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  1. Eklat beim Parteitag der Grünen – Eine Lehrstunde in doppelten Standards
  2. Laschet lehnt zentrale Grünen-Vorhaben ab
  3. Vermögen: Wieviel ist genug?
  4. Der Betrug mit den Intensivbetten ist Freiheitsberaubung
  5. Spahn stellt Ende der Maskenpflicht in Aussicht – zumindest draußen
  6. Es ist absurd, im Freien bei 30 Grad eine Maske zu tragen
  7. abgeordnetenwatch: Biontech hat künftig einen direkten Draht zu Gesundheitsminister
  8. Die Macht von übermächtigen Konzernen beschneiden
  9. Amerika knöpft sich seine Tech-Giganten vor
  10. Drohender „Versorgungskollaps“ – das bedeutet der Trucker-Mangel für die Deutschen
  11. Versagende Sozialpolitik: Dichtung und Wahrheit im Armutsbericht
  12. Rentenversicherung wehrt sich gegen Negativ-Spekulationen
  13. Die Suche nach einer umfassenden Strategie
  14. Das Menschenbild in der Politik und die unerträgliche Zweiklassengesellschaft
  15. Dieses Pulverfass wird hochgehen
  16. Oscars für Datenkraken in der Corona-Pandemie
  17. Untersuchungen zu Anis Amri: Das verheerende Fazit der Opposition
  18. Grüne weichen Nein zu bewaffneten Drohnen auf
  1. Eklat beim Parteitag der Grünen – Eine Lehrstunde in doppelten Standards
    Das emotionale Grundgerüst grüner Politik besteht hingegen aus der Empörung und dem Selbstbewusstsein, dass sich die Welt dem eigenen Gefühl nicht verweigern darf. Diese politische Emotionalität erklärt, warum die Grünen für die Mehrheit der Menschen noch immer als Verbotspartei erscheinen. Wenn sie eine Erhöhung des Spritpreises fordern, so unterscheidet sich diese Forderung auf der sachlichen Ebene kaum von der anderer Parteien. Der große Unterschied liegt hingegen in der emotionalen Wucht, mit der sie verlangt wird. Es scheint dann nicht um 16 Cent zu gehen, sondern es wirkt wie eine Strafe für Autofahrer. Aus Politik wird so wieder moralische Bevormundung.
    Damit wird der Stand der Aufklärung, in dem der zwanglose Zwang des besseren Arguments galt, verlassen und es beginnt die große Regression der doppelten Standards. Jana aus Kassel soll Objekt des Abscheus sein, Emckes Eingemeindung von Feministinnen und Klimaforschern in das Leid der Juden gilt für Katrin Göring-Eckardt hingegen als „eine große Rede für Aufklärung“.
    Wie machtvoll die doppelten Standards inzwischen sind, wird der Wahlkampf zeigen. Katrin Göring-Eckhardt hat bereits einen Vorgeschmack gegeben, wie aggressiv sie die doppelten Standards der Identitätspolitik ins Feld führen will. Sie hat sich jede Kritik an Annalena Baerbocks geschöntem Lebenslauf verbeten, da es sich bei Frau Baerbock schließlich um die einzige Kandidatin für das Kanzleramt handelt.
    Quelle: Bernd Stegemann im Cicero
  2. Laschet lehnt zentrale Grünen-Vorhaben ab
    Mindestlohn-Erhöhung, Tempolimit, höhere Steuern für Top-Verdiener – Kernforderungen der Grünen erteilte Armin Laschet per Interview schon jetzt eine Absage. Koalieren will der Unions-Kandidat lieber mit einer anderen Partei.
    Der Grünen-Parteitag war noch nicht beendet, da machte Armin Laschet bereits deutlich: Die CDU lehnt zentrale Forderungen der Grünen im Wahlkampf strikt ab. »Die Energiewende muss sozialverträglich sein. Das fehlt mir bei den Grünen«, sagte Laschet der »Bild am Sonntag«. »70 Euro mehr für einen Mallorca-Flug können sich Besserverdienende locker leisten, für so manche Familie aber kann das den Traum vom Sommerurlaub beenden. In den Urlaub fliegen darf kein Privileg für wenige werden.«
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Vielleicht können die Grünen mal erklären, mit welchem Koalitionspartner sie ihre (angeblichen) klimapolitischen und sozialen Ziele umsetzen wollen: die Union, die sich strikt verweigert, ist aktuell der wahrscheinlichste Koalitionspartner; mit der FDP (in einer Jamaika-Koalition – gut möglich – oder in einer Ampelkoalition – weniger wahrscheinlich) geht noch viel weniger als mit der CDU; und Grün-Rot-Rot, wo klimapolitisch etwas mehr ginge und sozialpolitisch sowieso, wird zumindest aktiv nicht angestrebt und hat aktuell keine Mehrheit in den Umfragen. Mit anderen Worten, das Wahlprogramm der Grünen ist an den Stellen, an denen es ambitionierter daherkommt, für die Tonne. (Auch die CDU wird sich der Wirklichkeit beugen und mehr gegen den Klimawandel unternehmen müssen, als Laschet hier andeutet.) Umgekehrt sind Laschets Aussagen atemberaubend populistisch und neoliberal gleichzeitig: er jammert, dass Mallorca-Flugpreise von 70 Euro (was ich ziemlich günstig finde) die weniger Verdienenden benachteiligten, und ist gleichzeitig gegen höhere Löhne, insbesondere einen höheren Mindestlohn, mit der aparten Begründung, das würde “Sozialpartnerschaft und Tarifautonomie” gefährden, natürlich im Gegensatz zu den seit Kohls Zeiten laufenden Programmen zur Schwächung der Gewerkschaften und zur Schaffung prekärer Arbeit und eines ausgedehnten Niedriglohnsektors. Er verweigert Steuererhöhungen für Gutverdiener und Unternehmen, gibt aber keinen Hinweis, wie er unter den Bedingungen der Schuldenbremse die während der Coronapandemie angeschwollenen Schulden abbauen will (starke Vermutung: durch weitere Sozialkürzungen). Laschet torpediert im Einvernehmen mit der FDP die Grunderwerbsteuer: ja, bis zu 6,5% Grunderwerbsteuer zu zahlen, ist frustrierend, aber die Erhöhung von früher einmal 3,5% war eine Notwehrreaktion der Bundesländer auf die radikalen Unternehmensteuersenkungen der Bundesregierung unter Schröder/Fischer, die die Länder anteilig mittragen mussten. (Die Grunderwerbsteuer ist eine der wenigen Steuern, deren Höhe die Länder eigenständig bestimmen können, und Armin Laschet als Ministerpräsident des hochverschuldeten NRW weiß ganz genau, wie wichtig diese Einnahmen für die Länder sind.) Mit anderen Worten: der wahrscheinliche Bundeskanzler Laschet lügt weiter vor sich hin, präsentiert sich als Hardcore-Neoliberaler und treibt schon mal die Preise für die Koalitionsverhandlungen hoch. Für die Grünen (und möglicherweise die SPD) heißt das, “friss oder stirb”, wie bisher schon. Klimapolitisch wird es minimale Verbesserungen geben, sozialpolitisch wird alles noch schlimmer werden als in den grauenhaften Merkel-Jahren – Abgründe, die aber leider, leider von der Mehrheit der Wähler getragen werden.

    Dazu: Laschet für höhere Militärausgaben und mehr Auslandseinsätze
    CDU-Chef Armin Laschet fordert, Deutschland müsse in Afrika und rund um das Mittelmeer mehr tun. Auch sollten künftig– wie von den Nato-Partnern vereinbart – zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in das Militärbudget fließen.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Um Gottes Willen! Der liberale Herr Laschet mit dem netten rheinischen Singsang ist also nicht nur ein Hardcore-Neoliberaler, sondern auch ein konservativer Militarist in den Spuren von AKK. Laschet möchte mehr Bundeswehrsoldaten nach Mali schicken, obwohl Macron gerade wegen Sinnlosigkeit der “Mission” das französische Militär zurückziehen will (faz.net/aktuell/politik/ausland/rueckzug-aus-mali-frankreich-stoppt-operation-barkhane-17383308.html, taz.de/Macron-kuendigt-Rueckzug-aus-Mali-an/!5778435/) – erzeugt man so “außenpolitische Glaubwürdigkeit”? Und Laschet will “rund ums Mittelmeer […] mehr tun”, also mehr Krieg führen: wo genau soll das sein? In der EU, in der Türkei, Libanon, Israel und den relativ stabilen (im Sinne von “Grabesruhe”) Staaten Marokko, Algerien, Tunesien und Ägypten sicher nicht. Übrig bleiben noch das Bürgerkriegsland Libyen und das (Bürger-)Kriegsland Syrien. Will Laschet Bundeswehrsoldaten dorthin schicken? Will er damit Härte demonstrieren oder nur seine völlige Unkenntnis sowohl der geopolitischen Lage als auch des Militärs? Und eine Anmerkung zu den Finanzen: Laschet will die Militärausgaben auf das NATO-Ziel “von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung” erhöhen. 2020 stand Deutschland bei 1,4% bei einem BIP von 3,34 Billionen Euro. Die restlichen 0,6 Prozentpunkte entsprechen aktuell etwa 20 Milliarden Euro. Woher will Laschet das viele Geld nehmen, wenn er gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten, die Steuern nicht erhöhen und die Corona-Schulden abbauen will und “nebenbei” in den Klimaschutz investieren muss? Die anämischen Bildungsausgaben noch weiter kürzen, obwohl das Gegenteil und mehr Digitalisierung versprochen wird? Noch weniger investieren, obwohl mehr Investitionen überfällig und versprochen sind? Noch mehr Sozialabbau? Wirklich, unter einem Kanzler Laschet drohen schlimmste Zustände; vielleicht für die reichsten und bestverdienenden 2 oder 3% hält er ein Füllhorn bereit, für den Rest wird es noch düsterer als bisher schon. Warum würden trotzdem 28%, die unter Laschet noch mehr leiden würden, Union wählen, und warum kritisiert keiner mit aller Härte, dass Laschets Zahlen hinten und vorne nicht zusammenpassen?

    Anmerkung J.K.: Das ist jetzt aber keine Überraschung. Die Treue zum US-Imperium ist ja quasi ein Teil der DNA der Union. Zusammen mit den Bellizisten der Grünen kann man da nur sagen: “Germans to the front!”

  3. Vermögen: Wieviel ist genug?
    In Österreich herrscht eine “bemerkenswerte Ungleichverteilung der Vermögen”, konstatiert die EU-Kommission. Sie rät, Erbschaften und Vermögen endlich stärker zu besteuern. Nun fordern sogar Millionärinnen und Millionäre: Besteuert uns endlich!
    Millionenerbin Marlene Engelhorn erklärt in ihrem Gastkommentar, warum sie und andere Millionärinnen und Millionäre für Vermögenssteuern eintreten.
    Unser Steuersystem basiert eigentlich auf einem simplen Prinzip: Jeder leistet seinen Beitrag. Wer mehr hat, gibt auch mehr für die Gemeinschaft. In den letzten Jahren ist dieses Prinzip zur Schimäre geworden. Denn in Wahrheit gilt: Wer hat, dem wird gegeben. Durch die Finger schauen dabei die “unteren” 95 Prozent, also fast die gesamte Gesellschaft.
    Steuerpolitik ist aber Gesellschaftspolitik in Reinform. Wir müssen nicht hinnehmen, dass Superreiche und Großkonzerne systematisch Geld und Macht anhäufen und bündeln, ohne dafür einen gerechten Beitrag zu leisten. Uns auch aus den “eigenen Reihen” in die Pflicht zu nehmen und Verantwortung einzufordern, wo sie verleugnet wird, ist das Mindestmaß an Respekt, das wir in den “obersten” fünf Prozent erbringen können. Der nächste Schritt ist, die Ressourcen radikal zu teilen. Besser noch, sie verteilen zu lassen; und zwar durch demokratische und transparente Prozesse, weil Ressourcenverteilung grundsätzlich alle etwas angeht.
    Quelle: Der Standard
  4. Der Betrug mit den Intensivbetten ist Freiheitsberaubung
    Die Deutschen haben gezeigt, dass sie unter besonderen Bedingungen bereit sind, ihr Leben dramatisch einzuschränken und sich an harte Maßnahmen zu halten. Wenn Maßnahmen wie Ausgangssperren und Lockdown der Läden allerdings auf Grund von falschen Zahlen ergriffen werden und die zuständigen Ministerien das wissen, dann handelt es sich um staatliche Freiheitsberaubung. (…)
    Viele Medien haben die Notfall-Erzählung der Politik und die Zahlen über Monate ungeprüft übernommen. Kritiker und Zweifler wurden niedergemäht. Doch jetzt ist klar: Krankenhäuser haben zum Teil weniger Intensivbetten gemeldet, als tatsächlich vorhanden waren. Es kann sein, dass Kapazitätsengpässe abgebildet worden seien, “die in diesem Maße nicht existierten”. So heißt es im Bericht des Rechnungshofes. Wenn das stimmt, ist das Betrug an den deutschen Bürgerinnen und Bürgern. Die verantwortlichen Politiker müssen die Verantwortung übernehmen – und zurücktreten. Schnell.
    Quelle: stern
  5. Spahn stellt Ende der Maskenpflicht in Aussicht – zumindest draußen
    […] Jens Spahn (CDU) hält angesichts der stark sinkenden Infektionszahlen ein schrittweises Ende der Maskenpflicht für denkbar – rät aber im Zweifel, weiter Mund-Nasen-Schutz zu tragen. »Bei den fallenden Inzidenzen sollten wir gestuft vorgehen: In einem ersten Schritt kann die Maskenpflicht draußen grundsätzlich entfallen«, sagte Spahn den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).
    In Regionen mit sehr niedriger Inzidenz und einer hohen Impfquote könne die Pflicht nach und nach auch drinnen entfallen. »Als Empfehlung bleibt in jedem Fall eine einfache Regel: im Zweifel mit Maske – besonders beim Reisen und bei Treffen in Innenräumen. Mehr Sicherheit gibt es nur, wenn alle Anwesenden entweder geimpft oder regelmäßig getestet sind.«
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung Jens Berger: Was heißt hier „in Aussicht stellen“? Die Öffnungspläne der meisten Bundesländer sehen unter einer Inzidenz von 10 ohnehin kein „erhöhtes Infektionsgeschehen“ mehr vor und daraus folgt, dass alle Maßnahmen auslaufen müssen. Die Maskenpflicht unter freiem Himmel ist ohnehin eine Eselei, die auch aus virologischer Sicht überhaupt keinen Sinn macht und dies völlig unabhängig von der Inzidenz.

  6. Es ist absurd, im Freien bei 30 Grad eine Maske zu tragen
    Genannt werden 15 große Straßen, darunter der Kurfürstendamm, und 16 bekannte Plätze, darunter der Alexanderplatz, außerdem die ganze Altstadt Spandau. Die Maskenpflicht gilt auch in den Außenbereichen von Zoo, Tierpark und Botanischem Garten. (…)
    Die Aerosolforscher wiesen am 12. April darauf hin, dass das Coronavirus fast ausschließlich in Innenräumen übertragen wird und nicht im Freien.
    Doch solche Meldungen will die Politik nicht hören. „Leider werden bis heute wesentliche Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit nicht in praktisches Handeln übersetzt“, beklagt Christof Asbach, der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung.
    Quelle: B.Z.

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) – ein Proporzprodukt bei der Vergabe der Senatsposten an SPD-Politiker – ist im Amt heillos überfordert. Ein Beispiel: Die Sozialdemokratin hält an der Maskenpflicht im Freien fest – diese soll bis zum Erreichen der “Herdenimmunität” gelten – berichtet die BZ am Juni 2021, (nach unten scrollen). Dass es eine Herdenimmunität möglicherweise nie geben wird (oder allenfalls in weiter Ferne), davon hat die Gesundheitspolitikerin Kalayci offenbar nichts gehört.

    Wissenschaftliche Belege für die Notwendigkeit der Maskenpflicht im Freien (insbesondere bei sehr niedrigen Infektionsraten) legt weder Kalayci noch der Berliner Senat vor. Dass im Freien die Ansteckungsgefahr bei etwas Vorsicht gleich Null ist – davon hat offenbar niemand etwas gehört. Auch bei der Einrichtung der Berliner Testzentren gibt die von Kalayci geführte Verwaltung keine gute Figur ab. Im Internet spricht die Verwaltung von einer “Zertifizierung” innerhalb von 24 Stunden (gemeint ist offenbar das Durchwinken der Anträge). Erst nach dem Aufdecken der Betrügereien durch ein Team von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung ist man aufgeschreckt.

    Die Verwaltung schafft nicht einmal die Durchsetzung eigner Vorschriften und verhängt keine Sanktionen bei Verstößen. Mit der Zulassung verpflichten sich alle Testzentren, der Gesundheitsverwaltung täglich die Zahl der durchgeführten Tests zu melden. Das dient offenbar einer Minimalkontrolle und der Vermeidung nachträglich geschönter Zahlen. Doch zwei Drittel aller Berliner Testzentren kommen nach meinen Informationen (siehe Ärzte Nachrichtendienst vom 11. Juni 2021) dieser Verpflichtung nicht nach. Eine Handhabung dagegen hat die Gesundheitsverwaltung offenbar nicht, und Geld gibt es trotz dieser Verstöße.

  7. abgeordnetenwatch: Biontech hat künftig einen direkten Draht zu Gesundheitsminister
    Biontech hat künftig einen direkten Draht zu Gesundheitsminister Jens #Spahn: Neuer “Associate Director Public Affairs” bei Biontech ist Mike Schuster – von 2014 bis 2018 Referent im Bundestagsbüro von Jens Spahn #CDU
    Quelle: abgeordnetenwatch.de via Twitter

    Dazu: Vitamin B wie BioNTech: Ex-Spahn-Mitarbeiter jetzt Impfstoff-Lobbyist
    Bei Stellenanzeigen im Bereich Public Affairs verlangen Unternehmen neben Hochschulabschluss, Kommunikationsfähigkeiten und Erfahrung vor allem ein bestehendes und auszubauendes verlässliches Netzwerk zu Vertretern aus Politik, Verbänden und Medien sowie mitunter ein “fundiertes Verständnis der deutschen Politikprozesse” und der institutionellen Akteure sowie politischen Stakeholder. Denn die in dem Bereich tätigen Mitarbeiter vertreten die Unternehmensinteressen gegenüber politischen Ansprechpartnern.
    Der im Laufe des vergangenen Jahres zu erweiterter öffentlicher Prominenz gelangte Mainzer Pharmakonzern BioNTech hat den Posten “Associate Director Public Affairs” mit Mike Schuster besetzt – einem jungen Mann, der sehr direkte Verbindungen in das höchste Gesundheitsregierungsamt haben dürfte. Denn Schuster war bis 2018 vier Jahre lang Referent im Bundestagsbüro von Jens Spahn gewesen.
    Derartige Karrierewege sind nicht unüblich. Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de verschaffen sich große Lobbyverbände und Unternehmen aus den verschiedensten Wirtschaftssektoren so direkten Zugang zu Entscheidungsträgern auf Bundes-, Landes- und Europaebene und nehmen gezielt langjährige Büroleiter von Politikern unter Vertrag. Ein Problem bei diesen “Seitenwechseln” ist laut abgeordnetenwatch.de offensichtlich, dass sich die jeweiligen Unternehmen oder Verbände gegenüber anderen Interessengruppen einen unschätzbaren Vorteil verschaffen.
    “Zugespitzt gesagt: Am Ende dringt nicht derjenige mit den besten Argumenten zu den Entscheidungsträgern durch, sondern der Lobbyakteur mit der klügsten Personalpolitik.” (…)
    Während BioNTech-Gründer Uğur Şahin seit dem COVID-19-Impfstoff-Durchbruch zu den 100 reichsten Deutschen und damit zu der Minderheit der Gewinner der Corona-Krise gehört, hat sich bei der Union gerade im vergangenen Jahr durch eine mittlerweile beinahe unüberschaubare Vielzahl von Skandalen gezeigt, dass bedenkliche Einflussnahme, gerade durch persönliche Verbindungen, mit viel gelobten demokratischen Prozessen oder aber öffentlicher Gesundheit häufig weniger zu tun hat als mit privater Bereicherung auf gesellschaftliche sowie staatliche Kosten.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Der „Drehtür-Effekt“ zwischen Politik und privater Wirtschaft funktioniert immer noch und es sollte nicht überraschen, dass das Umfeld des Pharmalobbyisten im Bundesministerium für Gesundheit vor allem in dieser besonderen Zeitphase prädestiniert zu sein scheint. Die Hinweise auf das Vorhandensein von institutioneller Korruption mehren sich.

  8. Die Macht von übermächtigen Konzernen beschneiden
    Große Unternehmen dominieren weite Teile der Wirtschaft wie den Digital- oder Finanzsektor. Dieser Trend verschärft sich, insbesondere durch die Digitalisierung. Gegen die zunehmende Monopolisierung der Märkte fordert LobbyControl mit 23 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen jetzt ein entschiedenes Vorgehen. Die Konzentration von wirtschaftlicher und politischer Macht schadet der Demokratie, der Gesellschaft und der Wirtschaft. Der Bundestag und die EU-Institutionen müssen es den Kartellbehörden ermöglichen, zukünftig in schwerwiegenden Fällen übermächtige Konzerne zu entflechten, das heißt aufzuspalten. Dies fordern wir mit dem Statement „Übermächtige Konzerne entflechten“(pdf).
    Wenn wenige Konzerne Märkte kontrollieren, können sich diese einseitig ökonomische Vorteile verschaffen, die Politik in ihrem Sinne beeinflussen und soziale und ökologische Kosten auf die Gesellschaft abwälzen. Die mächtigen Unternehmen können höhere Gewinne durchsetzen, indem sie auf der Abnahmeseite die Preise drücken, Marktzugangsbedingungen bestimmen und Größenvorteile ausnutzen. Da Unternehmens- und Aktienbesitz sehr ungleich verteilt ist, führt Marktkonzentration so zu mehr Ungleichheit. (…)
    Dennoch wird die übermäßige Marktmacht dominanter Konzerne von der Politik nicht angetastet. Die meisten Fusionen großer Unternehmen werden ohne strenge Auflagen genehmigt. Vermachtete Marktstrukturen mit wenigen Wettbewerbern aufzulösen, ist bislang in der Wirtschaftspolitik und im Kartellrecht nicht vorgesehen. Politik und Behörden in Europa wollen nur den Missbrauch von Marktmacht zu Lasten anderer Unternehmen begrenzen. Doch diese Versuche gleichen einem nicht enden wollenden Katz-und-Maus-Spiel. Die EU-Kommission führte zwar einzelne spektakuläre Verfahren. Sie verhängte hohe Strafen gegen Konzerne wie Google, weil sie ihre Marktmacht missbraucht hatten. Aber diese Verfahren sind langwierig und schwierig. Selbst wenn es Strafen gibt, führen diese nicht zu einer Auflösung der zugrundeliegenden Machtstellungen. Mit verhaltensorientierten Abhilfemaßnahmen allein lässt sich das Problem nicht lösen.
    Deshalb brauchen wir weitere Instrumente. Die deutsche und europäische Politik muss Entflechtung zu einem einsatzfähigen Instrument der Kartell- und Regulierungsbehörden machen. Wenn eine große strukturelle Abhängigkeit von einem Konzern besteht und dieser derart marktmächtig ist, dass dies schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft hat, muss eine solche Entmachtung ohne den Nachweis eines Missbrauchs möglich sein (sogenannte missbrauchsunabhängige Entflechtung). Entflechtungen können vermachtete Marktstrukturen aufbrechen und eine funktionierende Regulierung im Sinne des Gemeinwohls erleichtern. (…)
    Deutschland und EU brauchen ein neues Entflechtungsinstrument
    In Deutschland und Europa fehlen aber die rechtlichen Voraussetzungen dafür. Dabei gab es auch in Deutschland seit den 1960er Jahren immer wieder Forderungen nach einem Entflechtungsinstrument. Die Politik sollte sich in Deutschland und in der EU dafür einsetzen, die Marktkonzentration zu beschränken und die rechtlichen Grundlagen für eine missbrauchsunabhängige Entflechtung zu schaffen.
    Wir müssen wieder stärker begreifen, dass die Konzentration ökonomischer Macht auch eine Gefahr für die Demokratie ist. Es ist nicht nur eine ökonomische Frage. Wir brauchen eine umfassende und offene Debatte darüber, wie übergroße Konzernmacht begrenzt und ihre negativen Auswirkungen eingedämmt werden können.
    Quelle: LobbyControl
  9. Amerika knöpft sich seine Tech-Giganten vor
    Es ist ein gewaltiger Schuss vor den Bug der Tech-Giganten aus dem Silicon Valley: Das Abgeordnetenhaus im amerikanischen Kongress hat am Freitag gleich fünf Gesetzentwürfe vorgelegt, die darauf abzielen, die Macht von Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Apple zu begrenzen. (…)
    Bemerkenswert ist, dass es für diese Initiativen zumindest ein Stück weit überparteiliche Unterstützung gibt. Alle fünf Entwürfe wurden von je einem Vertreter beider großer Parteien auf den Weg gebracht.
    David Cicilline von den Demokraten, der den Kartellausschuss im Abgeordnetenhaus leitet, sagte: „Unregulierte Tech-Konzerne haben im Moment zu viel Macht über unsere Wirtschaft.“ Ken Buck von den Republikanern sagte, Apple, Amazon, Facebook und Google sicherten sich auf wettbewerbswidrige Weise ihre Monopolpositionen. (…)
    Im Herbst gaben die Demokraten einen fast 450 Seiten langen und scharf formulierten Abschlussbericht heraus. Darin hieß es, die vier Unternehmen seien heute „die Art von Monopolen, die wir zuletzt in der Ära von Ölbaronen und Eisenbahn-Tycoons gesehen haben“. Dieser Bericht dürfte eine Art Leitfaden für die jetzt vorgestellten Gesetze gewesen sein.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine
  10. Drohender „Versorgungskollaps“ – das bedeutet der Trucker-Mangel für die Deutschen
    Ausgerechnet im Sommer ist die Versorgungssicherheit mit Bier und anderen Getränken gefährdet. Denn in Deutschland fehlen Zehntausende Lkw-Fahrer. Schon bald könnte Kneipen und Biergärten, die gerade erst wieder öffnen konnten, ein missliches Szenario blühen. (…)
    Der Grund: ein massiver und sich stetig verschärfender Fahrermangel. Zwischen 45.000 und 60.000 Berufskraftfahrer fehlen derzeit in Deutschland, haben der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) gemeinsam berechnet.
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Da wird ja gleich der Teufel an die Wand gemalt: kein Bier mehr in der Kneipe… Ein Hungerlohn von 2.500 Euro brutto (plus ein paar Zulagen) für einen Job mit hoher Verantwortung, dabei ganz schlimme Arbeitsbedingungen unterwegs und die dauernde Trennung von der Familie: warum wohl reißen sich die Leute nicht um so einen Job???? Angeblich können keine höheren Löhne bezahlt werden, aber war da nicht was mit Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt? Wie kann man die Situation allen Ernstes mit dem Wort “Fachkräftemangel” beschreiben, wenn es in Wahrheit um einen chronischen und eklatanten Mangel an angemessenen Löhnen geht? Aber natürlich ist die Transportbranche wie so viele andere Branchen froh, dass man dank EU-Personenfreizügigkeit in den südosteuropäischen Armenhäusern Personal findet, dass die inakzeptablen Bedingungen mit Handkuss akzeptiert, nachdem die Arbeitsbedingungen so runtergerockt worden sind.

  11. Versagende Sozialpolitik: Dichtung und Wahrheit im Armutsbericht
    Wie schafft man es, unangenehme Wahrheiten verschwinden zu lassen? Indem man sie geschickt formuliert. Der Armutsbericht der Bundesregierung ist ein Musterbeispiel für diese Art Amtsprosa. Auch aus totalem Versagen in der Sozialpolitik lassen sich noch beeindruckende Sätze drechseln. (…)
    Kleines Beispiel gefällig?
    “War im Jahr 1995 noch jede dritte arbeitslose Person der Lage ‘Mitte’ zuzuordnen und nur jede siebte der Lage ‘Armut’, so veränderten sich die Größenordnungen bereits 2005 drastisch: Nunmehr war gut jede dritte arbeitslose Person in der Lage ‘Armut’ anzufinden, während nicht einmal mehr jede vierte der ‘Mitte’ angehörte. Diese Tendenzen verstärkten sich mit dem allgemeinen Rückgang der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2015, so dass in diesem Jahr knapp zwei Drittel aller Arbeitslosen der Lage ‘Armut’ angehört haben und nahezu alle anderen den angrenzenden Lagen bis zur ‘Mitte’. Im Ergebnis lässt sich eine zunehmende Konzentration von Arbeitslosen in der Lage der ‘Armut’ konstatieren.”
    Ups. Wie ist das nur passiert? Erst ist ein Siebtel der Arbeitslosen arm, dann ein Drittel, und inzwischen zwei Drittel. Einfach so.
    Es braucht nicht viel Hirnschmalz, um zu erkennen, dass da ein im Jahr 2005 eingeführtes Gesetz namens SGBII, besser bekannt als Hartz IV, eine Rolle gespielt hat. Ein Gesetz, das sich nicht selbst gemacht hat, sondern in einem Parlament namens Bundestag verabschiedet wurde. Die hier erwähnten Verschlechterungen sind eine Leistung der Politik, das war so gewollt. (…)
    Übrigens, auch in diesem Armutsbericht sind die Alleinerziehenden so gut wie verschwunden. Das ist schon seit Jahrzehnten die gesellschaftliche Gruppe mit dem höchsten Armutsrisiko; und da hat auch mehr Kinderbetreuung und ein höherer Anteil der Alleinerziehenden, die arbeiten, nichts daran geändert.
    Wie viele arme wohnungslose Alleinerziehende die BRD hat, gibt der Bericht übrigens nicht her. Schon allein deshalb, weil an den meisten Orten eine wohnungslose Alleinerziehende sehr schnell eine alleinstehende Frau ist, weil die Kinder in die stationäre Jugendhilfe verschwinden. Das löst natürlich gar nichts, aber wenigstens die Statistik ist aufgeräumt.
    Das Grundproblem mit der Messung der Armut insbesondere in der BRD wird natürlich im Bericht auch nicht besprochen. Die Armutsgrenze orientiert sich immer am Median-, nicht am Durchschnittseinkommen. Das Medianeinkommen ist so definiert, dass genau je die Hälfte der Einkommen darüber und darunter liegen.
    Wenn nun über einen langen Zeitraum hinweg nur ein geringer Teil des Wohlstandszuwachses überhaupt bei den Lohnempfängern landet, dann verändert sich auch der Median nicht. Das heißt, obwohl die unterste Gruppe der Bevölkerung im Verhältnis zur obersten immer weniger hat, wird das nicht als Armut sichtbar.
    Quelle: Dagmar Henn in RT DE
  12. Rentenversicherung wehrt sich gegen Negativ-Spekulationen
    Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) wehrt sich gegen nicht nachvollziehbare Zahlen und Behauptungen eines Ökonomen in der gestrigen Ausgabe der „Bild“-Zeitung. Die vom Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen genannten Zahlen seien „spekulativ, da sie nicht auf der Grundlage des geltenden Rechts basieren“, heißt es in einer Stellungnahme der DRV zu dem Bericht. „Mit spekulativen Rechnungen die Rentenversicherung zu diskreditieren, halten wir für unverantwortlich. Die Rentenversicherung wird auch den jungen Menschen eine stabile Rente zahlen können.“
    Die Bundesregierung habe zu Beginn der im September dieses Jahres endenden Wahlperiode beschlossen, „dass das Rentenniveau in der Rentenversicherung nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen darf“, stellt die DRV klar. „Diese Begrenzungen gelten nach Gesetz aber nur bis zum Jahr 2025. Danach laufen sie aus und es gelten nach Gesetz dann die Haltelinien von 43 Prozent beim Rentenniveau und von 22 Prozent beim Beitragssatz.“ In seinen Berechnungen unterstelle Raffelhüschen aber, dass die derzeitigen Haltelinien für das Rentenniveau und den Beitragssatz über 2025 hinaus gelten würden, so die DRV. „Ob das so kommen wird, kann heute keiner sagen und ist völlig spekulativ.“
    Die Boulevard-Zeitung hatte unter Verweis auf Raffelhüschen berichtet, das deutsche Rentensystem stehe „vor dem Ruin“. Der Finanzexperte wird mit den Worten zitiert: „Am Ende wird uns das Rentensystem um die Ohren fliegen.“ Die Rentenbeiträge müssten demnach „um zehn Punkte auf 28 Prozent steigen“. Derzeit beträgt der Rentenbeitrag 18,6 Prozent des Bruttoverdiensts der Beschäftigten. Alternativ müssten die Steuerzuweisungen an die Rentenversicherung „von jetzt gut 30 Prozent auf die Hälfte“ des Bundeshaushalts von zuletzt 362 Milliarden Euro steigen, behauptet die „Bild“.
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Da haben die Herren Börsch-Supan und Raffelhüschen wieder mal ganze Arbeit geleistet und mit ihren Renten-Untergangsszenarien Verunsicherung geschürt. Und um es schön dramatisch zu gestalten, haben sie die “doppelten Haltelinie” über 2025 hinaus fortgeschrieben, was rechtlich derzeit nicht zulässig ist. Dass die gesamten Ausgaben in Deutschland für Altersversorgung steigen von derzeit ca. 10% des BIP bis 2040 auf 12% steigen, erwähnen sie nicht. Klingt ja auch nicht so bedrohlich, wie die großen Milliardenbeträge. Der Anstieg um 2%-Punkte des BIP ist zwar immer noch signifikant, aber nicht der Untergang des Abendlandes – die Sozialausgaben für Kinder sind von 1991-2019 um 1,2% des BIP gestiegen, ohne dass es zu einer Revolution gekommen wäre (Quelle: BMAS, Sozialbudget 2019, S. 16). Eine ganz andere Frage ist, wer eigentlich in die GRV einbezogen ist und wie man sie finanziert. Man könnte Beamte und Selbständige einbeziehen, um die Mehrausgaben zumindest teilweise zu decken. Das Argument, dass die neuen Beitragszahler auch Ansprüche erwerben, geht fehl – die haben auch jetzt schon Altersversorgungsansprüche gegen die Volkswirtschaft. Als nächstes könnte man mit einer Vermögensteuer und einem höheren Spitzensteuersatz (ab 160.000 €) sowie einer höheren Erbschaftsteuer bei hohen Freibeträgen die Alterungskosten abfedern, ohne die Wirtschaft zu überlasten. Noch radikaler wäre ein Systemwechsel auf einen Wertschöpfungsbeitrag umstellen, die gesamte Bevölkerung einbeziehen und die Rentenhöhe wie bisher nach dem Lebensdurchschnittseinkommen berechnen. Mit einem Wertschöpfungsbeitrag sind Demographie und Arbeitsmarkt irrelevant – der einzige Hebel ist dann das BIP pro Kopf. Wenn man die Einfuhr-Umsatzsteuer einbezieht und die Belastung kapitalintensiver Branchen deckelt, sind auch Ausweich-Effekte ins Ausland und Verzerrungen bei Investitionsentscheidungen neutralisiert.

  13. Die Suche nach einer umfassenden Strategie
    Maßnahmen in den Bereichen Klima- und Artenschutz können sich gegenseitig verstärken. Der erste gemeinsame Weltkrisenreport von Weltklimarat IPCC und Welt-Biodiversitätsrat IPBES will dazu anregen, solche Synergien besser zu nutzen. Experten aus beiden Bereichen sind sich einig: Die Zeit drängt.
    Normalerweise dauert es Jahre, bis Weltklima- oder Weltbiodiversitätsrat einen neuen Bericht vorlegen. Mit ihrer ersten gemeinsamen Veröffentlichung hatten es IPCC und IPBES eiliger. Erst im Dezember traf man sich zum Workshop, geleitet vom deutschen Ökologen Hans-Otto Pörtner. Und schon jetzt erscheint der Ergebnisbericht – rund 300 Seiten stark und extern begutachtet. (…)
    Bisher spielt der Klimaschutz eindeutig die erste Geige. Und der Erhalt der Artenvielfalt eher eine Nebenrolle. Als langjähriger Autor des Weltklimarates ist Pörtner hier durchaus selbstkritisch: „Da ist es ganz wichtig, dass man das eine nicht ohne das andere denkt. Das ist leider momentan noch ein bisschen der Fall, und das müssen wir ändern.“
    Quelle: Deutschlandfunk

    Dazu: „Wer die Natur für den Klimaschutz nutzen will, muss als Erstes die Emissionen mächtig herunterfahren“
    Hans-Otto Pörtner vom Weltklimarat IPCC spricht im Interview über Möglichkeiten und Grenzen, durch den Schutz von Ökosystemen den Klimawandel zu bekämpfen.
    Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner ist Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe II des Weltklimarats IPCC und Leiter der Sektion Integrative Ökophysiologie am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Den ersten gemeinsamen Workshop von IPCC und Weltbiodiversitätsrat IPBES hat er als Ko-Vorsitzender geleitet.
    Quelle: RiffReporter

  14. Das Menschenbild in der Politik und die unerträgliche Zweiklassengesellschaft
    Saskia Esken warf Medienberichten zufolge dem Gesundheitsminister Jens Spahn eine beispiellose Verachtung für Teile der Gesellschaft vor und sein Menschenbild passe nicht in die aktuelle Regierung. Ursula Mathern wendet sich in einem offenen Brief an die SPD-Parteichefin, stimmt ihrer Aussage zu, hinterfragt aber das Menschenbild, das hinter der SPD-Politik steht in der Zeit, als die Partei den Kanzler stellte und in den 12 Jahren als sie als Juniorpartner in der Regierung war. (…)
    Medienberichten zufolge warfen Sie Jens Spahn vorgestern eine „beispiellose Verachtung“ für Teile der Gesellschaft vor, weil er in der Pandemie in Deutschland nicht zertifizierte Masken an Obdachlose und Grundsicherungsempfänger und in Einrichtungen mit Menschen mit Behinderung verteilen lassen wollte. „Wer Menschen in dieser Gesellschaft in zwei Klassen einteilt, diejenigen, die ein Anrecht haben auf korrekte Masken und welche, die auch mit nicht ganz zu 100 Prozent wirksamen Masken abgespeist werden, der hat ein Menschenbild, das passt nicht in diese Regierung. Wenn das einer unseren Minister, eine unserer Ministerinnen wäre, wir wüssten was zu tun ist. Ich appelliere an Armin Laschet, diese Frage zu bedenken“, werden Sie in der FR zitiert.
    ch stimme Ihnen zu und begrüße es sehr, dass Sie die Frage des Menschenbildes ins Spiel bringen. Allerdings muss sich auch die SPD diesbezüglich deutliche Fragen gefallen lassen.
    Welches Menschenbild steht hinter Hartz IV und der Agenda 2010? Seit der Einführung durch die damalige rot-grüne Regierung am 01.01.2005 werden Menschen durch dieses System „unten gehalten“, abgespeist mit einem Betrag, der gerade mal beim Existenzminimum liegt, mit unsinnigen Jobcenter-Maßnahmen verfolgt, mit Sanktionen bedroht, mit Diffamierungskampagnen von Politik und Medien der allgemeinen Verachtung preisgegeben. Was ist spätestens seit der Schröder/Fischer-Regierung aus der einst geachteten Arbeiterpartei SPD geworden? Natürlich gilt das nicht minder auch für die GRÜNEN.
    Welches Menschenbild steht hinter all den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, mit denen genau diese rot-grüne Regierung unter Verwendung faustdicker Lügen in Jugoslawien den Anfang machte?
    Quelle: pressenza
  15. Dieses Pulverfass wird hochgehen
    Warum Sparmaßnahmen nach Corona brandgefährlich, Schulden hingegen trotz Inflationsgefahr kein Problem sind, erklärt US-Ökonomin Stephanie Kelton. (…)
    Sie sind eine der bekanntesten Verfechterinnen der Modern Monetary Theory. In Ihrem Buch „The Deficit Myth“ schreiben Sie, dass Staatsdefizite eigentlich gar keine so große Rolle spielen. Was genau meinen Sie damit?
    Es kommt darauf an, wie das Geld ausgegeben wird. 2017 haben die Republikaner in den USA das Defizit erhöht, indem sie die Körperschaftssteuer gesenkt haben, um mehr Investitionsanreize für Unternehmen zu schaffen. Sie behaupteten, wir würden einen Beschäftigungs- und Investitionsboom erleben. Das ist nicht passiert. Aber was noch viel wichtiger ist: Die ganzen negativen Entwicklungen, von denen uns lange eingeredet wurde, dass sie mit höheren Defiziten einhergehen, sind ebenfalls nicht eingetreten, etwa steigende Zinssätze, die Verdrängung privater Investitionen und die wachsende Gefahr einer Schuldenkrise.
    In meinem Buch gehe ich davon aus, dass jedes Defizit jemandem zugutekommt. Das ist der springende Punkt. Denn jedes Haushaltsdefizit bedeutet einen finanziellen Überschuss in irgendeinem Wirtschaftssektor. Deshalb heißt ein Kapitel in meinem Buch „Ihre roten Zahlen sind unsere schwarzen Zahlen“. Die entscheidende Frage ist: Wem nutzt das Defizit? Von den Haushaltsdefiziten, die von den Republikanern gemacht wurden, haben die großen Konzerne und die Reichsten der Gesellschaft profitiert.
    Die Demokraten haben mit ihrem Covid-19-Rettungspaket im März dieses Jahres das Defizit um fast zwei Billionen US-Dollar erhöht. Von diesem Defizit hat eine ganz andere Bevölkerungsgruppe profitiert. Das reichste Prozent hatte davon nichts, aber die Mittelschicht und die Menschen mit niedrigem Einkommen, die Armen sowie die Bundesstaaten, die Kommunen und die kleinen Unternehmen.
    Defizite spielen eine wichtige Rolle. Die Frage ist aber: Defizite für wen und wofür? Machen wir Defizite, um Investitionslücken bei Infrastruktur, Bildung, Forschung und Entwicklung zu schließen – also in Bereichen, die langfristig das Produktivitätspotenzial der Volkswirtschaft steigern? Oder machen wir die Defizite nur, um großen Unternehmen und reichen Leuten zu einem unverhofften Geldsegen zu verhelfen?
    Viele Ökonomen würden ins Feld führen, dass Schulden irgendwann zurückgezahlt werden müssen.
    Wenn ein Staat sich verschuldet, steckt er mehr Dollar oder Euro in die Wirtschaft, als er an Steuern herauszieht, und dann gleicht er das Defizit aus, indem er einen Teil dieser Dollars oder Euros in ein verzinsliches Wertpapier umwandelt: in eine Staatsanleihe. Eine US-Bundesanleihe ist nichts anderes als eine verzinslichte Form von Geld.
    Die US-Regierung hat zwei Instrumente zur Auswahl: Sie kann einen Dollar in Umlauf bringen, oder sie kann eine Staatsanleihe auflegen. Auf den Dollar zahlt niemand Zinsen, auf die Staatsanleihe schon. Wenn die Regierung Schatzanweisungen ausgibt, dann heißt es, die Regierung habe sich etwas geliehen, sie habe Schulden aufgenommen und müsse diese Schulden zurückzahlen. Doch was heißt das für einen Staat, der ja das Geld schafft? Was heißt „Schulden zurückzahlen“? Es bedeutet nur, dass die Regierung gelbes Papier wieder in grünes Papier umwandelt.
    Es bedeutet, dass der Staat die emittierten Staatsanleihen wieder vom Markt nimmt; ihre Laufzeit endet. Und wenn sie mit dem Ende ihrer Laufzeit fällig werden, wandelt der Staat sie wieder in das andere geldpolitische Instrument um, das ihm zur Verfügung steht. Das ist einfach nur ein elektronischer Buchungsvorgang. „Schulden zurückzahlen“ heißt lediglich, dass die Zahl in der einen Spalte heruntergesetzt und in der anderen Spalte hochgesetzt wird. Es ändert sich nur die Zusammensetzung der Geldmenge: weniger Staatsanleihen, mehr Geld, das ist alles.
    Quelle: IPG
  16. Oscars für Datenkraken in der Corona-Pandemie
    Die Reden auf die Preisträger*innen in den unterschiedlichen Kategorien, heben das missliche Verhalten bei Thema Datenschutz hervor und warnen Nutzer*innen. Immer wieder trifft es auch Einzelpersonen, die wenig Sinn für Datenschutz bewiesen haben. Preisträger in der Kategorie «Public Intellectual» ist der stellvertretende Vorsitzende des deutschen Ethikrates Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Julian Nida-Rümelin, der wiederholt in Talkshows und Interviews behauptete, dass Datenschutz die Bekämpfung on Corona erschwert und Tausende von Toten zu verantworten habe. Nida-Rümelin vertrat die Auffassung, dass die Diskussion um die Corona-Warnapp Menschenleben gekostet habe und das Staaten wie Südkorea technisch bessere Lösungen gefunden hätten und deshalb die Pandemie besser unter Kontrolle gebracht hätten.
    Der Haken: Die Apps sind nicht vergleichbar. Während in Südkorea die App zur Kontrolle der Einhaltung von Quarantänebestimmungen genutzt wurde, setzte Deutschland auf die Nachverfolgung von Infektionsketten. «Was treibt einen anscheinend klugen Mann wie Nida-Rümelin dazu, sich im Fernsehen, Radiosendungen, in Zeitungen dazu auszulassen, dass der Datenschutz »Tausende Corona-Tote zu verantworten hätte«?, fragt der Künstler, Netzaktivist Padeluun in seiner Laudatio. »Wie klein muss sein großer Geist sein, damit der ihm nicht noch mal eine Warnung zuflüstert, bevor er so eine offensichtliche Dummheit in die Welt hinausruft?« Gerne hätten die Datenschützer*innen darauf verzichtet, diesen haltlosen Äußerungen noch mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Aber Nida-Rümelin wurde nicht müde, seine Einlassungen zu wiederholen.
    »Und dann, im März 2021 – da waren alle Fakten, auf die er sich gestützt hatte, längst komplett widerlegt – verbreitete er seine alternativen Meinungen erneut. Da dachte ich dann wirklich: Ach, Philosoph, hättest Du doch geschwiegen«, erklärt Padeluun die durchaus langwierige Qualifizierungsphase, die sich von der ersten Äußerung im September 2020 ihren Weg durch mehrere Talkshows bis in die Deutsche Presse Agentur bahnte.
    Quelle: nd

    Dazu auch: Datenschutz-Negativpreise für Doctolib, Google und Proctorio
    Was die „Goldene Himbeere“ im Filmbereich, sind die BigBrotherAwards im Bereich Datenschutz. Wer hier einen Preis gewinnt, hat in der Regel ziemlich viel falsch gemacht. Das sind die Preisträger des Jahres 2021.
    Bei den BigBrotherAwards 2021, den alljährlichen Oscars für Überwachung, wurden gleich mehrere Unternehmen ausgezeichnet. Der Award wird seit mehr als 20 Jahren vergeben und wird auch live übertragen.
    In der Kategorie „Gesundheit“ trifft es dieses Jahr das Terminvermittlungsportal Doctolib, das vielen Menschen von Buchungen bei Arztterminen und bei den Berliner Impfzentren bekannt sein dürfte. Laut der Jury würden die Patientendaten „unter Missachtung der Vertraulichkeitsverpflichtung verarbeitet und laut Datenschutzvereinbarung auch im Rahmen kommerzieller Marketingzwecke genutzt.“ Dafür nutzt Doctolib laut BigBrotherAwards den im Arztinformationssystem gespeicherten Patientenstammdatensatz und gleicht die Termine des Arztes aus dessen System ab. Dabei würden Daten auch von Patienten ausgetauscht, die nicht über Doctolib buchen.
    Quelle: Netzpolitik

  17. Untersuchungen zu Anis Amri: Das verheerende Fazit der Opposition
    FDP, Linke und Grüne: Die Regierung hat kein Interesse an einer Aufklärung des islamistischen Terroranschlags. (…)
    „In den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden gibt es offenbar überhaupt keine Idee, wie die islamistischen Netzwerke funktionieren, wie sie agieren, woher sie Waffen und Munition beziehen“, sagte Martina Renner (Linke). „Das hatte zur Folge, dass die Polizeibehörden bei der Gefährdungsbewertung versagten.“
    Zur Rolle der Geheimdienste sagte Renner, dass dort viel mehr Informationen vorgelegen hätten, als man den Ausschuss am Anfang habe glauben machen wollen. „Aber diese Informationen sind nicht zu den Richtigen gelangt, die die Anschlagspläne hätten durchkreuzen können.“ Zudem habe der Ausschuss rechtswidriges Handeln der Geheimdiente festgestellt. Informationen seien nicht an ermittelnde Stellen wie den Bundesanwalt weitergegeben worden.
    Renner forderte deshalb, die Verfassungsschutzbehörden als Geheimdienst abzuschaffen und durch eine wissenschaftlich arbeitende unabhängige Dokumentationsstelle zu ersetzen. Bis es so weit sei, müsse das V-Leute-System auf den Prüfstand gestellt werden. „Denn der Quellenschutz steht nicht nur über der Verhinderung von schweren Gewalttaten, sondern auch über der Aufklärung.“
    Amri – und das ist eine Erkenntnis des Untersuchungsausschusses – war anderthalb Jahre lang von mindestens acht V-Leuten „geradezu umzingelt“ gewesen: in Nordrhein-Westfalen, in Berlin und in der Fussilet-Moschee in Moabit, wo er regelmäßig verkehrte. Doch dazu machten Verfassungsschutzämter und Polizeibehörden kaum Aussagen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  18. Grüne weichen Nein zu bewaffneten Drohnen auf
    Die Partei revidiert eine jahrelange Position. Sie lehnt die Beschaffung von Drohnen für die Bundeswehr nicht mehr kategorisch ab, wenn sie Soldaten in Einsatzgebieten schützen sollen.
    Die Grünen lehnen die Beschaffung bewaffneter Drohnen zum Schutz von Bundeswehr-Soldaten in Einsatzgebieten nicht mehr kategorisch ab. In einer sehr knappen Abstimmung revidierte der Bundesparteitag damit eine jahrelange Position.
    Bewaffnete Drohnen könnten Soldaten in gewissen Situationen besser schützen, heißt es nun in der mit 347 gegen 343 Stimmen beschlossenen Formulierung für das Programm zur Bundestagswahl. “Deshalb muss klargemacht werden, für welche Einsatzszenarien der Bundeswehr die bewaffneten Drohnen überhaupt eingesetzt werden sollen, bevor über diese Beschaffung entschieden werden kann.” Für den Antrag hatte unter anderem Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin geworben. Damit unterlag ein Antrag, der von anderen Mitgliedern der Bundestagsfraktion unterstützt worden war. Darin hieß es: “Wir halten die Bewaffnung für falsch.”
    Im Bundestagswahlprogramm 2017 hieß es noch: “Wir sind gegen die Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen für die Bundeswehr.” Noch im Dezember 2020 hatte Grünen-Chef Robert Habeck betont, mit den bewaffneten Drohnen, die bisher im Einsatz seien, seien häufig völkerrechtswidrige Hinrichtungen aus der Luft vorgenommen worden. “Es droht eine weitere Automatisierung des Kriegs, ohne dass es klare Einsatzregeln gibt”, warnte er damals.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

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