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  1. Mode und Krieg: Selenskyj und seine Frau posieren in der Vogue: Inspirierend oder unangebracht?
  2. Der Krieg fiel nicht vom Himmel! (VI) Die Reaktion der Ignoranten: Das Schweigen von USA und NATO auf die Briefe Russlands vom Dezember 2021
  3. »Wie sollen diese Menschen Gas sparen?«
  4. Fragmentierter Welthandel
  5. Strategie der Spannung
  6. Arbeitgeberpräsident warnt vor ausufernden Sozialabgaben
  7. Personalmangel: »Es kann ein wenig dauern«
  8. Krankenhausgesellschaft: Pflege-Impfpflicht “nicht mehr sinnvoll”
  9. Österreich schafft Isolationspflicht ab, Frankreich alle Maßnahmen, Deutschland diskutiert
  10. Das Digitalgesetz der EU vernichtet die Pressefreiheit im Internet
  11. Kündigung unwirksam
  12. Ganz enger Kontakt
  13. Merkel, Wulff, Habeck: Deutschlands „eng verzahnte“ Connection nach Katar
  14. Zu guter Letzt: Konzert abgebrochen, weil weiße Musiker Dreadlocks trugen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mode und Krieg: Selenskyj und seine Frau posieren in der Vogue: Inspirierend oder unangebracht?
    Der ukrainische Präsident und seine Frau haben mitten im Krieg für das Modemagazin eine Homestory gemacht. Die Bilder stammen von Star-Fotografin Annie Leibovitz.
    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und seine Frau Olena Selenska haben sich für die Vogue ablichten lassen. Die bekannte Fotografin Annie Leibovitz porträtierte das Paar für das Modemagazin. Der Journalistin Rachel Donadio verriet Selenska, dass ihre ukrainischen Landsleute sie inspirieren würden. „Wir freuen uns auf den Sieg. Wir haben keinen Zweifel, dass wir uns durchsetzen werden. Und das hält uns am Laufen.“
    Mehrere Fotos zeigen Selenskyj und Selenska vertraut miteinander. Am mittlerweile legendären Schreibtisch des Präsidenten halten die beiden Händchen. Immer trägt Selesnkyi sein weltbekanntes, grünes Kampfshirt. Ein anderes Bild zeigt seine Frau auf den Treppen im Inneren des Präsidentenpalasts mit Sandsäcken im Hintergrund.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung unserer Leserin M.S.: Was man halt so macht als Präsident.

  2. Der Krieg fiel nicht vom Himmel! (VI) Die Reaktion der Ignoranten: Das Schweigen von USA und NATO auf die Briefe Russlands vom Dezember 2021
    Auch wenn Russlands Krieg gegen die Ukraine durch nichts zu rechtfertigen ist, er hat eine jahrzehntelange Vorgeschichte. An der der Westen nicht unschuldig ist. – Im Dezember letzten Jahres formulierte Russland gegenüber den USA und der NATO unmissverständlich seine Sicherheitsinteressen. Reaktion des Westens: Fehlanzeige!
    Bereits in der Vorkriegszeit wies die westliche Ukraine-Berichterstattung eine Reihe bemerkenswerter weißer Flecken auf. Dass Kiew beispielsweise, mit offensichtlicher Duldung des Westens, über sechseinhalb Jahren lang seinen zentralen Verpflichtungen aus dem Minsk II-Abkommen – Verabschiedung einer Verfassungsreform bis Ende 2015 (!) im Sinne einer Dezentralisierung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Gebiete Donezk und Lugansk („Südtirol-Lösung“) – nicht nachkam, wurde hierzulande so gut wie nie, bestenfalls am Rande, thematisiert. Wenig bekannt ist im Westen auch, dass die Ukraine im letzten Jahr – also lange vor dem russischen Überfall – nicht nur „im Karabachkrieg bestens bewährte“ türkische Kampfdrohnen vom Typ Bayraktar TB2 kaufte und gegen die Rebellenstellungen bei Donezk abfeuerte, sondern auch schon mit der Türkei über eine Lizenzproduktion verhandelte.
    Nahezu unbekannt ist jedoch bis heute die Tatsache, dass die USA bereits seit Mitte der Neunziger Jahre unter dem Etikett „Rapid Trident“ (früher: „Peace Shield“) jährlich auf dem Gebiet der Westukraine Manöver mit ukrainischen Truppen durchführten, zuletzt vom 20.09. – 01.10.2021 zusammen mit Soldaten aus Ländern wie Bulgarien, Kanada, Georgien, Deutschland, Großbritannien, Italien, Jordanien, Moldawien, Pakistan und Polen. Dasselbe gilt für die Marinemanöver „Sea Breeze“ der USA seit 1997 vor der Küste der Ukraine im Schwarzen Meer. Im Sommer letzten Jahres waren Einheiten aus nicht weniger als 32 Staaten beteiligt.
    Man stelle sich vor, was im Westen losgewesen wäre, hätte Russland jährlich zusammen mit Soldaten aus Belarus, Serbien, China, Kuba, Venezuela, dem Iran und anderen Staaten Truppenübungen in Mexiko oder Marinemanöver im gleichnamigen Golf vor der Küste Floridas unternommen!
    Quelle: Leo Ensel in Globalbridge
  3. »Wie sollen diese Menschen Gas sparen?«
    Bundesregierung ruft zum Verzicht auf, verspricht Entlastung – und verkennt die Lebensrealität vieler Menschen. Ein Gespräch mit Verena Bentele.
    Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, verkündete vergangenes Wochenende mit Blick auf eine mögliche Gaskrise: Niemand werde »mit seinen Herausforderungen und Problemen alleine gelassen, keine einzelne Bürgerin, kein einzelner Bürger, auch nicht die Unternehmen in diesem Land«. Ist das tatsächlich der Fall?
    Aktuell werden nicht alle Menschen entlastet. Zum Beispiel wird die mit dem Entlastungspaket der Bundesregierung beschlossene Energiepreispauschale von 300 Euro nicht an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt, ebenso weder an pflegende Angehörige noch an Studierende. Angesichts der enorm gestiegenen Gas- und Strompreise ist eine unserer wichtigsten Forderungen, dass diese Menschen nicht leer ausgehen.
    Ein weiteres relevantes Thema: Wieviel Energie steht uns tatsächlich zur Verfügung? Die Bundesregierung ruft zum Gassparen auf. Das funktioniert jedoch nur für Menschen, die überhaupt sparen können. Betroffen von der Krise sind vor allem diejenigen, die in schlecht isolierten Wohnungen mit alten Heizungen leben. Wie sollen diese Menschen Gas sparen? Entscheidend ist, dass die Bundesregierung dafür sorgt, dass niemand in Herbst und Winter im Kalten sitzt. Jeder muss genügend Gas zum Heizen haben. Deshalb muss der Vorrang für Privathaushalte weiterhin gegeben sein.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Robert Habeck: Wir müssen mehr Gas sparen als die anderen
    Deutschland muss jetzt mehr sparen als die anderen EU-Staaten: Robert Habeck sagt, dies sei „keine Schande“. Konsumenten und Unternehmen müssen sich wappnen.
    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will in diesem Winter mehr Gas einsparen als die von der EU vorgesehenen 15 Prozent. Habeck plädierte am Dienstag in Brüssel nach einem Treffen der EU-Energieminister für ein höheres nationales Sparziel: „Wenn Deutschland mehr macht als 15 Prozent, dann ist es ja auch keine Schande“, so Habeck.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: Bürgermeister auf Rügen fordern: Macht Nord Stream 2 auf!
    Deutschland will sich wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine unabhängig machen von Gas aus Russland – auch um den russischen Krieg nicht weiter zu finanzieren. Sieben Bürgermeister auf der Urlaubsinsel Rügen fordern nach NDR Informationen von der Bundes- und Landespolitik dagegen ein Umsteuern in der Energiepolitik und ein Zugehen auf Russland.
    Quelle: NDR

    und: Hass statt Prinzipien: Die Grünen fordern AKW-Weiterbetrieb
    Schon witzig, als die schwarz-gelbe Koalition 2011 den Atomausstieg beschloss, waren die Grünen – einst Anti-AKW-Partei Nummer eins – in der Opposition. Dafür dürfen sie nun in Regierungsverantwortung den Wiedereinstieg mitgestalten. So wie sie davor schon die Reaktivierung von Kohlekraftwerken durchgebracht haben, nachdem ihnen im Wahlkampf kein Ausstiegsszenario schnell genug ging. Man muss unweigerlich an die damalige Spitzenkandidatin und heutige Außenministerin Annalena Baerbock denken, wie sie zwischen abgestorbenen Bäumen im Harz steht und fleht: »Ihre Stimme entscheidet über die letzte Regierung, die aktiv Einfluss auf die Klimakrise kann, bevor es zu spät ist.«
    Mancher mag das so verstanden haben, als sollte man die Grünen wählen, wenn einem die Klimarettung am Herzen liegt. Dabei hatte die Parteiführung bereits im Wahlkampf lautstark gegen die Erdgaspipeline Nord Stream 2 gewettert und dafür geworben, lieber das schmutzige, teure Frackinggas aus den USA auf schweren Tankern über den Atlantik schiffen zu lassen. Eigentlich war längst klar: Die Russophobie des Spitzenpersonals hat einen weitaus größeren Einfluss auf die Politik der Grünen als die Umweltliebe von Teilen der Parteibasis.
    Quelle: junge Welt

  4. Fragmentierter Welthandel
    Die EU fällt als Handelspartner aus, China und Indien springen in die Bresche. Zu den Auswirkungen der westlichen Sanktionen gegen Russland
    Natürlich wirken sie, die Sanktionen. Da mag der Rubel sich erholt haben, ja so stark sein wie seit Jahren nicht mehr; da mag der Export russischer Energieträger boomen; und da mag die US-Investmentbank J. P. Morgan sich noch so sicher sein, die russische Wirtschaft werde in diesem Jahr nur um 3,5 Prozent einbrechen, nicht viel mehr als im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie: »Es ist klar«, räumte Russlands Präsident Wladimir Putin am 18. Juli ein, dass die Sanktionen, die die westlichen Mächte verhängt haben, »eine große Herausforderung für unser Land« seien. »Aber wir werden nicht nur nicht aufgeben«, kündigte Putin an – »im Gegenteil: Während wir die kolossale Menge an Schwierigkeiten anerkennen, die vor uns stehen, werden wir intensiv und kompetent nach neuen Lösungen suchen.« Und dabei werde Moskau erfolgreich sein, denn schließlich sei es unmöglich, Russland mit einem »riesigen Zaun« von der ganzen Welt zu isolieren.
    Hat Putin recht mit seiner optimistischen Einschätzung, Russland werde es letzten Endes gelingen, die Sanktionen zu überwinden? Oder lag doch eher die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock richtig, als sie bereits Ende Februar erklärte, die Sanktionen würden »Russland ruinieren«? Der Wirtschaftskrieg zwischen den transatlantischen Mächten und Moskau, der parallel zum Ukraine-Krieg eskaliert ist, wird erbittert und auf allen Ebenen geführt. Er dreht sich um russische Rohstoffexporte und um russische Technologieimporte, um Halbleiter und um Ausrüstung für die Flüssiggasproduktion; er führt dazu, dass sich Russland von Europa ab- und Asien zuwendet, dass womöglich China in der Elektronik-, vielleicht auch Indien in der Erdgasbranche des Landes eine führende Stellung einnehmen werden. Und dass, wer weiß, Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, die sich immer mehr von ihrer einstigen einseitigen Orientierung am Westen lösen, ganz neuen Einfluss gewinnen. Wirklich entschieden ist allerdings noch nichts.
    Quelle: junge Welt
  5. Strategie der Spannung
    „Russland ruinieren“ zu wollen, diese Absichtserklärung des deutschen Außenministeriums hat sich binnen weniger Monate als das erwiesen, was sie von Anfang an war: wirklichkeitsfremd und Ausdruck eines aggressiven Affekts, der in der deutsch-russischen Diplomatiegeschichte, ja in den deutsch-russischen Beziehungen überhaupt, das deutsche Scheitern vorwegnimmt. „Russland ruinieren“ wollten schon andere im Auswärtigen Amt, deren Namen zu nennen sich hier verbietet, weil sie nichts weiter waren und nichts weiter sind als Inkarnationen eines wirtschaftlich begründeten Größenwahns, den der antislawische Rassismus reitet. In Ost- und Südosteuropa sind ihm Millionen zum Opfer gefallen. Die deutschen Truppen standen zwar vor Leningrad, das sie aushungern wollten, sie haben in Warschau gehaust und in Pančevo gemordet – aber sie mussten den Rückzug antreten.
    Quelle: German Foreign Policy
  6. Arbeitgeberpräsident warnt vor ausufernden Sozialabgaben
    Dulger: Wir brauchen ein Belastungsmoratorium für die Betriebe. Die Lohnnebenkosten müssen auf 40 Prozent gedeckelt werden.
    Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat vor ausufernen Sozialabgaben gewarnt und grundlegende Reformen gefordert. Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: “Wir brauchen ein Belastungsmoratorium für die Betriebe. Die Lohnnebenkosten müssen auf 40 Prozent gedeckelt werden, denn es droht eine ausufernde Beitragserhöhung.” Beitragserhöhungen seien “das Schlechteste, was wir im Moment tun können”, argumentierte der Arbeitgeberpräsident.
    “Sie belasten nicht nur die Betriebe, sondern auch die Beschäftigten. Es muss jetzt in dieser schwierigen Situation mehr Netto vom Brutto in den Lohntüten bleiben. […]
    Der Arbeitgeberpräsident forderte eine baldige Reform des Rentensystems: “Das Traurige ist: Jeder in Berlin kennt die Zahlen – und jeder weiß, wie schlimm es ist. Aber keiner traut sich daran, weil er Angst hat, nicht wiedergewählt zu werden. Bereits heute wird die Rente mit rund 100 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt gestützt. Wir wissen heute schon, dass wir dieses System reformieren müssen. Aus meiner Sicht hätte das schon vorgestern passieren müssen.”
    Es müsse unbedingt auch die zweite und dritte Säule gestärkt werden, das bedeute die private und die betriebliche Altersvorsorge. “Da ist viel zu wenig geschehen, da hat man auch viel zu viel liegen lassen”, sagte Dulger. “Das sind alles Schritte, die uns wirklich helfen und zusätzliche Sicherheit schaffen würden. Eine stärkere Kapitaldeckung in der Alterssicherung ist ein Schritt in die richtige Richtung.”
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Und wieder die gebetsmühlenartige Wiederholung, dass die “Lohnnebenkosten” auf 40% gedeckelt werden müssten. Angeblich müssten die Betriebe in dieser schwierigen Lage geschont werden und die Beschäftigten müssten mehr Netto vom Brutto haben. Gemeint ist aber wohl nur die Begrenzung der Arbeitgeberanteile auf 20%-Punkte, denn er fordert gleichzeitig den Ausbau der privaten und betrieblichen Vorsoge. Beides gibt es nicht umsonst – zumindest für den Arbeitnehmer nicht: Allein, um die Rentenniveaukürzung seit der Riester-Reform 2001 auszugleichen, muss der Arbeitnehmer 13,3% (9,3% GRV + 4% Riester) zahlen, während der Arbeitgeber nur 9,3% GRV-Beitrag zahlt. Bei der betrieblichen Vorsorge muss der Arbeitgeber nur die Entgeltumwandlung anbieten. Mehr Kapitaldeckung bedeutet allgemein vor allem höhere Kosten und mehr Risiken – das haben jüngst die Investments in Schwellenländer gezeigt.

    Nicht fehlen darf der Hinweis auf 100 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt zwecks angeblicher Stützung der Rente. Das ist aber keine Stützung, sondern eine (nicht mal ausreichende) Erstattung allgemeiner sozialer Leistungen der GRV, die es in privaten und betrieblichen Versicherungen nur gegen Extra-Beitrag oder gar nicht gibt. Beispiele: Hinterbliebenenrenten: 45 Mrd. Euro, Beiträge für Kindererziehungszeiten: 20 Mrd. Euro, Aufwertung von Ost-Beiträgen: 30 Mrd. Euro, Fremdrentenzeiten: 6,5 Mrd. Euro, Anrechnungszeiten (Mutterschaft, Arbeitslosigkeit): 8,2 Mrd. Euro, Krankenversicherungszuschuss: 22 Mrd. Euro.

  7. Personalmangel: »Es kann ein wenig dauern«
    In der Gastronomie fehlen Fachkräfte. Das liegt nicht nur an Pandemie und Inflation, sondern vor allem an den niedrigen Löhnen.
    In einem Neuköllner Restaurant sind die Plastiktische gut besetzt, eine gehetzte Kellnerin bringt auffällig große Schnitzel und Bier raus, räumt leere Teller ab. Neue Gäste begrüßt sie mit einer Entschuldigung: »Es kann ein wenig dauern, in der Küche ist heute nur eine Person. Tut mir leid«, sagt Sabine, die eigentlich anders heißt, aber ihren Namen an dieser Stelle lieber nicht lesen möchte. Ob die Personallage hier ebenso schwierig sei wie in all den anderen Läden, frage ich. Sie lacht. »Es ist eine Katastrophe. Vor der Pandemie waren wir fünfzehn Leute hier. Jetzt sind wir noch zu dritt.«
    Rund 400.000 Beschäftigte haben dem Gastgewerbe laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband, kurz DEHOGA, zwischen 2019 und 2021 den Rücken gekehrt. Sebastian Riesner, Geschäftsführer des Bereichs Berlin-Brandenburg von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erklärt: »Schon vor der Pandemie gab es zu wenig Fachkräfte in der Gastronomie. Bundesweit hatten wir rund 1 Millionen sozialversicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse. Das sind Menschen, die kein Kurzarbeitergeld bekommen haben, die sind jetzt nicht mehr da«. Viele arbeiten heute im Lebensmitteleinzelhandel und anderen Bereichen des Dienstleistungssektors.
    Quelle: Jacobin
  8. Krankenhausgesellschaft: Pflege-Impfpflicht “nicht mehr sinnvoll”
    Mit der Delta-Variante kam die Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal. Die sei mit Omnikron hinfällig, so die Krankenhausgesellschaft. Karl Lauterbach sieht das anders.
    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat sich für die Aufhebung der Corona-Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal ausgesprochen. “Sie weiterzuführen, ist nach jetzigen Erkenntnissen weder sinnvoll noch vermittelbar”, sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Henriette Neumeyer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
    Bislang hatte sich der Verband für die einrichtungsbezogene Impfpflicht eingesetzt. Man sei in der Delta-Welle von einer hohen Schutzwirkung auch für die vulnerablen Gruppen im Krankenhaus ausgegangen, sagte Neumeyer. Mit der Omikron-Variante sei das hinfällig geworden.
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erteilt der vorzeitigen Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht jedoch eine Absage. Sie schütze alte und geschwächte Menschen, sagte eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch. An dieser Meinung des Ministers habe sich nichts geändert.
    Quelle 1: ZDF
    Quelle 2: RND

    dazu: Jetzt stellt auch der NRW-Gesundheitsminister die einrichtungsbezogene Impfpflicht infrage
    Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stellt angesichts von Corona-Infektionen trotz Impfung die einrichtungsbezogene Impfpflicht infrage. „Wir wissen heute: Die Impfung schließt Ansteckungen nicht aus. Daher bin ich schon der Meinung, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht in der jetzigen Situation nicht mehr das Nonplusultra ist“, erklärte Laumann am Mittwoch in Düsseldorf.
    Quelle: Welt Online

    dazu auch: Lauterbach stellt baldiges Coronakonzept für Herbst in Aussicht
    Die Verhandlungen zwischen Justizminister Marco Buschmann und Gesundheitsminister Karl Lauterbach schreiten voran. Die Isolationsregeln sollen bestehen bleiben. (…)
    Lauterbach machte außerdem deutlich, dass im Ministerium nicht diskutiert werde, die Corona-Impfpflicht für Personal in Kliniken und Pflegeheimen zu beenden.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Auch diese Bundesregierung ist im Zusammenhang mit den politischen Corona-Maßnahmen beratungsresistent. Erinnert sei an Medizinprofessor Matthias Schrappe: “Die Bundesregierung ist beratungsresistent” (mit einer Anmerkung).

  9. Österreich schafft Isolationspflicht ab, Frankreich alle Maßnahmen, Deutschland diskutiert
    Frankreich schafft alle Corona-Maßnahmen ab. In Österreich entfällt zum 1. August die Isolationspflicht für positiv Getestete. Wer sich nicht krank fühle, dürfe das Haus verlassen, gab Gesundheitsminister Rauch bekannt. In Deutschland regt sich Widerstand gegen die Aufhebung der häuslichen Quarantäne. (…)
    Mehrere europäische Länder, darunter Großbritannien, die Schweiz und Spanien, haben die Isolationspflicht bereits ebenfalls abgeschafft. (…)
    In Deutschland gibt es in der Diskussion über die Isolationspflicht von Corona-Infizierten breiten Widerstand gegen eine Abkehr von der bisherigen Regelung von fünf Tagen. Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Keller, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, eine Aufhebung käme einer Durchseuchung gleich.
    Dann stünde man wieder vor Schulschließungen, was nicht das Ziel sein könne. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Meidinger. Wenn mehr als 20 Prozent eines Kollegiums erkrankten, sei ein normaler Schulbetrieb kaum mehr möglich.
    Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Weigeldt, bezeichnete die permanente Debatte als sinnlos. Es gebe ein Informationschaos, das mehr verwirre, als dass es helfe. Angestoßen hatte die Diskussion der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Gassen. Er verwies darauf, dass die Isolationsbestimmungen zu Personalengpässen in Krankenhäusern führten. Innerhalb der Bundesregierung strebt die FDP eine Aufhebung der Isolationspflicht an. SPD und Grüne lehnen dies ab. (…)
    In Frankreich, wo die Isolationspflicht bereits aufgehoben ist, stimmte der Senat heute für das Ende sämtlicher Corona-Maßnahmen ab dem 1. August. Die Möglichkeit obligatorischer Corona-Tests an den Landesgrenzen bleibt jedoch bestehen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  10. Das Digitalgesetz der EU vernichtet die Pressefreiheit im Internet
    Man will es kaum glauben, aber es ist so: Der Digital Services Act, den die EU-Kommission als Sensation anpreist, gibt Plattformen das Recht, legale Presse zu unterdrücken. Wissen die EU-Staatschefs, was sie da beschließen? Ein Gastbeitrag. […]
    Das Gesetz folgt dem Grundsatz, dass alles, was offline verboten ist, auch online illegal sein sollte und dass zusätzlich vieles, was offline legal ist, von den Online-Vermittlungsdiensten nach ihren eigenen Maßstäben verboten werden darf und soll.
    Denn das Gesetz verpflichtet die Plattformen nicht nur zu Maßnahmen gegen rechtswidrige Presseartikel. Es ermächtigt sie mit der „Moderation von Inhalten“ auch zur Sperrung oder sonstigen Ahndung rechtmäßiger Artikel wegen Unvereinbarkeit mit ihren engeren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Nicht die allgemeinen Gesetze, sondern die Auffassungen von Facebook & Co. von dem, was schädlich, unangemessen, unsittlich oder Desinformation ist, bestimmen dann die Grenzen der Berichterstattung. Der EU-Gesetzgeber legt die Pressefreiheit im Plattforminternet in die Hände des Managements der Plattformmonopole. Diese Entscheidung ist freiwillig und bewusst gefallen. Vorschläge für einen Schutz legaler Presse gegen die Sperrung durch sehr große Plattformen, die die Verbreitung von Presse generell zulassen, gab es genug. Die Kommission war ebenso dagegen wie der Rat; ein Änderungsantrag des Rechtsausschusses des Europaparlaments fand im federführenden Ausschuss namhafte Unterstützung, aber dennoch keine Mehrheit.
    Quelle: FAZ
  11. Kündigung unwirksam
    Palästinensische Journalistin siegt vor Gericht gegen Deutsche Welle. Verleumdung durch falsche Antisemitismusvorwürfe kein Einzelfall.
    Im Februar hatte der Auslandssender Deutsche Welle (DW) mehreren freien Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen seiner arabischen Redaktion fristlos gekündigt. Sie hätten sich in sozialen Netzwerken antisemitisch und israelfeindlich geäußert, so der Vorwurf. Eine von ihnen, die Palästinenserin Maram Salem, hatte am 6. Juli vor dem Arbeitsgericht Bonn Erfolg. Die Kündigung ihres bis 31. Dezember 2023 befristeten Vertrags sei unwirksam, urteilte das Gericht.
    Maram Salem berief sich vor Gericht auf die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit. Sie vertrat laut einer Pressemitteilung des Arbeitsgerichts die Ansicht, die beanstandeten Facebook-Eintragungen seien weder israelfeindlich noch antisemitisch. Auch habe sie, anders als von der DW behauptet, Israels Existenz nicht in Frage gestellt. »Das Bonner Arbeitsgericht hat klargestellt, dass die schweren Antisemitismusvorwürfe gegen Maram jeder Grundlage entbehren. Die Deutsche Welle sollte sich jetzt schützend vor Maram stellen, anstatt der Hetze nachzugeben«, sagte der Berliner Anwalt der Journalistin, Ahmed Abed, in einer Stellungnahme. Seine Mandantin fordere die DW auf, Verantwortung zu übernehmen, sich öffentlich zu entschuldigen und die Anschuldigungen zurückzunehmen, so Abed. »Es war von Anfang an klar, dass ich unschuldig bin«, erklärte Salem gegenüber der Nachrichtenseite Arab News. »Das Urteil zeigt, dass die Verleumdungskampagnen gegen palästinensische Frauen wie mich oder Nemi El-Hassan nicht mehr erfolgreich sein können.« Der genaue Wortlaut des Urteils, gegen das innerhalb eines Monats, Berufung möglich ist, wurde noch nicht veröffentlicht.
    Quelle: junge Welt
  12. Ganz enger Kontakt
    So schnell kann es gehen. Nur ein kleines Malheur beziehungsweise eines, das es in die Schlagzeilen schafft, und schon grüßt die Mutter aller Skandale. Christian Lindner (FDP) soll mit dem Chef eines deutschen Autobauers in enger Absprache über das Fortkommen der Koalitionsverhandlungen mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen gestanden und das drohende Aus für synthetische Kraftstoffe verhindert haben. Was für kritische Zeitgenossen in die Rubrik »business as usual« gehört, bläst Bild (Sonnabend) prompt und wortmächtig zum »Porsche-Gate« des Bundesfinanzministers auf. Aber irgendwie haut die historische Referenz nicht hin. Bekanntlich trat ob des Eklats 1974 US-Präsident Richard Nixon zurück. Ganz anders läuft es in Deutschlands Vorzeigedemokratie. Hier wird Porsche-Frontmann Oliver Blume kurzerhand zum VW-Boss befördert.
    Der Fall liefert schönste Einblicke hinter die Kulissen des politischen Tagesgeschäfts.
    Quelle: Ralf Wurzbacher in junge Welt
  13. Merkel, Wulff, Habeck: Deutschlands „eng verzahnte“ Connection nach Katar
    Führende deutsche Politiker und ihre Beziehungen mit dem katarischen Emir: Es gibt stets viel zu besprechen – denn das Verhältnis wird immer enger.
    Höher, schneller, weiter, reicher. Katar boomt. Nach kaufkraftbereinigtem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist Katar das viertreichste Land der Welt. Das liegt an den Bodenschätzen Erdöl und Erdgas sowie an engen wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen. Diese fördert auch die deutsche Politik.
    Quelle: Merkur
  14. Zu guter Letzt: Konzert abgebrochen, weil weiße Musiker Dreadlocks trugen
    Die Band Lauwarm spielte jamaikanische Reggae-Musik in einer Brasserie in Bern. Die Musiker sind weiß, Gäste fühlten sich unwohl. Der Veranstalter beendete das Konzert.
    Dürfen weiße Musiker noch Dreadlocks tragen? Schon vor wenigen Monaten sorgte ein Fall für viel Aufsehen und Kritik: Im März wurde die Musikerin Ronja Maltzahn von Fridays for Future ausgeladen, weil sie laut den Veranstaltern eine falsche Frisur trug. Sie hätte sich damit etwas „kulturell aneignen“ wollen, ohne dabei die systematische Unterdrückung von schwarzen Menschen zu erleben, begründeten die Veranstalter ihre Kritik an der Dreadlocks-Frisur. Nun hat sich in der Stadt Bern ein ähnlicher Fall zugetragen, der bei vielen Politikern Kopfschütteln auslöst.
    Wie mehrere Medien in der Schweiz berichten, trat am 18. Juli die Mundart-Band Lauwarm in der Berner Brasserie Lorraine auf. Die fünf Musiker sprangen für eine andere Band ein, die abgesagt hatte. Zum Repertoire der Gruppe Lauwarm zählen Reggae, Indie, World und Pop. Doch ihr buntes Programm kam nicht gut an – insbesondere auch wegen der Frisuren. Konzertbesucher äußerten gegenüber den Veranstaltern „Unwohlsein mit der Situation“, berichten Neue Zürcher Zeitung und 20 Minuten.
    Das Konzert wurde nach den Beschwerden beendet. In einer Stellungnahme entschuldigte sich die Veranstalterin nun für „Sensibilisierungslücken“. Man hätte das Publikum besser vor dem Auftritt „schützen müssen“. Wie die Genossenschaft Brasserie Lorraine am Montag auf Facebook mitteilte, habe sich das Unwohlsein der Besucher auf die Thematik der „kulturellen Aneignung“ bezogen. Das heißt: Die Band Lauwarm wird dafür kritisiert, dass sie als weiße Musiker teils Rastafrisuren tragen und jamaikanische Reggae-Musik spielen, obwohl sie selbst niemals die rassistische Ausgrenzung von Jamaikanern erfahren haben.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung JK: Witzig ist dies dennoch nicht, da dies inzwischen Züge quasi religiösen Fanatismus annimmt. Aber die herrschende Oligarchie freut es, wenn sich die Linke nur noch mit so einem Unsinn beschäftigt.

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