Hinweis: Interview mit dem Chef des Europäischen Gewerkschaftsbundes und mit einem Bertelsmann Projektmanager zum Standortranking

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Ich kombiniere die Hinweise auf die beiden Interviews, weil schon der Niveauunterschied auffällt und zugleich bedrückend ist. Bedrückend deshalb, weil die Bertelsmann Stiftung, für die der Projektmanager Hellmann seine vorgestanzten und überaus flachen Behauptungen loslässt, die Meinung in Deutschland und Europa ganz wesentlich bestimmt, während die Europäischen Gewerkschaften, für die John Monks spricht, eher ohne großen Einfluss auf die weitere Entwicklung Europas sind. Hier die Links und einige Anmerkungen:

John Monks benennt im Interview mit der ZEIT die Fehler der deutschen Wirtschaftspolitik, wendet sich gegen die deutsche Neigung zur Depression, belegt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, kritisiert die vorgelegte Dienstleistungsrichtlinie und plädiert für eine europaweit höhere Unternehmensbesteuerung.

Das Interview mit Hellmann sollten Sie überfliegen, auch wenn es schwer fällt. Er sagt natürlich nichts dazu, dass das Ranking der Bertelsmann Stiftung, bei dem Deutschland auf dem letzten Platz landet, nur misst, was wir ohnehin wissen: die Arbeitslosigkeit ist mit am höchsten und die Wachstumsrate mit am niedrigsten im Vergleich zu wichtigen anderen Nationen. Wenn die Bertelsmann Stiftung in ihr Ranking Faktoren wie die Leistungsbilanz, die Infrastruktur und die Ausbildung der Arbeitskräfte miteinbeziehen würde, dann sähe das Bild ganz anders aus. Auf die Frage, was die wichtigsten Gründe für den letzten Platz sind, nennt Hellmann ohne jeglichen Beleg und ohne den Versuch, den Zusammenhang zu erklären, einfach das, was in Kreisen der Neoliberalen gängig ist: zu hohe Staatsausgaben und -schulden, zu hohe Steuern und Abgaben, die hohe Steuerbelastung hemme die Leistungsbereitschaft, Arbeit lohne sich also nicht mehr, die Steuern seien auch schuld an der Binnenkonjunkturschwäche und die Steuerbelastung senke die Renditen der Unternehmen und damit die Investitionen, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen erforderlich seien. An diesen Behauptungen stimmt fast nichts. Die Steuerbelastung und die Staatsquote ist viel niedriger als in erfolgreichen Ländern wie Schweden und Dänemark, die Binnenkonjunktur ist schwach, weil seit 20 Jahren Löhne stagnieren und weil die Gemeinden z.B. kaum mehr investieren, usw.. Auch die Behauptung, es mangele uns an Wettbewerbsfähigkeit, stimmt nicht.
Das Interview eignet sich zur Demonstration der miserablen Qualität der Meinungsführer und ihrer Helfer. Sie wissen wenig, aber sie kompensieren das durch eine forsche Art. Sie haben keine Ahnung von gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen, aber eine ganz feste Meinung dazu. Diese miserable Qualität der nachwachsenden Eliten muss einem Sorgen machen. Den gleichen Eindruck bekommt man übrigens, wenn man wie ich mit einem der Meinungsführer des Neoliberalen Lagers aus der Wissenschaft, mit Professor Paul Nolte diskutiert oder seine Texte liest. Aneinandergereihte Leerformeln, Heiße Luft – wie ich schon in der Phönix Runde unhöflich anmerkte.

Quelle 1: bertelsmann.de »
Quelle 2: Die ZEIT »

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