Die Autokratin: Maia Sandu führt Moldau autoritär – mit Billigung Brüssels

Die Autokratin: Maia Sandu führt Moldau autoritär – mit Billigung Brüssels

Die Autokratin: Maia Sandu führt Moldau autoritär – mit Billigung Brüssels

Gert-Ewen Ungar
Ein Artikel von Gert-Ewen Ungar

In Moldau zeigt sich wie in einem Brennglas der eingeschlagene politische Weg der EU. Präsidentin Maia Sandu regiert zunehmend autoritär. Die Opposition ist verboten, die Polizei reagiert auf Proteste gegen ihren EU-freundlichen Kurs mit dem Einsatz von Gewalt. Die EU mischt sich inzwischen ganz offen ein und unterstützt Sandu, wobei die EU die wachsende Repression durch Schweigen billigt. Ausdehnung und Festigung des Brüsseler Einflusses stehen über den Interessen der Bürger Moldaus. Von Demokratie keine Spur. Von Gert-Ewen Ungar.

Anfang Juli fand in der Hauptstadt Chisinau der Republik Moldau der erste EU-Moldau-Gipfel statt. Am Gipfel nahmen neben Moldaus Präsidentin Maia Sandu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Antonio Costa teil. Der Gipfel dauerte gerade mal etwas mehr als zwei Stunden. Die knapp bemessene Zeit reichte dennoch aus, um Moldau ein umfassendes Geldgeschenk zu machen. 1,9 Milliarden Euro soll Moldau in den nächsten Jahren erhalten. Das macht laut Adam Riese für jeden der 2,4 Millionen Moldauer rund 792 Euro. Auf dieses Geschenk an Moldau hatte sich die EU bereits im März geeinigt. Jetzt wurde die Übergabe einer Tranche mit viel Pomp publikumswirksam inszeniert. Mit dem Geld soll die Umsetzung von Reformen bezahlt werden, die Moldau stärker in EU-Strukturen integriert. 270 Millionen Euro kamen beim Gipfel unmittelbar zur Auszahlung. Damit sollen ein Krankenhaus finanziert und die Stromkunden angesichts der hohen Energiepreise entlastet werden. Von der Leyen versprach noch einige andere Wohltaten. So sollen für die in der EU arbeitenden Moldauer Überweisungen nach Hause günstiger werden. Auch Telefonate aus EU-Ländern nach Moldau will die EU durch die Integration des Landes ins Roaming-Netz der EU billiger machen. Neben all den Geschenken und Wohltaten gibt es natürlich auch noch eine Warnung: Russland hat die Absicht, Moldau zu destabilisieren und sich in die für September anstehenden Parlamentswahlen einzumischen.

Damit ist auch erklärt, warum die EU gerade jetzt ihr Füllhorn über Moldau ausschüttet. Es handelt sich um aktive Einmischung im Vorfeld der Wahlen. Die EU betreibt ganz offen das, was sie Russland vorwirft. Dabei sind von der Leyen und Co. so von davon überzeugt, dass sie zu dieser Einmischung legitimiert sind, dass ihnen der offene Widerspruch gar nicht mehr auffällt. Die EU hat das Recht, Moldau nicht nur wirtschaftlich enger an sich zu binden, sondern auch in die Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen der EU zu integrieren und damit Russland zu provozieren, ist man sich in Brüssel absolut sicher. Russland hat die Destabilisierung der europäischen Sicherheitsarchitektur hinzunehmen. Die EU ist bereit, aus Moldau eine zweite Ukraine zu machen.

Dazu soll der umstrittene EU-Kurs der zunehmend autoritär regierenden Maia Sandu unterstützt und verstetigt werden. Dabei ist zu bezweifeln, dass dieser Kurs im Interesse der Mehrheit der Moldauer ist. Bei einem Referendum im Oktober vergangenen Jahres entschied sich zwar eine hauchdünne Mehrheit für eine EU-Integration, allerdings kamen die 50,46 Prozent Ja-Stimmen nur unter systematischer Benachteiligung der in Russland lebenden Diaspora bei gleichzeitiger Bevorzugung der in der EU lebenden Moldauer zustande. Es gab für die geschätzte Zahl von einer Million in Russland lebender und arbeitender Moldauer lediglich zwei Wahllokale und keine ausreichende Anzahl an Wahlunterlagen.

Ob es im September für die Moldauer tatsächlich etwas zu wählen gibt, ist zudem fraglich. Die Oppositionspartei des Unternehmers Ilan Șor wurde bereits 2023 verboten. Die Gouverneurin der autonomen Region Gagausien, Evghenia Guțul, sitzt im Hausarrest, die Staatsanwaltschaft fordert neun Jahre Haft wegen angeblich illegaler Finanzierung politischer Aktivitäten. Das Modell „Rumänien“ macht Schule.

Auch Guțul gehörte der Șor-Partei an. Inzwischen hat sich ein Oppositionsbündnis „Pobeda“ (Sieg) formiert, an dem auch Ilan Șor und Evghenia Guțul beteiligt sind. Aufgrund der zunehmenden Repression in Moldau fand der Kongress des Oppositionsbündnisses Anfang Juli in Moskau statt. Das Bündnis will bei den Parlamentswahlen im September antreten, geht allerdings davon aus, dass die Behörden Pobeda von den Wahlen ausschließen werden. Pobeda will sich für ein gutes Verhältnis zu Russland und eine Integration Moldaus in die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) einsetzen. Dem Verteidigungsbündnis gehören aktuell neben Russland und Weißrussland noch Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan an. Das ist natürlich genau das Gegenteil dessen, was die EU anstrebt. Ein Verbot des Parteien-Blocks ist daher mehr als nur wahrscheinlich.

Der EU-freundliche Kurs Sandus weckt immer häufiger Protest, gegen den die Polizei mit zunehmender Brutalität vorgeht. Jüngstes Beispiel ist Polizeigewalt gegen Demonstranten, die eine Gay Pride verhindern wollten.

Die EU fördert auch in Moldau die Präsenz ihrer Werte und unterstützt LGBT-Organisationen, ohne auf die dortigen Befindlichkeiten, Traditionen und das etablierte Wertesystem Rücksicht zu nehmen. Eine beantragte Gay Pride für den Juni wurde vom Bürgermeister der Hauptstadt Chisinau zunächst verboten. Präsidentin Maia Sandu genehmigte sie allerdings dennoch. Zeitgleich fanden zwei weitere Veranstaltungen statt: eine orthodoxe Prozession und eine Demonstration für traditionelle Familienwerte. Nachdem die orthodoxen Christen versucht hatten, den Weiterzug der LGBT-Pride zu verhindern, kam es gegen sie und schließlich auch gegen die Demonstranten für Familienwerte zum Einsatz massiver Polizeigewalt.

Dass sich durch solche Aktionen die Zuneigung der Moldauer zur EU beflügeln lässt, kann bezweifelt werden. Dass Sandu dennoch zu solchen Mittel greift, deutet darauf hin, dass sie meint, über ausreichend Rückendeckung zu verfügen, um ihren Kurs der EU-Integration auch gegen den Willen der Bürger Moldaus durchdrücken zu können.

In Moldau zeigt sich wie in einem Brennglas, auf welchem Weg die EU ist. Die EU mischt sich aktiv in die inneren Angelegenheiten des Landes ein, toleriert staatliche Gewalt und Repression, wenn das dem Zweck der Erweiterung und Festigung ihres Einflusses dient. Präsidentin Maia Sandu entfernt sich immer deutlicher von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Allerdings findet das nicht nur die Billigung, sondern auch die Unterstützung Brüssels. Moldau wird so zur Blaupause für die Zukunft der EU.

Titelbild: Iurii Vlasenko/shutterstock.com

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