Besinnen und erinnern ist manchmal mindestens so wichtig wie erneuern. Zum SPD-Leitantrag für den Parteitag im Dezember

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Zu unserer Dienstleistung für die Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten gehört die Versorgung mit wichtigen Dokumenten. Deshalb machen wir Ihnen heute noch schnell den Leitantrag des SPD-Vorstands zugänglich. Dieser Leitantrag wird wie die Dokumente anderer Parteien und wichtige Reden und Interviews in unsere Service-Rubrik „Nützliche Dokumente“ eingestellt und Ihnen wie die anderen Dokumente auch auf Dauer chronologisch geordnet zur Verfügung stehen. Auf den ersten Blick und auf die Schnelle zum Leitantrag nur ein paar kurze Anmerkungen. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Erstens: Dieser jetzige Vorstand weigert sich beharrlich, sich der guten programmatischen Ansätze der SPD zu erinnern und stellt stattdessen den Wiederaufbau dieser Partei unter den Leitsatz der Erneuerung. „Wie stellen wir die SPD programmatisch und organisatorisch neu auf?“, so heißt es am Ende der ersten Seite im üblich gewordenen Neudeutsch – „aufstellen“.

Erneuerung ist sicher da und dort wichtig. Im Falle der SPD wäre es aber mindestens so wichtig, sich ihrer verdienstvollen Programmatik als Partei des Friedens, einer aktiven Beschäftigungspolitik und der sozialen Sicherheit und damit der Sozialstaatlichkeit und der öffentlichen Verantwortung für die Daseinsvorsorge zu erinnern, und deshalb auch Fehler wie die Agenda 2010, die Privatisierung und die Militarisierung der Politik zu korrigieren.

Zweitens: Die Verweigerung der Rückbesinnung auf gute und aktuelle Werte und programmatische Vorstellungen führt offensichtlich zwanghaft zur Erblindung. Im konkreten Fall will die SPD-Spitze nicht sehen, dass es in Europa nicht nur die „europäische Schwäche der sozialdemokratischen Bewegung“ gibt, sondern auch mindestens zwei gute Beispiele für eine erfolgreiche Rückbesinnung: in Portugal und in Großbritannien.

Drittens: Ich hatte es zwar befürchtet, aber eigentlich nicht glauben wollen, weil der folgende Rückgriff von durchschlagender mangelnder Intelligenz zeugt: Wie schon im Vorfeld der Agenda 2010 die sogenannte Globalisierung als völlig neue Sau durchs Dorf getrieben wurde, übrigens von Merkel genauso wie von Schröder, so wird jetzt dieselbe Beobachtung noch einmal als völlig neu eingeführt und um eine weitere modische Beobachtung erweitert: Digitalisierung. Siehe im ersten Absatz der Seite 2 unter „I. Welt im Wandel. …“.

Dazu bleibt anzumerken: Die Globalisierung ist nicht neu und die Digitalisierung auch nicht. Es sind Vorwände dafür, sich nicht auf die bewährten Tugenden und die immer noch aktuellen Teile der alten Programmatik zu besinnen.

Eigentlich ein hoffnungsloser Fall!

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