Hinweise des Tages II

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Nahles und Scholz: Duo mit Stotterstart
  2. Die Träume der Falken: Krieg gegen den Iran als Wunschszenario
  3. “Spygate”: Informant berichtete FBI während des Wahlkampfs über Trumps Team
  4. Die Salisbury Tales und viele offene Fragen
  5. Das Maas ist voll
  6. Sanktionen gegen Unternehmen: Das Unternehmensstrafrecht, das keines sein soll
  7. Finanzkrise: Täglich grüßt das Murmeltier
  8. Deutsche Investitionen in Sambia: Das ist Entwicklungshilfe, die Hunger macht
  9. Bayern als Vorbild
  10. Filmemacher Klaus Gietinger zeigt am Samstag in Gießen Film über Karl Marx
  11. „Eine Farce“ – Lieber Selfies mit Zuckerberg statt harte Fragen
  12. Hitzacker: Polizei-Nachplapperei und Steineschmeißer aus dem Archiv
  13. Das Letzte: Walter Riester will alle Menschen zur Riester-Rente verpflichten

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nahles und Scholz: Duo mit Stotterstart
    Aber auch Scholz‘ Partnerin im Partei- und Fraktionsvorsitz hat bislang mehr Probleme, als von vielen erwartet. Ihr Umfeld verweist zwar darauf, dass Nahles den Stuhl der SPD-Vorsitzenden erst seit etwas mehr als einem Monat besetzt, es daher für ein Urteil zu früh sei. Tatsache aber ist, dass es gleich in einer der ersten Präsidiumssitzungen nach ihrer Wahl Ärger gab: Die stellvertretenden Parteivorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel und Natascha Kohnen hielten Nahles ihren Auftritt Anfang des Monats auf der Zugspitze vor, als die Fraktionschefin vor Heimatfilmkulisse Harmonie mit der Union demonstrierte und davon sprach, die Koalitionsfraktionen würden sich jetzt “unterhaken”. Er habe den Eindruck, sagt ein SPD-Abgeordneter, Nahles suche noch nach ihrer Linie.
    Nahles im Zwiespalt – Teil des Nahles-Problems ist ihre Doppelrolle: Als Parteichefin soll sie sozialdemokratisches Profil zeigen, als Fraktionschefin auch dafür sorgen, dass die Koalition zusammenbleibt. Fraktionsvize Eva Högl wirbt um Verständnis, dass Nahles häufig zahmer auftritt, als von vielen erwartet. Schließlich müsse die Fraktionsspitze darauf Wert legen, sagt Högl, “dass die Koalition harmonisch startet, denn nur so bekommen wir den Koalitionsvertrag auch gut umgesetzt, und nur so kann die SPD ihre Themen gut platzieren”.
    Kurz gesagt: Das neue Führungsduo der SPD funktioniert bislang noch nicht, weil Scholz zu sehr Scholz und Nahles noch nicht richtig Nahles ist. Trotz ihres Stotterstarts: Ändern wollen die beiden – erst einmal nichts.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung André Tautenhahn: Dass es so kommen würde, war absehbar und das Gejammer von einigen jetzt ist daher nicht zu verstehen. Albrecht Müller hielt kurz vor dem Parteitag der Sozialdemokraten im April fest.

    Es gibt viele gute Gründe dafür, Andrea Nahles den Zugriff zu beiden Spitzenpositionen der SPD zu verwehren. Der wichtigste: Sie wird total überfordert sein und wird nur einen Teil der möglichen SPD-Wählerschaft ansprechen und anziehen können. Damit läuft die SPD Gefahr, als Volkspartei aus der deutschen Geschichte auszuscheiden und demnächst vielleicht sogar von der AfD überholt zu werden.

    Beides ist Realität geworden. Die Überforderung einerseits und der beginnende Überholvorgang der AfD andererseits.

    dazu: Die Chancen der Linken
    Leute wie Kühnert sind das Problem der deutschen Linken: Sie glauben mehr an die Institutionen als an ihre Ideale. Um die Institutionen zu retten, beschädigen sie ihre Ideale. Am Ende verlieren sie beides. Das gilt für die SPD besonders. Aber nicht nur für sie. In der Linkspartei und bei den Grünen müsste langsam dämmern, dass ein Politikwechsel in den Gegebenheiten der deutschen Parteienlandschaft nicht möglich ist. Darum ja ist die Große Koalition eine solche Katastrophe. Diese Koalition tut so, als könne alles so weitergehen wie immer. Das ist eine Täuschung. Vieles spricht dafür, dass dies die letzte Koalition ist, die nach den Regeln der alten Bundesrepublik ausgehandelt wurde.
    Aber das alte Parteiensystem ist Geschichte. Das liegt an der SPD. Die Partei ist tot. Sie hat es nur noch nicht bemerkt. Sie hält ihre Regierungsbeteiligung für ein Lebenszeichen, obwohl diese nicht mehr ist als eine lebensverlängernde Maßnahme. Kühnert, Andrea Nahles, Olaf Scholz: Sie erkennen das nicht. Das ist die Blindheit der Funktionäre. Auch sie machen jetzt den Martin-Schulz-Fehler: wenn man ohnehin keine Chance mehr hat, muss man alles auf eine Karte setzen. Dafür fehlt der Mut.
    Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht haben diesen Mut. Sie sehen die begrenzten Chancen der deutschen Linken klarer: Es gibt einen Unmut im Land über Ungerechtigkeit, Ungleichheit und außenpolitisches Versagen. Vieles spricht dafür, dass Wagenknecht recht hatte, als sie sagte, eine Mehrheit der Deutschen sei für höhere Löhne, eine Vermögenssteuer, ein anständiges Rentensystem und gegen Waffenlieferungen in Spannungsgebiete und sinnlose Kriegseinsätze in Übersee. Das demokratische System spiegelt diese Mehrheiten aber nicht wider. Das ist nicht die Schuld der Wähler. Es ist die Schuld der Eliten in Parteien, Medien und Verbänden, die Politik immer weniger für die Menschen und immer mehr für ihresgleichen betreiben.
    Quelle: Jakob Augstein in der Freitag

  2. Die Träume der Falken: Krieg gegen den Iran als Wunschszenario
    Wer mit dem Iran Handel treibt, unterstützt Terrorismus.“ Der neue US-Botschafter Richard Grenell lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Es bestehe „Übereinstimmung in der Einschätzung des Bedrohungspotenziales“, das der Iran darstelle. „Unsere Unterschiede betreffen nur die Taktik“, versuchte er die Europäer anschließend zu umarmen. Dabei haben die nun ein Fenster von 90 bis 180 Tagen, in denen ausländische Firmen, also auch deutsche und europäische, ihre Iran-Deals zu canceln haben. Mit Milliardenverlusten, versteht sich.
    Nachdem der US-Präsident am 8. Mai 2018 aus dem Atomabkommen mit dem Iran (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) ausgestiegen und in ein verschärftes Sanktionsregime eingestiegen ist, stellt sich für den Rest der Welt die Frage, wie mit dieser flagranten Missachtung ökonomischer Interessen, des freien Handels, aber auch mit staatlicher Souveränität und offener Erpressung umzugehen ist. Dass die von der US-Seite, aber auch von Israel und Saudi-Arabien vorgebrachten Gründe vorgeschoben sind, bedarf dabei kaum der Betonung.
    Die bisher angewandten rabiaten Methoden der Durchsetzung von US-Interessen mithilfe einer Internationalisierung der US-Justiz waren ziemlich erfolgreich. Im Kern geht es darum, den lukrativen US-Binnenmarkt als Waffe gegen nicht kooperationswillige Unternehmen einzusetzen, genauer gesagt, ihn im Zweifel zu sperren. Vor diese Wahl gestellt, haben bislang selbst große multinationale Konzerne, wie aktuell der französische Öl-Riese Total, kapituliert. Und das Gespann Trump, Pompeo, Bolton hat wenig Zweifel aufkommen lassen, dass es diesmal mindestens ebenso hart zur Sache geht.
    Quelle: unsere zeit
  3. “Spygate”: Informant berichtete FBI während des Wahlkampfs über Trumps Team
    Obamas ehemaliger Geheimdienstdirektor James Clapper rechtfertigt die Maßnahme als “sehr gutartige Sache”
    Heute Abend muss sich der stellvertretende US-Justizminister einer Anhörung von Abgeordneten stellen, an der auch Stabschef John Kelly teilnehmen wird. Dabei geht es um eine Affäre, der Donald Trump den Namen “Spygate” gegeben hat. In ihrem Zentrum steht ein emeritierter Professor, der seit langem als US-Geheimdienstquelle fungiert, sich im letzten Präsidentschaftswahlkampf mit den Trump-Mitarbeitern Carter Page, Sam Clovis, und George Papadopoulos traf und für die von J. Edgar Hoover gegründete Behörde Berichte darüber verfasste.
    Die New York Times und die Washington Post, die ihre Informationen dazu aus dem Kongress bekamen, nannten diesen Mann nicht beim Namen, lieferten aber so viele Details zu ihm, dass sich andere US-Medien schnell auf Stefan H. einigten, der in der Vergangenheit unter anderem für die republikanischen Neocons Donald Rumsfeld und Dick Cheney tätig war und 2016 Hillary Clinton zuneigte.
    Quelle: Telepolis
  4. Die Salisbury Tales und viele offene Fragen
    Sergei Skripal und seine Tochter sind wieder auf den Beinen, aber niemand darf mit ihnen reden. Der Fall wird immer dubioser.
    Das Motto des britischen Inlandgeheimdienstes MI5 ist lateinisch und heisst: Regnum defende – Verteidige das Königreich. Gegen was man sich zu verteidigen habe, sagte MI5-Chef Andrew Parker letzte Woche in Berlin seinen europäischen Kollegen: gegen Anschläge aus Russland und gegen Anschläge des Islamischen Staates. Die russische Regierung verbreite «freche Lügen», wenn sie behaupte, sie sei nicht schuld am Anschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergei Skripal.
    Die Affäre Skripal wird von der Regierung in London weiter am Kochen gehalten. In kleinen Dosen sickern stetig «neue Erkenntnisse» in die Medien. Doch je mehr diese gefüttert werden, umso mehr Widersprüche treten zutage und umso mehr Fragen ergeben sich. Allerdings stellen die grossen westlichen Medien die entscheidenden Fragen nicht. Und sie recherchieren nicht. Und wenn sie recherchieren, dann nur in eine Richtung. Und zwar nach dem Prinzip «im Zweifel gegen Russland».
    Das deutsche Wochenblatt «Die Zeit» bringt in seiner Ausgabe vom 18. Mai eine ganze Seite zur Geschichte des Nervengiftes Nowitschok. Dabei wird fokussiert auf die Umstände, wie der Kampfstoff in in den neunziger Jahren in den Besitz des deutschen Bundesnachrichtendienstes gelangte. Die Autoren des Artikels berufen sich auf undurchsichtige anonyme Quellen: «Gespräche mit damals und heute Beteiligten».
    Grosses Fazit des Artikels: Russland hat damals die Welt betrogen, weil es behauptete, alle C-Waffen zu vernichten, in Wirklichkeit aber ein geheimes Programm unterhielt, um Nowitschok zu entwickeln, eine Chemikalie, die um ein Vielfaches wirksamer sein soll als das berüchtigte Nervengift VX.
    Quelle: Infosperber
  5. Das Maas ist voll
    Endlich! Endlich steht an der Spitze des Auswärtigen Amtes mit Heiko Maas ein Deutscher von echtem Schrot und Korn. Er zeigt allen, vor allem den Russen, wo der Hammer hängt, und schmiedet das Eisen, solange es noch warm ist. Er scheut nicht das offene Wort und macht Schluss mit dem zeitweiligen Gesäusel seiner Vorgänger Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel. Ohne Wenn und Aber stellte er in seinem ersten Interview nach Übernahme des Außenministeriums gegenüber dem Spiegel fest, dass Russland »leider zunehmend feindselig« agiere. Scharf prangerte er an, dass »erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs mitten in Europa geächtete chemische Waffen eingesetzt wurden, Cyberangriffe zu einem Bestandteil russischer Außenpolitik zu werden scheinen und Russland in einem so schwerwiegenden Konflikt wie in Syrien den UNO-Sicherheitsrat blockiert«. Zudem verabschiedete er sich von der Idee seiner Vorgänger, Sanktionen bereits abzubauen, wenn der Kreml nur einen Teil seiner Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen in der Ostukraine erfüllt. Es gebe klare Vereinbarungen, »die vorsehen, dass Sanktionen erst abgebaut werden, wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt«. Prinzipienfest betont er: »Pacta sunt servanda. Daran sollten wir uns halten.«
    Das gilt selbstverständlich nicht für das wichtigste Wirtschaftsprojekt in den deutsch-russischen Beziehungen, den Bau der Pipeline Nord Stream 2, für die Gabriel noch gestritten hatte. Hier beugt Maas sich, elastisch wie er ist, den Forderungen der USA, der Ukraine und anderer osteuropäischer Staaten und lässt den neuen außenpolitischen Sprecher der SPD, Nils Schmid, zu Wort kommen: »Wegen der politischen Brisanz tun wir gut daran, das Projekt Nord Stream 2 in die EU-Erdgaspolitik einzubinden und uns gerade mit den Osteuropäern abzustimmen.« Vor allem Trump und Poroschenko werden es dem neuen Chef im Auswärtigen Amt danken.
    Quelle: Ossietzky
  6. Sanktionen gegen Unternehmen: Das Unternehmensstrafrecht, das keines sein soll
    Die Große Koalition will Unternehmen für Missstände wie etwa VW beim Abgasskandal härter bestrafen können – das sieht der Koalitionsvertrag vor. Doch bei der Umsetzung der geplanten Sanktionen hakt es noch: Denn dabei könnte es zur Kollision von Arbeits- und Strafrecht kommen.
    Es klingt wie gemacht für VW und seinen Abgas-Skandal: Die Koalition will Sanktionen gegen Unternehmen verschärfen. Fast eine ganze Seite widmen dem CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag. Und tatsächlich erhofft sich der CDU-Abgeordnete und Wirtschaftsrechtsprofessor Heribert Hirte mehr Durchschlagskraft auch gegen Unternehmen wie VW.
    “Der Unterschied könnte sein, dass schneller ermittelt würde, gründlicher ermittelt würde und dass die Haftungsrisiken schneller zutage treten und auf diese Weise die Mitarbeit des Unternehmens auch schneller bewerkstelligt wird.”
    Mit anderen Worten: Es geht um Druck. Auch im Rechtsausschuss des Bundestages habe man bemerkt, dass Volkswagen mit den US-Behörden schneller kooperiert habe als mit den deutschen. Dabei sieht das deutsche Ordnungswidrigkeitenrecht schon jetzt Geldbußen von bis zu zehn Millionen Euro vor, wenn ein Unternehmen zurechenbar von Straftaten von Mitarbeitern profitiert.
    Quelle: Deutschlandfunk
  7. Finanzkrise: Täglich grüßt das Murmeltier
    „Zehn Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise ist Deregulierung wieder en vogue. Die USA machen es vor und die EU zieht nach,“ kommentiert der Europaabgeordnete Martin Schirdewan (DIE LINKE.) das heutige Treffen der Gruppe der Eurofinanzminister zur Bankenunion vorab. Das Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments weiter:
    „Immer noch leiden in der EU Menschen unter den Folgen der Finanzkrise der Jahre 2008/09. In den USA ist die Situation nicht anders. Trotzdem entschied sich der US-Kongress diese Woche dazu, Teile der Dodd-Frank Gesetzgebung zurückzunehmen, mit der man 2010 den Finanzsektor noch an eine kürzere Leine nahm und die EU droht diesem Vorbild blind hinterherzulaufen: Die Kapitalmärkte sollen weiter dereguliert werden und Verbriefungsgeschäfte, also jene Geschäfte, die die letzte Krise maßgeblich mit verursacht haben, sollen wieder erleichtert werden. Damit wird einer neuen Krise der Weg geebnet.“
    „Für ein stabiles Finanzsystem müssen Megabanken endlich aufgespalten werden und das Kredit- und Einlagengeschäft vom Investmentbanking getrennt werden. Nur dann ist die Haftung von Eigentümern und Gläubigern im Notfall auch glaubwürdig.“
    Quelle: die Linke im Europaparlament
  8. Deutsche Investitionen in Sambia: Das ist Entwicklungshilfe, die Hunger macht
    Welche Interessen gibt es, wenn Deutschland 13 Millionen Euro in einen sambischen Agrarkonzern steckt? Und wer profitiert von dem Geld wirklich? Investigative Recherche über Investitionen in Afrika.
    “Die extreme Armut und der Hunger in der Welt könnten besser bekämpft werden, wenn die Wirtschaft das Problem in die Hand nimmt”, sagt die deutsche Bundesregierung. In Sambia finanziert die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft einen Agribusiness-Konzern mit 13 Millionen Euro, um durch unternehmerische Entwicklung Armut zu mindern. Die Menschenrechtsorganisation FIAN hält dies für eine Farce, und Hilfsorganisationen befürchten, dass Privatinvestitionen in die Landwirtschaft armer Länder negative Folgen für die Ernährungssicherheit haben.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  9. Bayern als Vorbild
    Neben Bayern planen auch die anderen Bundesländer neue Polizeigesetze.
    Nicht alle gehen dabei so weit wie der Freistaat.
    Mehr als 30 000 Menschen gingen in München an nur einem Tag auf die Straße. Ein einfaches Landesgesetz trieb sie zum Protest. Ein Gesetz, das die CSU-Mehrheit im Landtag trotz des großen Widerstands beschloss und mit dem sich die Staatsregierung an die Spitze eines Trends stellt, der in ganz Deutschland zu spüren ist: die Verschärfung der Polizeigesetze.
    Prägend für das bayerische Polizeiaufgabengesetz ist die Absenkung der Eingriffsschwelle für die Polizei durch den Begriff der “drohenden Gefahr”. Schon seit August 2017 steht er im Gesetz, neu ist, dass er jetzt auf eine Vielzahl polizeilicher Maßnahmen angewendet werden kann. Die Staatsregierung argumentiert, das Bundesverfassungsgericht selbst habe die “drohende Gefahr” eingeführt. Kritiker verweisen darauf, dass die hohen Richter dies nur für den Bereich des Terrorismus getan haben. Es geht darum, durch präventives Handeln eine Straftat zu verhindern. Bis jetzt musste die Polizei dazu eine “konkrete Gefahr” nachweisen.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung JK: Die zunehmende Repression muss klar im Zusammenhang von stark wachsender sozialer Polarisierung und der Durchsetzung der neoliberalen Agenda gedacht werden.

    dazu: Schritt für Schritt zum Überwachungsstaat: Fast alle Bundesländer verschärfen ihre Polizeigesetze
    Das vor wenigen Tagen im Bayrischen Landtag verabschiedete Polizeiaufgabengesetz (PAG) stand in den letzten Wochen im Fokus öffentlicher Debatten. Von der CSU zum Wahlkampfthema erklärt, formierte sich allerdings in recht kurzer Zeit ein breitgefächertes gesellschaftliches Bündnis gegen die drastische Verschärfung der Gesetze. Rund 40 000 Menschen gingen in München auf die Straße, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen und das PAG zu verhindern. Dieser Protest war wichtig und ein starkes Zeichen auch in den Rest der Republik, doch verhindern konnte er die Verabschiedung nicht. Die parlamentarische Mehrheit der CSU sorgte letztlich dafür, dass das PAG mit 90 zu 68 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen wurde.
    Künftig dürfen Polizistinnen und Polizisten also einiges mehr als bereits zuvor schon, wenn es darum geht, vermeintliche Straftaten aufzuklären. Sie können nun Post öffnen, Ihr Konto sperren, per Staatstrojaner Nachrichten mitlesen, Wohnraum überwachen, ein Aufenthaltsverbot für die Innenstadt aussprechen, elektronische Fußfesseln anlegen oder faktisch unbegrenzte Präventivhaft verhängen. Dies alles wohlgemerkt, ohne dass eine Person rechtskräftig verurteilt wurde. Diese und andere Neuerungen machen das PAG zum repressivsten Polizeigesetz seit 1945. Möglich wird all das unter anderem durch den neu eingeführten Begriff der „drohenden Gefahr“. Es muss aus Sicht der Behörden nun keine „konkrete Gefahr“ einer Straftat vorliegen, sie muss nur drohen, könnte also eventuell schon erdacht sein oder auch nicht. Dieser mit voller Absicht absolut vage Begriff rechtfertigt ab dem 25. Mai das volle Eingreifen der Behörden. Damit wird die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt und alle Personen können jederzeit überwacht werden, um zu prüfen, ob auch ja keine „Gefahr droht“. Die CSU wäre nicht sie selbst, enthielte das neue Gesetz nicht auch Möglichkeiten weiterer Restriktionen gegen Geflüchtete und MigrantInnen. Die nun mögliche erweiterte DNA-Nutzung und -Speicherung soll zukünftig auch Aussagen über die Herkunft, das Alter sowie Augen- und Haarfarbe klären. Mit dieser Ausweitung auf die biogeografische Herkunft wird Racial Profiling bei Bedarf zum Standard.
    Es ist aufgrund all dieser Ungeheuerlichkeiten nicht verwunderlich, dass zahlreiche Parteien und Verbände bereits Klagen angekündigt haben, um das PAG zu kippen oder wenigstens deutlich zu entschärfen.
    Bayern ist allerdings nicht das einzige Bundesland, das seine Polizeigesetze verschärft. In allen Bundesländern mit Ausnahme Thüringens sind Neuerungen geplant oder wie im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg bereits durchgesetzt worden.
    Quelle: unsere zeit

  10. Filmemacher Klaus Gietinger zeigt am Samstag in Gießen Film über Karl Marx
    Klaus Gietinger ist ein Mann mit vielen Facetten und Interessen. Nach seinem Abitur drehte der heute 62-Jährige eine Splatterversion des “Meineidbauern”, (sehr) frei nach Ludwig Anzengruber. Ein paar Jahre später war er mitverantwortlich für den schrägen Allgäuer Heimatfilm “Daheim sterben die Leut'”, einem der wenigen deutschen Streifen, auf die das inflationär gebrauchte Attribut “Kultfilm” zutrifft, und der noch 30 Jahre später an den Kinokassen “Fack ju Göhte 2” schlug – na ja, zumindest im Allgäu. Weil einem Kultfilme aber nicht das tägliche Brot bezahlen, heuerte Gietinger beim Fernsehen an. Er führte bei “Tatort”-Krimis Regie, für die er teilweise auch das Drehbuch schrieb. Außerdem führt Gietinger seit zehn Jahren Regie bei zahlreichen Folgen der Kinderserie “Löwenzahn”. Daneben ist er ein fleißiger Buchautor. Allein in diesem Jahr sind in der Edition Nautilus seine Geschichte der deutschen Novemberrevolution 1918 und im Westend-Verlag sein Roman “Karl Marx, die Liebe und das Kapital” erschienen. Am Samstag wird er im Georg-Büchner-Club seinen jüngsten Dokumentarfilm “Lenchen Demuth und Karl Marx – Ein Hausmädchen schreibt Geschichte” vorstellen (siehe Kasten). Der Anzeiger sprach vorab mit Klaus Gietinger.
    Quelle: Gießener Anzeiger
  11. „Eine Farce“ – Lieber Selfies mit Zuckerberg statt harte Fragen
    Die Anhörung von Mark Zuckerberg zum Facebook-Datenschutzskandal wird von Peinlichkeiten überschattet: Einige Abgeordnete des EU-Parlaments verhielten sich eher wie Fans statt wie kritische Fragesteller. „Mark Zuckerberg und ich nach der Befragung“ – so kurz und knapp kommentierte die schwedische EU-Abgeordnete Cecilia Wikström das Selfie, das sie auf Twitter postete.
    Zu sehen ist die 52-Jährige, wie sie strahlend mit dem Facebook-Gründer posierte. Aufgenommen wurde das Bild offenbar kurz nach der Befragung im EU-Parlament, bei der der 34-Jährige eigentlich zum Skandal rund um die britische Firma Cambridge Analytica befragt werden sollte, die mit Daten aus dem sozialen Netzwerk Geschäfte machte. Eine Abgeordnete, die sich wie ein Fan geriert, statt Aufklärung im Dienste ihrer Wähler zu betreiben – das stieß vielen Internetnutzern sauer auf.
    Quelle: Welt Online

    dazu: EU-Volkspartei verhindert strenge Befragung Zuckerbergs
    Halb Europa schaut täglich auf Facebook, 282 Millionen Menschen sind es pro Tag. Facebook ist die wahrscheinlich mächtigste Social Media-Plattform der Welt und damit auch ein politischer Machtfaktor. Das Europäische Parlament hat den Facebook-Gründer und CEO Marc Zuckerberg geladen. Es sollte eine Befragung zum Umgang mit den Daten der europäischen Nutzer und der politischen Rolle von Facebook sein. Geworden ist daraus eine PR-Show für Facebook – ermöglicht durch die rechten und konservativen Fraktionen in Europa.
    Quelle: Kontrast.at

  12. Hitzacker: Polizei-Nachplapperei und Steineschmeißer aus dem Archiv
    Nun ist nicht ganz klar, was in dem Ort in Niedersachsen vor knapp einer Woche genau passiert ist — es steht Aussage (der Polizei) gegen Aussage (der Aktivisten). Aber dennoch ist recht sicher, dass es solche Szenen, wie sie auf den Fotos von Welt.de, shz.de und „Politically Incorrect“ zu sehen sind, in Hitzacker nicht gegeben hat. Dennoch verwenden die drei Redaktionen derartige Symbolfotos. […]
    Auch eine Woche später lässt sich von außen nicht exakt beurteilen, was vergangenen Freitag in Hitzacker passiert ist. Dennoch haben sich viele Redaktion schon sehr früh festgelegt — und dabei fast ausschließlich die Version der Beamten verbreitet. „60 Vermummte stürmen Grundstück eines Polizisten“, titelt etwa Bild.de, obwohl von „stürmen“ und „60 Vermummten“ nicht mal die Polizei spricht. Welt.de schreibt, dass „rund 60 zum überwiegenden Teil vermummte Personen das Grundstück und private Wohnhaus eines Polizisten im niedersächsischen Hitzacker gestürmt“ hätten.
    Die Gegenseite kam in den ersten Tagen — und kommt teilweise bis heute — nicht zu Wort, die Angaben der Polizei wurden nicht hinterfragt. Dabei gibt es durchaus Punkte in der Pressemitteilung, die fragwürdig erscheinen: Was meinen die Beamten beispielsweise mit der Aussage, es handele sich um eine „neue Qualität der Gewalt“? Diese Behauptung wurde von vielen Medien kommentarlos zitiert, sicher auch, weil sie verkaufs- und klickträchtig klingt.
    Quelle: Bildblog
  13. Das Letzte: Walter Riester will alle Menschen zur Riester-Rente verpflichten
    “Und willst du nicht vorsorgen, so brauch’ ich Gewalt?” Alle Menschen sollen spätestens zu Beginn einer Ausbildung gesetzlich dazu verpflichtet werden, eine Riester-Rente abzuschließen: auch die Freiberufler. Dies fordert Walter Riester, Vater und Namensgeber besagter Vorsorge, in einem Interview. Einen Wegfall der Bruttobeitragsgarantie lehnt der 74jährige hingegen ab. […]
    Auf die Frage, wie eine Riester-Reform aussehen könnte, antwortete Riester im Interview mit ProContra Online: „Mit einer Reform sollte das Riester-Sparen zuallererst einmal für alle Menschen obligatorisch werden. Zweitens sollten nicht nur die gesetzlich Rentenversicherten diese Möglichkeit nutzen können, sondern jeder mit dem Eintritt ins Berufsleben oder in die berufliche Erstausbildung“. Ein solcher Schritt würde nach Ansicht Riesters das Produkt deutlich vereinfachen, …
    Quelle: Versicherungsbote

    Anmerkung André Tautenhahn: Würde nicht endlich die Abschaffung der Riester-Rente das Produkt deutlich vereinfachen?

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