Hinweise des Tages II

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Das katastrophale Ende des griechisch-europäischen Trauerspiels
  2. Die schöne neue Welt der Troika 2.0
  3. Über Zehntausend für europäische Schuldenkonferenz
  4. Der „griechische Aufschwung“ in den deutschen Medien
  5. Frickes Welt – Klassensprecher ohne Mehrheit
  6. Klägliches Ende
  7. Post-Streik: 60 von 100 Briefen zu spät
  8. Jobcenter darf Hartz IV nicht pauschal kürzen
  9. Mitarbeiter der Jobcenter sind keine Idioten
  10. Doppelmoral par excellence
  11. Polen will nur christliche Flüchtlinge aufnehmen
  12. Nicht nur gegen Russland
  13. Bundeswehr bleibt länger in Afghanistan als geplant
  14. Kraft knöpfte sich die Abweichler in der SPD einzeln vor
  15. Antisemiten live
  16. Zu guter Letzt: Wie Glenn Greenwald mal versuchte, mit Julian Reichelt zu diskutieren

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Das katastrophale Ende des griechisch-europäischen Trauerspiels
    Wer bisher nicht glauben wollte, dass die Gläubiger im Krisenfall den Schuldnern im Detail vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben, der hat jetzt die Gelegenheit zu lernen, dass Schuldner eigentlich keine Rechte mehr haben, sondern auf Gedeih und Verderb von den Gläubigern und deren Ideologien abhängen. Im Falle Griechenlands wird zur Zeit fast jedes Arbeitspapier veröffentlicht, so dass man sich selbst unmittelbar ein Bild von dem alltäglichen Irrsinn machen kann, der da hin- und hergeschoben wird.
    Das „letzte“ Angebot der Gläubiger findet man hier, wobei schon die Terminologie und die Art und Weise, nach welchem Zeitplan das letzte Angebot entschieden und umgesetzt werden soll, eine unglaubliche Demütigung des Schuldners ist. Ein paar Stunden bleiben dem griechischen Parlament, um zuzustimmen, bevor die „Frist“ abläuft. Welche Frist eigentlich? Ist es nicht vollkommen gleich, ob am 1. Juli zurückgezahlt wird oder am 10 Juli, im Einvernehmen mit den Gläubigern, in dem Fall dem IWF?
    Die formale Demütigung des Schuldners in den „Verhandlungen“ (man sollte statt Verhandlungen eher davon sprechen, dass hier übermächtige Gläubiger einen Schuldner fünf Monate lang am ausgestreckten Arm haben verhungern lassen) wird nur noch überboten von der materiellen Demütigung. Inhaltlich hat die Athener Regierung das genau nicht erreicht, was der Kern der Forderungen von SYRIZA war, nämlich die Möglichkeit, dem Land und der Wirtschaft neue Impulse zu geben. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es werden Steuern erhöht, Ausgaben gekürzt und die „Flexibilisierung“ des Arbeitsmarktes wird weiter vorangetrieben. In einer Situation, wo der Einzelhandel eines Landes so am Boden liegt wie in Griechenland (siehe die unten stehende Abbildung aus unserem Konjunkturbericht von dieser Woche), ist schon der Gedanke an eine Mehrwertsteuererhöhung absurd.
    Quelle: flassbeck-economics

    dazu: Interview mit Fabio de Masi (MdEP) im Deutschlandfunk [Audio]
    Quelle: dradio.de [MP3]

    dazu auch: Mach schon!

    Quelle: Stuttmann Karikaturen

  2. Die schöne neue Welt der Troika 2.0
    Spardiktate heißen jetzt „Angebot“, Ultimaten werden als „letzte Chance“ bezeichnet. Der belgische „Soir“ hat noch ein paar hübsche Neologismen aufgelistet:
    Quelle: Eric Bonse auf Lost in Europe
  3. Über Zehntausend für europäische Schuldenkonferenz
    Was haben der französische Ökonom Thomas Piketty, das globalisierungskritische Netzwerk Attac und »Erlassjahr«, das größte entwicklungspolitische Bündnis in Deutschland, gemeinsam? Sie alle fordern eine europäische Konferenz, bei der über einen umfassenden Schuldenschnitt für Griechenland und andere Staaten beraten werden soll.
    Das Thema Schuldenerleichterung hatte bei den seit Tagen anhaltenden Verhandlungen über die Bedingungen, welche die Gläubiger Griechenland auferlegen wollen, um im Gegenzug einige Milliarden Euro auszuzahlen, kaum eine Rolle gespielt. Zwar drängte die SYRIZA-geführte Regierung von Beginn ihrer Amtszeit an erst auf einen Schuldenschnitt, später auf eine Erleichterung beim Schuldendienst durch Verschiebung oder Umstrukturierung der Belastungen, wenigstens aber auf eine Koppelung des Schuldendienstes an das Wirtschaftswachstum.
    Schon 2013 meinte Alexis Tsipras, inzwischen Premier in Athen, es sei noch nie »so dringlich wie jetzt, eine globale, solidarische und dauerhafte Lösung für das Schuldenproblem zu finden«. Jeder weitere Aufschub habe, so die damalige Warnung des SYRIZA-Vorsitzenden, »nur zur Folge, dass die wirtschaftlichen und sozialen Kosten weiter ansteigen, und zwar nicht nur in Griechenland, sondern auch in Deutschland und den übrigen Mitgliedern der Währungsunion«.
    Doch davon wollten bisher insbesondere der Internationale Währungsfonds, sofern es seine Positionen als Gläubiger anging, und die anderen Gläubiger, vor allem die Bundesregierung, nichts wissen.
    Quelle: Neues Deutschland
  4. Der „griechische Aufschwung“ in den deutschen Medien
    Wie alle durch die deutschen Leitmedien gut informierten Menschen wissen, hat es in Griechenland im zweiten Halbjahr 2014 einen Aufschwung gegeben, der durch die im Januar 2015 gewählte linke Regierung in Athen abgewürgt wurde. So ist es jedenfalls Blättern wie der WELT oder der FAZ zu entnehmen, die man sich kaufen kann, die man sich aber nicht kaufen muss. So hört man es jedoch auch von einem mit Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender wie dem Deutschlandfunk (DLF), von dem der Normalbürger gerade wegen der Finanzierung durch Zwangsabgaben eine gewisse Objektivität in der Berichterstattung erwartet. Im DLF führten u.a. in den letzten Tagen zwei Redakteure Interviews zum Schuldenstreit zwischen den „Institutionen“ und Griechenland mit folgenden Zwischentexten:
    „[U]nd vor allen Dingen wurde der Wachstumskurs der vergangenen Regierung innerhalb weniger Monate völlig zunichtegemacht“, so Tobias Armbrüster im Gespräch mit Sven-Christian Kindler. Sven-Christian Kindler antwortete darauf: „Ich glaube nicht, dass die alte Regierung auf einem richtigen Wachstumskurs war.“ Und Peter Kapern ließ sich gegenüber Hans-Werner Sinn so vernehmen: „Gleichwohl muss man ja sagen, dass bis zum Amtsantritt von Alexis Tsipras, Herr Sinn, die griechische Wirtschaft ja doch wieder auf einen Wachstumskurs gegangen war, gekommen war, ein Wachstumskurs, der dann von Alexis Tsipras, so jedenfalls viele Interpretationen, wieder zunichte gemacht worden ist. Also war die griechische Wirtschaft doch eigentlich schon auf dem richtigen Weg, oder?“ Hans-Werner Sinn entgegnete: „Das halte ich für ein Märchen.“
    Leser von flassbeck-economics wissen, dass wir in vielen Dingen anderer Ansicht sind als etwa Hans-Werner Sinn. Aber hier stimmen wir zu hundert Prozent mit ihm überein: Es ist nicht richtig, dass sich Griechenland im vergangenen Jahr, wie der Deutschlandfunk behauptet, auf einem „Wachstumskurs“ befand, egal wie oft das wiederholt wird.
    Quelle: Friederike Spiecker auf flassbeck-economics

    dazu: Das Grexit-Drama und der Bankrott unserer Medienrepublik
    Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der griechischen Regierung beherrschen die Nachrichten. Allein: Je mehr Nachrichten man zum Thema Grexit konsumiert, desto wirrer wirkt die Lage. Die Griechenland-Krise ist auch ein kollektives Versagen von Medien und Politik, das sich rational kaum erklären lässt. […]
    Jede Handlung der griechischen Regierung wird systematisch als “frech”, “dreist” oder als “Erpressung” beschrieben, obwohl es doch die EU-Institutionen sind sind, die Griechenland unter massiven Druck setzen. In der Gefolgschaft der Bild haben viele deutsche Medien erstaunlich unreflektiert über den anstehenden Banken-Run in Griechenland berichtet, fast schon mit einer unheilvollen Lust am drohenden Untergang.
    Quelle: Meedia

    siehe auch: “Bixit”: Ökonomen fordern Ausschluss von Bild-Zeitung aus Eurozone, damit Krise in Ruhe gelöst werden kann
    Sollte die Politik den Vorschlag der Ökonomen ernsthaft in Erwägung ziehen, geriete die “Bild” in Zugzwang. Dann müsste sie Brüssel schnellstmöglich konkrete Reformvorschläge für eine nachhaltige Berichterstattung anbieten, um den Bixit zu verhindern.
    Experten bezweifeln jedoch, dass unter der Führung des einstigen Hoffnungsträgers Kai Diekmann echte Reformen gelingen: Zu verkrustet sind die Machtstrukturen, bei denen eine Familie alle Fäden in der Hand hält, zu festgefahren das System jahrzehntelanger Missachtung journalistischer Prinzipien.
    Quelle: Der Postillon

  5. Frickes Welt – Klassensprecher ohne Mehrheit
    Die Meinungsführer sind dagegen, dass Europas Notenbank Staatsanleihen kauft. Das ist richtig, sagen wiederum mehr als 50 Prozent der Kollegen. Die Sachverständigen wollen mehr Austerität. Es ist schon jetzt zu viel gekürzt worden, sagen 40 Prozent. Die Wortführer sind gegen den Mindestlohn, aber die Mehrheit hat damit per se kein Problem. Die Anführer verteidigen Deutschlands Exportüberschüsse gegen alle Kritik und halten die Aufregung um das steigende Reichtumsgefälle für übertrieben. Ähnliches Muster: Die Mehrheit sieht auch das weniger streng.
    Nun kann sein, dass Hans-Werner Sinn und die anderen Klassensprecher es einfach besser wissen. Erkenntnisgewinn ist, klar, auch keine Mehrheitsveranstaltung. Nur kriegen Deutschlands prominenteste Ökonomielehrer seit Jahren auch international heftig Kontra. Amerikaner wie Briten geben sich in der Krise pragmatisch. Bundesbankchefs sitzen in Notenbanksitzungen mittlerweile ziemlich allein mit ihren Positionen. Da stimmt vielleicht doch bei uns etwas nicht. Natürlich musste eine Notenbank früher keine Staatsanleihen kaufen, in Panikzeiten kann das aber nötig sein. Da hilft es wenig, stoisch auf Regeln aus Schönwetterzeiten zu verweisen. Es braucht stattdessen neue Antworten aus der Ökonomie. […]
    Nötig wäre in den Wirtschaftswissenschaften noch viel mehr von dem Wettbewerb, den die Ökonomen anderen so gern empfehlen. Und vielleicht auch mehr Praxistests. In den USA gehen renommierte Wissenschaftler nur für wenige Jahre in den Council of Economic Advisors des Präsidenten. Danach kehren sie wieder an die Universität zurück. Das allein ist natürlich kein Wundermittel, und es ist auch nur ein Beispiel. Es hat aber den Vorzug, dass es nicht so oft dieselben sind, die die Debatte bestimmen. Die Chancen auf neues Ideengut ist umso größer.
    Quelle 1: Süddeutsche
    Quelle 2: WirtschaftsWunder
  6. Klägliches Ende
    Mag die Wut über die Unnachgiebigkeit der kommunalen Arbeitgeber noch so groß sein: Der Streik im Erziehungs- und Sozialdienst ist beendet. Daran wird auch die Mitgliederbefragung von Verdi nichts mehr ändern. Weil die Gewerkschaftsspitze um Frank Bsirske es so will. Die tiefe Enttäuschung der Beschäftigten, die wochenlang aufopferungsvoll für die Aufwertung ihrer Berufe gekämpft haben, nimmt sie dabei billigend in Kauf. […]
    Was auf der Streikdelegiertenkonferenz stattgefunden hat, ist eine kleine Revolution: Die Basis ist ihrer Führung nicht gefolgt. Der Kita-Streik hat den Beschäftigten im Erziehungs- und Sozialdienst das Selbstbewusstsein gegeben, sich nicht mit Brosamen abspeisen zu lassen. Sie haben sich von Bsirske nicht etwas als Erfolg verkaufen lassen, was keiner ist.
    Quelle: Pascal Beucker in der taz

    dazu: Streikziel verfehlt
    Verdi hat es nicht geschafft, im Tarifkonflikt den Frauenberuf „Erzieherin“ aufzuwerten. Die Verärgerung der Streikenden ist nachvollziehbar. […]
    Wenn die Gewerkschaften das Ergebnis annehmen, hätten sie einen Teil ihrer Mitglieder verkauft, um nach einem kräftezehrenden Arbeitskampf ein gesichtswahrendes Ergebnis vorweisen zu können. Dafür haben aber die wenigsten gestreikt. Dass sie weiter kämpfen wollen, ist folgerichtig. Damit „richtig was rauskommt“.
    Quelle: taz

    Anmerkung André Tautenhahn: Dabei war die Strategie zu Beginn des Arbeitskampfes goldrichtig, in dem der Protest unter das für jedermann verständliche Motto „Soziale Berufe aufwerten“ gestellt wurde und somit die Sympathie der Öffentlichkeit erobert werden konnte. Die sonst so übliche Diskussion um abstrakte Lohnforderungen trat dahinter zurück. Doch ver.di schmiss das aufgehende Konzept mit der Entscheidung, in die Schlichtung einzutreten, zum Ärger der Beschäftigten einfach über Bord. Die fragten sich vor wie auch nach der Schlichtung, wofür sie eigentlich gestreikt haben. Zu Recht.

  7. Post-Streik: 60 von 100 Briefen zu spät
    Seit drei Wochen bestreikt die Gewerkschaft ver.di die Deutsche Post, gut 26.000 Mitarbeiter in den Briefzentren und der Zustellung sind im Ausstand. Ende? Offen! Die Konzernführung behauptet, dass trotzdem nur jeder fünfte Brief verspätet ankommt. Stimmt das? NDR Info hat in den vergangenen Tagen die Stichprobe gemacht. […]
    Die Angabe der Post, dass nur 20 Prozent der Briefe verspätet seien, beruht nämlich nicht auf Stichproben, sondern auf Rechen-Annahmen, sagt Hogardt: “Die Zahl ist errechnet. Ich denke, dass die Kollegen, die das tun, auch genügend Sachverstand haben, um uns diese Zahlen zur Kommunikation geben zu können.”
    Zumindest in der NDR Info Stichprobe haben Rechnung und Realität auf jeden Fall wenig miteinander zu tun.
    Quelle: NDR Info

    Anmerkung AT: Klarer Fall für die Kommunikationsabteilung der Post. Wenn die Realität nicht zu den seriösen Berechnungen, Verzeihung, Annahmen passt, muss etwas mit der Realität nicht stimmen.

    dazu: Studenten wollen Post-Streik in Hamburg nicht brechen
    Die Post hatte in der Hamburger Universität mit Job-Angeboten um schnell verfügbare Zusteller unter den Studenten geworben – doch die entsprechende Anzeige wurde vom AStA nach Hinweisen entfernt.
    Quelle: Welt Online

  8. Jobcenter darf Hartz IV nicht pauschal kürzen
    Eine Angestellte verzichtete auf die deftige Pausenverpflegung ihres Betriebs und bekam deswegen vom Jobcenter weniger Hartz-IV-Leistungen. Dagegen klagte die Frau vor dem Sozialgericht. Und dieses gab ihr Recht.
    Quelle: Tagesspiegel
  9. Mitarbeiter der Jobcenter sind keine Idioten
    Mit großem Entsetzen und Wut haben wir die neueste Ausgabe der internen „Propagandazeitung“ „Dialog“ zur Kenntnis genommen. Es ist so gekommen, wie wir geahnt haben: Gehirnwäsche wie immer, erneut werden Missstände verleugnet und die Vorstände Weise, Alt und Becker vertuschen ihre Fehler. […]
    Das fatale an der BA ist, dass sie eine sich selbst verwaltende Behörde ist. Es fehlen unabhängige Kontrollorgane (keine Politiker). Die drei in Nürnberg können machen was sie wollen – ihr Versagen und ihre Skandale vertuschen. Die BA ist kein privates Hobby für Weise; aber genauso stellt es sich dar. Der Öffentlichkeit wird der Dienstleister Nr. 1 vorgetäuscht, intern jedoch brodelt es gewaltig. Egal ob Arbeitsvermittler, Berufsberater, Leistungsabteilungen, INGA-Team – alle berichten von Missständen, Quotendruck und haben unendlich viele Beispiele, wie Menschen vernachlässigt werden – alles im Sinne der Zielerreichungen. […]
    Wir distanzieren uns aufs aller Schärfste von den getätigten Behauptungen der Herren Weise, Alt und Becker und fordern die Behördenleitung auf in Zukunft diese subtile Gehirnwäsche zu unterlassen. Wir sind keine Idioten, wir arbeiten nicht in einer Sekte, sondern in einer Behörde mit einem eigentlichen sehr verantwortungsvollen, politischen Auftrag. Nämlich Menschen in Arbeit (von der man leben kann) zu bringen und pünktlich deren zustehende Leistungen auszuzahlen. Menschen zu beraten und ihre eventuellen Vermittlungshemmnisse zu beseitigen. Unser Auftrag lautet nicht: Arbeitslosenzahlen und Statistiken zu fälschen, Millionen an Steuergeldern zu verschwenden und die Menschen in die Zeit- oder Leiharbeit zu (er) pressen. Auch wollen wir keinen massiven Fachkräftemangel produzieren, Skandale vertuschen, der Öffentlichkeit eine heile Welt vorspielen und das Denken einstellen. Wir sind alle erwachsene Mitarbeiter in den Agenturen und Jobcentern und keine Kindergartenkinder, denen Weise, Alt, Becker und ihre „Führungskräfte“ Märchen erzählen müssen. Wir machen schließlich die Arbeit an der Basis und wissen wohl am besten was wie läuft.
    Wir distanzieren uns ebenfalls von den monatlich falsch angegebenen Arbeitslosenzahlen. Diese entsprechen in keinster Weise der tatsächlichen Wahrheit! Beraten müssen wir auch die nicht genannten Menschen.
    Quelle: altonabloggt
  10. Doppelmoral par excellence: Frankreich verabschiedet Geheimdienstgesetz und beschwert sich über NSA-Spionage
    Kurz nach den Wikileaks-Enthüllungen darüber, dass die französische Staatsspitze jahrelang von der NSA abgehört wurde, beschloss der französische Senat, das Oberhaus des Parlamentes, nach minimaler Beratungszeit neue Überwachungsgesetze. 24 Stunden später folgte die Zustimmung der Nationalversammlung.
    Das Gesetz sieht massive Erweiterungen von Überwachungskompetenzen für Geheimdienste vor. Etwa eine Verpflichtung der Provider, Black Boxen in ihren Rechenzentren aufzustellen, die Kommunikationsmetadaten mitschneiden und mit vorher eingestellten Filtern nach „auffälligen“ Mustern suchen.
    Quelle: netzpolitik.org
  11. Polen will nur christliche Flüchtlinge aufnehmen
    Polen ist eines der Länder, die gegen eine Quotenregelung sind, nach der Flüchtlinge auf andere EU-Länder verteilt werden sollen. Auch möchte das Land nur bestimmten Flüchtlingen helfen. […]
    Am Donnerstag verhandelten in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder unter anderem über die Frage, wie mit den vielen Flüchtlingen zu verfahren sei, die in Griechenland und Italien ankommen. 40.000 Menschen aus Syrien und Eritrea sollen auf die Länder der EU verteilt werden. Dabei sollte ein Verteilungsschlüssel angewandt werden, der Faktoren wie das Bruttoinlandsprodukt, die Arbeitslosigkeit und die Bevölkerungsanzahl berücksichtigt. Polen sollte demnach rund 2700 Flüchtlinge aufnehmen. Zum Vergleich: In Deutschland wurden im Jahr 2014 über 200.000 Anträge auf Asyl gestellt. Schon beim letzten Treffen des Europäischen Rates verkündete Polen jedoch, es sei gegen die Quote. Ja, man werde Flüchtlinge aufnehmen, aber nur freiwillig und keine bestimmte Anzahl, die dem Land aufgezwungen werde.
    Kurz zuvor hatte Ministerpräsidentin Ewa Kopacz allerdings verkündet, dass Polen 60 christliche syrische Familien aufnehmen werde. Auf lange Sicht sollen bis zu 150 christliche Familien aus Syrien in Polen Zuflucht vor dem IS bekommen. Kopacz erklärte diesen Schritt ihrer Regierung mit den Worten: “Christen, die (in Syrien) auf barbarische Weise verfolgt werden, verdienen es, dass ein christliches Land wie Polen ihnen hilft.”
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung André Tautenhahn: In der Flüchtlingsdebatte zeigt sich das Europa ebenfalls als ein zerstrittener Haufen. Dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi soll in den heutigen Morgenstunden beim EU-Gipfel der Kragen geplatzt sein. Er wird mit den Worten zitiert:

    “Wenn Ihr mit der Zahl von 40.000 nicht einverstanden seid, verdient Ihr es nicht, Europa genannt zu werden. (…) Wenn das Eure Vorstellung von Europa ist, dann könnt Ihr es lassen. Entweder es gibt Solidarität – oder verschwendet nicht unsere Zeit.”

    Angela Merkel sonderte dagegen mit der Bemerkung, dass es eine sehr engagierte Diskussion gegeben haben, mal wieder eine ihrer berüchtigten narkotisierenden Sprechblasenwolken ab. Die Flüchtlingsströme sind übrigens eine direkte Folge der katastrophalen EU-Außenpolitik. Über die wird in Brüssel allerdings weder geschimpft noch irgendwie engagiert diskutiert.

  12. Nicht nur gegen Russland
    Bundeswehrkreise fordern eine Ausweitung der militärischen Aktivitäten Deutschlands im Indischen Ozean. Das Weltmeer zwischen Ostafrika und Südostasien respektive Australien sei das wichtigste Meer für den aktuellen Welthandel, heißt es in einer Analyse dreier Politikwissenschaftler von der Münchener Bundeswehr-Universität. Es werde den Atlantik als zentrales Weltmeer ablösen und der “Ozean des 21. Jahrhunderts” sein. Entsprechend müsse Deutschland dort stärker aktiv werden – auch militärisch, zunächst etwa durch gemeinsame Manöver mit Anrainerstaaten. Bislang sei die Bundeswehr nur in Djibouti im Westen des Indischen Ozeans dauerhaft präsent; das sei zu wenig. Das Plädoyer, parallel zum Machtkampf gegen Russland einen weiteren Schauplatz militärischer Aktivitäten zu eröffnen, knüpft an bestehende Tätigkeiten der Bundesrepublik an, etwa an die verstärkte Aufrüstung ost- und südostasiatischer Konkurrenten der Volksrepublik China. Wie der neue Rüstungsexportbericht der Bundesregierung zeigt, der Mitte dieser Woche veröffentlicht wurde, bilden Ost- und Südostasien schon jetzt einen Schwerpunkt deutscher Aufrüstungspolitik: Unter den Top Ten der Käufer deutschen Kriegsgeräts befinden sich vier Staaten der Region – aber lediglich zwei NATO-Mitglieder.
    Quelle: German Foreign Policy
  13. Bundeswehr bleibt länger in Afghanistan als geplant
    Die Bundesregierung stellt sich darauf ein, dass die Bundeswehr länger im Norden Afghanistans bleibt als bislang geplant. Dies geht nach SPIEGEL-Informationen aus Überlegungen im Verteidigungsministerium und im Auswärtigen Amt hervor. US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatte auf seiner Europareise in dieser Woche in internen Gesprächen erklärt, er wolle unter den Truppenstellern “keine Aufbruchstimmung aufkommen lassen”.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung AT: Keine Aufbruchstimmung aufkommen lassen. Nach 14 Jahren Krieg? Damit erscheinen die Abzugspläne als reine Show.

  14. Kraft knöpfte sich die Abweichler in der SPD einzeln vor
    In der Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung ist es innerhalb der NRW-SPD offenbar zu größeren Auseinandersetzungen gekommen als bislang bekannt. Ministerpräsidentin und Landeschefin Hannelore Kraft soll sich am Rande des Parteikonvents in Berlin einzelne Landtagsabgeordnete vorgeknöpft haben, die gegen den Antrag der SPD-Spitze gestimmt hatten. […]
    Innerhalb der Landtagsfraktion sind die angeblichen Drohungen der Landeschefin seit Tagen Gesprächsthema. Man könne nicht öffentlich von der guten „Diskussionskultur“ in der SPD schwärmen und die Konvent-Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung freigeben, intern hingegen zur „politischen Einzelbeatmung“ der Kritiker schreiten, heißt es verbittert.
    Quelle: Der Westen

    dazu: Liebe Sozialdemokraten
    In den Jahren unter SPD-Regierungsbeteiligung war Ihre Partei u.A. bereits für drastische Rentenkürzungen, eine steuerliche Umverteilung von unten nach oben und die Privatisierung großer Bereiche der Öffentlichen Daseinsvorsorge verantwortlich. Die letzten Entscheidungen waren die vorgesehene Einschränkung des Streikrechts und der Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung. Es sind keine oder nicht mehr viele alte sozialdemokratische Ideale übrig, die von Ihrer Parteispitze verraten und teilweise ins Gegenteil umgekehrt wurden. Wie lange wollen Sie sich noch von der Führung Ihrer Partei vorführen und demütigen lassen. […]
    Ihr Bundesjustizminister Heiko Maas ist persönlich gegen die Vorratsdatenspeicherung und schreibt trotzdem den Gesetzesentwurf, nachdem er aus dem Radio von seinem Parteivorsitzenden und Vizekanzler erfahren durfte, dass sie doch umgesetzt wird – und er bleibt im Amt.
    Warum schicken Sie ihre Parteiführung, Ihre Ministerinnen und Minister und Ihre rechten Flügel, Seeheimer Kreise und Arbeiterverräter nicht in die üppige Rente.
    Politik braucht Alternativen. Und die gibt es nicht. Ihre Partei ist keine Alternative sondern nur eine Variation konservativer Machtpolitik. Sie ist so, wie sie jetzt ist, nur Mehrheitsbeschaffer für eine Unions-geführte Bundesregierung und damit überflüssig.
    Quelle: Martin Betzwieser auf der Freitag

  15. Antisemiten live
    Kirill Petrenko, der designierte neue Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, gibt keine Interviews mehr. Nicht, dass er nichts zu sagen hätte. Doch wie „Welt“ und NDR über Kirill Petrenko berichten, ist unfassbar. […]
    Petrenko ist besonnen, schlagfertig, gescheit, leidenschaftlich, hochbegabt, er spricht außer Russisch und Englisch auch fließend Deutsch, hat Charisma und weiß, was er will. […]
    Doch gleich in die ersten Gratulationen nach der Wahl mischt sich Unappetitliches aus der Quotenjägergerüchteküche. Als gäbe es beim Radio gar keine Redakteure mehr, die offen antisemitische Entgleisungen bemerken und verhindern könnten, spekuliert eine NDR-Kommentatorin über das etwaige Konkurrenzverhältnis zwischen Petrenko und seinem Dirigentenkollegen Christian Thielemann und vergleicht, da die beiden ja demnächst wieder in Bayreuth auftreten werden, den einen, Thielemann, als „Experten deutschen Klanges“ mit Wagners nobler Wotan-Figur, den anderen, Petrenko, mit der Figur des Alberich, dem „winzigen Gnom, der jüdischen Karikatur“.
    Proteste werden rasch abgewiegelt: Eine Gleichsetzung sei „keineswegs beabsichtigt“ gewesen. […] Wollten die Autoren nicht sagen, was sie gesagt haben? Ja, warum haben sie es dann gesagt? Weil Nazis, Weiber, Gier, Macht und so weiter Clicks und Quote bringen? Und wegen der Geschichtsvergessenheit. Und, weil das so schnell wieder zu löschen ist: Upps! Tschuldigung! Das ist vielleicht das Ekelhafteste dran.
    Quelle: FAZ
  16. Zu guter Letzt: Wie Glenn Greenwald mal versuchte, mit Julian Reichelt zu diskutieren
    Gestern haben Bild.de-Chef Julian Reichelt, der Journalist Glenn Greenwald (der in Zusammenarbeit mit Edward Snowden die NSA-Spähaffäre publik machte) und „Spiegel“-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer per Twitter so eine Art Diskussion geführt, bei der man viel lernen konnte, vor allem über Julian Reichelts Unfähigkeit zu lesen — beziehungsweise über seinen unbändigen Willen, sämtliche Fakten zugunsten der eigenen Realitätsverzerrung misszuverstehen.
    Wir haben das Hin-und-Her mal (so gut es ging) nachgezeichnet und uns ein paar Aussagen etwas genauer angeschaut.
    Vorab: Im Kern dreht sich die Unterhaltung um zwei Dinge. Erstens um die jüngsten Wikileaks-Enthüllungen zur Überwachung französischer Politiker und zweitens um die „Spiegel“–Geschichte vom Oktober 2013, in der erstmals bekannt wurde, dass Angela Merkels Handy (offenbar) abgehört wurde.
    In beiden Fällen geht es um die Frage, ob die Enthüllungen auf den Dokumenten von Whistleblower Edward Snowden beruhten. In beiden Fällen behauptet Julian Reichelt: ja, Snowden sei die Quelle. Und in beiden Fällen scheitert er immer wieder daran, seine Version zu belegen, und ist immer wieder der einzige, der das einfach nicht verstehen will.
    Quelle: BILDblog

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