IAB-Studie: Was wurde aus den Arbeitslosenhilfeempfängern nach Hartz?

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Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) legte eine Auswertung von Daten und Modellrechnungen zum Übergang und zum Verbleib von Arbeitslosenhilfeempfängern nach der Hartz-IV-Reform vor.
Nach Auswertung methodisch unterschiedlicher Studien brachte Hartz bei der weit überwiegenden Zahl der Arbeitslosenhilfeempfängern Einkommensverluste, darüber hinaus hätten 15 – 25 % der früheren Arbeitslosenhilfebezieher, nach der Hartzreform überhaupt keinen Anspruch auf weitere Leistungen mehr. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen habe sich nur geringfügig geändert, allerdings seien Umverteilungswirkungen zwischen ehemaligen Sozialhilfeempfängern zu Lasten der früheren Arbeitslosenhilfeempfänger festzustellen. Wolfgang Lieb

Die durchschnittlichen Einkommen der betroffenen Haushalte haben sich nach dieser Studie zwischen November 2005 zu Dezember 2004 nur geringfügig geändert. Das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen aller ehemaligen Arbeitslosenhilfebezieher habe sich von 640 € im Dezember 2004 (Westdeutschland: 648, Ostdeutschland: 631) gemessen an 649 € im November 2005 (Westdeutschland: 667, Ostdeutschland: 630) sogar leicht erhöht.

Wie immer sind allerdings solche Durchschnittswerte wenig aussagekräftig: Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe hatte nämlich offenbar Umverteilungswirkungen innerhalb der Betroffenen zur Folge. Während bei den ehemaligen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern von geringeren finanziellen Auswirkungen ausgegangen werden kann, deuten bisher existierende, auf Simulationen beruhende Studien auf eine finanzielle Schlechterstellung von ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfängern hin, die bei einem erheblichen Teil bis zum völligen Verlust des Leistungsanspruches reicht. (Unterschiedliche Untersuchungen kommen auf einen Anteil zwischen 15% bis 25%.)

Insgesamt überwiegen bei den Arbeitslosenhilfeempfängern (bei über 60 %) die Einkommensverluste. Finanziell besser gestellt werden durch die Reform nur ca. 37 % aller Arbeitslosenhilfeempfänger.

Bei einer spezifizierten Betrachtung ergibt sich eine positive Einkommensentwicklung bei denjenigen Haushalten, in denen der ehemalige Arbeitslosenhilfeempfänger eine Beschäftigung aufgenommen hat. (Das ist nun nicht gerade verwunderlich.) Es zeigt sich jedoch, dass Erwerbstätigkeit nicht zwingend zu einem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug des Alg II führt. 28 % aller teilzeit- bzw. vollzeiterwerbstätigen ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfänger verbleiben in Haushalten mit Leistungsbezug.

Einkommensverluste erlitten überwiegend Arbeitslosenhilfeempfänger mit einem erwerbstätigen Partner. Hier sind von den negativen Verteilungswirkungen relativ häufiger Frauen und ostdeutsche Arbeitslosenhilfebezieher betroffen. Simulationen zeigen, dass insbesondere Paarhaushalte mit einem Erwerbstätigen von der neuen Bedürftigkeitsprüfung stark betroffen sind. Daneben zählen auch ältere Arbeitslosenhilfeempfänger, bei denen es häufig Renteneinkommen in der Bedarfsgemeinschaft gibt, zu den Verlierern. Negativ betroffen
sind auch ältere Arbeitslosenhilfebezieher und Besitzer von Wohneigentum. Der Grund könne darin liegen, dass diese Gruppe über einen höheren Vermögenshintergrund verfügt.

Anmerkung: Was die Studie allerdings nicht berücksichtigt, sind die drastischen Verschlechterungen beim Arbeitslosengeld I. Ausgeklammert bleibt auch, dass Hartz IV nach 12 (bis maximal 18) Monaten den Absturz in die „Bedürftigkeit“ voraussetzt. Geschweige denn, dass die psychologische Wirkung erfasst wird, dass Arbeitnehmer nach einem langen Arbeitsleben Sozialhilfeempfängern gleichgestellt wurden.

Quelle: IAB DiscussionPaper No. 24/2007 [PDF – 296 KB]

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