Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Die Bilanz der Nord Stream-Sprengung
  2. Die EU, die NATO und die nächste Neue Weltordnung
  3. Ampel bekämpft Arme
  4. Der politische Elefant im Porzellanladen – und warum man ihn nicht sehen kann oder will
  5. „Kümmert euch endlich um die Kinder, nicht um Tablets!“
  6. Streit über heimliche Entmachtung der Staatsanwältin
  7. Wie Berlin zur Beute von Gier und Unfähigkeit wurde, zeigt die Arte-Doku „Capital B“
  8. Trotz Klimakrise setzt der Westen in Afrika auf Öl und Gas
  9. Lauterbach – Fehlverhalten ohne Konsequenzen? Colonia insana – mauern, bis der Arzt fehlt
  10. „Mit Long Covid schürt man nur noch Angst“

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Bilanz der Nord Stream-Sprengung
    Ein Jahr nach dem Anschlag auf die Nord Stream-Pipelines ist die Tat noch immer nicht aufgeklärt, doch die Folgen für die Erdgasversorgung der Bundesrepublik sind gravierend. Ergaben Recherchen des US-Journalisten Seymour Hersh, der Anschlag sei von US-Stellen geplant und auch umgesetzt worden, so favorisieren Politik und Medien in Deutschland eine These zum Tathergang, die die USA entlastet. Die Sprengung der Pipelines schließt es aus, dass diese in Zukunft, so etwa nach einer Einigung auf einen Waffenstillstand, wieder in Betrieb genommen werden könnten – nach Japans Beispiel: Tokio hat Sanktionen gegen Russland verhängt, nimmt aber seine Erdgasimporte aus dem Land zur Sicherung seiner eigenen Versorgung strikt von den Maßnahmen aus. Die erforderliche Umstellung der Bundesrepublik auf Flüssiggasimporte schreitet rasch voran; dabei bezieht Deutschland über Belgien mutmaßlich auch russisches Flüssiggas – jedoch zu einem höheren Preis als das Pipelinegas, das einst über Nord Stream 1 kam. Die Flüssiggas-Importterminals, die an den deutschen Küsten gebaut werden, verlängern die Zeit, zu der noch fossile Rohstoffe importiert werden, einmal mehr.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Nord Stream: Es ist an der Zeit, über Verrat zu reden
    Die Bundesregierung ist vorab über den Anschlag auf Nord Stream informiert gewesen, meint der Informant in Seymour Hershs neuem Artikel. Aber selbst wenn dem nicht so gewesen wäre ‒ die politische Bedeutung dieses Anschlags sollte endlich mit dem richtigen Maßstab gemessen werden.
    Der neueste Artikel von Seymour Hersh hat zwei Lücken geschlossen, die es bisher in der Geschichte des Nord Stream-Anschlags gab. Die Erste betrifft das Motiv seiner Quellen ‒ die Zweite ist weit schwerwiegender, sie betrifft die Rolle der Bundesregierung in der ganzen Geschichte.
    Das Motiv ist nicht ganz unwichtig, weil seine Nachvollziehbarkeit die Glaubwürdigkeit berührt. Gerade bei Informationen, die von Nachrichtendiensten stammen, ist es wichtig, ausschließen zu können, selbst durch diese Informationen instrumentalisiert zu werden oder Falschinformationen zu erhalten. Dass denjenigen, die den Anschlag technisch vorbereiteten, ein völlig anderes Ziel vorgegaukelt wurde, als tatsächlich damit verfolgt werden sollte, ist ein Motiv, das die Glaubwürdigkeit der Aussagen erhöht – wenn Informationen aus Geheimdienstkreisen “durchgestochen” werden, erweist sich das oft als Folge interner Widersprüche. So war das bereits bei den Pentagon Papers.
    Quelle: Dagmar Henn auf RT DE

    dazu auch: Seymour Hersh: Ein Jahr Lügen über Nordstream
    Quelle: NachDenkSeiten

  2. Die EU, die NATO und die nächste Neue Weltordnung
    Die neuen Aufgaben, die der EU im Zuge der Ukraine–Krise und ihrer Unterordnung unter die Geostrategie der NATO zufallen, sind weit davon entfernt, ihre alten Probleme vergessen zu machen – sie verschärfen sie vielmehr.
    Krieg ist die ultimative stochastische Quelle der Geschichte, und wenn er einmal begonnen hat, nehmen die Überraschungen kein Ende mehr. Doch auch wenn der Krieg in der Ukraine noch lange nicht vorbei sein dürfte, so hat er doch jeder Vision eines souveränen, wenn nicht gar nicht-imperialen Staatensystems in Europa zumindest vorläufig ein Ende gesetzt. Er scheint auch dem französischen Traum den Todesstoß versetzt zu haben, das liberale Imperium der Europäischen Union in ein strategisch autonomes drittes globales Machtzentrum zu verwandeln, unabhängig sowohl von einem aufstrebenden China als auch von den im Niedergang begriffenen Vereinigten Staaten und in der Lage, mit beiden glaubhaft zu konkurrieren.
    Quelle: Makroskop
  3. Ampel bekämpft Arme
    Einigung vor Kabinettsabstimmung zur Kindergrundsicherung bedeutet weitere Kürzungen – insbesondere für Asylsuchende.
    Soziale Demagogie statt Sozialpolitik ist Programm der Ampelkoalition. Zum Wochenende hatte die Rheinische Post aus Kreisen der Regierung erfahren, dass vor der Kabinettsabstimmung über die Kindergrundsicherung an diesem Mittwoch eine Einigung erzielt werden konnte. Diese bedeutet, etwa den während der Coronapandemie beschlossenen Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro für Kinder von Asylsuchenden zu streichen. Das ohnehin zur Farce gestutzte »zentrale sozialpolitische Projekt« der Bundesregierung erzeugt somit einmal mehr, was die Regierung vorgibt, bekämpfen zu wollen: Armut und Ungleichheit. »Unkluge Fehlanreize im Asylrecht« würden durch die Einigung »auf Betreiben des Bundesfinanzministeriums vermieden«, zitierte die Rheinischen Post aus »Kreisen« des Ressorts von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Diese Äußerung passt in eine von oben orchestrierte Debatte, in der Regierungs- wie die meisten der Oppositionsparteien unisono mit Forderungen nach mehr Abschiebungen auftreten. Schon zu Beginn der Auseinandersetzung um den Etat für die Kindergrundsicherung hatte Lindner die wachsende Anzahl von mittlerweile an die drei Millionen armen Kindern in der Bundesrepublik auf Zuwanderung zurückgeführt. Während nach Vorschlag der »Mindestlohnkommission« bis 2025 nur mickrige Mindestlohnerhöhungen auf Centniveau erfolgen sollen, wird der im Januar anstehende Inflationsausgleich beim »Existenzminimum« im Bürgergeld mit verschärftem Ton attackiert. Bedeutet der Haushalt der »Fortschrittskoalition« zusammengefasst bereits nur Mehrausgaben für Rüstung und Umverteilung per Kürzung im Sozialen, spielt die Bundesregierung nun zusätzlich die Ärmsten der Armen gegeneinander aus. »Für Waffen ist ganz offensichtlich unendlich Geld da, es wird quasi über Nacht gedruckt«, erklärte Susanne Ferschl am Montag gegenüber jW. Bei Leistungen für jene Menschen, die vor Waffengewalt und Krieg in die BRD flüchten, werde aber »der Rotstift angesetzt«. Nicht Zuwanderung, »sondern niedrige Erwerbseinkommen bei hoher Inflation und unzureichende Kinderbetreuungsstrukturen« seien für immer mehr arme Kindern hierzulande ursächlich, sagte die Kovorsitzende der Bundestagsfraktion von Die Linke zu jW. Statt Spaltungsdebatten zu befeuern, sollte die Ampelregierung »die konkreten Probleme anpacken«.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Kritik an Kindergrundsicherung: „Schon vor ihrem Beginn an ihrem wichtigsten Ziel gescheitert“
    Monatelang hat die Bundesregierung gerungen – am Mittwoch will das Kabinett die Kindergrundsicherung beschließen. (…)
    Die Kindergrundsicherung soll viele Sozialleistungen bündeln. Künftig soll Familien ein Leistung aus zwei Komponenten ausgezahlt werden: ein Basisbetrag in der Höhe des Kindergeldes von 250 Euro sowie ein einkommensabhängiger Betrag.
    Bei den jüngsten Verhandlungen hatte sich die Bundesregierung unter anderem darauf geeinigt, den Sofortzuschlag von 20 Euro für Kinder von Asylbewerbern nicht zu verlängern. Außerdem soll der sogenannte Kindergeldübertrag abgeschafft werden: Der Anteil des Kindergeldes, der nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes dient, wird momentan bei den Eltern angerechnet. Das heißt, dass andere staatliche Leistungen bei ihnen entsprechend reduziert werden. Damit soll wegen des bürokratischen Aufwands Schluss sein. (…)
    Dass es allerdings keine größeren Leistungserhöhungen gibt, löst beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Kritik aus.
    Quelle: RND

  4. Der politische Elefant im Porzellanladen – und warum man ihn nicht sehen kann oder will
    Im Englischen gibt es den schönen Ausdruck vom „elephant in the room“, der zwar sehr groß ist, aber scheinbar von niemandem entdeckt wird. Man redet über alles Mögliche, was sich in diesem Raum befindet, nur der Elefant kommt in den Gesprächen nicht vor, obwohl alle höllisch aufpassen müssen, nicht von ihm erdrückt zu werden. Selbst wenn in einem Porzellanladen – um auch eine deutsche Redensart zu bemühen – die Tassen nur so aus den Regalen purzeln, glaubt man eher an ein Erdbeben als an den mitten im Laden stehenden und eigentlich unübersehbaren Elefanten als Verursacher.
    Vielleicht neigen Wissenschaftler überdurchschnittlich dazu, das Wesentliche zu übersehen, sehr schnell von dem Elefanten abzulenken und über die ihrer Ansicht nach wirklichen, „tieferliegenden“ Ursachen des Scherbenhaufens zu philosophieren. Ja selbst wenn der Elefant stolz und unüberhörbar trompetet, dass er die Tassen zerdeppert habe, wird er schnell in Schutz genommen und behauptet, er täusche sich, die Tassen wären auch von alleine heruntergefallen.
    Marcel Fratzscher zum Beispiel, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, analysiert tagein tagaus die Wirtschaft, kann oder will den aktuell Scherben produzierenden Elefanten aber beim besten Willen nicht entdecken. Im Focus schreibt er über den Verlust wirtschaftlicher Dynamik in Deutschland im internationalen Vergleich, und er findet jede Menge Gründe, warum die Investitionen unzureichend sind und der Export, wie er sich ausdrückt, „bröckelt“.
    Ja, so ist es! In einer Weltwirtschaft, wo, wie hier beschrieben, die Politik in allen großen Industrieländern explizit darauf ausgerichtet ist, die Investitionstätigkeit abzubremsen, leidet vor allem das Land, das in den vergangenen beiden Jahrzehnten wie kein anderes darauf gesetzt hatte, Investitionsgüter für den Export zu produzieren. Da auch im eigenen Land die Politik die Investitionstätigkeit im Visier hat, ist es kein Wunder, dass neben dem Export vor allem die unternehmerische Dynamik zu wünschen übriglässt.
    Doch das kommt bei Fratzscher nicht vor. Er zählt alles Mögliche auf, nur den Elefanten, die mächtige Politik nämlich, die mitten in einer globalen Abschwächung die Investitionstätigkeit abwürgt, den nennt er nicht.
    Quelle: Relevante Ökonomik
  5. „Kümmert euch endlich um die Kinder, nicht um Tablets!“
    Professor Zierer zur Ankündigung von CSU-Generalsekretär Huber, bis 2028 alle Schülerinnen und Schüler mit Tablets auszustatten (…)
    „Die flächendeckende Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler mit Tablets ist aus erziehungswissenschaftlicher Sicht nicht begründbar, viel eher unverantwortlich. Es fehlt Evidenz für eine solche Initiative. Seit Jahren sinkt das Bildungsniveau trotz steigender Bildungsausgaben und es wird mit dieser Initiative weiter sinken, denn mediale Ablenkung, zunehmender Verlust an klassischen Lernhaltungen und abnehmende soziale Kompetenzen sind die Folge unreflektierter und kontextfreier Implementierung von Technik. Es ist mir unverständlich, wie man in Zeiten von Finanznot, Erosion der Demokratie und Bildungskrise den Heilsbringer in der Digitalisierung sucht, die mitverantwortlich für die genannten Probleme ist. Das Ganze gleicht einem Digitalisierungswahn! Während andere Länder, wie Frankreich, zuletzt Schweden und Niederlande, aufgrund der Studienlage umdenken, wird in Bayern Kurs gehalten. Viel sinnvoller wären wirksame Maßnahmen zur Behebung des Lehrermangels und Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lehrer, zur Intensivierung der Elternkooperation und vor allem zur systematischen Behebung von Lernrückständen schon bei Grundschulkindern.
    Die Erkenntnisse der empirischen Bildungsforschung zur Lehr- und Lernwirksamkeit digitaler Medien sind eindeutig:
    (1) Analoge Schulbücher in Printform sind didaktisch wertvoller als digitale Varianten.
    Auch wenn digitale Medien mehr Möglichkeiten eröffnen, beim Lernen spricht vieles für das Analoge. In der Metaanalyse von Pablo Delgado und Kollegen „Don’t throw away your printed books“ sind Bücher und Arbeitshefte effektiver für Wissensaufnahme und Informationsverarbeitung. Kinder gehen bei Tablets schneller über den Text hinweg und erreichen nur oberflächliches Lesen, während bei der Rezeption von Texten auf Papier langsamer und damit fokussierter sowie konzentrierter gehandelt wird. Für die fachübergreifend elementare sprachlichen Bildung kommt also analoges vor digitalem Lesen.
    Quelle: Die pädagogische Wende
  6. Streit über heimliche Entmachtung der Staatsanwältin
    Deutschlands führende Ermittlerin im Cum-Ex-Skandal soll offenbar gegen ihren Willen Fälle abgeben. Nach Recherchen des WDR kritisiert NRWs ranghöchster Staatsanwalt diese Pläne – und bringt den Justizminister in Erklärungsnot.
    Im Herbst 2013 landete der erste Cum-Ex-Fall auf Anne Brorhilkers Schreibtisch. Seitdem ermittelt die Oberstaatsanwältin gegen Banker, Berater und Aktienhändler, die sich Milliarden an Steuern erstatten ließen, die sie zuvor nicht gezahlt hatten. Die ersten wegweisenden und inzwischen rechtskräftigen Urteile des größten deutschen Steuerskandals beruhen vor allem auf Brorhilkers Anklagen.
    Inzwischen leitet sie eine Hauptabteilung, ermittelt mit 30 Staatsanwältinnen sowie Kriminalbeamten und Steuerfahndern gegen mehr als 1.700 Beschuldigte. In Brorhilkers Hauptabteilung H stapeln sich die brisanten Fälle: Ermittlungen gegen die einstigen Verantwortlichen der Landesbanken WestLB und HSH Nordbank etwa, die trotz ihrer staatlichen Eigentümer im Verdacht stehen, ordentlich in die Staatskasse gegriffen zu haben.
    Quelle: tagesschau

    dazu: Cum-ex-Chefermittlerin muss Fälle und Mitarbeiter abgeben
    Der nordrhein-westfälische Justizminister Benjamin Limbach verteidigt seine Pläne zum Umbau der Kölner Staatsanwaltschaft. Seine Kritiker kann er damit nicht überzeugen. Sie befürchten massive Behinderungen bei der Aufklärung von Deutschlands größtem Steuerskandal.
    Die lobenden Worte waren schwach dosiert. “Ich habe mehrfach von der exzellenten Arbeit des Cum-ex-Teams berichtet und stehe auch weiterhin dahinter”, sagte Benjamin Limbach (53; Die Grünen) an diesem Mittwoch vor dem Rechtsausschuss im Düsseldorfer Landtag. Der nordrhein-westfälische Justizminister verteidigte dort eine äußerst umstrittene Entscheidung, die sich bereits seit mehr als einer Woche abzeichnet. Die Abteilung der renommierten Ermittlerin Anne Brorhilker (50), die mit ihrem Team maßgeblich für die Aufklärung von Deutschlands größten Steuerskandal zuständig ist, soll aufgeteilt werden. Brorhilker muss voraussichtlich einen Teil ihrer Mitarbeiter und ihrer Fälle an einen zweiten, gleichberechtigten Hauptabteilungsleiter abgeben – de facto kommt das einer Entmachtung gleich.
    Quelle: manager magazin

    dazu auch: Cum-Ex und Hopp! Erfolgreicher Chefanklägerin in Steuerraubaffäre wird das Handwerk gelegt
    Quelle: NachDenkSeiten

  7. Wie Berlin zur Beute von Gier und Unfähigkeit wurde, zeigt die Arte-Doku „Capital B“
    In insgesamt viereinhalb Stunden zeigt die TV-Serie, wie Berlin den Berlinern nach dem Mauerfall abgeknöpft wurde. Viel lief falsch, Fehler will keiner gemacht haben.
    3000 Polizisten rückten mit Räumpanzern, Wasserwerfern und Hubschraubern an. Die vermummten Hausbesetzer, die eine ganze Häuserzeile sieben Monate lang gehalten hatten, warfen Pflastersteine und Aschesäcke von den Dächern. Im November 1990, nur wenige Wochen nach dem Beitritt der DDR zur BRD, wurde die Mainzer Straße in Friedrichshain zum Schlachtfeld. Als „Bürgerkrieg von westdeutschen Polizisten mit westdeutschen Haubesetzern in Ostberlin“ erlebte Andrej Holm damals die Szenerie – es waren seine ersten Demokratie-Erfahrungen mit dem neuen Staat. Die Alternative Liste unter Renate Künast trat damals aus der Regierung mit der SPD aus. SPD-Senatoren wie Innensenator Pätzold und Bausenator Nagel hatten die gewaltsame Räumung verantwortet.
    Die fünfteilige Arte-Doku „Capital B“ setzt in der Wendezeit ein – Capital steht sowohl für Hauptstadt als auch für das Kapital. Der Untertitel „Wem gehört Berlin?“ bezieht sich nicht nur auf Besitzer und Besetzer, sondern wird weiter gefasst. „Die Stadt gehört denjenigen, die sie gestalten – und nicht denjenigen, die sie besitzen, aufwerten und wieder verkaufen“, fasst die Rapperin Sookee am Ende zusammen. Eigentum heißt hier eher: Sich die Stadt zu eigen machen. Autor Florian Opitz setzt sich schon seit Jahren kritisch mit dem Kapitalismus auseinander. Seine Doku „Der große Ausverkauf“ über Privatisierungen weltweit bekam den Grimme-Preis.
    Quelle: Berliner Zeitung
  8. Trotz Klimakrise setzt der Westen in Afrika auf Öl und Gas
    Afrika droht über zahlreiche neue Erdöl- und Erdgasprojekte zur «Tankstelle Europas» zu werden.
    Der Autor dieses Gastbeitrags ist verantwortlich für die politische Kommunikation bei Helvetas, einer Organisation der Entwicklungszusammenarbeit. Infosperber publiziert eine leicht gekürzte Version seines Artikels, der im entwicklungspolitischen Newsletter von Helvetas erschienen ist.
    Über siebzig Erdöl- und Erdgasprojekte sollen bis 2025 in den Ländern südlich der Sahara in Betrieb genommen werden: Im April 2022 verkündeten z.B. der Energiekonzern Total und die beteiligten Länder den Start für die East African Crude Oil Pipeline (EACOP), die in vier Jahren Öl aus Uganda über 1445 km quer durch Tansania an die Küste bringen soll. Umweltschützer warnen unter anderem vor der Verschmutzung des Albertsees, unter dem das Öl lagert. Berechnungen zufolge dürfte die Ölförderung pro Jahr zu mehr CO2-Emissionen führen als die bisherigen jährlichen Gesamtemissionen von Uganda und Tansania zusammengezählt. Ugandas Präsident und Total versprechen dafür wirtschaftlichen Aufschwung. Bereits zeigt sich allerdings, dass hinter den ugandischen Firmen oft internationale Konsortien stehen, die die Gewinne abschöpfen werden. Und während vor Ort schlecht bezahlte Jobs entstehen, besetzen ausländische Arbeitskräfte die lukrativen Management-Positionen.  
    Quelle: Infosperber
  9. Lauterbach – Fehlverhalten ohne Konsequenzen? Colonia insana – mauern, bis der Arzt fehlt
    Verfahren abgeschlossen, alle Fragen offen. So schätzt unser Autor die Reaktion der Universität Köln auf die Anzeige des möglichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein. Denn die Vorwürfe, Lauterbachs Bewerbung in Tübingen habe 1995 eine Vielzahl von Fehlern enthalten, konnte seiner Auffassung nach nicht ausgeräumt werden. Auch nicht von Karl Lauterbach selbst. Zweiter und letzter Teil zu diesem bemerkendwerten Vorgang.
    Karl Lauterbachs Lebenslauf ist ein Pudding, der auch mit größter Sorgfalt nicht an die Wand zu nageln ist. Mit einer ordentlichen Kommission, die entsprechend befugt war, hätte sich dieser Zustand verändern können. Der Auffassung, dass sich jede fragwürdige Angabe in seiner Bewerbung nach Tübingen vom 10. Dezember 1995 als Untersuchungsgegenstand gem. „Ordnung zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ eignen würde, schloss sich die Kommission allerdings nicht an; dies trotz der Tatsache, dass Falschangaben in einer Bewerbung gem. § 1 Nr. 1 c) jener Ordnung Gegenstand eines entsprechenden Verfahrens sein können.
    Die zahlreichen formalen Fragwürdigkeiten waren Thema des ersten Teils. In diesem zweiten Teil soll es zunächst darum gehen, die drei Untersuchungsgegenstände genauer anzusehen, die der Kommission betrachtenswert erschienen. Es zeigt sich: Selbst diese Sachverhalte untersuchte sie nachlässig. Die Ignoranz, mit der das Rektorat der Universität die Kommissionsarbeit verteidigte, wurde schließlich in einem Schreiben vom 3. August 2023 erneut zur Schau gestellt. Dieses Schreiben wird am Schluss dokumentiert.
    Quelle: Hintergrund
  10. „Mit Long Covid schürt man nur noch Angst“
    Wird nach der Pandemie jetzt auch noch Long Covid wissenschaftlich abgewickelt? Drei internationale Gesundheitsforscher stellen Zahlen und die Politik infrage – und ein deutscher Kliniker legt verbal nach.
    „An der Grenze der Seriosität“ – der Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen, Christoph Kleinschnitz, ist kein Querdenker, und doch hat er schon früher den Umgang der eigenen Kollegen und der Gesundheitspolitik mit Long Covid vehement kritisiert. Wir haben ihn zu der soeben erschienenen Generalabrechnung von Gesundheitsforschern aus USA, England und Dänemark befragt.
    Herr Kleinschnitz, in dem einflussreichen britischen Medizinjournal „BMJ Evidence-based Medicine“ werfen drei Epidemiologen den Medizin-Kollegen, Politikern, Gutachtern und einfach allen, die das Massenleiden Long Covid ernst nehmen, vor, die Sache ohne ausreichende Evidenz aufzubauschen. Die zugrunde liegenden Studien seien voller Mängel und Lücken. Sie als Neurologe beklagen das schon lange, haben aber die Mehrheit der Experten gegen sich. Ändert sich daran jetzt etwas?
    Die methodischen Schwächen bei allen bisher erschienenen Long-Covid-Studien sind doch immanent. Man muss sich einfach wundern, was es zur Veröffentlichung schafft. Am Anfang der Pandemie war es noch einigermaßen verständlich, aber danach wurden wissenschaftliche Standards verlassen, was dazu führt, dass keiner mehr durchblickt, was die wahre Häufigkeit betrifft. Das schwächt die Aussagekraft vieler dieser Studien. Es geistern immer wieder diese Zahlen von 10 bis 20 Prozent Häufigkeit herum. Nur wer wie wir in der Klinik arbeitet, hat gesehen, dass das gar nicht passt zu der tatsächlichen Inzidenz von Long Covid. Wir haben bisher eine massive Überschätzung, auch von Seiten der Gesundheitspolitik. Mit Omikron sind wir jetzt eher bei einer Häufigkeit von 0,4 bis 0,5 Prozent der Corona-Infizierten.
    Sie meinen, das Thema wird politisch überbewertet?
    In der Tat überschreitet es, wie das Thema politisch behandelt wird, die Grenze der Seriosität.
    Quelle: FAZ

    dazu auch: Corona-Politik: Entschuldigt euch endlich!
    Quelle: NachDenkSeiten

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