Schlagwort:
Handelsbilanz

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Fatale Weichenstellung – Brüssel erklärt das deutsche Modell zum Vorbild für Europa

Um ökonomische Ungleichgewichte innerhalb der EU abzubauen, baut die EU-Kommission in diesem Jahr ihren Stabilitätspakt aus und erweitert dabei die Zahl der Indikatoren von zwei auf zehn. Künftig spielen beispielsweise auch Außenhandelsüberschüsse eine Rolle bei der Bewertung, ob ein Land die ökonomische Stabilität der EU gefährdet. Was sich in der Theorie ursprünglich sehr gut anhörte, ist jedoch dank der massiven Einflussnahme Deutschlands in der Praxis zu einer einzigen Farce geworden, wie der gestern veröffentlichte „Alarmbericht“ [PDF – 127 KB] zeigt. Anstatt Ungleichgewichte abzubauen, nutzt die EU-Kommission die zehn Indikatoren dazu, die Mitgliedsstaaten anzuhalten, Löhne zu senken, den Arbeitsmarkt zu deregulieren und den Einfluss des Staates immer weiter zurückzufahren. Europa soll keine Ungleichgewichte abbauen, sondern deutscher werden. Von Jens Berger.

Der Placeboeffekt des Relativismus als politisches Erfolgsmodell

Die deutsche Politik hat ein bedrohliches Erfolgsrezept. Der Bundesregierung ist es gelungen, von der eigenen bedrohlichen Lage abzulenken, indem man sich mit anderen Ländern vergleicht, denen es noch schlechter geht. Merkel, die SPD, die Grünen und nahezu die gesamte veröffentlichte Meinung fahren wie in einem Paternoster nach unten und sie feiern sich, dass sie sich noch auf einer der oberen Kabinen befinden. Keiner aus den herrschenden Eliten will die Fahrt nach unten wahrnehmen und es ist niemand erkennbar, der aus dem Paternoster springt und auf den Notalarmknopf drücken könnte, um die Talfahrt zu stoppen. Von Wolfgang Lieb.

Der neue europäische Fiskalvertrag – ein klammheimlicher Systemwechsel

Während in Deutschland die Affären um den Bundespräsidenten die Schlagzeilen und die Nachrichtenlage beherrschen, wird in den Hinterzimmern von Europäischem Rat und EU-Kommission ein Vertrag vorbereitet, der schon im März 2012 auf einem Euro-Gipfel unterzeichnet werden soll und der alle Euroländer (und perspektivisch alle Mitgliedstaaten) der Europäischen Union dauerhaft auf einen strikten Kürzungs- und Austeritätskurs festlegen soll. Da die Regierungschefs sich nicht trauen den bestehenden EU-Reformvertrag von Lissabon [PDF – 901 KB] zu ändern, weil das in einigen Ländern nur über Volksabstimmungen möglich wäre, wird der neue „fiskalpolitischen Pakt“ außerhalb des bisherigen Rechts für die gesamte Europäische Union etabliert. Dennoch soll der Pakt für die Organe der Europäischen Union bis hin zum Europäischen Gerichtshof bindend sein. Anne Karras, die am Graduiertenkolleg “Die Zukunft des europäischen Sozialmodells” in Göttingen promoviert, hat sich mit dem Entwurf dieses neuen zwischenstaatlichen Fiskal-Vertrages auseinandergesetzt.

Rösler: Völlig losgelöst im Raum schwebend

Wie überflüssig die FDP geworden ist, zeigt sich darin, dass sie nur noch gegen eine selbst inszenierte Scheinwelt anrennt. In narzisstischer Manier kreist sie nur noch in Selbstbewunderung und Selbstverliebtheit, was in der realen Welt um sie herum vorgeht, geht an dieser Partei offenbar völlig vorbei. Von Wolfgang Lieb

Ungleichgewichte nach Lesart der EU

Es hat sich mittlerweile auch bis zur EU-Kommission herumgesprochen, dass eine Gemeinschaftswährung nur dann funktionieren kann, wenn die Mitgliedsstaaten sich zumindest bemühen, volkswirtschaftliche Ungleichgewichte abzubauen. In diesem Jahr tritt erstmals das sogenannte „Verfahren zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte“ in Kraft. Was eigentlich eine gute Idee ist, erweist sich in der Umsetzung jedoch als ein weiterer Baustein der deutschen Strategie, Europa neoliberale Reformen aufzuzwingen. Von Jens Berger

Allmählich dämmert es … Hoffentlich geht noch vor dem Abgrund ein Licht auf

„Die Euro-Krise zeigt auf dramatische Weise, welchen Schaden permanente Exportüberschüsse anrichten. Der größte Verlierer ist Deutschland … Aus gutem Grund steht im deutschen Stabilitätsgesetz das Ziel eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Es geht dabei nicht um weniger deutsche Exporte. Wichtig ist vielmehr eine Stärkung der Binnennachfrage durch Umschichtungen im Steuersystem, höhere Löhne und eine Flexibilisierung des Dienstleistungssektors“; das konnte man gestern im Handelsblatt lesen. Solche wirtschaftspolitische Positionen konnten Sie bislang fast ausschließlich auf den NachDenkSeiten finden oder sie wurden von einigen wenigen Ökonomen wie Heiner Flassbeck oder Thomas Fricke vertreten und von amerikanischen Fachleuten wie Paul Krugman oder James Galbraith öffentlich wahrgenommen.
Aber nicht nur im Handelsblatt, auch anderswo scheint es zu dämmern, dass eine Politik, die nur eine härtere Bestrafung von Defizitländern kennt, in den Abgrund führt. Von Wolfgang Lieb

Die Übersetzung des Interviews mit James Galbraith

Dank dem Engagement unserer Leser haben wir jetzt auch die Übersetzung von meinem Interview mit dem Ökonomen James Galbraith. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich bei allen Lesern bedanken, die uns ihre Hilfe angeboten haben. Es sind unsere Leser, die durch ihre tägliche Mitarbeit und, wie in diesem Fall, bei besonderem Bedarf unsere Arbeit ermöglichen. Von Roger Strassburg.

Sachverständigenrat: Mit Tunnelblick in die Rezession

Der Sachverständigenrat tut so, als wäre ein Absacken des Wachstums auf 0,9% und im durchaus möglichen Fall sogar der Sturz in eine Rezession mit einem Minus von 0,5% im kommenden Jahr ein positives („die deutsche Wirtschaft ist gut aufgestellt“) oder wenigstens hinnehmbares Ergebnis. Statt auch nur einen einzigen Vorschlag zu machen, wie Wachstum und Beschäftigung angekurbelt werden könnten, leiden die „Wirtschaftsweisen“ wie Suchtkranke schon seit Jahren unter dem Tunnelblick ihres Konsolidierungsdogmas. Ihr Sichtfeld ist eingeschränkt auf die Schock-Therapie der „Chicago-Boys“: „Hungert den Staat aus!“.
Wie das Erzübel der Euro-Krise, nämlich die permanenten Leistungsungleichgewichte im Euro-Raum angegangen werden könnte oder wie die Binnennachfrage durch Aufholen des Lohnrückstandes der deutschen Arbeitnehmer angefacht werden könnte oder – ganz zu schweigen – wie der Staat dadurch, dass er – angesichts der im Gutachten selbst prognostizierten Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – mit einer entsprechenden Wirtschaftspolitik einer drohenden Rezession entgegen wirken könnte, dazu fehlt den im Dunkeln ihrer neoliberalen (Spar-)Ideologie Gefangenen jeder Schimmer. Einen kleinen Lichtblick bietet die Mindermeinung von Peter Bofinger. Von Wolfgang Lieb

Deutsche Bank als Stichwortgeber für EU-Kommissar Rehn – zum Schaden des Euro und unseres Landes

Am 4. November hat EU-Kommissar Rehn, in Brüssel verantwortlich für Wirtschaft und Währung, einen Brief an den Vorsitzenden des Ecofin Rates geschrieben dabei geht es um die Behandlung von Leistungsbilanzdefizitländern und Leistungsbilanzüberschussländern. Dort steht zu lesen, dass andauernde Überschüsse gerechtfertigt sind. Siehe die gefettete Passage in Anlage 1. Diese obskure Position geht offensichtlich auf massive Intervention des Deutschen Bundesfinanzministers zurück. Stichwortgeber ist Deutsche Bank-Research mit einem Papier vom 13. Januar 2011 [PDF – 1 MB]. Albrecht Müller.

Bundesverfassungsgericht hilft Bundesregierung bei der Griechenlandhilfe aus der Patsche und erhebt die Maastricht-Regeln auf Verfassungsrang

Durch eine eigenmächtige Umdeutung des Wortlauts des Euro-Stabilitätsgesetzes retten die Karlsruher Richter die Bundesregierung vor dem politischen Desaster, bei der Griechenlandhilfe gegenüber den europäischen Partnern einen Rückzieher machen zu müssen. Andererseits erhebt das höchste Gericht die dem Maastricht-Vertrag zugrundeliegende ökonomische Lehre des Monetarismus geradezu auf Verfassungsrang und verbaut damit einer makroökonomischen Zusammenarbeit auf dem Feld der Finanz- oder Wirtschaftspolitik in einer Währungsunion unter Berufung auf das Grundgesetz den Weg. Von Wolfgang Lieb

Eurozone stabilisieren

Nach mehr als einem Jahr Anti-Krisenpolitik und „Griechenland-Rettung“ stehen die EU-Instanzen und die Bundesregierung vor dem Scherbenhaufen ihrer neoliberalen Spardiktate-Politik. Trotz der Sanierungsversuche hat sich die Situation in den südeuropäischen Krisenländern (und teilweise Irland) nicht verbessert, die Staatsschuldenquoten steigen und die Verunsicherung hat weiter zugenommen. Zwei Gründe sind dafür neben anderen besonders wichtig: Erstens stürzen die Krisenländer wegen der ihnen aufgezwungenen drakonischen „Sparmaßnahmen“ in die Rezession, was Arbeitsplätze, Masseneinkommen und Steuereinnahmen wegbrechen lässt. Zweitens sind die an die Rettungskredite gebundenen Zinsen von fünf bis sechs Prozent viel zu hoch und von den Ländern objektiv nicht leistbar. Von Werner Schieder MdB

Weniger Urlaub für die Südeuropäer?

Eine Entgegnung auf Jens Bergers Beitrag „Die Kanzlerin der Stammtische“ von Heiner Flassbeck.
Nun ist es endlich raus, was schief läuft in Euroland. Frau Merkel sagt (lt. WELT online vom 18.5.): „Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig. Das geht auf Dauer auch nicht zusammen.“ Jetzt kann man endlich verstehen, warum für die schwere Krise in Euroland offenbar keine Lösung gefunden werden kann. Die europäische Tragödie ist laut der deutschen Bundeskanzlerin die Folge der Weigerung der Südeuropäer, auf Urlaub zu verzichten. Diese Äußerung zeigt aber besser als alles bisher Gesagte, was wirklich die europäische Tragödie ausmacht: Die Unfähigkeit unserer Spitzenpolitiker und ihre ökonomischen Berater auch nur im Ansatz zu begreifen, was eine Währungsunion bedeutet und wie sie funktioniert.