Hinweise des Tages II

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Der tiefe Fall des deutschen Banken-Stars
  2. Auf dem EU-Gipfel herrscht Frust über die Flüchtlingskrise
  3. “Europa hat Syrien zur Brutstätte des Terrors gemacht”
  4. Rüstung im Nahen Osten – Wir brauchen Saudi-Arabien
  5. Die Verwaltung des Desasters
  6. Warum die Türkei einen russischen Jet abschoss
  7. Kosovo: Ein Land in den Händen der Clans
  8. Unangebrachte Rhetorik
  9. Die Mär vom Leidensdruck
  10. Yeah, die prekäre Beschäftigung ist gesichert
  11. Gröhe greift Versicherten in die Tasche
  12. Spaniens Schicksalswahl
  13. Die Langeweile der Postdemokratie
  14. Stoppen wir lügende Politiker!
  15. Open Lobbyradar
  16. 20.000 Zuckerbergs: Über die Macht und die Privilegien der Stifter
  17. Brauchen wir einen Plan B? Wie weiter mit Euro und EU?
  18. Musik zwischen zerbombten Häusern
  19. Das Letzte: VW bezahlt Ex-Chef Winterkorn weiterhin Millionengehalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der tiefe Fall des deutschen Banken-Stars
    Er beriet Angela Merkel. Er war EZB-Direktor. Er arbeitete mit Peer Steinbrück. Jetzt arbeitet er gar nicht mehr: Jörg Asmussen wollte zur KfW wechseln und scheiterte überraschend. Was ist geschehen? […]
    Nun war Asmussen nicht irgendein x-beliebiger Staatssekretär. Er war der Mann, der Deutschland gemeinsam mit dem heutigen Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann durch die Finanzkrise gesteuert hatte. Natürlich im Auftrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Der Experte, der die ersten Verhandlungen über die Rettung Griechenlands geführt hatte. Der hohe Spitzenbeamte, der aus dem Finanzministerium ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) wechselte. Ein Star unter den Staatsdienern also.
    Manchmal – das erzählen frühere Mitarbeiter – verhielt sich Asmussen auch so. Er habe den Ruhm genossen, die Nähe zu den Mächtigen. Der Mann, der die Finanzminister der USA persönlich kannte, der viele internationale Entscheider regelmäßig traf, habe seine eigene Rolle überschätzt, sich persönlich zu wichtig genommen, so hörte man. Das kann freilich auch üble Nachrede sein, denn Neider hatte er viele. […]
    Asmussen wollte nicht mehr in der Bundesregierung bleiben. “Er will nach Brüssel in die EU-Kommission”, spielten gut informierte Kreise vor Monaten schon an die Presse. “Aber Schäuble unterstützt ihn nicht.” Er wolle dahin, er wolle dorthin. Irgendwann tauchten Informationen auf, dass er zur KfW nach Frankfurt gehen werde, zunächst als Generalbevollmächtigter, um später zum Vorstand aufzusteigen.
    Frankfurt? Der Ort mit dem Sitz der EZB? Die Stadt, die er aus familiären Gründen verlassen hatte? Wie passt das zusammen, fragten sich Beobachter. Sei er unter Nahles so verzweifelt, dass er jetzt alles nehme? Oder sei er damals gar nicht aus privatem Anlass nach Berlin zurückgekehrt?
    Quelle: WELT

    Anmerkung JB: Die Kollegen der WELT spekulieren aufgeregt und lassen dabei interessanterweise sämtliche Punkte, die gegen ihre These des „Stars“ Asmussen sprechen, mehr oder weniger elegant unter den Tisch fallen. Zum Beispiel den Punkt, dass Asmussen von Merkel und Schäuble eigentlich als Kandidat für den Posten des Chefvolkswirts der EZB vorgesehen war. Dies scheiterte jedoch am vehementen Widerspruch der anderen EZB-Mitglieder; nicht „nur“ weil es offene ideologische Gräben zwischen der Bundesregierung/Bundesbank und dem Rest Europas gab und gibt, sondern auch weil Asmussen schlicht die Qualifikation für höhere Ämter fehlt. Asmussen mag ein fleißiger Politiker und noch fleißiger Interessenvertreter der Interessen deutscher Banken sein, ein Ökonom von Rang und Namen ist er definitiv nicht. Durch die Posse der geplatzten Kandidatur für den Posten des EZB-Chefvolkswirts war (und ist) Asmussen auf EZB-Ebene und auf internationaler Ebene natürlich schwer beschädigt. Kein Wunder, dass er es in Frankfurt nicht mehr ausgehalten hat und aus „persönlichen“ Gründen lieber zurück nach Berlin ging. Dass sein Ego nicht unbedingt mit seinen Fähigkeiten einhergeht, ist ein weiterer Grund, warum er nicht eben einfach zu vermitteln ist. Denn in diesem Punkt unterscheidet sich auch die Hochfinanz nicht vom Rest der Gesellschaft – wer keine Ahnung aber dafür eine um so größere Klappe hat, kommt in der Regel nicht weit. Tief mag der Fall des Asmussens ja sein, aber streng genommen ist nicht seine jetzige Karrierepause, sondern sein unverständlicher Höhenflug zwischen der Finanzkrise und seiner erfolglosen Kandidatur bei der EZB ein Ausreißer. Asmussen ist Mittelmaß und das wissen alle Banken und Institutionen, die als Arbeitgeber in Frage kommen. Sorgen um seine Zukunft muss sich der Mann, dem die deutschen Banken die milliardenschweren „Bailouts“ maßgeblich zu verdanken haben, jedoch ganz sicher nicht machen. Sicher wird es in irgendeinem bankenfinanzierten Think Tank eine wunderbar dotierte Stelle für ihn geben … nur halt nicht auf Entscheiderebene; aber das wäre auch zu viel verlangt.

  2. Auf dem EU-Gipfel herrscht Frust über die Flüchtlingskrise
    Die Bilanz ist ernüchternd: Bisher sind nur zwei von elf Registrierungs-Hotspots in Betrieb. Und die Verteilung der Asylsuchenden unter den Mitgliedsländern kommt nicht voran. Die Europäische Union beklagt das schleppende Tempo bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel legte die luxemburgische Ratspräsidentschaft eine ernüchternde Bilanz der bisherigen Maßnahmen vor. “Die Umsetzung schreitet in einigen Gebieten zügig voran, aber beträchtliche Lücken bleiben”, heißt es in dem Bericht. So seien bisher nur 184 von den vereinbarten 160 000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland in andere EU-Ländern weiterverteilt worden. Von elf geplanten Hotspots, in denen Flüchtlinge registriert werden sollen, seien nur zwei in Betrieb. Es müsse jetzt schneller vorangehen, heißt es auch im Entwurf der Gipfel-Erklärung. […]
    Ungelöst blieb der Streit über die EU-weite Verteilung von Flüchtlingen. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann drohte mit finanziellen Konsequenzen für osteuropäische EU-Staaten, die sich der Verteilung entziehen. Wer mehr Geld aus dem EU-Haushalt erhalte, als er einzahle, solle sich nicht “wegducken”.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung unseres Lesers H.K.: Solidarität unter Wirtschafts- und Sozialkriegern gibt es nicht. Das machen auch die Drohgebärden des Herrn Faymann mehr als deutlich.

  3. “Europa hat Syrien zur Brutstätte des Terrors gemacht”
    Syriens Machthaber Assad weiß ganz genau, wer für den Krieg in seinem Land verantwortlich ist: der Westen, Saudi-Arabien, die UN. Er gibt sich sicher: Sein Volk steht hinter ihm. Ein Interview.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers M.G.: Obwohl die Anmoderation und die Fragen des Interviewers durch deutliche Meinungsmache gekennzeichnet sind ist das Interview dennoch lesenswert, da Bashar al-Assad die Gelegenheit gegeben wurde seine Sicht der Dinge darzulegen und darüber ein besseres Verstehen der syrischen Perspektive entstehen kann.

  4. Rüstung im Nahen Osten – Wir brauchen Saudi-Arabien
    Der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte Anfang Dezember vor Saudi-Arabien gewarnt: “Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt.”5 Saudi-Arabien sei dazu bereit, “militärische, finanzielle und politische Risiken einzugehen, um regionalpolitisch nicht ins Hintertreffen zu geraten”6.
    Mit 80,8 Milliarden US-Dollar hatte Saudi-Arabien 2014 den viertgrößten Verteidigungsetat weltweit. Davor lagen nur Russland (84,5 Milliarden US-Dollar), China (216 Milliarden US-Dollar) und die USA (610 Milliarden US-Dollar).7 Damit betrugen die Militärausgaben gut zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts – das ist im Vergleich mit den USA das Dreifache. Der Verteidigungsetat des Königreichs ist der mit Abstand höchste im Nahen Osten und fördert dessen Vormachtstellung.8
    An wen liefert Deutschland Waffen?
    Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen des autoritären Staates stehen deutsche Rüstungsexporte an das Königreich immer wieder in der Kritik.9 Anfang des Jahres entschied die Bundesregierung, Saudi-Arabien vorerst nicht mehr mit scharfen und schweren Waffen zu beliefern. Andere Rüstungsgüter jedoch wurden weiterhin geliefert.10
    Im ersten Halbjahr 2015 war Saudi-Arabien trotzdem mit einem Volumen von rund 179 Millionen Euro der drittgrößte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter – hinter Israel (etwa 391 Millionen Euro) und Großbritannien (1,1 Milliarden Euro).11Geliefert wurden vor allem Teile für Fahrzeuge und Flugzeuge sowie Drohnentechnik. Im Sommer genehmigte die Bundesregierung dann wiederum die Lieferung von 15 bewaffneten Patrouillenbooten, die in Saudi-Arabien zum Schutz von Ölförderplattformen genutzt werden sollen.12
    Quelle: Katapult

    Anmerkung: Katapult wird es ab März 2016 auch als gedruckte Ausgabe an den Kiosken geben. Wir wünschen den jungen Kollegen viel Erfolg.

  5. Die Verwaltung des Desasters
    Deutschland verlängert und verstärkt den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Mehr Soldaten zu schicken, mehr Geld auszugeben ist noch lange keine gute Strategie. Knapp 14 Jahre dauert der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, nun hat der Bundestag eine weitere Verlängerung des Mandats beschlossen, bis Ende 2016 sollen deutsche Soldaten in Afghanistan bleiben. Vorerst.
    Begründet wird das mit der Gefahr, dass die Taliban an die Macht zurückkehren könnten. Die Gefahr scheint durchaus real zu sein. Die Nato hatte zeitweise 150.000 Soldaten in Afghanistan zur Bekämpfung der Taliban stationiert. Viele Milliarden sind geflossen, um eine schlagkräftige afghanische Armee aufzubauen. Und heute sind die Taliban so stark wie zuvor. Was also ist schief gelaufen? Die Taliban sind stark, weil der afghanische Regierungsapparat durch und durch korrupt ist. Der Westen trägt dafür eine große Mitschuld. Er überhäufte das Land mit Geld. Wer in Afghanistan an der Macht war, der konnte sich in den letzten Jahren die Taschen kräftig füllen. Die Afghanistanmission war freilich auch für viele westliche Firmen ein sehr profitables Geschäft, angefangen bei den privaten Sicherheitsfirmen. Korruption ist keine afghanische Spezialität. Das alles ist kein Geheimnis.
    Quelle: Zeit Online
  6. Warum die Türkei einen russischen Jet abschoss
    Eine Frage hat viele Militärexperten direkt nach dem Vorfall beschäftigt: Selbst wenn es – wie die Türkei behauptet – eine 17-sekündige Grenzverletzung durch den russischen Bomber gegeben habe, war der sofortige Abschuss das verhältnismäßige Mittel? War der Abschuss eine spontane Reaktion zur Landesverteidigung? Oder hatten die Türken den Abschuss geplant – aus strategischem Kalkül? Panorama hat mit Luftfahrtexperten und ehemaligen Militärs gesprochen, und viele sind verwundert über diese harte Reaktion. “Es hätte durchaus vermieden werden können, indem man die normalen Regeln angewendet hätte, also das Flugzeug ansprechen, abdrängen oder zur Landung auf einem eigenen Flugplatz zwingen – all dies ist hier nicht geschehen”, sagt Harald Kujat, Generalinspekteur a.D. der Bundeswehr.
    Quelle: Panorama
  7. Kosovo: Ein Land in den Händen der Clans
    Daran, dass sechzehn Jahre nach dem Kosovo-Krieg und sieben Jahre nach der Unabhängigkeit des Kosovo obskure Politclans herrschen, trägt nach Ansicht vieler kosovarischer Beobachter auch die internationale Gemeinschaft eine Mitschuld. Der Publizist Fatmir Sheholli erinnert an das Versagen internationaler Kosovo-Missionen wie Unmik und Eulex beim Aufbau eines Rechtsstaates. Gegen hochrangiges Personal der EU-Mission Eulex etwa erhob letztes Jahr eine später suspendierte Mitarbeiterin schwere Korruptionsvorwürfe. “Solche Fälle haben die internationalen Missionen in den Augen unserer Bürger unglaubwürdig gemacht”, so Sheholli.
    Auch Naim Rashiti von der “Balkans Policy Research Group” glaubt, dass die internationale Gemeinschaft und besonders die EU ihre Politik im Kosovo grundlegend ändern müssten, um ihre erklärten Ziele im Land zu erreichen – Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit und europäische Integration.
    “Bisher war die EU nicht besonders hilfreich”, so Rashiti. “Sie hat vor allem dem derzeitigen Establishment geholfen, an der Macht zu bleiben.”
    Quelle: Spiegel Online
  8. Unangebrachte Rhetorik
    Dass – als Reaktion auf das schreckliche Attentat radikal-islamischer Terroristen aus dem Umkreis des „Dschihad“ vom 13. November 2015 im Bataclan in Paris – die sozialistische Regierung von François Hollande den Ausnahmezustand über ganz Frankreich verhängt hat, ist angesichts des Ausmaßes an Bestürzung, Trauer und Angst vor weiteren Attentaten dieses Typs verständlich; schon weniger allerdings, dass er sogleich auf drei Monate (!) verlängert wurde.
    Denn „Ausnahmezustand” bedeutet ja konkret, dass unter diesen Bedingungen, die denjenigen des „Belagerungszustands” (Etat de siège) ähneln, die Polizei Sondervollmachten erhält, die es ihr etwa erlaubt, ohne gerichtliche Erlaubnis Hausdurchsuchungen durchzuführen und Verdächtige zu verhaften, auch wenn es dafür keinerlei konkreten Anhaltspunkt oder Schuldbeweis gibt. Gerechtfertigt wird dies seitens der Regierung mit dem „Kriegszustand”, in dem das Land sich jetzt befinde.
    Quelle: taz
  9. Die Mär vom Leidensdruck
    In Krisenzeiten seien Menschen eher bereit, etwas zu ändern, sagen Professoren, die auf Lebenszeit verbeamtet sind. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Wirtschaft wächst seit sechs Jahren, und das nächste Expansionsjahr scheint zu nahen. Schon unken besorgte Fachleute, uns könnte es zu gut gehen. Schlendrian. Und der Finanzminister orakelt, dass ein bisschen Leidensdruck gar nicht so schlecht sei. Kennt er vom Griechen.
    Die Idee ist auch bei Ökonomen beliebt: In Krisenzeiten ist der Mensch eher bereit, etwas zu ändern – und unter dem Druck Neues zu schaffen. Heißt es gerne von Wirtschaftsprofessoren, die auf Lebenszeit verbeamtet sind. Dabei lassen sich für die schöne Theorie in der Praxis nicht so viele Belege finden. In Krisenzeiten mag mancher eher verzichten, was den einen oder anderen Betrieb (vorerst) am Leben hält. Nur ist das ja noch nichts Innovatives. Im Gegenteil: Manches deutet darauf hin, dass die Angst in solchen Krisen sogar kollektiv lähmt – kein gutes Ambiente.
    Quelle: Thomas Fricke in der Süddeutschen
  10. Yeah, die prekäre Beschäftigung ist gesichert
    Befristete Verträge, oft jahrelang. Teilzeitstellen, in denen Vollzeitengagement nötig ist, Forschung nach Feierabend, weil die Forschungszeit mit Lehre erfüllt werden muss. Und immer wieder neues Bangen um Forschungsmittel, Anschlussverträge und Perspektive: Die Arbeitsbedingungen vieler junge Wissenschaftler sind prekär. Mit solchen Beschäftigungsverhältnissen ist Deutschland geistige Elite mehr damit beschäftigt, sich Existenzsorgen zu machen, als alle Energie in die Forschung und Wissenschaft zu stecken. Nach einer Umfrage von ZEIT und ZEIT ONLINE unter jungen Forschern denken sogar 80 Prozent der Befragten darüber nach, aus der Wissenschaft auszusteigen.
    Quelle: Zeit Online
  11. Gröhe greift Versicherten in die Tasche
    “Minister Gröhe greift den Versicherten immer tiefer in die Tasche. Die Schätzung, dass die Kassen bis 2020 Zusatzbeiträge in Höhe von 2,1 Prozent verlangen müssen, ist realistisch, wenn nicht gar eher vorsichtig. Damit wird den Versicherten 2020 ohne jegliche Beteiligung der Arbeitgeber fast doppelt so viel Zusatzbeitrag abgeknöpft, wie sie für die komplette Pflegeversicherung bezahlen. Ich fordere die Union und die SPD auf, die Notbremse zu ziehen und zur paritätischen Finanzierung zurückzukehren”, sagt Harald Weinberg, für die Fraktion DIE LINKE Sprecher für Krankenhauspolitik und Gesundheitsökonomie, mit Blick auf die Schätzungen der Ersatzkassen zur Entwicklung der Zusatzbeiträge.
    Quelle: Die Linke
  12. Spaniens Schicksalswahl
    Alle vierzig Jahre passiert in Spanien etwas Wichtiges, Historisches. Jetzt ist es wieder so weit: Zur Wahl am Sonntag tritt eine neue Generation an, die Politik wird komplizierter, vielleicht auch besser. […]
    Denn nur durch die Brille europäischer Stabilitätswächter wirkt das heutige Spanien wie ein Musterschüler. Innerhalb von vier Jahren hat die Rajoy-Regierung mit Haushaltsdisziplin, Schuldenbremse und gravierendem Sozialabbau Schäubles Traum von den „gemachten Hausaufgaben“ wahr werden lassen. Seit neuerem meldet die Statistik sogar einen leichten Rückgang der turmhohen Arbeitslosigkeit.
    Doch die Wirklichkeit bietet ein anderes Panorama. Ganze Dörfer leben von der 420-Euro-Stütze und werden vom Arbeitsamt gar nicht mehr erfasst, folglich sind die Statistiken Augenwischerei. Viele Menschen haben zwei, drei Jobs, um über die Runden zu kommen. Die Mutigsten und Besten emigrieren; wer zu Hause bleibt, rückt zusammen und akzeptiert selbst unzumutbare Arbeitsverträge. Nicht auf den Prachtmeilen von Madrid und Barcelona, sondern abseits der Touristenpfade ist die Verelendung mit Händen zu greifen: aufgegebene Läden, verrammelte Schaufenster, weniger Müllabfuhr, mehr Bettelei. Man sieht abgetragene Kleidung und blickt in erschöpfte Gesichter. Viele Bars, die früher lange geöffnet hatten, schließen abends um zehn, weil die Spanier zu Hause billiger trinken. Es ist eine alternde Gesellschaft, die sich zusammennimmt, denn die Erinnerung an frühere harte Zeiten ist noch nicht verblasst. Jammern kommt nicht in Frage; man ist friedlich, aber ausgebrannt.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ich staune über diese harte Beschreibung der angeblichen wirtschaftlichen Erfolge in Spanien. Das FAZ-Feuilleton ist sensationell.

  13. Die Langeweile der Postdemokratie
    Eine Woche der Selbstbeweihräucherung, der großen Floskeln und Phrasen, des besinnungslosen Spektakels neigt sich dem Ende zu. Zuerst war Deutschlands Sozialdemokratie drei Tage lang zusammengekommen, um der Welt die „schlichte Wahrheit“ (Sigmar Gabriel) zu offenbaren, dass ohne die SPD dieses Land „in großen Schwierigkeiten“ wäre. Kaum war das sozialdemokratische Eigenlob verstummt, versammelten sich auch schon Christdemokraten, um nun ihrerseits zu postulieren: „Immer, wenn es schwierig wurde in der Geschichte der Bundesrepublik, dann waren wir da.“
    Wer auf die Suche ging, um unter all der wohlfeilen Rhetorik dieser Parteitage politische Inhalte zu entdecken, musste sich durch Formulierungen quälen, bei denen Fremdscham noch die angenehmste Emotion ist, die man verspüren konnte. Wer dann die Kernaussagen fand, begraben irgendwo unter schalen Versprechungen und gravierenden Fehleinschätzungen, musste feststellen: Einen prinzipiellen Unterschied zwischen jenen Parteien, die sich einst als wirkliche Kontrahenten sahen, gibt es in vielen entscheidenden Fragen nicht mehr.
    Quelle: Hintergrund
  14. Stoppen wir lügende Politiker!
    Der führende AfD-Politiker Björn Höcke behauptet, dass das Reproduktionsverhalten der Afrikaner Europa bedrohe. Das ist nicht nur rassistisch, sondern auch wissenschaftlich unhaltbar.
    «Die Länder Afrikas, sie brauchen die europäische Grenze, um zu einer ökologisch nachhaltigen Bevölkerungspolitik zu finden. […] In Afrika herrscht nämlich die sogenannte r-Strategie vor, die auf eine möglichst hohe Wachstumsrate abzielt. Dort dominiert der sogenannte Ausbreitungstyp. Und in Europa verfolgt man überwiegend die K-Strategie, die die Kapazität des Lebensraums optimal ausnutzen möchte. Hier lebt der Platzhaltertyp. Die Evolution hat Afrika und Europa vereinfacht gesagt zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert – sehr gut nachvollziehbar für jeden Biologen.»
    Wer spricht so? Björn Höcke, Gymnasiallehrer, verheiratet, Vater von vier Kindern (und damit nach seiner eigenen Definition ein r-Stratege) sowie Fraktions- und Parteivorsitzender der «Alternative für Deutschland» in Thüringen.
    Quelle: NZZ Campus

    dazu: Märchenstunde mit Frauke Petry
    Es ist eine oft wiederholte Behauptung vieler Rechtspopulisten: Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist bedroht und dies vor allem durch Vertreter der Linken. Dumm nur, wenn die vermeintlich »unbequeme Wahrheit« auf Falschbehauptungen beruht. Die AfD lieferte in dieser Woche dazu gleich zwei Beispiele ab.
    Den Aufschlag gab der sächsische AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer. Dieser habe nach Darstellung der LINKEN Sachsen behauptet, die Abgeordnete Juliane Nagel habe via Facebook zur Gewalt gegen Polizisten aufgerufen. »Dumm nur, dass Jule gar kein Facebookprofil betreibt«, stellte die LINKE am Freitag allerdings richtig.
    AfD-Chefin Frauke Petry bekam widerum dieser Tage Post vom Anwalt der Technischen Universität (TU) Dresden. Die Parteivorsitzende hatte am 30. November in der ARD-Talksendung »Hart aber Fair« behauptet, an der Hochschule gebe es Schriftstücke, in den TU-Mitarbeitern Disziplinarmaßnahmen für den Fall angedroht werden, falls sie sich an einer politischen Demonstration beteiligen.
    Quelle: Neues Deutschland

  15. Open Lobbyradar
    Nachdem das ZDF sein Lobbyradar eingestellt hat, wird die an sich gute Idee im Internet weitergeführt.
    Quelle: Open Lobbyradar
  16. 20.000 Zuckerbergs: Über die Macht und die Privilegien der Stifter
    Seit dem Jahr 2000 boomt das Stiftungswesen hierzulande. Dies sorgt, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, für eine politische Kräfteverschiebung zugunsten von Wohlhabenden und Unternehmen. […]
    Dass Stifter die Guten sind, gilt in Deutschland zumeist als ausgemacht. Der Boom, den das Stiftungswesen hierzulande erlebt, wird entsprechend begrüßt. Oder als vermeintliches Non-Thema nicht zur Kenntnis genommen. Dabei erleben wir eine politische Kräfteverschiebung: Von 1999 bis Ende 2014 stieg die Zahl der Stiftungen in Deutschland von rund 8.000 auf 20.784.
    Mehr als 90 Prozent sind als gemeinnützig anerkannt. Im Jahr 2008 besaßen sie ein Vermögen von 70 Milliarden Euro. Heute liegt dieser Betrag bei 100 Milliarden Euro. Stiftungen schütten inzwischen pro Jahr rund 17 Milliarden Euro aus – und beeinflussen damit Bildung, Wissenschaft, Kultur, Sport, Soziales, Umweltschutz und Politik. Gleichzeitig gingen staatliche Handlungsmöglichkeiten zurück. Das zeigt der Blick auf die Staatsquote, also auf die Ausgaben der staatlichen Einrichtungen im Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung des Landes. 1999 lag die Staatsquote bei 47,7 Prozent, 2014 waren es 44,3 Prozent. Weniger Staat heißt aber: weniger demokratische Kontrolle über das, was mit dem Volksvermögen passiert.
    Quelle: Carta
  17. Brauchen wir einen Plan B? Wie weiter mit Euro und EU?
    Samstag, 9. Januar 2016 | Beginn: 19:00 Uhr | im Haus des DGB Berlin, Keithstraße. 1 | Eintritt frei
    Spätestens die Erpressung Griechenlands hat es deutlich gemacht: Die Europäische Union, der Euro und die Europäische Zentralbank wirken wie ein System zur Durchsetzung kapitalistischer Interessen und neoliberaler Politik – unter Vorherrschaft der deutschen Bundesregierung. Wie sollen demokratisch und sozial orientierte Kräfte damit umgehen?
    Es diskutieren

    Oskar Lafontaine: Er setzt sich für einen Bruch mit den bisherigen Strukturen der EU und des Euro ein. Nötig sei eine grundlegende demokratische Neufassung der europäischen Verträge und ein Plan B für ein neues Währungssystem als Alternative zum Euro.

    Gesine Schwan: Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD, Präsidentschaftskandidatin von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen 2004 und der SPD 2009, Sie setzt sich ein für eine Abkehr von der neoliberalen Austeritätspolitik und eine engere Zusammenarbeit in der EU, für den Erhalt des Euro und für eine stärkere und demokra-tisch kontrollierte Integration.

    Moderation: Tom Strohschneider (Chefredakteur der Zeitung Neues Deutschland)

    Veranstalter: Sozialistische Linke in der Partei DIE LINKE
    Mit Unterstützung der Zeitung Neues Deutschland

  18. Musik zwischen zerbombten Häusern
    Aeham Ahmad erhält am Freitag in Bonn den von einer Musikerinitiative vergebenen Internationalen Beethovenpreis. Bekannt wurde der syrisch-palästinensische Musiker vor allem, weil er mit seinem Klavier auf den Straßen der zerbombten syrischen Hauptstadt spielte. Diese Bilder sehen abstrus aus: Da sitzt ein junger Mann an einem Klavier, spielt mit einem heftigen nervösen Anschlag Musik und singt, begleitet von einigen Mädchen, arabische Lieder – die Umgebung wirkt apokalyptisch, zerbombte Häuser, abgerissene Vorhänge, zerschossene Rolläden, Schutt und Staub allerorten, zerborstene Wasser- und Stromleitungen quer über den Straßen.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  19. Das Letzte: VW bezahlt Ex-Chef Winterkorn weiterhin Millionengehalt
    Der zurückgetretene VW -Chef Martin Winterkorn steht offenbar noch bis Ende 2016 bei dem Autobauer unter Vertrag. Das berichten das “Handelsblatt” und das ZDF-Magazin “Frontal 21”. Auch die Nachrichtenagentur Reuters meldet dies und beruft sich dabei auf zwei Personen “aus dem Umfeld des Aufsichtsrates”. Demnach soll Winterkorns Vertrag nicht aufgelöst worden sein, nachdem der Vorstandsvorsitzende im September wegen des Abgas-Skandals sein Amt niedergelegt hatte. Der 68-Jährige war mit zuletzt mehr als 15 Millionen Euro Jahresgehalt der bestbezahlte Manager eines Dax -Unternehmens, davon waren deutlich mehr als 10 Millionen Euro Boni.
    Quelle: Spiegel Online

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