Herbert Ehrenberg ist tot. Das ist traurig. Er hatte das Herz auf dem richtigen Fleck und viel im Kopf.

Albrecht Müller
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Die erste Begegnung und die letzte Begegnung mit ihm waren markant. Er wurde von seinem Minister, Karl Schiller, im Juni 1968 nach München geschickt. Zur Anwerbung. Ich wurde dann als Redenschreiber seines Ministers sein Kollege und mit Herbert Ehrenberg Teil einer linken Splittergruppe im konservativ und rechts durchwirkten Bundeswirtschaftsministerium. Zuletzt trafen wir uns bei der Vorstellung meines Buches „Die Reformlüge“ in seiner Heimatstadt Wilhelmshaven. Albrecht Müller.

Im Bundeswirtschaftsministerium hatte er einen schwierigen Kampf auszufechten. Er war als Leiter der Unterabteilung Ic eingemauert zwischen dem Godesberger CDU-Vorsitzenden, militanten Konservativen und Grundsatzreferenten Hans Tietmeyer und dem inhaltlich damit korrespondierenden Abteilungsleiter Otto Schlecht. Zwischen Schlecht und Tietmeyer auf der einen Seite und Herbert Ehrenberg auf der anderen Seite klaffte eine riesige Lücke, eine Lücke zwischen zwei Ideologien und vor allem auch eine Lücke zwischen Unternehmensnähe und Verbundenheit mit den Lohnabhängigen und Gewerkschaften bei Herbert Ehrenberg. Er hat damals trotzdem mit seiner Querschnittsunterabteilung Ic bei der Steuerung und Kontrolle anderer Ministerien, die strukturpolitische Aufgaben hatten, viel herausgeholt.

Die eher linksorientierten Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums konnte man damals vermutlich an zwei Händen abzählen. Dazu gehörte Herbert Ehrenberg, der Parlamentarische Staatssekretär Klaus Dieter Arndt und wir beiden Redenschreiber von Schiller.

Das letzte Mal bin ich dann Herbert Ehrenberg bei der Vorstellung meines Buches begegnet. Er hat wahrscheinlich den Anstoß zur Einladung gegeben und es war für mich eine Riesenfreude, dass er die Kritik, die dieses Buch an der Agenda 2010 und an der Gesellschaftspolitik der Regierung Schröder übte, voll teilte. Er hat dabei so intensiv für die in der Reformlüge enthaltene Kritik am Schröderschen Missbrauch und der Pervertierung einer wirklichen Reformpolitik geworben, dass die Buchhandlung bei einer geschätzten Besucherzahl von 100 Personen 50 Bücher verkaufte. Ich erwähne das nur, weil daran erkennbar ist, dass Herbert Ehrenberg das Elend, das die Agenda 2010 über seine Partei bringen würde, vorhergesehen hat. Zu seinem Tod wird jetzt immer nur sein Beitrag zur Künstlersozialversicherung erwähnt. Das ist nett, aber zu kurz gesprungen.

An Herbert Ehrenberg kann ich, wie auch an einem anderen, eher konservativen Sozialdemokraten, nämlich Holger Börner, festmachen, wie fruchtbar die Zusammenarbeit der verschiedenen Flügel der Linken sein kann, wenn sie um die Sache ringen und ihre jeweilige Funktion anerkennen. Bornierte Seeheimer waren sie beide nicht.

Herbert Ehrenberg war übrigens auch ein guter Ökonom und dann auch noch ein markanter Ostpreuße. Nur der Stimme nach. Den Klang seines heimatlichen Dialektes hat er nie verloren und wenn er redete, dann hörten wir schon deshalb gerne zu.

P. S.: Wenn Sie in Ihrem Umfeld Menschen kennen, die sich über eine Würdigung Herbert Ehrenbergs freuen würden, dann schicken Sie bitte diesen meinen Versuch weiter.

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