Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich am Wochenende in sehr absoluter Wortwahl vor seinen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer gestellt und verkündet, die Vorwürfe gegen ihn hätten sich alle als falsch erwiesen. Doch diese Darstellung ist nachweislich nicht korrekt. Vor diesem Hintergrund hatten die NachDenkSeiten einige Frage zum Verhalten des Kanzlers. Besonders aufschlussreich waren die Reaktionen der Sprecher der Minister, die ihre Teilnahme am „Ludwig-Erhard-Gipfel“ zugesagt haben, auf die Frage, ob der Staatsminister zuvor bei den Ministern um deren Teilnahme geworben hat. Hintergrund: Bei Zahlung von je 80.000 Euro versprechen die Ausrichter des Gipfels, das Weimer’sche Familienunternehmen WMG, „Einfluss auf politische Entscheidungsträger und Premiumvernetzungen in entspannter Atmosphäre am Tegernsee“. Von Florian Warweg.
Hintergrund
In einem Interview mit dem Leiter des ARD-Hauptstadt-Studios, Markus Preiss, behauptete Bundeskanzler Friedrich Merz am 23. November, angesprochen auf den sich ausweitenden Skandal um die Verquickung von privatwirtschaftlichen und politischen Tätigkeiten seines vom ihm persönlich berufenen Kulturstaatsministers Wolfram Weimer:
„Die Vorwürfe, die gegen Wolfram Weimer erhoben worden sind, haben sich alle als falsch erwiesen. Da wird nichts verkauft. Das ist eine Veranstaltung, die übrigens zahlreiche andere Medienverlage im selben Format regelmäßig machen.“
Doch diese Darstellung ist nachweislich in dieser absoluten Form falsch. Zwei Beispiele:
Beispiel 1: Kaufe das „Mont Blanc“-Paket für 80.000 Euro und gewinne „Einfluss auf politische Entscheidungsträger“
Quelle: Apollo News
Für den „Ludwig-Erhard-Gipfel 2026“ bietet das ausrichtende Weimer’sche Familienunternehmen, wie zuerst das Onlineportal Apollo News aufdeckte und mit Dokumenten belegte, das exklusive „Mont Blanc“-Netzwerkpaket zum Stückpreis von bescheidenen 80.000 Euro an interessierte Unternehmer und verspricht in diesem Zusammenhang „Einfluss auf politische Entscheidungsträger“ und „Premiumvernetzungen in entspannter Atmosphäre am Tegernsee“.
Quelle: Apollo News
Gewinne, die die Weimer Media Group mit der Ausrichtung des Ludwig-Erhard-Gipfels und dem Verkauf der entsprechenden „Mont Blanc“-Pakete erzielt, fließen direkt und ausschließlich in die Taschen des Staatsministers, seiner Frau und seines Sohnes, der als Verkaufsdirektor der Weimer Media Group tätig ist. An diesem Sachverhalt ändert auch die kürzlich aufgrund des öffentlichen Drucks erfolgte Übergabe der Anteile von Wolfram Weimer an einen Treuhänder für die Dauer seiner Amtszeit als Staatsminister nichts. Denn die Gewinne aus seinen Anteilen bleiben ihm ja nach Amtsende erhalten.
In diesem Zusammenhang äußerte sich auch die Initiative für Transparenz und Demokratie e. V. (LobbyControl), die sich laut Eigendarstellung zur Aufgabe gemacht hat, sich „für eine demokratische Kontrolle und klare Schranken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit durch Interessenverbände“ einzusetzen. In einer Stellungnahme des Vereins heißt es zur Causa Weimer:
„Wir sehen es schon an sich kritisch, wenn ein privilegierter Zugang zu hochrangigen Politikerinnen und Politikern gegen Geld angeboten wird. Wenn das Geld dann aber indirekt an einen amtierenden Minister fließt, erschüttert dies das Vertrauen in die Integrität der Bundesregierung und fügt dem Bild der Politik insgesamt Schaden zu.“
Der Kanzler müsse „Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass die unverantwortliche Vermischung von politischem Amt und privaten Geschäftsinteressen in seinem Kabinett beendet wird“.
Beispiel 2: Erfundene Medienpartnerschaft
Neben dem bereits erwähnten Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee veranstaltet die Weimer Media Group zudem den sogenannten „Frankfurt Finance & Future Summit“. In diesem Zusammenhang wirbt sie mit diversen renommierten Medienpartnern. Darunter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), der englischen Wirtschaftszeitung The Economist sowie dem Wochenmagazin Focus.
Doch in einer Stellungnahme erklärte die FAZ:
„Auch wenn die Website der Veranstaltung ‚Frankfurt Future & Finance Summit‘ den Anschein erweckt: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung war weder 2024 noch 2025 Medienpartner dieser Veranstaltung. Wir haben weder eine entsprechende Vereinbarung über eine Medienpartnerschaft abgeschlossen noch der Weimer Media Group die Verwendung des F.A.Z.-Logos gestattet.“
Kurz danach waren dann die Verweise auf die angebliche Medienpartnerschaft mit der FAZ still und heimlich ohne jede weitere Erläuterung von der Website entfernt worden:
Ups! Weimer Media hat jetzt die FAZ, den Focus und The Economist still und heimlich von der Website des „Frankfurt Finance and Future Summit“ entfernen lassen. Alle diese Medien waren vorher als „Medienpartner“ der Veranstaltung ausgegeben werden.https://t.co/0iVay17sKp pic.twitter.com/OkvZsfUVTh
— Max Roland (@maxroland20) November 20, 2025
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 26. November 2025
Frage Warweg
Der Kanzler hat am Wochenende ja in sehr absoluter Wortwahl verkündet, die Vorwürfe gegen Wolfram Weimer hätten sich alle als falsch erwiesen, und da wäre nichts verkauft worden. Jetzt hat die WEIMER MEDIA GROUP, die ja nach wie vor ausschließlich dem Ehepaar Weimer gehört, nachweislich Netzwerkpakete für die Teilnahme am Ludwig-Erhard-Gipfel zum Stückpreis von je 80 000 Euro verkauft und mit Einfluss auf politische Entscheidungsträger und Premiumvernetzungen in entspannter Atmosphäre am Tegernsee geworben bzw. dies entsprechend versprochen. Da würde mich interessieren: Mit welcher Begründung bewertet denn der Kanzler den Verkauf dieser je 80 000 Euro teuren Netzwerkpakete durch das Unternehmen seines Staatsministers und dessen Frau als „hier wurde nichts verkauft“?
Vizeregierungssprecher Meyer
Ich glaube, wir haben uns an dieser Stelle zu dem Komplex in den vier letzten Regierungspressekonferenzen sehr ausführlich geäußert. Es gibt auch, glaube ich, seit der letzten keinen neuen Sachstand dazu. Insofern würde ich dafür auf unsere Aussage in der Vergangenheit verweisen.
Zusatzfrage Warweg
Die Aussage hat der Kanzler ja erst dieses Wochenende getroffen.
Aber weitere Vorwürfe gegen den Kulturstaatssekretär des Kanzlers lauten, dass sein Unternehmen eine Medienpartnerschaft mit der „FAZ“ frei erfunden habe. Die „FAZ“ hat das bestätigt. Diese Partnerschaft gab es nie, und auch das Logo wurde widrigerweise genutzt. Da würde mich interessieren: Was hat sich an diesem Vorwurf nach Meinung des Kanzlers als falsch erwiesen?
Meyer
Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass es auch am Montag eine Regierungspressekonferenz gab, also auch –
Zuruf Warweg
Ich habe das Protokoll dazu gelesen; die Fragen danach kamen nicht vor!
Meyer
– nach dem Wochenende, und auch darin war das ja sehr, sehr ausführlich Thema.
Zuruf Warweg
Nein, war es nicht.
Vorsitzende Welty
Wollen Sie eine Antwort, oder wollen Sie unterbrechen?
Zusatz Warweg
Ich will eine Antwort, durchaus, aber ich habe das Protokoll ja auch gelesen.
Vorsitzende Welty
Dann lassen Sie Herrn Meyer doch ausreden!
Zusatz Warweg
Tue ich ja!
Meyer
Ich sage es noch einmal: Staatsminister Weimer hat aus Sicht der Bundesregierung gemäß des Bundesministergesetzes gehandelt und hat darüber hinaus ja auch angekündigt, seine Anteile in Treuhänderschaft zu übergeben. Das ist das, was wir dazu sagen können und auch in der Vergangenheit gesagt haben.
Frage Warweg
Herr Meyer, ich muss trotzdem noch einmal auf die Causa Weimer zurückkommen. Der Kanzler hatte sich ja sehr explizit geäußert und gesagt, alle Vorwürfe seien falsch. Ich habe Ihnen jetzt zwei Beispiele genannt, durch die diese Vorwürfe dokumentarisch belegt sind. Die sind also korrekt. Mich würde interessieren: Weiß der Kanzler es nicht besser? Sind ihm diese Informationen nicht zugetragen worden, zum einen, was die falsche Medienpartnerschaft mit der „FAZ“ angeht, zum anderen auch, was den Verkauf dieser Montblanc-Pakete für je 80 000 Euro mit dem Versprechen angeht, Einfluss auf politische Entscheidungsträger zu nehmen? Sind die dem nicht bekannt? Können Sie kurz sagen, wieso er das alles als Nichtexistenz darstellt?
Vizeregierungssprecher Meyer
Ich kann noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns zu dem gesamten Sachverhalt in den letzten vier oder fünf Regierungspressekonferenzen immer wieder geäußert haben. Auch der Kanzler hat sich geäußert. Wie immer stehen die Sätze des Kanzlers für sich. Die werde ich jetzt nicht im Detail interpretieren.
Aber noch einmal: Das, was wir zu dem Fall als Bundesregierung sagen können, haben wir gesagt. Wir können uns ja nur über die Dinge äußern, die entsprechend auch uns als Bundesregierung betreffen. Wenn es um privatwirtschaftliche Dinge geht, muss man sich im Zweifel entsprechend an die Institutionen oder Unternehmen, die damit befasst sind, wenden, und dazu habe ich nichts Neues beizutragen. Es gibt seit Montag aus unserer Sicht auch keine neue Entwicklung.
Zusatzfrage Warweg
Es geht um die Aussagen des Kanzlers dieser Republik, aber egal.
Eine weitere Frage, die in der Causa ja noch im Raum steht, ist, ob, Herr Weimer in seiner Zeit als Staatsminister aktiv in schriftlicher oder auch mündlicher Form bei anderen Ministerien für die Teilnahme am Ludwig-Erhard-Gipfel geworben hat. Da würde ich stichprobenhalber die Frage an das Wirtschafts-, das Agrar- und das Forschungsministerium stellen, ob es denn diese aktive Bewerbung der Teilnahme gab.
Wentzel (BMWE)
Könnten Sie die Frage noch einmal wiederholen?
Zusatz Warweg
Alle drei Minister, die den Ministerien vorstehen, die jetzt hier auf dem Podium sind, nehmen ja an dem Gipfel teil. Meine Frage war, ob Herr Weimer bereits seinerzeit als Staatsminister aktiv in schriftlicher oder mündlicher Form für die Teilnahme bei den respektiven Ministern geworben hat, also für die Teilnahme an dem Gipfel.
Wentzel (BMWE)
Für die Wirtschaftsministerin kann ich sagen, dass eine Zusage für das nächste Jahr nicht besteht.
Zusatz Warweg
Das war nicht meine Frage. Meine Frage war, ob der Herr Staatsminister bei ihr schriftlich oder mündlich um die Teilnahme geworben hat.
Wentzel (BMWE)
Dazu ist mir nichts bekannt.
Hauck (BMLEH)
Ich habe Ihnen die Frage letzte Woche schon beantwortet. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Bundesminister Rainer wurde schriftlich von der WEIMER MEDIA GROUP eingeladen.
Zusatz Warweg
(ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)
Vorsitzende Welty
Nein, wir hatten noch eine Antwort ausstehen.
Grüneberg (BMFTR)
Herr Warweg, auch wir haben uns dazu schon ausführlich geäußert. Meine Kollegin hat das zweimal getan. Ich kann noch einmal sagen: Frau Bär wurde von der WEIMER MEDIA GROUP als Sprecherin angefragt, und nach derzeitigem Stand wird sie eine Rede zu den Themen des BMFTR halten.
Zusatz Warweg
Das war nicht meine Frage, sondern die war, ob Herr Weimer höchstpersönlich, schriftlich oder mündlich, um die Teilnahme geworben hat – das ist ja keine formelle Einladung – , ob er im Vorfeld bei den Ministern dafür geworben hat. Darauf gab es jetzt von keinem der Ministerien eine klare Antwort. Die kann man relativ leicht mit Ja oder Nein beantworten, denke ich.
Hauck (BMLEH)
Ich habe dazu alles gesagt, was ich an dieser Stelle sagen kann.
Grüneberg (BMFTR)
Ich genauso.
Zusatzfrage Warweg
Können Sie das vielleicht nachreichen?
Hauck (BMLEH)
Aus meiner Sicht gibt es da nichts nachzureichen. Wie gesagt, ich kann nur berichten, wie die offiziellen Abläufe im Ministerium sind. Die WEIMER MEDIA GROUP hat den Minister angeschrieben. Der Minister hat die Einladung angenommen und wird eine Rede halten. Ich kann noch einmal wiederholen: Er nimmt nicht an der „Executive Night“ teil. Das ist alles, was ich an dieser Stelle sagen kann.
Frage Jung
Herr Meyer, wenn ich den Kanzler richtig verstanden habe, dann sagt er, Herr Weimer habe seine Anteile abgegeben, und damit sei die Sache geritzt. Ignoriert der Kanzler, dass Herrn Weimers Ehefrau diesen Laden weiterhin führt und er ihr gehört?
Meyer
Schon die Worte, die Sie in der Frage gewählt haben, waren ja nicht die Worte des Kanzlers. Insofern führen Sie mich da also auf eine Fährte, aber das hat er so nicht gesagt.
Zusatzfrage Jung
Na ja, doch, das habe ich gerade ja paraphrasiert. Herr Weimer hat seinen Anteil an eine Treuhand abgegeben, und im Prinzip sagt der Kanzler, Herr Weimer habe damit seine Schuldigkeit getan und die Vorwürfe seien ausgeräumt. Meine Frage ist: Ignoriert der Kanzler, dass die Firma weiterhin Herrn Weimers Frau gehört und das Problem damit weiterhin besteht?
Meyer
Das ignoriert er sicherlich nicht, das ist ja öffentlich bekannt. Trotzdem haben wir mehrfach auf das Bundesministergesetz und die entsprechenden Vorgaben sowie auf die persönliche Erklärung von Herrn Weimer hingewiesen, der zusätzlich zu den gesetzlichen Vorgaben, die es gibt, die Anteile in Treuhänderschaft gegeben hat, um deutlich zu machen, dass hier kein Interessenkonflikt besteht. Alles andere haben wir hier regelmäßig – ich glaube, in den letzten vier oder fünf Regierungspressekonferenzen – schon diskutiert. Insofern gibt es für mich keinen neuen Sachstand, den ich hier mitteilen kann.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 26.11.2025
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