Zur Lösung des Flüchtlingsproblems an der belorussisch-polnischen Grenze setzen Deutschland und die EU auf Sanktionen. Dadurch verschärfen sie die Situation, denn Verhandlungen werden schwierig, wenn nicht gar unmöglich, wenn die andere Seite gedemütigt wird. Von Irmtraud Gutschke.
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Die EU beschuldigt den weißrussischen Präsidenten Aleksander Lukaschenko, er betreibe mit staatlich organisierten Flüchtlingstrecks „hybride Kriegsführung“ gegen die EU. Die neuen Spannungen zwischen der EU und Weißrussland, die sich an der Flüchtlingsfrage entzündeten, beginnen jetzt auch in den militärischen Bereich überzuschwappen. Damit droht in Europa – nach der heißen Phase im Donbass-Krieg 2014/15 – erneut ein militärischer Konflikt zwischen Russland und der Nato. Aus Moskau berichtet Ulrich Heyden.
Zahlreiche Redakteure und Politiker bezeichnen die unklaren Vorgänge an der polnisch-belarussischen Grenze als eine „hybride“ Kriegserklärung gegen die EU unter der „Regie“ Russlands. Das ist gefährlich, denn angebliche kriegerische Akte können entsprechende Reaktionen „rechtfertigen“. Unter den Tisch fällt in weiten Teilen der Berichterstattung die Ursache für die massenhafte Flucht: westliche Kriege und Sanktionen. Von Tobias Riegel.
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Mit der Gründung des „Forums von Madrid“ und der Unterzeichnung einer sogenannten „Madrider Charta“ im Oktober 2020 begann in Spanien eine von der einheimischen Vox-Partei eingeleitete politische Offensive rechtsradikaler Parteien und faschistischer Politiker in Richtung Lateinamerika. Ihre Kampfansage, so die knapp 100 UnterzeichnerInnen, gelte den „kommunistischen Regimen“, die in der sogenannten „Iberosphäre“ vom „Drogenhandel finanziert“ seien. „Iberosphäre“ ist skurriles „Neusprech“ des baskischen Vox-Vorsitzenden Santiago Abascal, der die iberische Halbinsel und das gesamte, von Spanien und Portugal „zivilisierte“ Lateinamerika meint. Indes, welches Weltbild vereint die rechtsradikale Internationale? Von Frederico Füllgraf.
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China baut seine Handelsrouten rund um die Welt massiv aus. Tausend Milliarden Euro, vielleicht mehr, will China in die Neue Seidenstraße investieren. Das Projekt umfasst eine Vielzahl von Infrastrukturmaßnahmen rund um die ganze Welt. Die Routen für Waren aus und nach China sollen einerseits verkürzt werden, aber die neue Seidenstraße wird auch Ausweichmöglichkeiten schaffen, wenn eine der Routen aus unabwägbaren geopolitischen Gründen ganz ausfällt oder zu unsicher wird. Von Marco Wenzel.
Die meisten Menschen merken wahrscheinlich gar nicht, wie zynisch sie mit den Berichten über Flüchtlinge und „Machthaber“ Lukaschenko manipuliert werden. Gestern waren die Fernsehprogramme mal wieder voll von Berichten über die Not der Flüchtlinge an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen, und heute sind die Zeitungen voll davon. Wie in den letzten Tagen schon mehrmals. Es werden Tränen vergossen, ohne dass man sich auch nur ein bisschen darum bemüht, darüber zu berichten, woher das Flüchtlingselend überhaupt kommt. Es kommt nicht vom Präsidenten Weißrusslands, Lukaschenko, den man übrigens gar nicht anders tituliert als mit „Machthaber“ oder „Diktator“. Das kann man machen, aber man sollte wenigstens endlich einmal die Fakten darstellen. Die Flüchtlinge kommen nicht wegen Lukaschenko, sondern wegen der großen Not in ihren Heimatländern. Albrecht Müller.
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Der Anschlag von Hanau, die Mbembe-Debatte oder die immer wiederkehrenden, meist hitzigen Diskussionen um den Nahost-Konflikt machen eines klar: Wir brauchen dringend eine fundierte Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen Antisemitismus und (anti-muslimischem) Rassismus. In der Öffentlichkeit ist die Frage, ob und wie diese beiden Phänomene miteinander verglichen werden dürfen, enorm umstritten, was eine sachliche und wissenschaftliche Beschäftigung lange erschwert hat. Sabine Schiffer und Constantin Wagner möchten durch ihre Forschungsergebnisse und ihr Buch „Antisemitismus und Islamophobie. Ein Vergleich“ eine Grundlage für eine neue, aufgeschlossene Diskussion schaffen.
Den untenstehenden Text hat der Verfasser Mohssen Massarrat bereits im Juni 2018 veröffentlicht. Aus aktuellem Anlass hat er den Text mit einem aktualisierten Nachtrag zur Wiederveröffentlichung freigegeben.
Mehr denn je ist unsere Gesellschaft damit beschäftigt, das Limit des Zumutbaren neu zu justieren: Welche Begriffe darf man heute noch verwenden und welche nicht? Müssen alte Klassiker sprachlich „gesäubert“ werden, damit sich niemand verletzt fühlt? Ab wann ist eine Berührung eine Belästigung? Diese und ähnliche Fragen spalten die Gesellschaft zunehmend und haben bereits zu einem Verlust an demokratischer Debattenkultur geführt: Viele Menschen haben inzwischen Angst davor, ihre Meinung zu äußern und sind sehr vorsichtig geworden. Die promovierte Philosophin und Chefredakteurin des Philosophie Magazins, Svenja Flaßpöhler, beschäftigt sich deshalb in ihrem neuen Buch („Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren“) mit der Dialektik der Sensibilität. Sie versucht einen Weg zu finden, wie man zu einem angemessenen Verhältnis von gesellschaftlicher Sensibilität und individueller Widerstandskraft im Sinne von Robustheit finden kann. Unser Autor Udo Brandes hat es bereits für die NachDenkSeiten gelesen und stellt es vor.
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„Mit einer Partei, die ihre beliebteste Politikerin — Sahra Wagenknecht — vergrault und dafür Antideutsche hofiert, die die Bombardierung von Dresden feiern, macht man in Ostdeutschland halt keine Schnitte.“ Das sagt die Autorin Eva C. Schweitzer im Interview mit den NachDenkSeiten. Mit deutlichen Worten kritisiert Schweitzer die „woke Linke“ und verrät, warum sie der Film „Die Körperfresser kommen“ an die heutige Zeit erinnert. In ihrem aktuellen Buch „Links blinken, rechts abbiegen – Die unheimliche Allianz zwischen Neurechten, woken Antideutschen und amerikanischen Neokonservativen“ nimmt die Journalistin kein Blatt vor den Mund. Das zeigt sie auch im folgenden Interview. Von Marcus Klöckner.
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Auf der letzten Seite des am 15. Oktober veröffentlichten Papiers mit dem Namen „Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP“ kommt ein Wort vor, das viel sagt über den geistigen Zustand und die ideologische Ausrichtung der kommenden Ampel-Koalition. Da ist vom „Systemwettbewerb“ die Rede, vom „Systemwettbewerb mit autoritären Staaten und Diktaturen“. Einen Satz vorher ist die Rede davon, dass die Koalitionäre unser Land „in enger Verbindung mit denjenigen Staaten sehen, die unsere demokratischen Werte teilen“. Eigentlich hätte man denken können, dass die Zeit der Systemkonkurrenz hinter uns liegt und dass wir versuchen, auch mit Völkern und Staaten zu kooperieren, die ein bisschen anders ausgerichtet sind als wir selbst. Albrecht Müller.
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Damit eines vorweg klar ist: Es ist sinnvoll und notwendig und für uns auch verpflichtend, dass wir helfen, dass die Israelis in Israel sicher leben können. Dass wir Deutsche dafür sorgen wollen, folgt daraus, dass wir für den Tod von mindestens 6 Millionen Juden verantwortlich sind. Dass die Noch-Kanzlerin Angela Merkel gerade jetzt wie auch schon 2008 diese Verantwortung sieht, ist zu verstehen, obwohl diese Fürsorge für Israel auf dem Rücken der Palästinenser praktiziert wird. Dass Merkel zur Verstärkung der Verantwortung für Israels Sicherheit einen sowohl altbackenen als auch gefährlichen Begriff einführt – Staatsräson – ist nicht berechtigt. Frau Merkel hat schon am 18. März 2008 vor der Knesset gesagt: „Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes.“ Den Begriff Staatsräson gibt es im Alltag unseres politischen Lebens nicht. Es ist ein im Kern antidemokratischer Begriff. Merkel benutzt ihn vermutlich auch, um den besonderen Beifall rechtskonservativer Israelis zu erhalten. Albrecht Müller.
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Der Autor ist Leiter der Dependance der Friedrich-Ebert-Stiftung in New York. Der Text ist ein Auszug aus einem Buch, das gerade im Dietz Verlag erschienen ist. Der Buchtitel lautet: „Vom Ende der Freiheit. Wie ein gesellschaftliches Ideal aufs Spiel gesetzt wird“. Vermutlich ein Beitrag, der Zustimmung und Widerspruch auslösen wird. So ist es auch gedacht. Albrecht Müller.
Der französisch-kanadische Philosoph Alain Denault hat ein Buch über „Die Herrschaft der extremen Mitte“ geschrieben. Er ist der Auffassung, dass extremistische Regime der Mitte für die globalen Probleme verantwortlich sind, von der Klimakrise bis hin zum Problem der extremen sozialen Ungleichheit und Armut. Unser Autor Udo Brandes hat das Buch gelesen und stellt es vor.
Im Westen fand mit dem 11. September 2001 eine Zäsur statt. Eine Welle des antimuslimischen Rassismus nahm ihren Anfang, Menschen wie ich erlebten Hass und Diskriminierung und sie tun es weiterhin. Der Tag war auch der Anfangspunkt einer langen Entwicklung, die mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin: Fortan war ich der ewige Erklärer des Krieges in Afghanistan, ein Land, das ich als Jugendlicher zum ersten Mal bereiste. Von Emran Feroz.