So stirbt die Meinungsfreiheit: Strafbefehl wegen Tweet zur Krim

So stirbt die Meinungsfreiheit: Strafbefehl wegen Tweet zur Krim

So stirbt die Meinungsfreiheit: Strafbefehl wegen Tweet zur Krim

Ein Artikel von: Redaktion

Die Stichworte lauten „Störung des öffentlichen Friedens“ oder „Billigung von Straftaten“: Die „falsche“ politische Meinung kann heute schnell die Justiz auf den Plan rufen. Anzeigen kann jeder stellen. Bedenklich ist, wenn Anzeigen gegen Meinungsäußerungen, die nicht beleidigend, volksverhetzend oder in anderer Weise eindeutig justiziabel sind, von Gerichten dann tatsächlich als Grundlage für Strafbefehle genutzt werden: Staatsanwaltschaft und Gericht sind nicht dazu berufen, Wächter über die Inhalte politischer Debatten zu sein. Unabhängig von jedem inhaltlichen Urteil über die hier infrage stehende Meinung: Es muss darauf gepocht werden, dass das Äußern einer politischen Meinung nicht in dieser Form kriminalisiert werden darf. Lesen Sie selbst: Wir dokumentieren den Strafbefehl hier in Auszügen. Von Redaktion.

Das Amtsgericht Bruchsal hat dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss (SPD und Piratenpartei) bereits im November folgenden Strafbefehl wegen „Billigung von Straftaten“ zugestellt. Tauss hat Widerspruch eingelegt.

Die Staatsanwaltschaft legt Tauss den folgenden Sachverhalt zur Last: Als Reaktion auf einen kritischen Tweet zur Wortwahl einer Meldung im „Deutschlandfunk“, in der Abstimmungen in der Donbass-Region als „Regional- und Kommunalwahlen“ bezeichnet worden seien, habe Tauss über sein Profil auf dem sozialen Netzwerk „X“ (vormals Twitter) folgenden Kommentar veröffentlicht:

„Schon auf der #russischen Krim lief das damals korrekt ab. #Servicetweet“

Wörtlich heißt es im Strafbefehl weiter (Grammatik wurde vom Original übernommen):

„Dieser Beitrag war, wie Sie wussten, für alle Nutzer des Sozialen Netzwerks ‚X‘ einsehbar.

Wie von Ihnen mindestens billigend in Kauf genommen hießen Sie durch diesen Beitrag in einer Weise, die geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören, die völkerrechtswidrige und unter Einsatz von Waffengewalt erzwungene Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und die dort durchgeführten Scheinwahlen gut.

Sie werden daher beschuldigt, eine in § 138 Absatz 1 Nummer 5 genannte rechtswidrige Taten, namentlich ein Verbrechen der Aggression im Sinne des § 13 Absatz 1 VStGB, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich und durch Verbreiten eines Inhalts gebilligt zu haben, strafbar als Billigung von Straftaten gemäß 140 Nr. 2 StGB.

(…) Gegen Sie wird eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verhängt.“

Tauss selber wirft der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang „Politjustiz“ vor. Bereits 2016 war der Vorsitzende der West-Ost-Gesellschaft in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit der Krim in den Fokus geraten. Damals gab es bei ihm eine Hausdurchsuchung wegen einer Reise zu baden-württembergischen Partnerstädten auf der Halbinsel Krim.

Titelbild: ANDRANIK HAKOBYAN / Shutterstock

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