Leserbriefe zu „Kriegstüchtigkeit neu gedacht“

Ein Artikel von:


In dieser Glosse diskutiert Jens Berger über das Gebot der Stunde: „Kriegstüchtig müssen wir werden“. Da der Russe mal wieder vor der Tür stehe, müsse Deutschland seine Werte, seine Demokratie in Bälde vorwärtsverteidigen. Abschließend wird alternativ gefordert: „Machen wir das Land doch einfach fairer, gerechter und lebenswerter. Verteilen wir von oben nach unten um. Nehmen wir es mit der Demokratie und nehmen wir die Sorgen und Nöte der Menschen ernst. Leben wir doch mal unsere Werte, anstatt sie nur zu predigen“. Vielleicht wären wir dann wirklich kriegstauglich. Für die interessanten Leserbriefe hierzu bedanken wir uns. Die nun folgende Auswahl der Leserbriefe hat Christian Reimann für Sie zusammengestellt.


1. Leserbrief

Lieber Herr Berger!

Danke für die hervorragende Glosse zur neuen Kriegstüchtigkeit.

Zum Einsatz des letzten Aufgebots anbei ein Text zur Veröffentlichung im Leserbriefbereich.

Mit hochsommerlichen Grüßen
Jürgen Scherer 

Wenn die “Weisheit” flöten geht

Es gibt ja so Sprüche, die einen ein Leben lang begleiten, sei es weil sie “doof” sind oder weil sie sich als hilfreich rausstellen oder oder oder

Einer von Ihnen lautet “Man wird so alt wie ne Kuh und lernt immer noch dazu”. Ich fand ihn eher hilfreich und habe Positives damit konnotiert; frei nach dem Motto “Neues und Taugliches fürs Leben dazu lernen ist immer gut”.

Allerdings wurde ich dieser Tage eines besseren belehrt, als ich im Nachrichtenwesen die Stimme eines Menschen vernehmen musste, den ich bislang eher als reflektiert friedensorientiert und dem Leben zugewandt in Erinnerung hatte. Gut, ein seltsamer Kauz war er schon immer in seiner nuscheligen durchaus liebenswerten Art und immerhin kannte er sich aus mit der “Andrea Doria”, fuhr mit nem “Sonderzug nach Pankow” und stellte im Dienste von Zehnjährigen die lebenswichtige Frage “Wozu sind Kriege da?” Die beantwortete dieser Barde aus Hamburg mit der lebenszugewandten Aussage sinngemäß mit den Worten: Lasst uns mit diesen Scheiß in Ruhe ihr Machtgeilen und ihr Kriegsgewinnler! Wir wollen leben!

Soweit, so vorbildlich und merkenswert. Warum dann diese vielen Worte um diese Nuschelikone der BRD, werden sich die geneigten LeserInnen dieser Zeilen fragen.

Weil dieser Herr sich doch tatsächlich dieser Tage in einem Interview mit RTL auf die Frage, wie er es denn mit Aufrüstung, Pazifismus, Verteidigungsfähigkeit halte, dazu verstieg zu antworten, Pazifismus sei eher was für die Zukunft und Aufrüstung und “der Scheiß” derzeit nun mal nötig. So sei es eben nun mal.

Ich dachte, mich überrollt ein Leopard 2, als ich das mitbekommen habe. Mein Udo, mein Vorkämpfer für Liebe, Freiheit, Lebenslust kriegt plötzlich im 79ten Lebensjahr Muffensausen, dass die Russen kommen könnten und ihm Wodka statt Eierlikör aufzwingen werden? Hat denn dieser Eierlikördauerkonsum zu so viel Realitätsverlust bei ihm geführt, dass er bereit ist, all das Leid, das mit Kriegerei zusammenhängt, in Kauf zu nehmen? Ist ihm sein Eierlikörkonsum wirklich so lebenswichtig und lebenserhaltend, dass er bereit wäre, all die Lehren aus unserer Geschichte hintanzustellen und mit dafür einzutreten, dass wieder einmal eine Jugend dazu dienen soll, als zukünftiges Kanonenfutter für unselige Weltmachtambitionen der politisch-wirtschaftlich Verantwortlichen in unserem Land herzuhalten?

Wie dem auch sei, wenn ein Jugendidol sich selbst demontiert (noch dazu gesellschaftsgegährdend), geht es einem nun mal nicht gut. Eine Illusion weniger, aber durchaus auf dem Pfad des eingangs genannten Spruches über die Kuh.

Man ist geneigt, Caesar im Moment seiner Ermordung zu zitieren, als er erschrocken, verwundert und enttäuscht ausrief: „Auch Du, mein Sohn, Brutus!”


2. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

mit diesem Text ist Ihnen ein genialer Überraschungsangriff gelungen: Habe mich beinahe totgelacht – sehr originell !

Schöne Grüße
Stefan Berg


3. Leserbrief

Sehr geschätzter Jens Berger,

“Sorgen wir also dafür, dass es etwas gibt, das es zu verteidigen lohnt.” – Ihre Glosse in allen Ehren!

Für den Preis der “Vorwärtsverteidigung” kann aus meiner Sicht gerne alles (Freibäder/Stadien sprich der öffentliche Raum, Schulen/Bildung, Gesundheitssystem, Renten, ÖPNV, etc.) so schlecht bleiben wie es ist bzw. wie es über Jahrzehnte von der (profitorientierten und privatsierungswütigen) politischen Mitte bewusst herbeigeführt/heruntergewirtschaftet wurde.

Denn – “Es gibt kein richtiges Leben im Falschen” (Theodor W. Adorno, 1903-1969)!

Meiner Meinung nach hat alles begonnen rasant schlechter zu werden – nur für die breite Masse – mit der “Wende”.  In 2009 wurde unter Schäuble die “Schwarze Null” mit der Schuldenbremse zementiert.

Herzliche Grüße
Andreas Rommel


4. Leserbrief

Einfach nur lachhaft

Wenn es nicht so brisant wäre, würde ich das alles angesichts des Zustands im Land und der mentalen und körperlichen Verfassung vieler, auch jüngerer Menschen, als einfach nur lachhaft ansehen. Da gibt es ein paar zugegebenerweise heiße Tage und wir werden mit Tipps zu unserer Vor- und Fürsorge regelrecht überschüttet. Gilt Kriegstüchtigkeit im Ernstfall nur für Temperaturen zwischen 0 und 25 Grad und fällt sie bei Über- oder Unterschreitung dieses Korridors aus? Kaum ist es heiß, kapituliert auch – nahezu per Ansage – die Bahn. Niemand fühlt sich dann von deren Seite dafür zuständig, es gibt nicht einmal Durchsagen. So geschehen gestern in Büchen, auf der Strecke von Berlin nach Hamburg. Fahren oder fliegen unsere Panzer, Flugzeuge und Raketen bei Hitze ebenfalls nicht? Muss der böse Putin somit nur den Wetterbericht für Deutschland abwarten und danach passend zuschlagen?

Andreas Klotz


5. Leserbrief

Liebe NDS,

wird Zeit, dass ich wieder einmal Jens Berger nachhaltig lobe!

Fand man vor einigen Jahrzehnten solchen Qualitätsjournalismus in der “Zeit”, dem Münchner Merkur (gibt es den noch?) und gelegentlich beim Spiegel, muss man jetzt zum erleuchteten Kreis der NDS-Leser gehören – was leider nur eine Minderheit schafft. 

Apropos “Kriegstüchtigkeit” (Wieder ein Sprachirrtum – wir sind derzeit eher kriechtüchtig); habe ich richtig gehört, dass Merz und Konsorten nun wieder nach nuklearer Teilhabe streben – wobei “Teilhabe” für “keine schlafenden Hunde wecken” steht. Da stimme ich doch eher für den Iran: dieser ehemals gepflegte Staat, der seine heutigen Mullahs letztendlich ja wohl dem Regime-Change der USA von 1953 verdankt, hat noch nie Weltkriege angezettelt und gar verloren, zig-Millionen umgebracht und nach 50 Jahren Fortschritt keine nicht funktionierende Eisenbahn wie Deutschland entwickelt. Und die Anzahl von terroristischen Aktivitäten in anderen Ländern sollte man mal mit den – ebenso tödlichen – “anti-terroristischen” Aktivitäten der USA vergleichen: m.E. gewinnen die USA bei Verrechnen von “good kills” – die richtigen Kriege von Vietnam über …. bis letzte Woche gar nicht mitgerechnet. Die weltpolitische und historische Erfahrung spricht als weitaus mehr für einen Iran mit einem atomaren Schutzschild gegen weitere Regime Changes etc., als für ein moralisch und humanitär “verbranntes” und hoch gefährliches, aggressives Deutschland.

Ich konnte ja zum Glück noch die Klage gegen den Kanzler mitzeichnen – aber was der “Außenminister” Wadepfuhl gerade von sich gab, gehört ebenso vor Gericht. Die Behauptung, Russland plane aktiv einen Angriff auf Deutschland bzw. Europa, ist doch eine flagrante Lüge – und würde im umgekehrten Fall jeden Journalisten wegen Verleumdung, Falschbehauptung und Anstachelung zum Völkerhass vor Gericht bringen.

Der Putin, der am Wochenende in St. Petersburg beim Wirtschaftsgipfel auftrat, hat Besseres im Sinn, als mit post-christlichen Fanatikern Kriege ohne Mehrwert zu führen – wer zum Teufel will denn ein Land wie Deutschland haben – kaputte Infrastruktur, schwache Wirtschaftsleistung, kaum Bodenschätze oder Energie, also kein echter Beutewert. Und dann noch 80 Millionen Nörgler und Besserwisser am Hals – da wäre die “Demokratische Republik Kongo” ein Schnäppchen dagegen. Es kann also gar nicht genug Klagen, Volksbegehren und Volksentscheide gegen diese “Politiker” geben – und sollte ich auf die alten Tage noch im Lotto gewinnen, mach ich das selber. Einziges Problem: das “Volk” ist nach 50 Jahren “demokratischer und kritischer” Bildung dort angelangt, wo es Boris Palmer hart und unhöflich verortet.

Damit noch einmal “Hut ab” zugunsten von Jens Berger und weiter frohes Schaffen,

H. Rudolf


6. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten,

nachdem Jens Berger schon im Artikel “5 Prozent für die Rüstung – was heißt das konkret?” seine Milchmädchenrechnungen angestellt hat, schreibt er im Artikel “Kriegstüchtigkeit neu gedacht”:

„geht nun fast jeder zweite Steuer-Euro in die Rüstung“

Das ist falsch. Die Steuerquote liegt in Deutschland bei knapp 25% des BIP. Wenn nun 5% des BIP für Rüstung ausgegeben werden, bedeutet das jeden fünften Steuer-Euro. Schlimm genug, aber kein Grund sich mit maßlosen Übertreibungen unglaubwürdig zu machen. Hinweis an Herrn Berger: Der Bundeshaushalt macht nur etwa 40% des Staatshaushaltes aus. Der Rest geht an Länder und Gemeinden.

Viele Grüße,
Nick Wellnhofer


7. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

zu Ihrer Glosse nur eine Anmerkung: das “Vaterland” ist korrekt zu adressieren als “Land der zeugenden Person”, die “Muttersprache” heißt dagegen “Sprache der gebärenden Person”!

Mit freundlichem Gruß

Bernd Wegerhoff


Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten

Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff.

Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen:

Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“.

Rubriken:

Leserbriefe

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!