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Erosion der Demokratie

Europäische Kommission – EU-Kommissionspräsident Juncker als „Meister der Hintertreppe“

Als „Meister der Hintertreppe“ charakterisierte Werner Rügemer in einem Kommentar den neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Dass der langjährige Regierungschef der größten Finanzoase des Kontinents und erwiesenermaßen einer der geschicktesten Vertreter der Macht der Banken einen Bankenlobbyisten aus der Londoner City als Kommissar für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmärkte holt, ist ganz typisch für Junckers Politik über die Hintertreppe. Das betrifft im Übrigen nicht nur für den von Juncker vorgeschlagenen konservativen Briten Jonathan Hill zu.
Von Wolfgang Lieb.

NSA, BND & Co. – Der Mensch als „Sicherheitsrisiko“

2013 geht in die Geschichte ein als ein Jahr, in dem eine bislang unvorstellbare Dimension geheimdienstlicher Überwachung bekannt geworden ist, die Hunderte Millionen, ja Milliarden von Menschen in aller Welt betrifft. Die verdachtsunabhängige Ausforschung, wie sie der Whistleblower Edward Snowden aufgedeckt hat, stellt alle Betroffenen unter Generalverdacht, unterhöhlt die Unschuldsvermutung, führt zu massenhafter Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre, stellt verbriefte Grundrechte, ja die Demokratie insgesamt in Frage. Von Rolf Gössner[*]

NATO-Gipfel im September mit 60 Staats- und Regierungschefs einschließlich Poroschenko aus der Ukraine

Das ist ein Signal für eine Verschiebung zulasten der Vereinten Nationen und zu Gunsten der Militarisierung der Politik. Die Einladung des ukrainischen Präsidenten ist das Gegenteil einer vertrauensbildenden Maßnahme im Verhältnis zu Russland. Der frühere MdB und Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer (CDU) hat dazu einen Text geschrieben. Im Nachtrag 2 wird zum besseren Verständnis auf einen früheren Brief Wimmers an Kanzler Schröder hingewiesen. Albrecht Müller

Sind die Entscheidungsträger in den USA verlässlich gegen einen Krieg?

Das wird im weiteren Verlauf des Geschehens eine entscheidende Frage sein. – Am Gelingen der Nachdenkseiten, speziell der Hinweise des Tages, wirkt ein in Deutschland lebender Staatsbürger der USA mit, Roger Strassburg (= R.S.). Wir tauschen uns gelegentlich über die Kriegsgefahr und die USA aus. Dass die USA einen Krieg gegen Russland wollen könnten, hält er für unwahrscheinlich, ja geradezu für „hirnrissig“. Ein Krieg gegen einen so mächtigen Gegner wie Russland sei auch wahltaktisch nicht von Vorteil (Siehe Anhang 1). Ich fürchte, R.S. täuscht sich. Ich möchte meine Sorge begründen. Dabei bleibt vorweg anzumerken: die USA sind nicht allein, andere Länder und Völker denken und verhalten sich ähnlich. Albrecht Müller.

Die Verkehrung der Welt in mehreren Akten (1/3)

Karl-Heinz Klär[*] am 12. April 2014 im Gespräch mit Kuno Rinke über den Finanzkapitalismus, die Krise der Europäischen Union und die Übertölpelung der jungen Generation. Grundlage des Gesprächs ist der Artikel „Die GroßeMittelKlasse“, den Karl-Heinz Klär am 7. Februar 2013 auf den NachDenkSeiten veröffentlicht hat. Aufgrund der Länge haben wir das Gespräch, das auch in der Zeitschrift Politisches Lernen erschienen ist, in drei Folgen unterteilt. Der zweite und der dritte Teil werden morgen bzw. übermorgen auf den NachDenkSeiten erscheinen.

Nach der Europawahl – Vorhang auf zum Laienspiel

Eine Woche nach der Europawahl herrscht in den Kommentarspalten und Feuilletons der Republik wohl konditionierte Aufregung. Dabei wird die Personalie des künftigen Kommissionspräsidenten zur Gretchenfrage der europäischen Demokratie stilisiert. „Weiter so!“ heißt offenbar die Devise, die selbst von vermeintlichen Kritikern des Merkelschen Demokratieverständnisses ausgerufen wird. Von Jens Berger.

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Europa – mehr Demokratie wagen!

Seit gestern sind die rund 375 Millionen Wahlberechtigten in der EU aufgerufen, ein neues EU-Parlament zu wählen. Viel zu wenige werden diesem Ruf folgen und wenn am Sonntagabend die Ergebnisse veröffentlicht sind, wird der Katzenjammer der etablierten Politik groß sein. Die Heuchelei kennt keine Grenzen. Wer jahrelang die Demokratie mit Füßen getreten und Europa für seine eigenen Interessen missbraucht hat, braucht sich nicht darüber zu wundern, wenn die Bürger sich vom politischen Europa abwenden. Doch diese Entwicklung ist fatal. Nur mit einem Mehr an Demokratie kann das europäische Projekt noch gerettet werden. Von Jens Berger

Von ARD&Co. übersehen? US-Parlament fordert Kontrolle der US-Kriegsführung

Während unsere Medien ausführlich, aber wenig ausgewogen über den Bürgerkrieg in der Ukraine berichten, schweigen sie zu Initiativen für den Frieden: Im “Authorization Review and Determination Act” fordert Barbara Lee die Aufhebung der Militärgewalt-Ermächtigung AUFM, der sie 2001 als einzige Abgeordnete nicht zustimmte. Die Kriegführung der USA soll wieder parlamentarisch kontrolliert werden.
Das AUMF ist das am 14.9.2001 erlassene Ermächtigungsgesetz für den „Führer der freien Welt“ George W. Bush. Unter dem Schock der 9/11-Anschläge verabschiedeten beide Kammern des US-Parlaments die „Authorization for Use of Military Force“ (AUMF). Damit bekam der Bush II. volle Präsidialgewalt über Krieg und Frieden, über Leben und Tod. Alle Einspruchs- und Kontrollkompetenzen wurden im AUMF von den Parlamentariern der am besten bewaffneten Demokratie der Welt in einem historisch beispiellosen Akt der Selbstkastration abgeschafft. Es gab nur eine einzige Gegenstimme gegen das AUFM: Die von Congresswoman Barbara Lee – sie kämpft jetzt weiter gegen das US -Ermächtigungsgesetz, das auch Obama für sich in Anspruch nimmt. Von Daniela Lobmueh.

Darf man von Gleichschaltung der Medien sprechen? Und davon, dass die Demokratie höchst gefährdet ist?

In einem Beitrag für die Wochenzeitung „Kontext“ hatte ich Anfang April im Blick auf das Netz von US-nahen Medienvertretern in Deutschland davon geschrieben, wir hätten es hier „mit einem gut ausgeklügelten System der Gleichschaltung zu tun“. Siehe auch die Beiträge in den NDS hier und hier. Daraufhin hat sich der frühere Stuttgarter FR-Korrespondent Peter Henkel mit einer Mail bei mir beklagt. Henkel hält die Verwendung des Begriffs Gleichschaltung für eine Beleidigung; Henkel meint, wir würden in den NachDenkSeiten dramatisieren, wir würden die Arbeit der Journalisten und Medien viel zu kritisch sehen. Und wenn ich schreibe, was sich bei uns an Manipulation abspiele, ruiniere den Rest an Demokratie, den wir noch haben, dann sei dies „ödester Stammtisch“ und „paranoid“. Und wenn ich schreibe, „die Oberen bestimmen mit Meinungsmache, wo es langgehen soll“, dann sei das eine „konspirative Scheindiagnose“. Albrecht Müller.

Heiner Flassbeck zu „Wem gehört Deutschland?“

Jens Berger hat wieder ein wichtiges Buch geschrieben. Er klärt auf über “unsere Verhältnisse” und zeigt nicht nur, wem Deutschland gehört, sondern trägt zur Versachlichung der Diskussion bei, indem er die wichtigsten Fakten zur Einkommens- und Vermögensverteilung weit über Deutschland hinaus präsentiert und erläutert. Das ist wichtig, weil die Menschen verstehen müssen, dass Reichtum kein Naturgesetz ist, sondern das Resultat historischer gesellschaftlicher Ereignisse, von Glück und Zufall, aber auch dem Ausnutzen aller legalen und manchmal illegalen Möglichkeiten, anderen das Fell über die Ohren zu ziehen. Von Heiner Flassbeck[*]

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Keine Alternative für Deutschland

Bei den Europawahlen kann sich die Alternative für Deutschland (AfD) Hoffnungen auf einen Einzug ins Europäische Parlament machen. Das ist gefährlich. Wirtschafts- und finanzpolitisch denkt die AfD marktradikal: Der Spitzensteuersatz soll gesenkt, der Staat auf ein Minimum reduziert werden. Leidtragende wären die Arbeitnehmer. Von Jens Berger.

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Angst vor Amerika? Ja. Äquidistanz ist angesagt.

In Deutschland flammt immer mal wieder die Diskussion darüber auf, ob es zu den USA zum einen und zu Russland zum andern einen ähnlichen Abstand geben sollte. Einflussreiche Medien und ihnen verbundene Politiker halten die Äquidistanz, also den gebührenden Abstand zu beiden Großmächten, für Teufelszeug. Es scheint jedoch nach den Erfahrungen mit einigen undemokratischen Entwicklungen in den USA, mit ihrer militärischen expansiven Strategie, mit der Totalüberwachung mittels NSA und mit der Drohung gegenüber jenen Abgeordneten, die auf eine Befragung von Snowden in Deutschland drängen, angebracht, zu den USA auf Distanz zu gehen. Ihre Demokratie und ihre Rechtsauffassung haben eine Schlagseite, die ähnlich gefährlich ist wie die Schlagseite mancher Kreise in Russland. Vielleicht prüfen unsere Leserinnen und Leser, wie sie die Lage einschätzen. Von Albrecht Müller

Akif Pirinçci und das reaktionäre Rollback Deutschlands

Anlässlich der erfolgreichen Gegendemonstration gegen einen NPD-Aufmarsch in Berlin schwärmt die taz davon, wie einfach es ist, Nazis zu stoppen. So erfreulich die Verhinderung des Aufmarsches ist, sie entspricht nicht dem Trend in der Gesellschaft. Wer meinte, dass nach den Bestsellererfolgen von Sarrazin das rechte, fremdenfeindliche, ja rassistische Potenzial deutscher Befindlichkeit zurückgegangen wäre, wird durch den Erfolg von Akif Pirinçcis Buch, “Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer”, eines Besseren belehrt. Von Orlando Pascheit.

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Andere Länder, andere Maßstäbe – Ägypten und die Lynchjustiz

Stellen Sie sich doch bitte einmal vor, wie groß hierzulande die Aufregung wäre, wenn in Russland ein Regierungskritiker – in der hiesigen Sprachregelung „Regimekritiker“ – zum Tode verurteilt worden wäre. Andere Länder, andere Maßstäbe – in Ägypten wurden zum Wochenbeginn ganze 683 Regierungskritiker – in der hiesigen Sprachregelung „Terroristen“ – zum Tode verurteilt. Von Aufregung ist hierzulande jedoch nichts zu spüren. In den Medien wird dieser brutale Akt von Staatsterrorismus allenfalls beiläufig vermeldet und die Politik verfällt einmal mehr, wenn es um Ägypten geht in ein bleiernes Schweigen. Stattdessen drischt man lieber mit gesammelter Kraft auf Altkanzler Schröder ein, der die Unverfrorenheit besitzt, mit dem russischen Präsidenten zu sprechen. Von Jens Berger.

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Die Instrumente des neoliberalen EU-Orchesters

Das geplante Freihandelsabkommen „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP) ist nur die Fortsetzung einer schon jahrzehntelang betriebenen, massiven Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Privatisierungspolitik innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union sowie darüber hinaus. Inzwischen gibt es eine Vielzahl kaum noch überschaubarer innereuropäische, aber auch bilaterale oder regionale Verträge oder interkontinentale Verhandlungsansätze, die die Weichen für eine solche Politik längst gestellt haben – zumal innerhalb Europas. Wenn ein Abkommen scheiterte, gab es kurze Zeit später unter anderem Namen einen neuen Anlauf. Der Widerstand dagegen glich dem Kampf gegen eine Hydra, jenem schlangenähnlichen Unwesen, dem immer wieder neue Köpfe nachwachsen. Mit dem transatlantischen Abkommen TTIP soll diese neoliberale Politik nun auch jenseits der Europäischen Union abgesichert werden. Da die Bestrebungen der WTO, den grenzenlosen Freihandel weltweit einzuführen, nur teilweise erfolgreich waren, zielt das TTIP nun als weiterer Schritt auf eine weitgehende transatlantische Marktöffnung außerhalb der Europäischen Union, bilateral mit den USA. Dieses Abkommen ist jedoch – wie viele andere – gleichfalls nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer weltweiten grenzenlosen Bewegungsfreiheit für Investoren und zu Handelsfreiheit für internationale Konzerne, ohne steuernde Einflussmöglichkeiten demokratischer Gesetzgebung. Dank ihres gerade schon filzartigen Netzwerks an Lobbygremien innerhalb Europas und weltweit, sind Gewinner dieser Entwicklung die großen Konzerne. Verlierer sind die nur national oder regional orientierte Wirtschaft, die nationalen Parlamente und vor allem die Bürger, deren demokratische Rechte noch stärker durch internationale Vorgaben verbarrikadiert werden. Christine Wicht versucht das Dickicht der übernationalen Verträge ein wenig zu lüften, um einen Blick auf die Instrumente und die Partitur des neoliberalen EU-Orchesters freizumachen.