AfD – Keine Alternative für Deutschland

AfD – Keine Alternative für Deutschland

AfD – Keine Alternative für Deutschland

Jens Berger
Ein Artikel von: Jens Berger

Die AfD befindet sich aktuell in einem Umfragehoch, und die Gründe dafür sind verständlich. Die AfD schafft es nun einmal ganz hervorragend, sich als einzige und eigentliche Oppositionspartei darzustellen, und profitiert dabei von der immer tieferen Spaltung der Gesellschaft und dem tragischen Versagen der Linkspartei. Doch auch wenn man die Regierungsarbeit der Ampel kritisch bewertet und die anderen Oppositionsparteien ebenfalls kritisch sieht, heißt dies im Umkehrschluss noch lange nicht, dass ausgerechnet die AfD eine Alternative sein könnte. Das ist sie ganz sicher nicht. Zurzeit ist es denkbar einfach, auf dem politischen Spielfeld „gegen“ etwas zu sein. Doch „wofür“ ist die AfD eigentlich? Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die mediale Debatte über die AfD konzentrierte sich schon immer darauf, die Partei in dramatisierender Art und Weise als rechtsextrem darzustellen. Auch wenn es zweifelsohne rechtsextreme Politiker wie Björn Höcke in den Reihen der AfD gibt, reicht es nicht aus, die Partei auf dieses Attribut zu reduzieren. Die derzeitigen Zustimmungswerte sind damit auch nicht zu erklären. Die AfD punktet vielmehr bei stark polarisierenden Themen, bei denen sie eine Mehrheit der Bevölkerung gegen eine informelle Koalition der Regierungsparteien samt den Oppositionsparteien CDU und Linke hinter sich weiß. Das begann vor drei Jahren mit den Coronamaßnahmen und setze sich dann vor anderthalb Jahren mit der Ukraine-Politik, den Sanktionen gegen Russland und in diesem Sommer mit dem Heizungsgesetz fort; vier Themen, bei denen übrigens auch die NachDenkSeiten durchaus Schnittmengen mit der AfD haben. Man sollte jedoch nicht dem Trugschluss verfallen, dass eine Überschneidung bei einzelnen Themen auch eine allgemeine Zustimmung bedeuten könnte. Das Gegenteil ist der Fall.

Auf nahezu allen anderen politischen Feldern vertritt die AfD Positionen, die mit den Grundpositionen der NachDenkSeiten nicht zu vereinbaren sind. Das fängt bei gesellschaftspolitischen Fragen an, bei denen die AfD, um unseren Kollegen Carsten Weikamp zu zitieren, die „individual- wie gesellschaftspsychologischen Entwicklungen der letzten 150 Jahre verpasst [hat] und die vermeintlich guten alten Zeiten [verklärt]“, in denen jedoch die von der AfD glorifizierte „heile Welt der Familie schon damals ein Zerrbild der Wirklichkeit [war]“.

Lesen Sie dazu bitte Carsten Weikamps ausführliche Analyse des AfD-Grundsatzprogramms. Der Artikel ist zwar aus dem Jahr 2017, ist aber immer noch aktuell, zumal das Grundsatzprogramm der AfD aus dem Jahr 2016 stammt und seitdem nicht mehr geändert wurde.

Mit den Themenfeldern, die neben der Friedenspolitik seit Gründung der NachDenkSeiten unsere Schwerpunktthemen sind, habe ich selbst mich im Vorfeld der letzten Bundestagswahlen ausführlich auseinandergesetzt. Bei den Themen Rentenpolitik, Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie Sozial- und Arbeitspolitik ist die AfD eine im Kern zutiefst neoliberale Partei, deren Forderungen teils selbst die FDP „sozialistisch“ wirken lassen.

So hat die AfD bis heute kein rentenpolitisches Konzept, das den Bürgern ein Rentenniveau bieten würde, von dem man in Würde und ohne sozioökonomische Ängste leben könnte. Kritik an der Teilprivatisierung der Altersvorsorge sucht man im AfD-Programm ebenso vergebens wie Kritik an anderen Privatisierungen der Daseinsvorsorge. Da ist auch kein Wunder, da das Motto des AfD-Programms „Weniger Staat, mehr Freiheit und Selbstverantwortung“ lautet. Diesem Motto unterwirft man auch seine wirtschafts- und finanzpolitischen Forderungen. Die Steuern sollen nicht nur gesenkt werden, man will ferner eine spätere Erhöhung der Steuern sogar über das Grundgesetz verbieten. Die Staatverschuldung soll dabei „planmäßig getilgt“ und dem „Sozialstaat Grenzen gesetzt“ werden. Das ist Neoliberalismus in Reinkultur.

Lesen Sie dazu bitte die Analyse des AfD-Wahlprogramms von Jens Berger.

Kann eine gesellschaftspolitisch reaktionäre und sozial-, finanz- und wirtschaftspolitisch neoliberale Partei eine Alternative sein? Sicher nicht. So verständlich es ist, dass viele Bürger ihren Unmut über die Politik der Ampel und die nicht vorhandene Oppositionsarbeit der Linkspartei durch eine „Protestwahl“ äußern – die politischen Positionen der AfD lassen abseits der eingangs genannten aktuellen Themen keinen Raum für Zustimmung. Man kann nur hoffen, dass es demnächst eine neue linke Partei gibt, die nicht nur bei den aktuellen Themen, sondern auch bei den Grundpositionen überzeugen kann und die damit dann eine echte Alternative darstellt.

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Titelbild: nitpicker/shutterstock.com