Leserbriefe zu unserem Artikel „Die Spiele mögen beginnen“

Jens Berger
Ein Artikel von:

Am vergangenen Mittwoch kommentierten wir die konstituierende Sitzung des Bundestages und die fragwürdigen Reaktionen, die sich wieder einmal nur um die AfD drehten und inhaltliche Fragen weitestgehend ignorierten. Dazu erhielten wir einige konstruktive Leserzuschriften, von denen wir Ihnen zwei vorstellen wollen. Wir erhielten jedoch auch Zuschriften von Lesern, die unsere kritische Betrachtung des AfD-Politikers Glaser nicht ganz nachvollziehen konnten. Eine dieser Zuschriften haben wir samt Antwort auch für Sie zusammengestellt.

Unser Leser T. M. schrieb uns …

Ich habe mich oft gefragt, was dieses auffällig alberne Theater um die AfD soll. Man muss dabei – wie immer – die hintergründige Frage stellen: Wem nützt es?

Meine These ist: Die von Merkel in den letzten zehn Jahren Schritt für Schritt installierte, längst kultivierte und seitdem als alternativlos bekannte Politik hinter verschlossenen Türen sichert sich u. a. auf diese Weise weitere Jahre ungestörten Wirkens. Dies ist insbesondere wichtig, da man möglicherweise (das weiß ja noch niemand genau) zwei unbequeme Koalitionspartner hat, die es einem in Sachfragen zumindest schwerer machen könnten.

Man bläst also einen Tyrannosaurus in Lebensgröße auf und stellt ihn in den Sitzungssaal. Sollen sich ruhig vor aller Augen aufrichtige Demokraten nun unter Schäubles kluger Lenkung wortstark an der AfD abarbeiten, für den politischen Diskurs (die sog. “Themen”) bleibt dann zum Glück weniger Gelegenheit. Den Unions-Postdemokraten kommt das gerade Recht, um im Stillen weiter ihr Süppchen zu kochen. Die Grünen und Gelben werden das noch merken (und wenn nicht, dann verrät es ihnen der Scheuer mal auf dem Klo während einer gemeinsamen Pinkelpause). Die AfD ist ein willkommener Garant für Unruhe an der falschen und Ruhe an der richtigen Front. Es würde mich gar nicht wundern, wenn man der AfD sogar ein paar Angriffsflächen bietet, an denen sie ihre Jagden starten kann.

Es ist ja ferner so, dass die Kritikpunkte, die von der AfD aufgegriffen werden, tabu sind für andere, d. h. für die Linken und für die SPD, die ekeln sich ja aus Prinzip vor den Rechten. Die AfD spaltet also auch wirksam die Opposition, und das ist eine der ganz wesentlichen Funktionen, die die AfD im Bundestag haben wird.

T. M.

Unser Leser Fred Schumacher schreibt uns Folgendes …

Sehr geehrter Herr Berger,

ich muss Ihnen zu 100 Prozent zustimmen. Das wirkte gestern auf mich wie ein einstudiertes Schauspiel folgenden Inhalts: Dem Publikum wird eine Regierung im Werden vorgespielt, die tatsächlich einer beachtenswerten Opposition gegenüberstehe, nämlich der AfD. Alle Vertreter der großen Parteien haben ihre Rolle gut auswendig gelernt und aufgesagt, die Politikdarsteller der AfD auch. Dass außer der Linken alle anderen dem Neoliberalismus und dessen gefährlichen (bis hin zu Kriegen auf der ganzen Welt) Auswirkungen bedingungslos ergeben sind, geht unter und das ist ja genau der Zweck des Schauspiels.

Das muss doch eigentlich jeder Mensch erkennen, der zumindest irgendwann mal fähig war, das kleine Einmaleins zu lernen. Oder erwarte ich zu viel von anderen?

Mit freundlichen Grüßen
Fred Schumacher

Wir erhielten jedoch auch zahlreiche Zuschriften, die unsere Kritik an Albrecht Glaser nicht nachvollziehen konnten oder Glasers Zitat verteidigten. Stellvertretend dafür hier eine Zuschrift von unserem Leser R. Maschurke …

Sehr geehrter Herr Berger,

in Deutschland haben weder das Christentum, noch das Judentum und auch nicht der Islam, ein Grundrecht auf Religionsfreiheit. Diese Religionsfreiheit genießen ausschließlich Personen, also Christen, Juden und Muslime. Und genauso wie man beispielsweise die in vielen Ländern anerkannte Religionsgemeinschaft Scientology in Deutschland unter ‘Kuratel’ stellen kann, so könnte (!!!) man dies selbstverständlich auch mit dem Islam machen.

Und nichts anderes hat Albrecht Glaser gefordert. Damit mögen Sie ja nicht einverstanden sein – und darüber kann man sicher auch diskutieren. Die Frage ist nur, ob dies Ihre Intention war – und nicht vielmehr eine Verunglimpfung, die doch eigentlich nicht Ihrem Niveau entspricht.

Freundliche Grüße
R. Maschurke

Das ist so nicht richtig. Artikel 4 Grundgesetz garantiert die „Freiheit des Glaubens“ und die „ungestörte Religionsausübung“. Wenn der AfD-Politiker Glaser von einem Entzug des Grundrechts der Religionsfreiheit spricht, wendet er sich gegen eine Anwendbarkeit von Artikel 4 auf die islamische Religion. Doch in einem Punkt hat der Leser durchaus Recht. Das Grundrecht bezieht sich ja gerade auf die Gläubigen und spätestens hier wird Glasers Zitat vollkommen abstrus, da er ja den Entzug der Religionsfreiheit explizit damit begründet, dass „der Islam“ dort „wo er das Sagen hat”, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Mit der gleichen „Logik“ könnte man in Deutschland lebenden Chinesen das Recht auf Meinungsfreiheit absprechen, da es in China ja keine Meinungsfreiheit nach unseren Vorstellungen gibt. Absurd.

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