minister Lauterbach selbst festgelegt.

Hier ist ein Screenshot der E-Mail:

Die Corona-Politik folgte nicht mal der „eigenen“ Wissenschaft

Viele kritische Beobachter hatten längst festgestellt oder zumindest vermutet, dass die Propaganda-Formel „Follow The Science“ während der Corona-Politik vor allem dazu diente, eine Gruppe von Wissenschaftlern als „gut“ zu definieren – das war dann „die Wissenschaft“. Wer dieser Gruppe widersprach, stellte sich angeblich „außerhalb der Wissenschafts-Community“. Schon diese Einteilung in gute und schlechte Wissenschaft war Humbug. Nun sehen wir Schwarz auf Weiß, dass auf manchen Feldern der Corona-Politik von politischen Entscheidungsträgern nicht mal dem Kreis der „akzeptierten“ Wissenschaftler gefolgt wurde. Zentrale Teile der unangemessenen Corona-Politik sind damit im doppelten Sinne als anti-wissenschaftlich und als weitgehend losgelöst von einer dauernd betonten „Evidenz“ zu bezeichnen.

Zugespitzt kann man sagen, dass die Corona-Politik auch darum so lange am Leben erhalten werden konnte, weil anscheinend oft ein bedenklicher Mechanismus gegriffen hatte: Das RKI folgte teilweise Weisungen der Politik, Gerichte konnten sich dann bei Urteilen gegen Kritiker der Corona-Politik oder für die Rechtmäßigkeit von Lockdowns auf die „Wissenschaft“ des RKI berufen – eine „Wissenschaft“, die sich sich aber in Wirklichkeit zuvor oft politischen Forderungen hatte beugen müssen. Diese Erkenntnis wirft ein fragwürdiges Licht auf zahlreiche Urteile in diesem Zusammenhang.

Die RKI-Files und RKI-Mails zeigen, dass es intern beim RKI teils starke Bedenken gegen die politische Ausgestaltung der Corona-Politik und gegen die Ignoranz der eigenen Erkenntnisse gab — aber die Wissenschaftler haben diese Bedenken nicht öffentlich gemacht. Damit haben sie sich teilweise auch zu Komplizen gemacht.

Wo bleiben die Konsequenzen?

Es wird wohl noch einiges herauskommen bei den Recherchen zu den RKI-Files. Unter anderem ist bereits jetzt festzustellen: Es gab laut Wissenschaftlern des RKI keine wissenschaftliche Grundlage für den Kampfbegriff von der „Pandemie der Ungeimpften“ und keine RKI-Empfehlung für einen allgemeinen Maskenzwang. Auch die Darstellung der allgemeinen Bedrohungslage musste sich teilweise politischen Maßgaben unterordnen und hatte entsprechend wenig mit Erkenntnissen von „der Wissenschaft“ zu tun – wie gesagt: nicht einmal mit den Erkenntnissen der „eigenen“ und darum als „gut“ bezeichneten Wissenschaftler. Das betraf sogar den Umgang mit einer Booster-Impfung für Kinder ohne entsprechende STIKO-Empfehlung.

Was wird von der offiziellen Darstellung der Corona-Lagen am Ende überhaupt noch übrig bleiben? Und wird es irgendwann eigentlich auch mal persönliche Konsequenzen wegen all der Unwahrheiten und den der Gesellschaft zugefügten Schäden geben? Für irgendeinen Beteiligten?

Titelbild: Juergen Nowak/shutterstock.com