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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Kein Konzept, keine Zukunft
  2. Chamäleon im Nebel
  3. Ein Mix aus Macron und Weidel
  4. SPD im strategischen Dilemma
  5. Portugal zahlt erneut IWF-Schulden frühzeitig zurück
  6. Spanische Regierung soll “Tote auf Straßen Kataloniens angedroht” haben
  7. 120.000 Todesfälle mehr seit Kürzungspolitik
  8. Sachverständigenrat: Vier »Staatsfeinde« am Werk
  9. Beispiel Deutschland: die Folgen eines ausgehöhlten Kollektivvertragssystems
  10. Warum ein Jobcenter von einem Bettler ein Einnahmenbuch verlangt
  11. Neue Ära für die Landwirtschaft – oder veraltetes Modell?
  12. Das Bundesverfassungsgericht und die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im Grundsicherungssystem
  13. Knapp 350.000 Menschen in Afghanistan auf der Flucht
  14. G20-Hamburg: Mitgefangen – mitgehangen
  15. #CorbynEinladen!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Kein Konzept, keine Zukunft
    Das Scheitern von Jamaika ist weniger schlimm als die Tatsache, dass in Deutschland die große Mehrheit der gewählten Politiker keinerlei Konzept für das Regieren hat. Das ist die historische Chance für eine neue Linke. […]
    Kommt es zu Neuwahlen, und das ist jetzt trotz aller rechtlicher Hindernisse das wahrscheinlichste Ergebnis, bietet sich für die Linke insgesamt eine einmalige Chance. Dazu ist aber ein vollkommenes Umdenken in Sachen Partei und Parteigrenzen nötig: Vergesst eure komischen Parteien! Was jetzt gefragt ist, ist eine Koalition der linken Kräfte, die sich schon vor der Wahl bildet und dem Wähler eine realistische Regierungsperspektive bietet. Das ist schon deswegen attraktiv, weil die Rechte total zersplittert ist und selbst die CDU eine „gute Chance“ hat, bei der nächsten Wahl unter dreißig Prozent zu fallen.
    In dieser Lage könnte eine vereinte Linke (schon mal ein guter Name!) mit einem pragmatischen und wirtschaftspolitisch zugleich mutigen Konzept den Bürgern ein Angebot machen, das unschlagbar ist. Denn das Beste, auf das man sich sofort und schnell einigen kann, ist die Tatsache, dass (wie hier gezeigt) fast beliebig viel Geld da ist, mit dem Deutschland in vier bis acht Jahren nicht nur zu einem der sozialsten, sondern zugleich auch zu einem der modernsten Länder in technischer und ökologischer Hinsicht umgestaltet werden kann. Zudem könnte Deutschland mit einem Schlag die europäische Krise lösen und den Entwicklungsländern eine wirkliche Perspektive bieten, weil man mehr Geld endlich mit mehr Sachverstand und weniger sturem Neoliberalismus verbinden könnte.
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop
  2. Chamäleon im Nebel
    Muslime schelten, Griechenland schimpfen, Flüchtlinge abschieben – im Windschatten der AfD hat sich die FDP als akzeptabler wie flexibler Ersatz etabliert.
    Die FDP ist wieder da. Union und SPD reißen sich um sie, Medien gieren nach Interviews und der Psychologe Stephan Grünewald registriert eine „regelrechte Lindner-Verliebtheit“ in der Bevölkerung. Gemessen an ihren Werbespots ist die FDP die derzeit modernste, professionellste und am cleversten gestylte deutsche Partei. Die von der Berliner Werbeagentur „Heimat“ betreute, von den Springer-Zeitungen eifrig unterstützte FDP-Kampagne präsentiert eine ganz auf den jungen Spitzenkandidaten zugeschnittene One-Man-Show: Christian Lindner als einsamer Held, der mutig und unverdrossen anrennt gegen all die Bedenkenträger, Miesmacher und Bremser, welche die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gefährden.
    Man könnte die Image-Politur – mit Blick auf die französischen Wahlen – eine Macronisierung der FDP nennen: Der jungenhafte Parteivorsitzende Lindner, 38, kopiert den erfolgreichen Wahlkämpfer Emmanuel Macron, 39. Dessen Optimismus und Selbstbewusstsein überträgt er eins zu eins auf die „neue FDP“. Und wie sein Vorbild Macron ist Lindner politisch offen für alle: ein überparteilich auftretender Wahlkämpfer, der die vorgeblich rundumerneuerte FDP sowohl als dynamische Alternative zu den Stillstandsparteien der Regierung präsentiert, als auch scharf abgrenzt gegen die links-grünen Oppositionsideologen. Lindner positioniert die FDP auf diese Weise geschickt als reine Zukunftspartei jenseits von CDU, SPD, Grünen und Linken, und er setzt dabei – aus strategischen Gründen – auf Schwerpunkte, die mit allen Parteien kompatibel sind: Digitalisierung, Bildung, Entbürokratisierung. Auf diesen Feldern kann er höchstmögliche Dynamik versprechen, ohne jemals konkret werden zu müssen. Im Koalitionsvertrag mit der NRW-CDU heißt es etwa forsch, man werde ein „Entfesselungsgesetz mit Sofortmaßnahmen zum Abbau unnötiger Bürokratie“, ein „bürokratiearmes Innovationsbeschleunigungsgesetz“ und ein ideologiefreies „Investitionsbeschleunigungsgesetz“ vorlegen. Gegen so viel Sturm und Drang kann kein zukünftiger Koalitionspartner ernsthaft etwas einwenden.
    Quelle: Freitag

    Anmerkung JK: Die FDP wurde nicht allein durch die Springer-Blätter hoch und in den Bundestag geschrieben. Faktisch alle „Qualitätsmedien“ haben sich daran beteiligt. Vorne mit dabei die diversen Talkshows der öffentlich-rechtlichen in der Vertreter der FDP, obwohl nicht im Bundestag vertreten, regelmäßig zu entsprechenden Talkrunden eingeladen wurden.

  3. Ein Mix aus Macron und Weidel
    Koalition Der Abgang der FDP aus den Sondierungsgesprächen wirkt nicht wie ein spontaner Akt – und lässt die Grünen vorgeführt dastehen.
    Alles nochmal von vorne, wäre das nicht schön? Ein Wahlkampf, der sich ganz dem Kampf gegen die Zivilisations-Bedrohung Klimawandel widmet, der grassierenden Steuervermeidung der Reichen und den ungeklärten Fragen nach Rente wie Pflege. Woher aber soll dieser Wahlkampf kommen?
    Die Grünen fallen aus als Akteur, der sich für einen solchen Wahlkampf empfiehlt, weil er wacker für Klimaschutz wie das Grundrecht auf Asyl gekämpft hat und am Ende doch an CSU wie FDP gescheitert ist, Prinzipien und Haltung hätte aufgeben müssen für eine Koalition und sich entschied, dies am Ende nicht zu tun. Man könne es auch gerne “eine Haltung des Patriotismus nennen”, hat Cem Özdemir über die Kompromissbereitschaft, über die Selbstaufgabe der Grünen in den Sondierungen gesagt. Sollte es zu Neuwahlen kommen: warum kein gemeinsames schwarz-grünes Wahlbündnis?
    “Teheran Tabu” feierte als provokanter, gesellschaftskritischer Animationsfilm seine Weltpremiere bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Die deutsch-österreichische Koproduktion ist das Spielfilmdebüt des gebürtigen Iraners Ali Soozandeh, der in Deutschland lebt und auch das Drehbuch schrieb
    “Prinzipien” und “Haltung” führt stattdessen FDP-Chef Christian Lindner ins Feld für den Rückzug seiner Partei aus den Sondierungsgesprächen mit CDU, CSU und Grünen. Dieser Rückzug folgt dem Muster des vermeintlich empörten, vermeintlich aufrechten Abgangs, wie ihn Alice Weidel für die AfD kultiviert hat. Wahlkampf-Talkshow oder Regierungsbildung: nichts ist heute mehr gefeit vor Inszenierung. Das ist das Erbe einer Ära, in der Grundätzliches immer in die Zukunft vertagt und nie ausgefochten wurde. Es geht jetzt nicht um dieses Grundsätzliche, den Klimawandel etwa oder die Ungleichheit. Es geht um den Gestus einer Partei, die inhaltlich für nichts steht denn die Priviligierung der Besitzenden und nun den großen Tabu-Brecher mimt.
    Quelle: Freitag
  4. SPD im strategischen Dilemma
    Nach dem Manöver von Christian Lindner befindet sich auch die SPD weiterhin im strategischen Dilemma. Hatten die Sozialdemokraten doch inständig gehofft, dass Jamaika irgendwie zustande kommt. Erklärtes Ziel war es ja, die „Koalition des Misstrauens“ dann scharf zu kritisieren. Doch daraus wird jetzt nichts.
    Das Verhalten der SPD bleibt lächerlich. Wie den Äußerungen aus der Partei- und Fraktionsspitze bislang zu entnehmen war, zog man ein Scheitern der Jamaika-Sondierungsgespräche nicht einmal in Betracht. Immer wieder sagten Schulz und Co, Union, FDP und Grüne würden sich schon einigen. Nun kam es aber anders und der SPD fehlt mal wieder der Plan. Sie fordert stumpfsinnig Neuwahlen, in der Hoffnung, dafür vom Wähler auch noch belohnt zu werden. (…)
    Die Strategen im Willy-Brandt-Haus könnten natürlich auch die gleiche absurde Nummer abziehen wie beim letzten Mal und bis zum Wahltag behaupten, sie würden schon stärkste Kraft, zu der dann jeder eingeladen sei, der mit der SPD über eine gute Regierung für Deutschland verhandeln wolle. Wie man es auch dreht und wendet. Es bleibt ein Dilemma. Was fehlt, sind die Rücktritte. Benötigt werden keine Neuwahlen, durch die eine AfD nur noch stärker würde, sondern eine personelle und inhaltliche Erneuerung auf Seiten der Wahlverlierer.
    Quelle: TauBlog

    Anmerkung JK: Schlimmer kann es für die SPD in der Tat nicht kommen. Diese hat bei Neuwahlen nichts anzubieten außer einen katastrophal gescheiterten Martin Schulz und die nach wie vor an den Schalthebeln sitzende neoliberale Niedersachsen-Connection. Andererseits ist bei Neuwahlen nicht mit einem wesentlich anderen Ergebnis, als dem aktuellen zu rechnen. Dies würde der SPD die Gelegenheit geben dann doch in eine neue große Koalition einzutreten – wenn das Vaterland in Not ist, ist die Sozialdemokratie stets zur Stelle.

  5. Portugal zahlt erneut IWF-Schulden frühzeitig zurück
    Die stabile und prosperierende Lage unter der Linksregierung mit ihrer Anti-Austeritätspolitik erlaubt es dem Land, erneut frühzeitig fast drei Milliarden zurückzuzahlen. (…)
    Damit hat Portugal erneut bewiesen, dass es auch anders geht. Mehr als drei Viertel der 26 Milliarden Euro, die das Land im Rahmen des Rettungsprogramms vom IWF erhalten hatte, wurden nun verfrüht zurückgezahlt. Das Land will sich so schnell wie möglich aus dem teuren Würgegriff des IWF undaus der Schuldenfalle befreien. Deshalb werden die frühzeitigen Rückzahlungen auch im kommenden Jahr fortgesetzt, sagte Finanzminister Mário Centeno. Dem IWF mit seinen absurden Programmen, die auch Portugal schwer Schaden zugefügt haben, sollen Einflussmöglichkeiten auf die Politik genommen werden.
    Möglich werden die Rückzahlungen, da die Wirtschaft des Landes stabil wächst, getragen auch von Binnenkonsum. Die Arbeitslosigkeit fällt und fällt, womit Steuereinnahmen steigen und Ausgaben des Staates sinken. Inzwischen liegt die Arbeitslosenquote in Portugal mit 8,6%, unter dem Durchschnitt im Euroraum und steht sogar besser da als Finnland. Portugal holt auch Auswanderer zurück.
    Deutlich mieser stehen die Austeritätsländer da: Frankreich mit 9,7%, Zypern 10,3%, Italien 11,1% und abgeschlagen kommen die Austeritätsfanatiker aus Spanien auf 16,7% und Griechenland sogar auf 21%.
    Diese sinnvolle portugiesische Politik hat die frühzeitigen Rückzahlungen möglich gemacht, denn das Land hat – anders als in Spanien unter den Postfaschisten – sein Defizit im Griff. Das Defizit wurde 2016 nicht nur unter die Stabilitätsmarke von 3% gedrückt, sondern mit 2,1% im vergangenen Jahr sogar noch deutlich unter das Ziel der EU-Kommission. Spaniens Defizit lag 2016 mit 4,7% mehr als doppelt so hoch und wird auch 2017 weiter deutlich über der Stabilitätsmarke liegen, ohne dass man in Deutschland erneut nach Sanktionen schreit, wie man es im Fall Portugals getan hatte.
    Über die frühzeitigen Schuldenrückzahlungen werden etwa eine Milliarde an Zinskosten gespart. Das Geld steht wieder für Investitionen, Forschung und Sozialausgaben zur Verfügung stehen und es stärkt somit wiederum die Konjunktur.
    Inzwischen kommen nicht einmal mehr die großen Ratingagenturen umhin, den Würgegriff um Portugal zu lockern. Die hatten sich lange auf das Land eingeschossen, weil die Linksregierung den absurden Austeritätskurs aufgekündigt hatte. Nur der kleinen kanadischen DBRS war es zu verdanken, dass Portugal nicht erneut unter den Rettungsschirm geratet wurde, wie es der ehemalige deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble angekündigt hatte.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung JK: Der Beitrag wirft wieder ein bezeichnendes Licht auf die angeblich neutralen Ratingagenturen, die in der Realität Instrumente zur Durchsetzung des Neoliberalismus sind und wie beschrieben jede Regierung bzw. jedes Land, dass sich nicht der neoliberalen Agenda unterwerfen will durch Herabstufung fiskalisch unter Druck setzen können.

  6. Spanische Regierung soll “Tote auf Straßen Kataloniens angedroht” haben
    Die Unabhängigkeitsbewegung tritt auf drei verschiedenen Listen an, um ihre Mehrheit auszubauen
    Die friedliche katalanische Unabhängigkeitsbewegung wurde nach dem Unabhängigkeitsreferendum aus der spanischen Regierung mit massiver Gewalt und mit “Toten auf den Straßen” bedroht. Das hat die Generalsekretärin der Republikanischen Linken Katalonien (ERC) in einem Interview erklärt, das für große Aufregung in Spanien gesorgt hat. Es werde nicht mehr bei Gummigeschossen wie beim Referendum am 1. Oktober bleiben, obwohl auch die in Katalonien verboten sind. Es sei mit dem Einsatz von “scharfer Munition gegen die Zivilbevölkerung ” gedroht worden, sagte sie.
    Sollte es zu einer Unabhängigkeitserklärung und der Umsetzung kommen, habe die Regierung von Marianos Rajoy gegenüber dem katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont mit einem “Blutvergießen” und einem “Szenario extremer Gewalt und mit Toten” im Rahmen eines Militäreinsatzes gedroht. Mit Bezug auf “Daten aus belegten Quellen” erklärte die Nummer 2 der Partei, dass es sogar schon “Waffenlieferungen” gegeben habe. Die Quellen wollte sie noch nicht nennen, aber zu gegebener Zeit offen machen. Erstaunlich war, dass die spanische Verteidigungsministerin die Vorwürfe sofort als “völlig falsch” zurückwies. María Dolores de Cospedal erklärte weiter: “Es reicht jetzt, die Bevölkerung zu betrügen”. Das erstaunt vor allem deshalb, da es Cospedal war, die vor und nach dem Referendum immer wieder mit dem Einsatz des Militärs offen gedroht hatte.
    Quelle: Telepolis
  7. 120.000 Todesfälle mehr seit Kürzungspolitik
    120.000 Todesfälle soll es in Großbritannien aufgrund der Kürzungspolitik der Konservativen Regierung bereits gegeben haben – sagt eine aktuelle Studie. Die Autoren sprechen sogar von “ökonomischem Mord”.
    Kürzungen im Sozial- und im Gesundheitsbereich haben schwerwiegende Folgen – aber wie schwer diese wiegen, erstaunt selbst Experten. 2015 stellte man fest, dass sich in England und Wales seit 2010 die Mortalitätsrate um mehr als 5% erhöht hatte.
    Die Steigerung war zu groß, um zufällig zu sein. Daher machten sich die Forscher der Universität Oxford und der London School of Hygiene and Tropical Medicine auf die Suche nach den Hintergründen. Und fanden sie in der Kürzungspolitik der konservativen Regierung.
    Aufgefallen war ihnen, dass die Sterberate bis 2010 ständig gesunken ist, aber dann plötzlich hochging und sich weiters sogar beschleunigte. Statistische Analysen zeigten: Ursache konnten weder Grippeepidemien oder Infektionen sein. Ein auffallender statistischer Zusammenhang zeigte sich aber zwischen der Zunahme der Sterberate und den Einsparungen im Sozial- und Gesundheitsbereich.
    2010 bildeten die Konservativen und die Liberaldemokraten in England eine Koalition. Sie nahm sich das Ziel, Ausgaben zu senken und Sozialleistungen zu kürzen. Sie warnten vor dem drohenden Untergang, wenn England sein Defizit nicht bis 2015 abbaut. Massive Kürzungen waren die Folge, Sparwelle folgte auf Sparwelle: Das Wohngeld wurde gekürzt und gleichzeitig der öffentliche Wohnbau drastisch hinuntergefahren, enorme Kürzungen gab es bei der Arbeitslosenunterstützung und der Unterstützung von Menschen mit Behinderung.
    Statt dem Defizit sank aber nur der Lebensstandard der Menschen: Unter der Rechtsregierung hat England mehr Schulden angehäuft als unter jeder Labour Regierung zuvor.
    Quelle: Kontrast.at
  8. Sachverständigenrat: Vier »Staatsfeinde« am Werk
    Sicher ist die Berichterstattung der Medien über die jährliche Präsentation des Jahresgutachtens des Sachverständigenrates (SVR) skandalös, einmal weil die große Mehrheit der Medien nicht darüber informiert, dass es regelmäßig aus dem Kreis der Sachverständigen selbst eine umfangreiche »abweichende Meinung«, also ein Minderheitsgutachten gibt. …
    Die meisten JournalistInnen sind auch nicht in der Lage, diese Unterschiede und Kontroversen zu verstehen. Andere haben kein Interesse daran, eine keynesianisch begründete Sicht auf ökonomische Zusammenhänge und Prozesse bekannt zu machen. Sie halten diese Sicht schon deshalb für kurios, weil sie makroökonomische Zusammenhänge nicht verstehen. Als wirtschaftlicher Sachverstand gilt in der deutschen Politik und in den deutschen Medien der Tunnelblick des einzelnen Unternehmens auf den entsprechenden Markt.
    Diese Konzentration auf den mikroökonomischen Blick kann in dem Jahresgutachten 2017/18 (und den vorhergegangenen Gutachten) sehr klar erkannt werden. Nehmen wir zwei ganz entscheidende Felder der Wirtschaftspolitik: die Fiskalpolitik (Einnahmen und Ausgaben des Staates) und die Geldpolitik, hier die durch niedrige Zinsen expansive Geldpolitik der EZB.
    Beginnen wir mit der Fiskalpolitik. Hier konstatiert die Mehrheitsfraktion des Rats, dass die Haushaltsüberschüsse bei den Steuereinnahmen eine »zunehmende Belastung durch Steuern und Abgaben« anzeigen. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass mit diesen Haushaltsüberschüssen öffentliche Investitionen zur Sanierung der maroden staatlichen Infrastruktur finanziert werden sollen, eine Entscheidung, die auch den Unternehmen zugutekommt, sofern diese in gesamtwirtschaftlichen Größen denken können. Die Mehrheitsfraktion jedoch schlägt vor, die Privathaushalte und Unternehmen entsprechend zu entlasten. Einmal soll der aktuelle vieldiskutierte Solidaritätszuschlag »allmählich« abgeschafft werden, zum anderen sollen die Mehreinnahmen aus der sogenannten »Kalten Progression« den BezieherInnen mittlerer Einkommen zurückgegeben werden.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  9. Beispiel Deutschland: die Folgen eines ausgehöhlten Kollektivvertragssystems
    In Deutschland sind es vor allem drei Bereiche, die in der kapitalistischen Marktwirtschaft die Rechte der ArbeitnehmerInnen sichern sollen: (1.) das Arbeitsrecht als Schutzrecht gegenüber Ausbeutung und Willkür seitens der ArbeitgeberInnenseite, (2.) das selbstverwaltete und solidarische Sicherungssystem und (3.) das Koalitionsrecht bzw. die Tarifautonomie, also das Recht zum Abschluss von Tarif- bzw. auf gut Österreichisch Kollektivverträgen. Letzteres wurde im Namen des Standorts in den letzten 20 Jahren ausgehöhlt – zum Nachteil vieler Beschäftigter in Deutschland.
    Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut. ArbeitgeberInnen und die Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen (Gewerkschaften) schließen Tarifverträge ab und sichern so den Frieden im Betrieb zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen. Zudem sorgen sie für vergleichbare Wettbewerbsbedingungen der Betriebe untereinander.
    Diese Auffassung wird aber längst nicht mehr von allen in Deutschland geteilt. Tarifverträge werden von den AnhängerInnen der marktradikalen Doktrin als Hindernis für den Wettbewerb und die freie Aushandlung des Arbeitslohns zwischen ArbeitgeberInnen und Beschäftigten angesehen. Die Weichen wurden deshalb so gestellt, dass Unternehmen zunehmend die Flucht aus Tarifen bzw. Tarifverträgen ermöglicht wird.
    Diese Entwicklung lässt sich nach dem IAB-Betriebspanel 2016 in Zahlen belegen. Im Jahr 1998 unterlagen in Westdeutschland 68 Prozent aller Beschäftigten einer Flächentarifbindung; in Ostdeutschland waren es 52 Prozent. Im Jahr 2016 sieht die Lage völlig anders aus: In Westdeutschland lag die Quote nur noch bei 51 Prozent und in Ostdeutschland bei 36 Prozent.
    Im Jahr 2016 waren in Westdeutschland 69 Prozent der Unternehmen ohne Tarifbindung, in Ostdeutschland erschreckende 78 Prozent. Vor allem in kleinen Unternehmen sind tarifvertragliche Bindungen zur Ausnahme geworden, während in großen Unternehmen ab 500 Beschäftigten die Tarifbindung noch etwa drei Viertel der Beschäftigten erfasst.
    Die Folgen dieser Entwicklung liegen auf der Hand. Tarifverträge verlieren zum Nachteil der Beschäftigten an Wirkungskraft. Es entwickeln sich zunehmend – vor allem im Dienstleistungsbereich – Geschäftsmodelle, die auf niedrigen Löhnen, fehlendem Arbeitsschutz und Prekarisierung sowie offener Ausbeutung basieren.
    Das „Angebotskartell“ der Arbeit wurde in weiten Teilen zerschlagen, die Macht der Gewerkschaften und der kollektiven Interessenvertretungen der arbeitenden Menschen sinkt, Löhne und Arbeitsbedingungen müssen von einzelnen ArbeitnehmerInnen ausgehandelt bzw. fraglos akzeptiert werden. Betriebe, die „schlechte“ Arbeit und niedrige Löhne anbieten, verschaffen sich Wettbewerbsvorteile gegenüber Unternehmen in der Tarifbindung. Ausdruck davon ist, was die Zahlen belegen, eine tiefe Spaltung zwischen West- und Ostdeutschland.
    Quelle: Blog Arbeit&Wirtschaft
  10. Warum ein Jobcenter von einem Bettler ein Einnahmenbuch verlangt
    Schikane oder nur Akribie einer Behörde? Ein Hartz-IV-Empfänger geht in Dortmund betteln. Das Jobcenter kürzt ihm daraufhin die staatlichen Leistungen – und verlangt Nachweis über seine Einkünfte.
    Michael Hansen, sagt seine Anwältin Juliane Meuter, “ist eine gescheiterte Seele”. Der 50-jährige Mann ist im Heim aufgewachsen, vorübergehend straffällig geworden und nun bezieht er seit 2005 mit wenigen Unterbrechungen Hartz IV. Oft reicht ihm und seiner Frau das Geld nicht. Hansen geht deshalb mit seinem Hund vor einem Modehaus in Dortmund betteln. Dann aber hatte Hansen Pech.
    Irgendein Mensch missgönnte Hansen die milden Gaben und schwärzte ihn offenbar bei den Sozialbehörden an. Anders kann er sich jedenfalls nicht erklären, dass das Jobcenter Dortmund jetzt mit Akribie verfolgt, wie viele Euro und Cent in seinem Pappbecher an seinem Stammplatz in der Fußgängerzone landen.
    Der Ärger begann Mitte des Jahres mit einem amtlichen Schreiben. Darin kündigte das Jobcenter Hansen an, vorläufig vom 1. August an von der Hartz-IV-Zahlung ein Jahr lang monatlich 300 Euro, abzüglich einer Pauschale von 30 Euro einzubehalten. Statt 1235,42 Euro wären Hansen und seiner Frau damit noch 965,42 Euro geblieben, wovon allein knapp 500 Euro für die Warmmiete weggehen.
    Der Sachbearbeiter rechnete dabei Hansen in seinem Schreiben penibel vor: “Sie halten sich regelmäßig in der Dortmunder Innenstadt auf und erzielen dort Einnahmen aus Ihrer privaten Spendensammlung. Da die monatliche Höhe dieser Einkünfte variiert, werden hier zunächst 300 Euro monatlich (im Durchschnitt 10 Euro täglich) als Einkommen berücksichtigt.” Im Jobcenter ging man also davon aus, dass Hansen 30 Tage im Monat, ohne freien Tag, auch sonntags um Spenden von Fußgängern bittet.
    Grundsätzlich darf das Jobcenter solche zusätzliche Einnahmen bei der Berechnung der staatlichen Grundsicherung (Hartz IV) berücksichtigen. So steht es im Sozialgesetzbuch II. Was in Hansens Pappbecher kommt, sind zumindest für die Sozialbehörde keine Almosen. Bei der Berechnung der 300 Euro machte das Amt aber einen Rückzieher. Nachdem Hansens Anwältin Widerspruch eingelegt hatte, werden ihm statt der 300 Euro nun 120 Euro beziehungsweise nach Abzug der 30-Euro-Pauschale 90 Euro abgezogen.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  11. Neue Ära für die Landwirtschaft – oder veraltetes Modell?
    Monsanto ist weltweit einer der größten Hersteller des Herbizids Glyphosat, das vor allem zur Unkrautvernichtung eingesetzt wird. Die deutsche Bayer AG will den US-Konzern übernehmen. Die EU prüft derzeit, ob das gegen das Kartellrecht verstößt. Die angestrebte Fusion wirft aber noch eine weitreichendere Frage auf: Welche Landwirtschaft wollen wir?
    Wenn alles so läuft wie von Bayer geplant, werden Josh Young und Jim Bellm aus Illinois in der nächsten Ernteperiode nicht mehr von Monsanto, sondern von Bayer beliefert. Denn der deutsche Konzern will Monsanto bekanntlich übernehmen. Bayer bietet in seinem Portfolio dann alles, was den amerikanischen Bauern offenbar gute Gewinne beschert. Es sei wichtig, dass sich die großen Player im Saatgut- und Pestizidmarkt gut aufstellen, zum Beispiel durch eine Fusion, findet Bernd Naaf, Kommunikationsleiter der Division CropScience von Bayer. Nur so seien die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen:
    “Laut Vorhersage der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, der FAO, müssen im Jahr 2050 bis zu 3 Milliarden Menschen mehr ernährt werden. Der Klimawandel und Wetterextreme bedrohen Ernten, das verfügbare Ackerland pro Kopf nimmt ab durch die Urbanisierung, und auch natürliche Ressourcen wie Wasser werden immer knapper. Wir sind davon überzeugt, dass es vieler neuer Ansätze bedarf, um auf eine nachhaltige Weise die Ernährung für die wachsende Weltbevölkerung sicherzustellen.”
    Quelle: Deutschlandfunk
  12. Das Bundesverfassungsgericht und die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im Grundsicherungssystem
    Man kann sicher lange darüber streiten, was denn ein “Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben” (so die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010, BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 – 1 BvL 1/09) umfassen muss – aber unmittelbar einleuchtend ist für die meisten Menschen, dass die Wohnung – im wahrsten Sinne des Wortes “ein Dach über dem Kopf” – zu den zentralen Bestandteilen eines “menschenwürdigen Existenzminimums” gehört.
    Aber hier liegt dann konkret eine Menge Zündstoff im gegebenen Hartz IV-Regelwerk – denn die einschlägige Formulierung im § 22 SGB II beginnt im Absatz 1 mit diesem Satz:

    »Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.«

    Hört sich verständlicher an, als es ist – denn hier wird mit “angemessen” ein “unbestimmter Rechtsbegriff” verwendet, der in der Praxis dann konkretisiert und rechtlich überprüfbar bestimmt werden muss. In Form von konkreten Wohnungsgrößen und Mietkostenhöhen, die “noch” oder eben “nicht mehr” als angemessen definiert werden.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

  13. Knapp 350.000 Menschen in Afghanistan auf der Flucht
    Der Krieg gegen die Taliban hat allein in diesem Jahr Hunderttausende Afghanen in die Flucht getrieben. Ein US-General fordert, die Gefechte auf weitere Teile des Landes auszudehnen.
    Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes im Dezember 2014 drastisch verschlechtert. 2017 sind bislang knapp 350.000 Menschen vor Gefechten zwischen radikalislamischen Taliban und Sicherheitskräften aus ihren Heimatorten geflohen. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Uno-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervor. Zwischen dem 1. Januar und dem 19. November sind demnach 343.958 Afghanen heimatlos geworden.
    Im früher als eher ruhig geltenden Norden und Nordosten, wo die Bundeswehr bis 2013 Schutzmacht war und wo sie immer noch ein großes Feldlager führt, würden mittlerweile 32 Prozent aller Kriegsvertriebenen registriert, melden die Vereinten Nationen. Der regelmäßig veröffentlichte Bericht, der auch detaillierte Schilderungen von Kampfhandlungen enthält, verzeichnet zum Beispiel für die schwer umkämpfte Provinz Kundus allein in der vergangenen Woche fast 16.000 Binnenflüchtlinge.
    Im vergangenen Jahr waren mehr als 660.000 Afghanen aus ihren Dörfern geflohen. Für 2017 hatte die Uno zu Jahresbeginn mindestens 450.000 weitere Zwangsvertriebene erwartet.
    Quelle: SPIEGEL Online
  14. G20-Hamburg: Mitgefangen – mitgehangen
    G20-Gegner Fabio V. bleibt trotz gerichtlich erlassener Haftverschonung inhaftiert, bis das juristische Tauziehen verschiedener Instanzen beendet ist
    Laut Anklage soll der 18jährige Italiener Fabio V., so schreibt es die Welt, “sich am frühen Morgen des 7. Juli 2017 gemeinsam mit 150 bis 200 einheitlich schwarz gekleideten und vermummten Personen im Hamburger Volkspark versammelt haben. Die Gruppe sei mit diversen Werkzeugen, pyrotechnischen Gegenständen und Steinen bewaffnet gewesen und sei von dort in Formation in Richtung Innenstadt marschiert. Gegen 6.30 Uhr traf die Gruppe im Rondenbarg auf eine Hundertschaft der Bundespolizei, aus der Gruppe der Vermummten heraus sollen diese mit mindestens 14 Steinwürfen und vier pyrotechnischen Gegenständen angegriffen worden sein. Die Anklage sieht eine ‘gemeinschaftliche Tat’, der Angeklagte, so die Argumentation, wusste genau, wem er sich anschloss. Fabio selbst soll keine Steine oder Flaschen geworfen haben, das sieht auch die Anklage so.”
    Mitgefangen – mitgehangen ist also das Motto. Genauer gesagt ist die Frage zu klären, ob der junge Italiener wusste, wem er sich da anschloss und auf was das hinauslaufen würde. Und ob er überhaupt dabei war.
    Seit Anfang Juli 2017 sitzt der junge Mann, dem keine konkrete Straftat zur Last gelegt wird, deshalb nun schon in Haft, denn die Staatsanwaltschaft konstruierte trotzdem drei Delikte: schwerer Landfriedensbruch, versuchte gefährliche Körperverletzung und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Allerdings gilt es nicht einmal als gesichert, dass Fabio V. überhaupt Teil der Gruppe war, denn keiner der bislang befragten Zeugen bestätigte, ihn dort gesehen zu haben.
    Quelle: Telepolis
  15. #CorbynEinladen!
    Lieber Martin,
    Es geht um die Existenz der Sozialdemokratie. Die SPD ist bei 20,5% – andere EU-Schwesterparteien liegen nur noch einstellig.
    Aber die britische Labour Party unter Jeremy Corbyn macht Mut und Hoffnung.
    In nur 2 Jahren hat Labour ihre Mitgliederschaft auf 600.000 verdreifacht, Jugendliche und Nichtwähler begeistert, und ihr Wahlergebnis auf 40% erhöht.
    Martin, Du hast leidenschaftlich zu einer Erneuerung der SPD aufgerufen. Labour hat so eine Wende vollbracht – mit großem Erfolg. Hiermit möchten wir uns auseinandersetzen.
    Daher bitten wir Dich, Jeremy Corbyn als Impulsredner zum SPD-Bundesparteitag im Dezember einzuladen!
    Quelle: #CorbynEinladen!