Die Bundesregierung bedroht unsere Sicherheit. Begleitet von einer Kette von Unwahrheiten und Ungereimtheiten

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

In Sachen Afghanistan und speziell im Fall Tanklaster Kundus werden wir seit langem in die Irre geführt. Die bei uns Verantwortlichen schaffen quasi täglich neue Feinde und erhöhen so die Gefahr von Terror auch hierzulande. Der Deutschlandfunk brachte gestern eine ziemlich umfassende Analyse. Siehe „Der Afghanistankrieg“ bei Anlage A. Albrecht Müller

Zu den Unwahrheiten und Ungereimtheiten in Stichworten:

  • Bundesregierung und Bundeswehr unterstützen mit Karzai ein korruptes Regime. Die alte Bundesregierung von Schröder und Fischer hat die Installation des Präsidenten Karzai in besonderer Weise geadelt: mit telegenen Verhandlungen und Feierlichkeiten auf dem Petersberg bei Bonn.
  • Wir kooperieren mit einer Reihe von höchst fragwürdigen Warlords. „Den ehemaligen Warlords ist es gelungen, die 61.000 Soldaten aus 42 Nationen und zahllose NGOs in ihr System permanenter Vetternwirtschaft und Korruption einzubinden, ohne Sanktionen befürchten zu müssen“ (Anlage A)
  • Dass mit diesem Krieg, der nicht sogenannt werden durfte, der „Kampf gegen den Terror“ geführt würde, war von Anfang an ein Konstrukt. Warum nur dort? Warum nicht auch in Pakistan oder Saudi Arabien oder sonst wo? Warum gilt nur Afghanistan als Rückzugsraum des internationalen Terrorismus? Warum verteidigen wir unserer Sicherheit nur am Hindukusch?
  • Über die geostrategische Bedeutung Afghanistans im Schachspiel der USA und der Ölkonzerne werden wir nicht aufgeklärt.
  • Die Unterstützung des „Kampfes gegen den Terror“ durch die Bevölkerung Afghanistans hat deutlich abgenommen. Wir haben bisher also das Gegenteil dessen erreicht, was erreicht werden sollte.
  • Das hat auch damit zu tun, dass die Bundeswehr immer mehr vor allem für ihre eigene Sicherheit und nicht für die der Bevölkerung sorgen muss. Die zunächst eingeführte Begründung für den Angriff auf die entführten Tanklaster stützt diesen Eindruck. Die Tanklaster könnten als rollende Waffe gegen die Bundeswehr eingesetzt werden – so lautete die von vornherein gelogene Erklärung.
  • Dieser Behauptung wird mit der Nachricht, das Bombardement habe der Vernichtung von Taliban-Größen gedient, endgültig der Boden unter den Füßen weggezogen. Mit dem ohnehin fragwürdigen Auftrag der Bundeswehr in Afghanistan ist das nicht vereinbar.
  • Die Bundesregierung konnte von Anfang an wissen, dass eine größere Zahl von Zivilisten bei dem Bombardement am 4.9. in Kundus umkamen. Sie hat uns über Wochen mit der Unwahrheit hingehalten. Der neue Bundesverteidigungsminister Guttenberg hat noch am 6.11. die Unwahrheit gesagt. Aber natürlich tritt er nicht zurück. (Siehe Spiegel Online Anlage C). Er macht daraus noch eine Tugend. Spiegel Online zitiert: Er werde „auch wenn es mal stürmt, stehen bleiben. So bin ich erzogen, und so will ich das auch handhaben“, sagte Guttenberg. Man muss zu seinen Lügen stehen. Das adelt.
  • Wenn jetzt z.B. vom verteidigungspolitischen Sprecher der SPD, Arnold, so getan wird, als sei der Einsatz der KSK (Kommando Spezialkräfte) mit Tötungsabsicht nicht bekannt gewesen, dann kann man sich nur wundern. Das musste man als Abgeordneter wissen; das konnte man sogar als Bürger wissen, wenn man (wie ich) einem Heimkehrer dieser Truppe begegnete.

„Meinungsmache bereitet Kriege vor“ lautet die Überschrift von Kapitel 5 von „Meinungsmache“. Leider gilt das auch im konkreten Fall. Die Verantwortlichen hatten lange Zeit leichtes Spiel. Die Medien haben über weite Strecken leider nicht viel zur Aufklärung beigetragen. Jetzt könnte es etwas besser werden. Angesichts der von vornherein verlogenen Begründung („Kampf gegen den internationalen Terrorismus“) und der vielen weiteren Unwahrheiten im Fall Tanklaster, ist die bislang unkritische Begleitung aber schon bemerkenswert.

Eine kritischere Begleitung der Auslandseinsätze wie in Afghanistan wäre ausgesprochen wichtig,

  • weil wir dort in einen eskalierenden Konflikt hineingezogen werden (siehe Entwicklung in Pakistan),
  • weil dort nicht Terroristen bekämpft, sondern immer wieder neue geschaffen werden. Mit der Verantwortung für die gezielte Tötung von angeblichen Terroristen und damit verbundenen Tötung von Zivilisten machen uns die Verantwortlichen mehr und mehr zu einem Ziel des internationalen Terrors. Das ist das Gegenteil von Zuwachs an Sicherheit.

Anlagen

  1. Lange Nacht der Taliban
    Der Afghanistankrieg

    Von Christoph Burgmer
    Der folgenreiche Luftangriff auf zwei Tanklastzüge in Kundus hat erneut eine Debatte über den Sinn des Afghanistankrieges ausgelöst. Christoph Burgmer ist ein intimer Kenner der dortigen Szene. In seinem Essay “Lange Nacht der Taliban” untersucht er, ob das militärische Engagement noch eine Perspektive hat.
    Quelle: dradio
  2. Guttenbergs Kampf um die Macht
    Kriegsähnliche Zustände in Afghanistan und Nahkampf in Berlin: Karl-Theodor zu Guttenberg muss erklären, warum die Bundeswehr am Hindukusch tötet und gleichzeitig in seinem Riesenministerium das Heft des Handelns in die Hand bekommen. Denn warum er Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Wichert wirklich entließ, bleibt weiter offen.
    Quelle: FAZ
  3. 14. Dezember 2009
    Kunduz-Bombardement
    Guttenberg lehnt Rücktritt ab

    Verteidigungsminister Guttenberg will im Amt bleiben – trotz immer schärferer Vorwürfe, in der Affäre um den Luftangriff bei Kunduz die Unwahrheit gesagt zu haben. Die SPD stellt wegen des fatalen Einsatzes inzwischen offen den Fortbestand der Elitetruppe KSK in Frage.
    Quelle: SPIEGEL Online

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