BILD am Sonntag macht Propaganda für Atomkraft per Umfrage

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„Mehrheit der Deutschen für Atomkraft“ meldet die BamS vom 14. Januar 2007 und bezieht sich dabei auf eine von dieser Zeitung selbst in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage. Gefragt wurde aber gar nicht danach, ob die Deutschen für oder gegen Atomkraft sind, sondern ob es vertretbar sei, aus der Atomenergie auszusteigen, bevor alternative Energien wie Sonnen- oder Windkraft in einem vergleichbaren Umfang zur Verfügung stehen! Schon darin lässt sich erkennen, dass die Frage suggestiv gestellt wurde. Wolfgang Lieb.

61 Prozent der Befragten halten das nicht für vertretbar. Aber selbst nach dieser Umfrage meinen 47 Prozent, dass die Kernkraftwerke wie beschlossen abgeschaltet werden sollten. Nur 17 Prozent antworten, dass der Atomausstieg komplett rückgängig gemacht werden müsste. 31 Prozent der Befragten sprechen sich für längere als die von Rot-Grün vereinbarten Kraftwerk-Laufzeiten aus. Daraus die Schlagzeile zu machen, die Mehrheit der Deutschen sei für Atomkraft kann man nicht anders als einen Manipulationsversuch bezeichnen. Denn immerhin, sind selbst nach dieser Umfrage 78 Prozent für einen Atomausstieg und von denjenigen, die für einen Ausstieg sind, spricht sich ein kleinerer Teil ggf. für eine längere Laufzeit aus.

Wir kennen die Formulierung der Fragen nicht und wie man weiß, ist die Art der Frage ziemlich entscheidend für das Ergebnis einer Umfrage.

Am selben Tag wie BamS veröffentlicht auch Spiegel Online eine Umfrage, wonach sich „Angesichts der Abhängigkeit Deutschlands von Energie-Importen … 51 (!) Prozent der Befragten Zweifel (!) an dem Koalitions-Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie“ haben. Das sind schon mal 10 Prozent weniger als bei BamS, die in der spezifischen Situation eines Stopps der Ölzufuhr und der dadurch politisch und medial hervorgerufenen Ängste vor einem Engpass in der Energieversorgung an dem Ausstiegsbeschluss „zweifelten“.

Noch interessanter ist, dass Spiegel Online zusätzlich berichtet, dass noch im April vergangenen Jahres 60 Prozent der Befragten dafür waren, die Regierung solle den Atomausstieg überdenken. Wenn man also überhaupt solchen (Auftrags-)Umfragen glauben schenken will, heißt das aktuelle Umfrageergebnis doch, dass die Zahl der Zweifler am Atomausstieg also eher abgenommen haben.

Wie fragwürdig und je nach Auftraggeber beeinflussbar solche Umfrageergebnisse sind, belegt eine weitere Umfrage erst vor wenigen Tagen (am 8. Januar 2007). Emnid kam im Auftrag von N24 zu dem Ergebnis, dass trotz der aktuellen Diskussion über die Sicherheit von Energieimporten gerade umgekehrt wie bei der BamS-Forsa-Umfrage exakt derselbe Prozentsatz, nämlich 61 Prozent der Befragten „eine weitere Nutzung der Kernenergie über die rot-grüne Ausstiegsvereinbarung“ hinaus ablehnten.

Fazit: Frage bei jeder Umfrage, welches Ergebnis der Auftraggeber der Umfrage wünscht und was er politisch mit dem Umfrageergebnis erreichen will. Jeder sollte wissen, dass mit Umfragen Politik gemacht wird.

Und gerade Forsa ist ja dafür bekannt, dass es seine Umfragen durchaus für politische Zwecke instrumentalisieren lässt. Oder lesen Sie auch hier: “Der tägliche Manipulationsversuch – diesmal mittels Umfrage”.

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