Ein Quantum Überwachung – Kommt jetzt der deutsche James Bond?

Ein Quantum Überwachung – Kommt jetzt der deutsche James Bond?

Ein Quantum Überwachung – Kommt jetzt der deutsche James Bond?

Ein Artikel von: Redaktion

Am letzten Montag, den 8. Dezember, fand das 21. Symposium des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter dem Motto „Zeitenwende – und jetzt?“ in Berlin statt. Wie der stern berichtet, wurde bei der dortigen Paneldiskussion besprochen, wie Deutschland angesichts der Bedrohung durch Russland resilienter werden und seine Nachrichtendienste für ihre Arbeit stärken könnte. Dabei habe Florence Gaub von der Militärakademie der NATO in Rom mit einem unkonventionellen Vorstoß überrascht: „Deutschland brauche mehr Nähe zwischen Bevölkerung und Nachrichtendiensten – und sogar TV-Serien könnten dabei helfen, erklärte Gaub“ laut stern. Ein Kommentar dazu von Maike Gosch.

Weiter heißt es in dem Artikel:

„Es gibt keine gute Serie über den Verfassungsschutz und auch keine über den BND“, sagte die Deutsch-Französin Gaub. Dabei könnte diese dabei helfen, „Berührungsängste zwischen der Bevölkerung und den Diensten“ zu verringern. Deutschland könne davon profitieren.

Ok, wo anfangen?

Zunächst einmal ist es aus kommunikationsstrategischer Sicht ein guter Rat, der Bevölkerung mithilfe von Popkultur bestimmte Institutionen oder auch Weltanschauungen oder Länder sympathischer oder unsympathischer zu machen. Nicht umsonst haben Geheimdienste wie die CIA unzählige Millionen Dollar in solche Propagandamethoden gesteckt. Gaub hat also mit diesem Ratschlag zunächst einmal nicht Unrecht. Make the Schlapphüte cool again!

Was einen als Leser aber fassungslos zurücklässt, ist die unglaubliche Ignoranz sowohl gegenüber der besonderen deutschen Geschichte, als auch der aktuellen Stimmung in der Bevölkerung, die aus ihrem Vorschlag spricht.

Fangen wir einmal mit der deutschen Geschichte an. Warum könnten die Deutschen vielleicht „Berührungsängste“, wie Gaub sagt, gegenüber ihren Geheimdiensten haben? War da nicht mal etwas in unserer Vergangenheit? Preußische Geheimpolizei? Gestapo? Stasi? (ohne Gleichsetzung aufgeführt) Alles vergessen? Oder sind diese historischen Lehren auf „Unsere Demokratie“ nicht anwendbar? Ist die Skepsis der deutschen Bevölkerung gegenüber Geheimdiensten aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen und der realen Missbrauchsmöglichkeiten dieser Dienste durch Regierende und Machthaber nicht gerade ein Zeichen von Klugheit und Aufgeklärtheit?

Wie kann man so einen Vorschlag machen, ohne zumindest die historische Dimension und die deutschen Besonderheiten bei diesem Themenfeld zu erwähnen? Das soll keine Gleichstellung der aktuellen Regierung mit vorigen Regimen sein, aber der Grund, warum es wesentlich weniger Begeisterung für Geheimdienste in Deutschland gibt, als zum Beispiel in den USA und Großbritannien, liegt an historischer Erfahrung. Wir sind in dieser Hinsicht gebrannte Kinder. Auch die Bürger der USA und Großbritanniens hätten Grund zu deutlich mehr Skepsis und Distanz zu ihren Diensten und sicher spielten z.B. die „James Bond“-Filme eine große Rolle dabei, ihr Bild in der Öffentlichkeit massiv positiv zu verzerren. Aber das jetzt 1:1 auf Deutschland zu übertragen, vor allem in der heutigen Zeit, zeigt nur, in welch einer abgeschotteten Realitätsblase sich unsere Eliten (darf man das noch sagen?) befinden.

Hinzu kommt noch, dass der Verfassungsschutz, so wie er in Deutschland existiert, eine deutsche Besonderheit darstellt. Deutschland ist nämlich die einzige westliche Demokratie, deren Inlandsgeheimdienst politische Parteien, Medien, Vereine und sogar Einzelpersonen offiziell als „verfassungsschutzrelevant“ beobachten und öffentlich als z.B. „Prüffall“ oder „gesichert rechts- oder linksextremistisch“ benennen kann. Und zwar nicht nur intern, sondern in offiziellen Publikationen, Kategorien und Berichten. Der Verfassungsschutz kann damit politische Akteure öffentlich stigmatisieren, ohne ein öffentliches Verfahren oder gerichtlichen Beschluss.

Und: In fast allen anderen Demokratien gilt, Geheimdienste sammeln Informationen über Gefährdungen – aber sie definieren nicht, wer „extremistisch“ ist, d.h. ihre Beobachtung ist fast ausschließlich sicherheits- oder terrororientiert, nie politisch-normativ. In den letzten Jahren mussten wir leider beobachten, dass diese Verfassungsschutz-Instrumente immer stärker genutzt werden, um „politisch-normativ“ in die politische Willensbildung der Bevölkerung einzugreifen. Ich will gar nicht bestreiten, dass die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und ihre Unterstützer, wie Frau Gaub, sich dabei tatsächlich als Verteidiger der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gegenüber massiven Bedrohungen empfinden. Diese Sichtweise wird aber von einem erheblichen Anteil der Bevölkerung nicht geteilt, sie empfinden dies vielmehr als Gängelung und Unterdrückung abweichender Meinungen. Und das ist aus ihrer Sicht nun einmal nicht „cool“.

Diese beiden Punkte sind die Ursachen der „Berührungsängste“ der Menschen. Und deshalb würde eine coole deutsche Geheimdienstserie das „Problem“ mitnichten lösen.

Die erste Frage, die man sich bei Unbeliebtheit einer Maßnahme oder Organisation stellen sollte, ist: „Was an der Kritik könnte berechtigt sein?“ Aber von einer solchen selbstkritischen, differenzierten und diskursiven Haltung haben sich Menschen wie Frau Gaub und auch leider viele unserer führenden Politiker längst verabschiedet. Mit einer schon „Marie Antoinette“-haften Ignoranz und Arroganz wird von ihnen alles ausgeblendet, was an Argumenten und Kritik kommt oder die Kritiker gleich als „Verschwörungsideologen“ diskreditiert. Kritik am Verfassungsschutz-Vorgehen ist dann wieder „Delegitimierung des Staates“ und so dreht sich die Spirale immer weiter nach unten. Ach, Deutschland …

Titelbild: Chat-GPT

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