Alle reden vom Sparen und vom Subventionsabbau – doch das Finanzamt „sponsert“ VIP-Logen bei der Fußball-WM

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„Sanieren“ ist das oberste Ziel der Großen Koalition, alle müssten Opfer bringen, so heißt es landauf landab. So „muss“ etwa das Weihnachtsgeld von Menschen im Altersheim, das ohnehin nur 30 Euro beträgt, ersatzlos gestrichen werden. Die Tafel Schokolade als Weihnachtsgeschenk an die Enkel muss also entfallen, damit es mit Deutschland wieder aufwärts geht. Großzügig zeigt sich allerdings der Fiskus, wenn Unternehmen Werbegeschenke an „Geschäftspartner“ steuerlich absetzen wollen. So sollen nach einem neuen Verwaltungserlass des Finanzministeriums „VIP-Logen“ bei Sportveranstaltungen steuerlich als Betriebsausgaben abgesetzt und damit die Steuerschuld gemindert werden können.
„Die näher rückende Fußball-WM hat die obersten Finanzbehörden auf Trab gebracht“ schreibt der „Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG“ und liefert eine minutiöse Anleitung zur staatlich geförderten „Bestechung“.

„Wenn Sie guten Geschäftspartnern etwas Besonderes bieten wollen, sind Besuche wichtiger Sportereignisse immer noch echte Highlights. Erst recht dann, wenn es sowieso schon keine Karten mehr gibt – und Ihre Gäste dann auch noch in edlen VIP-Logen Platz nehmen können.
Die Kosten für VIP-Logen sind natürlich beträchtlich – und deshalb stellt sich schnell die Frage, ob und wie Sie diese Kosten steuerlich absetzen können.“ So beginnt ein sog. Praxistipp auf der Website des Verlages für die Deutsche Wirtschaft AG.
Danach werden Ratschläge erteilt, wie ein Verwaltungserlass des Bundesfinanzministeriums (vom 22.08.2005, Az.: IV B 2 – S 2144 – 41/05) möglichst geschickt steuermindernd ausgelegt werden kann.
So müssen bei der Anmietung von VIP-Logen die oft mehrere hundert Euro teuren Eintrittskarten und die opulenten Bewirtungskosten nicht mehr konkret dargelegt sondern nur noch geschätzt werden. Nach der jetzt eingeführten Vereinfachungsregel können die meist fünfstelligen „Paketpreise“ für die Loge pauschal aufgeteilt und steuermindernd geltend gemacht werden:

  • Anteil für die Werbung: 40 %
  • Anteil für die Bewirtung: 30 %
  • Anteil für Geschenke: 30 %

Im Ergebnis zahlt die Gesamtheit der Steuerzahler den VIPs (also den Very Important Persons oder solchen, die sich dafür halten) ihre Logenplätze und die Fress- und Sauforgien bei den Spielen der Fußball-Weltmeisterschaft.
All das, damit dieselben Leute weiter verkünden können, dass es „uns“ zu gut gehe, dass „wir über unsere Verhältnisse“ lebten und dass „wir alle den Gürtel enger schnallen“ müssten.
Natürlich fällt einem da Heinrich Heine ein, aber das Bild mit dem Wasser predigen und dem heimlichen Wein trinken ist für Deutschlands heutiges Wintermärchen viel zu harmlos. Man möchte eigentlich nur noch kotzen.

Hinweis:
Wenn Sie die Anleitung zur steuerlichen Absetzbarkeit von „Bestechung“ von Geschäftspartnern oder gegebenenfalls auch von Politikern downloaden wollen, dann machen Sie das bitte rasch. Wir hatten schon einmal einen Praxistipp des Verlages für die Deutsche Wirtschaft – immerhin Träger des Innovationspreises des „Vereins für Zeitschriftenverlage in NRW“ im Jahre 2004 – unter dem Titel „So profitieren Sie von den 1-Euro-Jobs“ vom 15. 04.05 aufgespießt.
Wenige Tage danach war diese Anleitung zum Missbrauch von 1-Euro-Jobs durch die Unternehmerseite aus dem Netz genommen.