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Innen- und Gesellschaftspolitik

Stuttgart 21 PLUS – ein raffinierter Zug, die Gegner schachmatt zu setzen

Leider haben wir wieder einmal Recht behalten: Schon zu Anfang der „Schlichtung“ zu Stuttgart 21 haben wir vorausgesagt, dass es Heiner Geißler gelingen wird die Kurve zu schaffen und nicht nur den unterirdischen Bahnhof für richtig zu halten, die Gegner zu spalten und den baden-württembergischen Ministerpräsidenten und seine CDU vor einem Absturz bei der im März nächsten Jahres bevorstehenden Landtagswahl zu retten. So ist es nun gekommen. Wolfgang Lieb

Soziale Kälte unter dem Deckmantel der Integrationsdebatte

Während sich die Schlagzeilen, die Kommentatoren und das Feuilleton darüber auslassen, ob „der Islam zu Deutschland gehört“ (Wulff), beschleunigt die schwarz-gelbe Bundesregierung ihren Kurs der sozialen Kälte. Unter dem Deckmantel der „Integrationsdebatte“ wird zum einen, ohne dass das Gesetz verabschiedet ist, den Hartz IV-Beziehern schon mal vorab das Elterngeld entzogen und zum anderen beschließt die Regierungskoalition über Nacht eine Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen, wonach einige wenige Hartz IV-Aufstocker gerade mal bis zu 20 Euro im Monat hinzuverdienen dürfen. Solche Meldungen verschwinden unter Verschiedenes.
Der Verlust des Elterngeldes für Hartz IV-Beziehern von 300 Euro pro Monat und 3.600 Euro für ein Jahr ist nur noch Nebensache. Ein „Minischritt“ beim Zuverdienst für etwa dreihundert Tausend der 1,4 Millionen Aufstocker, darf als „Anreiz“ zur Aufnahme zur eine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung schöngeredet werden, ohne dass ein lautes Hohngelächter ausbricht. Wolfgang Lieb

Was für einen ausgemachten Quatsch unser Spitzenpersonal erzählt. Beispiel Stuttgart 21

Mit dem Projekt werde Europa von Frankreich über die Slowakei bis auf den Balkan verbunden, meint unsere Bundeskanzlerin. – Als ich 1960 bis 1963 in München studierte, konnte ich von dort wie auch von zuhause, von Heidelberg oder Mannheim, bis nach Split mit dem Zug fahren, und von München aus auch nach Istanbul. Züge fuhren vom Balkan bis nach Dortmund. Dazu bedurfte es keines „Stuttgart 21“. – Und heute erzählt uns diese Agitations-Type aus Mecklenburg-Vorpommern, man brauche „Stuttgart 21“, um den Weg zum Südosten Europas zu finden. Hier werden die Menschen veräppelt, noch dazu auf absolut üble und dumme Weise. Weil es so eingängig ist, glauben es vermutlich die strammen Anhänger von Frau Merkel. Von Paris über Stuttgart bis nach Bratislava! Wie viele 1000 im Jahr machen das? Albrecht Müller

Grobe Fahrlässigkeit bei Versicherungssumme LoveParade: Fehlende Auflage der Genehmigungsbehörde?

„Üblich bei solchen Veranstaltungen sind dreistellige Millionenbeträge als Versicherungssumme. Erstaunlich ist, dass die Erlaubnis zur Durchführung der Loveparade nicht davon abhängig gemacht wurde, dass eine auskömmliche Versicherungssumme gegen existentielle Risiken nachgewiesen wird. Schließlich handelt es sich bei der Veranstalterin um eine GmbH mit erkennbar limitiertem Vermögen“, schreiben Dr. Johannes Fiala und Peter A. Schramm in einer Erläuterung zur Versicherungsproblematik. Auch hier wieder eine Folge des Rückzugs staatlicher Regelung und Verantwortung. Albrecht Müller

Die Verantwortung der Medien für die Toten von Duisburg.

Wir werden auf die Verantwortung der Medien und diese Ursache für die Schonung des Duisburger OB in den Medien aufmerksam gemacht. In einem Nachtrag zum Artikel „Stellen wir uns vor, Duisburgs OB hätte Ypsilanti (SPD) und nicht Sauerland (CDU) geheißen“ haben wir in den Hinweisen schon von diesen Einwänden berichtet. Siehe letzten Hinweis von heute.
Ein Nutzer der NDS macht zusätzlich darauf aufmerksam, dass die Lokalmedien (z.B. WAZ) im Vorfeld nicht gerade kritisch mit den Organisatoren umgegangen seien und notiert: „Wahrscheinlich auch ein Grund dafür, warum man Berichte aus der Zeit vor der Veranstaltung nicht mehr abrufen kann“. Siehe hier. Albrecht Müller

Stellen wir uns vor, Duisburgs OB hätte Ypsilanti (SPD) und nicht Sauerland (CDU) geheißen

Wäre ein/e linke/r Sozialdemokrat/in Oberbürgermeister von Duisburg, hätte diese/r gegen die Bedenken von Polizei und Feuerwehr und des eigenen Bauordnungsamtes die Genehmigung für die Loveparade durchsetzen lassen und sich hinterher auch noch so billig aus der Verantwortung gestohlen, wie der Oberbürgermeister Sauerland von der CDU dies tut, dann wäre diese Person von Deutschlands Medien in der Luft zerrissen worden. Mit dem CDU-Mann gehen sie ausgesprochen sanft um. Albrecht Müller.

Städtebauförderung: Drastische Kürzungen vorgesehen

Den ersten Teil ihres Sparpakets hat die Bundesregierung umgesetzt: Am 7. Juli 2010 beschloss das Kabinett den Entwurf des Bundeshaushalts 2011 und den Finanzplan bis 2014. Vor dem Hintergrund einer „Schuldenbremse“, einer „geringeren Neuverschuldung“ sind Einsparungen in Milliardenhöhe vorgesehen. Nach dem Sozialetat ist es der Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, in dem erhebliche Kürzungen vorgenommen werden sollen. Gemäß den Planungen der schwarz-gelben Regierung wird die Städtebauförderung als Steuerungsinstrument des Bundes drastisch gekürzt. Nach 2009 mit 569 Mio. Euro Fördermitteln waren 2010 nur noch 535 Mio. Euro im Fördertopf. 2011 droht die nahezu Halbierung auf 305 Mio. Euro. Dazu ein Kommentar von Axel Ulrich

Der Verfassungsschutz dient dem Machterhalt der herrschenden Kreise. So ist es. So war es von Anfang an.

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden. Die Partei Die Linke und auch Bodo Ramelow dürfen vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Lächerlich. Aber diese antidemokratische Lächerlichkeit hat Tradition in dieser FdGO. In einem Beitrag vom 21. Mai hatte ich schon darauf hingewiesen, wie wir als Schüler Anfang der Fünfzigerjahre ungeschützt von irgend einem Verfassungsschutz den verbliebenen Nazi-Lehrern und ihrer Verherrlichung des Militärs ausgesetzt waren. Später habe ich dann als Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt mit SPD-Parteibuch erlebt, wie der Verfassungsschutz offen Jagd auf Sozialdemokraten gemacht hat. Diese sollten sich nicht zu früh freuen über das Urteil von Leipzig. Ihre Option zur politischen Führung und zu einer politischen Alternative zu Schwarz-Gelb ist in Leipzig neben der Demokratie auch noch zu Grabe getragen worden, wie die taz in diesem Beitrag zu Recht feststellt. Albrecht Müller

Kürzung des Elterngeldes – Wie sie sich jetzt alle aufregen! Wo waren sie bei Einführung des Elterngeldes?

In den Medien und bei den Parteien einschließlich der Regierungsparteien herrscht helle Aufregung über die erkennbare Absicht der so genannten Familienministerin, Kristina Schröder (CDU), das Elterngeld für die Schwächsten zu kürzen und die Gutverdiener unberührt zu lassen. (Einige Beiträge dazu siehe in der Anlage) In der Kritik (mit Recht) unterstellt, die Kürzungsabsicht diene auch dem teuflichen Ziel, bei der Unterschicht die Anreize zum Kinderkriegen abzusenken. Diese Kritik ist berechtigt, aber sie ist ziemlich verlogen. Denn weder das Ziel noch die Methoden sind neu. Albrecht Müller.

Rezension zu: Götz Eisenberg „ …… damit mich kein Mensch mehr vergisst! Warum Amok und Gewalt kein Zufall sind.“

Über das Phänomen Amok ist immer noch wenig bekannt. Dabei häufen sich seit den 90er Jahren die Fälle von Amokläufen an Schulen und in anderen Bereichen der Gesellschaft. Warum verüben Menschen, die es mit sich und der Welt nicht länger aushalten, derartige Verzweiflungstaten, deren Spezifikum darin besteht, nicht nur sich selbst, sondern noch möglichst viele Andere mit ins Verderben zu reißen? Wir neigen dazu, derartige Gewaltexzesse als Wahnsinnstat eines Einzelnen abzutun, als etwas Unvorstellbares, Außergewöhnliches und letztlich Unerklärliches.
Der Gefängnispsychologe und Sozialwissenschaftler Götz Eisenberg weist uns darauf hin, dass Amokläufer und Gewalttäter keineswegs „Wesen von einem fremden Stern“ sind, sondern meist aus der sog. Mitte der Gesellschaft stammen. Von Joke Frerichs

Das Stockholmer Programm – Vernetzung von Megadatenbanken und die Abschottung der Europäischen Union

Der Europäische Rat hat auf dem EU-Gipfel im Dezember 2009 das „Stockholmer Programm“ [PDF – 400 KB] beschlossen. Dieses Mehrjahresprogramm für die Jahre 2010-2014 verknüpft die europäische Justiz- und Innenpolitik mit der Politik für Innere Sicherheit und erhebt den Anspruch einen europäischen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger“ zu schaffen. Die verabschiedete Agenda ist in den gängigen Medien im Wirbel um den Klimagipfel in Kopenhagen weitgehend untergegangen. Sie enthält unter anderem ein EU-weites Maßnahmenpaket im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, den Ausbau polizeilicher, militärischer und geheimdienstlicher Zusammenarbeit zwischen den EU-Staaten und eine umfassende Agenda zur Flüchtlingspolitik.
Das Stockholmer Programm lenkt von den Ursachen für die Bedrohung der Sicherheit der Bürger ab und bedroht eher die Freiheit der Europäer/innen. Es ist eine Kopfgeburt von Überwachungsfetischisten angefeuert von den Allmachtsphantasien der ökonomisch (und politisch) immer mächtiger werdenden IT-Konzerne. Von Christine Wicht

Nebenkriegsschauplätze zum Krieg in Afghanistan

Es wird auch für wenig kritische Zeitgenossen immer deutlicher, dass der Afghanistan-Krieg ein absurdes und tödliches Abenteuer ist. Die Opfer unter Zivilisten, die toten Soldaten, spätestens der erkennbare Bruch zwischen dem gerade von deutscher Seite früher einmal kräftig gefeierten und in Bonn installierten Präsidenten Karzai und den USA/Nato machen dies deutlich. Es wird immer mehr sichtbar, dass jene recht hatten, die von vornherein gegen diesen Einsatz waren und den Abzug immer wieder gefordert haben, und dafür als Populisten beschimpft wurden. Jetzt wird auf Seiten der Kriegsbefürworter die Propaganda verschärft. Albrecht Müller

Zum Programmentwurf der Partei DIE LINKE

Ein Programmentwurf, der die Kritik vieler Menschen aufgreift und den herrschenden Verhältnissen positive Utopien entgegenstellt. Die Kritik tut den etablierten Parteien weh und dementsprechend aggressiv ist die Abwehr der Forderungen der Linkspartei. Dennoch, bis zur Verabschiedung sind noch viele Fragen zu klären. Allzu oft, werden die kritisierten Missstände undifferenziert auf die kapitalistische Verwertungslogik zurückgeführt. Dem bestehenden System wird unvermittelt ein alternatives System gegenübergestellt. Es hapert an einer mittleren und konkret untermauerten Perspektive. Wolfgang Lieb

Fortsetzung: SPD-Arbeitsmarktkonzept: Eiertanz in der Sackgasse

Olaf Scholz nannte das Arbeitsmarktkonzept [PDF – 106KB] „eine konsequente Weiterentwicklung unserer Politik“. Die einzelnen Vorschläge des SPD-Arbeitsmarktkonzepts stellen also keinen Neuanfang dar, mit dem die Enttäuschung vieler früheren Anhänger und Sympathisanten der SPD wieder aufgefangen werden könnte. Solange der „Consigliere“ von Schröder, Frank-Walter Steinmeier, in der SPD etwas zu sagen hat, wäre eine Abkehr vom Agenda-Kurs ein Schlag gegen das eigene Führungspersonal.
Weil keine Abrechnung mit dem bisherigen Kurs erfolgt und kein neues Leitbild zugrunde gelegt wird, stehen alle Vorschläge des Arbeitsmarktkonzepts unter dem Verdacht der politischen Kosmetik – um sich etwa gegenüber den Gewerkschaften aufzuhübschen, um die innerparteilichen Narben zu verdecken, um sich gegenüber der Linkspartei etwas Rouge aufzulegen oder gegenüber den Vorstößen von CDU und FDP (etwa im Hinblick auf das Schonvermögen) nicht all zu blass auszusehen.
Wenn man überhaupt ein Umdenken erkennen will, so vielleicht an der Erkenntnis, dass der Sozialstaat nicht mehr durch weiteres zurückschneiden erhalten werden kann. Doch was durch die Hartz-Gesetze schon völlig kahl geschnitten wurde, kann nicht durch das Aufpfropfen einiger neuen Triebe wieder zum Blühen gebracht werden. Wolfgang Lieb

Urteil zur Vorratsdatenspeicherung: Verfassungsrechtlicher Opportunismus

Ein Pyrrhus-Sieg: Aus diesem Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht gehen die 35.000 Kläger auf Dauer eher geschwächt hervor. Das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung hat zwar die innerdeutsche Regelung für nichtig erklärt, dennoch ist eine Speicherungspflicht in dem im Telekommunikationsgesetz vorgesehenen Umfang mit Art. 10 Grundgesetz „nicht schlechthin unvereinbar“. Vor allem aber ist die EU-Richtlinie 2006/24/EG, die durch die verfassungswidrig erklärten innerstaatlichen Gesetze nur umgesetzt werden sollte, durch das Urteil nicht tangiert.
Wie beim Hartz-IV-Urteil wird pathetisch die Unverletzlichkeit des Grundrechts beschworen, um dann dem Gesetzgeber viel Gestaltungsfreiheit zu geben, das Fernmeldegeheimnis wieder einzuschränken. Und wie beim Urteil über den EU Reformvertrag schreckt das höchste deutsche Gericht vor einer Auseinandersetzung mit dem EU-Recht zurück.
Das kann man eigentlich nur verfassungsrechtlichen Opportunismus nennen. Wolfgang Lieb