Blockierte Ukraine-Gelder: Setzen sich die USA vom Krieg ab?

Blockierte Ukraine-Gelder: Setzen sich die USA vom Krieg ab?

Blockierte Ukraine-Gelder: Setzen sich die USA vom Krieg ab?

Ein Artikel von: Tobias Riegel

In den USA werden vorerst keine neuen Gelder für die Ukraine freigegeben. Ist das eine reale Exit-Strategie der USA aus dem Ukrainekrieg? Wenn ja: Werden dann die Europäer fortan alleine bezahlen? Oder ist die aktuelle Entwicklung in den USA sowieso nur eine trügerische Momentaufnahme? Einige Fragen zum Vorgang von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der US-Kongress hatte am Samstag einen Übergangshaushalt verabschiedet, der keine weiteren Ukraine-Hilfen vorsieht, wie Medien berichten.

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, wurde laut Medien inzwischen auf Betreiben von republikanischen Abgeordneten abgesetzt.

Der Kommunikationsdirektor des nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, sagte, eine aktuelle, vom Kongress bewilligte Summe reiche aus, um der Ukraine noch „ein paar Wochen” oder „ein paar Monate” zu helfen.

Wie es mit den Ukraine-Hilfen weitergehen soll, besprach US-Präsident Joe Biden am Dienstag im Rahmen einer Telefonkonferenz mit westlichen Verbündeten, so Medienberichte. An dem Gespräch nahmen demnach unter anderen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Kanadas Premier Justin Trudeau und der britische Premier Rishi Sunak teil.

Im polnischen Kielce bestätigte Staatschef Andrzej Duda – ein weiterer Teilnehmer der Runde –, Biden habe den Teilnehmern versichert, dass die US-Hilfen für die Ukraine weitergingen. Wie das konkret bewerkstelligt werden soll, bleibt bisher aber offen.

Russischer Vizeminister: „Es ist nur eine Show fürs Publikum“

Dass die US-Gelder nun nicht versiegen werden, das erklärt der stellvertretende Außenminister Russlands, Sergei Rjabkow: Die Vereinigten Staaten würden die Ukraine trotz der Verabschiedung eines vorläufigen Haushaltsplans, der keine Mittel für die Unterstützung Kiews vorsieht, weiterhin unterstützen. Dies sagte Rjabkow vor Reportern:

„Es ist nur eine Show fürs Publikum, es ist leeres Geschwätz. […] Sie werden das Geld finden. Vor allem, wenn eine unbegrenzte Emission, eine unbegrenzte Finanzierung jeglicher Staatsschulden und öffentlicher Verschuldung im gegenwärtigen System der internationalen Koordinaten möglich ist”, so Rjabkow.

taz: „Freie Hand für die Putin-Faschisten“

Die taz nimmt die Entwicklung dagegen ernster und ist erwartungsgemäß entsetzt darüber. Die Zeitung beschreibt, was im Fall eines republikanischen Wahlsiegs 2024 drohe:

„Das Fallenlassen der Ukraine samt all ihren Menschen, die sich seit anderthalb Jahren todesmutig gegen Putins Angriffskrieg stemmen, und freie Hand für die Putin-Faschisten, die von der Unterwerfung Europas träumen.“

Die Militärhilfe des Westens unter Führung Washingtons und Londons hätte bislang „die Vernichtung“ der Ukraine verhindert, so die taz. Sollte aber ein „Überzeugungstäter der US-Rechten“ im November 2024 die Wahlen gewinnen, würden sich die USA aus dieser Führungsrolle zurückziehen. Ob dann noch viel Hilfe für die Ukraine übrig bliebe, lasse sich bezweifeln – denn: „Führungsstärke zugunsten der Menschlichkeit ist in Europa Mangelware.“ Die Zeitung meint das anscheinend im Gegensatz zur „Führungsstärke zugunsten der Menschlichkeit“ durch Washington. Schließlich erklärt die taz, ganz so, als seien die USA mit ihrer kriegerischen Außenpolitik der letzten Jahrzehnte ein Pfeiler einer „humanen Weltordnung“ und als könne man auch die Verlängerung des Ukrainekriegs unter diesem Streben für das Gute einordnen:

„Das Votum am Samstag für einen US-Übergangshaushalt ohne Ukraine war Washingtons Einstieg in den Ausstieg aus einer humanen Weltordnung.“

Spiegel: „Exitstrategie (…) auch ohne klaren Sieg gegen Russland“

Auch der Spiegel scheint ehrlich besorgt und fragt: „Lassen die USA die Ukraine im Stich?“ Dann stellt das Magazin trocken – und geradezu „ketzerisch“ – fest:

„Das Thema Ukraine rutscht in Washington auf der Prioritätenliste gerade ein paar Plätze nach hinten. Anders gesagt: Es könnte sein, dass sich die Regierung in Kiew bald über eine Exitstrategie für diesen Konflikt noch mehr Gedanken machen muss, auch ohne klaren Sieg gegen Russland.“

Dass momentan eine Absetzbewegung zulasten der Regierung in der Ukraine vonstatten gehen könnte, das wird auch von aktuellen europäischen Pressestimmen gestützt, die Thomas Röper gesammelt hat und die beschreiben, dass einigen europäischen Ländern die Waffen ausgehen würden.

Wird die EU brav weiterbezahlen?

Anders klingen diese Ankündigungen: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat nach dem oben beschriebenen Telefonat laut Medien mitgeteilt, von EU-Seite seien neue Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro für „Reformen und Investitionen“ vorgeschlagen worden. Bis März 2024 wolle man außerdem eine Million Schuss Munition an die Ukraine liefern.

Auf welche astronomischen Summen sich die deutsche „Unterstützung“ für die Ukraine jetzt schon beläuft und wie sehr das die Bürger hierzulande bereits belastet, das hat Jens Berger kürzlich in diesem Artikel beschrieben. Dass sich die Positionierung gegen Kriegsverlängerung, Waffenlieferungen und Wirtschaftskrieg nicht gegen die Zivilisten in der Ukraine richtet, wird in diesem Artikel thematisiert. Was sich hinter dem Wort „Unterstützung“ verbirgt und dass diese Art der „Unterstützung“ (neben der Verlängerung des Kriegsleids der Ukrainer) ganz konkret die Bürger hierzulande ärmer macht, wurde gerade im Artikel „Baerbock und die billige Butter“ beschrieben.

Titelbild: Seamm / shutterstock

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