Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)

Heute unter anderem mit folgenden Themen:

  • Wege aus der Rezession
  • Ist die Abwehr gegen Staatsfonds wirklich das Wichtigste?
  • Die ach so seriöse Gesellschaft von Banken und Wirtschaftsprüfern
  • Wirtschaftsnobelpreisträger haben keine Berührungsängste gegenüber dem Mindestlohn
  • Staat schafft weniger Ausgleich
  • PPP teurer als Eigenbau
  • Internationale Wasserkonferenz berät schockierende Zustände
  • Vater Staat sorgt für Nachwuchs
  • Rüstungsgeschäfte laufen gut
  • Datenskandal ohne Ende
  • Enteignung durch Biopiraterie
  • Die Enttabuisierung der Linken könnte CDU und CSU noch Probleme bereiten
  • Druck auf Auszubildende, Migrantenkinder und Studierende
  • Geschichte wiederholt sich: neuer kalter Krieg

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ifo-Konjunkturindex stürzt ab
    Die hohe Inflation belastet die Weltwirtschaft massiv. Der Index des Münchner Ifo-Instituts ist auf den tiefsten Stand seit fast sieben Jahren gefallen. Der Klimaindex des Ifo-Instituts sank von 81,4 Punkten im Frühjahr auf 73,4 Zähler im dritten Quartal, wie die Münchner Forscher am Mittwoch mitteilten. Die Aussichten für die kommenden sechs Monate schätzten die gut 1000 befragten Experten sogar so schlecht ein wie seit Ende 1990 nicht mehr. Doch auch die gegenwärtige Lage wird pessimistischer beurteilt. „Die Abkühlung ist ein weltweites Problem“, sagte Ifo-Konjunktur-Experte Gernot Nerb. Lediglich die Ölförderländer seien davon ausgenommen.
    Quelle: Focus-online

    Anmerkung WL: Wir halten zwar von dieser Pulsfühlerei nicht viel, aber immerhin steht der Index in einem deutlichen Kontrast zur vorherrschenden Schönrednerei.

  2. Weltwirtschaft kühlt ab
    Schlechte Konjunkturnachrichten am laufenden Band: Am Mittwoch gesellte sich das Weltwirtschaftsklima hinzu. Es ist auf dem schlechtesten Stand seit fast sieben Jahren. Schlimmer noch: Die Aussichten für die kommenden sechs Monate schätzen die gut 1000 vom Ifo-Institut befragten Experten sogar so schlecht ein wie seit Ende 1990 nicht mehr.

    “Die Abkühlung ist ein weltweites Problem”, sagte Ifo-Experte Gernot Nerb zu Reuters. Lediglich die Ölförderländer seien davon ausgenommen. Für die deutsche Wirtschaft ist dieser Indikator deshalb relevant, da er den Verlauf der Exporte gut vorhersagt. Und es waren vor allem die Ausfuhren, die den vorangegangenen Aufschwung getragen haben. Kippt diese Säule, sieht es düster aus. Von Robert von Heusinger.
    Quelle: FR

  3. DGB fordert Konjunkturprogramm
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert wegen der drohenden Flaute ein staatliches Konjunkturprogramm in Höhe von 25 Milliarden Euro. “Es macht Sinn, die Konjunktur mit höheren öffentlichen Ausgaben anzukurbeln, weil damit der Abschwung verkürzt werden kann”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki am Mittwoch in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Abgaben- und Steuersenkungen hält der DGB dagegen für den falschen Weg.
    Quelle: FR
  4. Ei und Korb
    Es gibt wenige Wahrheiten, mit denen Ökonomen überhaupt etwas Sinnvolles zur politischen Debatte beitragen können. Eine dieser Wahrheiten: Lege nie alle Eier in einen Korb! Das bedeutet so viel wie: Diversifikation ist Trumpf. Auf kluge Wirtschaftspolitik übersetzt, heißt das: Nie alles auf den Export ausrichten, sondern auch immer auf die heimische Nachfrage achten. Wenn nämlich die Weltwirtschaft mal nicht mehr läuft, ist die Wirtschaft des Landes dem globalen Abschwung schutzlos ausgeliefert.
    Quelle: FR
  5. Steuern senken
    Die Bundesregierung muss eingreifen. Soll das deutsche Wirtschaftswachstum nicht zum Erliegen kommen, muss der Konsum mittels einer Senkung der Steuern gestärkt werden. Eine Entlastung der Bürger tut not. Von Dirk Schumacher, Chefvolkswirt Deutschland und Volkswirt für Euro-Land bei Goldman Sachs in Frankfurt.
    Quelle: Manager Magazin

    Kommentar des NachDenkSeiten-Lesers H.-L.: Auch auf diese Stimme werden die Verantwortlichen nicht reagieren.

    Anmerkung KR: Schade, wenn auch nicht verwunderlich, dass Schumacher auch bloß an die Brutto-Netto-Debatte anschließt. Keine Rede von der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich, kein Wort darüber, dass mehr Geld für die unteren Einkommensgruppen direkt in den Konsum, mehr Geld für Wohlhabendere hingegen in Sparanlagen fließt.

  6. Abwehrgesetz gegen Staatsfonds
    Bundeswirtschaftsminister Michael Glos ist Befürchtungen entschieden entgegen getreten, dass Deutschland sich mit den vom Bundeskabinett beschlossenen neuen strikteren Regelungen des Außenwirtschaftsgesetzes gegen ausländische Investitionen abschotten wolle. „Wir heißen ausländische Investoren ausdrücklich willkommen“, sagte Glos am Mittwoch.

    Zuvor hatte das Bundeskabinett den Änderungen am Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und den vorgesehenen, strikteren gesetzlichen Vorschriften für ausländische Investitionen zugestimmt. Damit sollen Übernahmen deutscher Unternehmen und Beteiligungen – vor allem auch durch ausländische Staatsfonds – in den Fällen verhindert werden, die die öffentliche Ordnung oder nationale Sicherheit Deutschland gefährden könnten. Das Gesetz soll noch 2008 in Kraft treten.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung WL: Ohne Zweifel können die 50 Staatsfonds, in denen sich ein Vermögen von geschätzt 3700 Milliarden Dollar angesammelt hat, eine Gefahr für nationale wirtschaftliche Interessen darstellen. Wenn aber ausländische Bieter die deutsche Mittelstandsbank IKB aufkaufen oder wenn Hedge-Fonds mit geliehenem Geld deutsche Unternehmen ausschlachten und sie abwürgen oder wenn Großanleger sich bei der Deutschen Bahn einkaufen und das Unternehmen statt zu einem nationalen Dienstleister zu einem ausschließlich renditeorientierten, international operierenden Logistikunternehmen umbauen oder wenn Investorengruppen deutsche Fernsehketten oder Zeitungen als cash-cows behandeln, dann ist die Gefahr für die „öffentliche Ordnung“ in Deutschland mindestens genauso groß.

    Siehe z.B.:

    Countdown für die IKB
    Im Rennen waren nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zuletzt noch zwei Bieter: der Finanzinvestor Lone Star und – mit Favoritenstatus – die Beteiligungsgesellschaft RHJ International. Die beiden Kaufinteressenten haben angeblich unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft der IKB. Die in Brüssel ansässige RHJ wolle die Bank zu einer Plattform für das kapitalmarktorientierte Firmenkundengeschäft ausbauen. Der für sein hartes Durchgreifen bekannte US-Finanzinvestor Lone Star hingegen würde versuchen, das Institut gesundzuschrumpfen – nach dem Vorbild der Sanierung der Allgemeinen Hypothekenbank Rheinboden.
    Quelle: FR

    Anmerkung KR: Und keiner redet mehr über den Untersuchungsausschuss, der nicht sein darf. Kein Wort mehr über den Verdacht, die Deutsche Bank habe vorsätzlich Schrottpapiere durch Verkauf an die IKB entsorgt.

  7. Die Kölner Oppenheim-Bank und die Liebedienerei der Medien
    Die Bank Oppenheim ist die größte Privatbank Europas. Diese ständig wiederholte Selbstdarstellung entspricht durchaus der Wahrheit, ist aber auch das einzig zutreffende Faktum in einer PR-Kampagne, mit der die ansonsten so diskrete Bank („Wir sind diskret, geheimer als geheim“) sich gegenwärtig der Öffentlichkeit aufdrängt. Anlass sind einige Probleme, die der feinen Bank mit ihren nur etwa 8.000 sehr vermögenden Kunden diskret, aber heftig unter den Nägeln brennen.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  8. Dem Kapital zu Diensten
    Ob Banken zusammenbrechen oder bei Siemens eine Milliarde verschwindet: Die Wirtschaftsprüfer waschen ihre Hände in Unschuld. Mit der Sorgfalt öffentlich bestellter Wirtschaftsprüfer kann es nicht weit her sein – sonst würde sich nicht jede vierte Bilanz, die von ihnen abgesegnet wird, bei einer Überprüfung als fehlerhaft erweisen.
    Quelle: Zeit
  9. Nobelpreisträger: Mindestlohn keine Gefahr für den Niedriglohnsektor – auch in Deutschland
    Es sei in der Praxis kaum belegbar, dass Mindestlöhne die Beschäftigung im Niedriglohnsektor von Ländern wie Deutschland gefährden, sagt Robert Solow, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Unternehmen können die höheren Kosten oft durch höhere Produktivität ausgleichen.“ Damit stellt er sich gegen eine in Deutschland weit verbreitete Auffassung unter Ökonomen und Wirtschaftsverbänden, das Mindestlöhne automatisch zu höherer Arbeitslosigkeit führen.
    Solow hat die Wirkung von Mindestlöhnen auf die Arbeitsmärkte in den USA, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden verglichen. „Der konventionelle Gegensatz zwischen niedrigen Löhnen bei hoher Beschäftigung in den USA und hohen Löhnen bei niedriger Beschäftigung in Europa ist nicht annähernd so deutlich wie gemeinhin vermutet“, resümiert Solow.

    Auch der in Chicago lehrende Nobelpreisträger Robert Fogel äußerte sich vor der Konferenz zum Mindestlohn, wie aus der Pressemitteilung der Organisatoren hervorgeht. Er sehe zumindest in Bezug auf den Niedriglohnsektor keine große Gefahr durch Mindestlöhne. „Die dort Beschäftigten arbeiten in Dienstleistungsindustrien, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen“, sagt Fogel und nennt etwa die Fast-Food-Industrie.
    Quelle: FTD

  10. Böckler Impuls 12/2008: Staat schafft weniger Ausgleich
    Die Einkommen streben weiter auseinander. Die staatliche Umverteilung gleicht die zunehmenden Diskrepanzen nur zum Teil aus – unter anderem deshalb, weil Spitzenverdiener immer weniger zum Steueraufkommen beitragen.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  11. DGB warnt vor Beratungsnotstand bei Erwerbslosen
    Mit großer Sorge sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund der bevorstehenden Schließung der Beratungszentren für Erwerbslose in Nordrhein-Westfalen durch die Rüttgers-Regierung entgegen. Betroffen sind rund 150 Beratungsstellen – für die Betroffenen oftmals die einzige und unverzichtbare Hilfe. Die Jobs der meist hochqualifizierten BeraterInnen stehen dabei ebenfalls auf dem Spiel. Und dass die Beratung der ARGEn ausreichend ist, hat sich inzwischen längst als Trugschluss erwiesen.
    Quelle: nrhz

    Anmerkung des NachDenkSeiten-Lesers K.F.: Der heimliche Arbeiterführer Deutschlands schlägt erbarmungslos zu.

  12. PPP: Bildungszentrum Ostend jetzt teurer als im Eigenbau
    Bau und Unterhalt des Bildungszentrums Ostend nach dem “Public-Private-Partnership”-Verfahren haben der Stadt nach Ansicht des Revisionsamts finanziell geschadet: Amtsleiter Ulrich Uebele bestätigte gestern Zahlen einer eigens erstellten Studie, wonach der Gebäudekomplex an der Sonnemannstraße während des 20 Jahre laufenden Leasingvertrags vier Millionen Euro mehr kosten werde, als wenn die Stadt das Zentrum selbst gebaut und bis 2025 betrieben hätte. Der Komplex beherbergt zwei Abendgymnasien, die Volkshochschule, das Hoch’sche Konservatorium, die Bethmannschule und einen Teil der Bankakademie. Investor ist das Mannheimer Finanzinstitut Süd-Leasing. Ihm zahlt die Stadt im ersten Jahr rund 3,9 Millionen Euro, mit jedem weiteren Jahr steigt dieser Betrag um 1,5 Prozent. Nach 20 Jahren gehört das Zentrum der Stadt.
    Aus FAZ, 24.05.2006, Nr. 120 / Seite 46
    Quelle: meinepolitik letzte Meldung
  13. Internationale Wasserkonferenz berät schockierende Zustände. Eine Milliarde Menschen ohne sanitäre Grundversorgung. Millenniumsziele der UN nicht erreichbar
    Dem WHO-UNICEF-Bericht zufolge wird das proklamierte Sanitär-Millenniumsziel, mehr als 700 Millionen Menschen zu einer sanitären Grundversorgung zu verhelfen, mit Sicherheit verfehlt. Zwar sei die politische Bereitschaft in den betroffenen Ländern vorhanden: So beschlossen beispielsweise 52 Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) zum Thema Wasser und Sanitäres Ende Juni einstimmig, Wasser- und Sanitärfragen »höchste Priorität« einzuräumen. Indes: Die Bereitschaft der entwickelten kapitalistischen Länder zur Hilfe bleibt unterentwickelt
    Quelle: jungewelt

    Anmerkung des NachDenkSeiten-Lesers K.F.: Auch bei der Wasserversorgung zählt – wie bei allen PPP-Projekten – nur eines: Rendite

  14. Warum Fachärzte sich weigern, Patienten im Pflegeheim zu behandeln
    Warum boykottieren Ärzte Hausbesuche? Michael Weidenfeld rechnet vor: 17 Euro bekomme er für den ersten Besuch im Quartal, sechs Euro für den zweiten. Das sei nicht rentabel. Außerdem gebe es beim Transport von Frau Niemczik keine gesundheitlichen Risiken. Für SPD Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach ist das Verhalten der Ärzte nicht akzeptabel: „Ein Arzt kann nicht hingehen und sagen, die Patienten, die sich für mich nicht rechnen, die mache ich nicht. Es sei denn, sie kommen zu mir. Das ist einfach nicht ethisch.“
    Quelle: SWR Report

    Anmerkung WL: Man mag das Verhalten der Ärzte für unethisch halten. In einer Zeit, wo überall ökonomisches Denken abverlangt wird, ist allerdings das Abrechnungsverfahren irrational und fördert unethisches Verhalten.

  15. Frauen bekommen wieder mehr Nachwuchs
    Erstmals seit Jahren bekommen deutsche Frauen wieder mehr Kinder. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die durchschnittliche Kinderzahl 2007 signifikant gestiegen. Besonders eine Altersgruppe entschied sich im vergangenen Jahr häufiger für Nachwuchs. Damit stieg die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau erstmals seit 2004 wieder leicht an, und zwar von 1,33 im Jahr 2006 auf 1,37. Die Geburtenziffer nahm vor allem bei Frauen zwischen 33 und 37 Jahren zu sowie in Ostdeutschland, wo sie nach der Wiedervereinigung stark eingebrochen war.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Natürlich spielt sich wieder die Politik als Vater des Kinderzuwachses auf.
    Tröstlich ist jedenfalls, dass die Alarmisten, wonach Deutschland die niedrigste Geburtenquote seit dem Krieg aufweise, nicht länger ihre Schreckensmeldungen verbreiten können.

  16. Das SIPRI-Jahrbuch 2008 über Rüstung und internationale Rüstungsexporte
    Das Stockholmer Institut zur Internationalen Friedensforschung (SPIRI) hat Anfang August sein Jahrbuch 2008 vorgestellt.
    Quelle: SIPRI Yearbook [PDF – 292 KB]

    Dazu:

    Die Geschäfte laufen gut
    Das Stockholmer Friedensinstitut ermittelte die größten Waffenexporteure der Welt. Der von den USA ausgerufene “Krieg gegen den Terror” hat die weltweiten Rüstungsausgaben auf neue Rekordhöhen getrieben. Wie das SIPRI feststellte, wurden 2007 umgerechnet 1,3 Billionen US$ und damit pro Kopf der Weltbevölkerung 202 US$ für militärische Zwecke ausgegeben, davon 1,04 Billionen US$ von den wohlhabendsten Nationen. In den vergangenen zehn Jahren sind die Militärhaushalte damit weltweit um 45 Prozent gestiegen.
    Fakten und Zahlen:
    Quelle: scharf-links

  17. Datenskandal ohne Ende
    Jahrelang haben neoliberale Politiker die Bespitzelung der Bürger erleichtert. Nachdem jetzt aber immer neue Fälle des Missbrauchs persönlicher Kundendaten bekannt wurden, versuchen sie sich als Verbraucherschützer zu profilieren. Die SPD etwa kündigte am Dienstag ein »Krisentreffen« an, auf dem Vorschläge für ein wirksameres Datenschutzgesetz erarbeitet werden sollen. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), will im September Vertreter aller Fraktionen und externe Sachverständige zu einer Konferenz zu diesem Thema einladen.

    Fast täglich werden neue Fälle des Datenmissbrauchs bekannt. Der Norddeutsche Rundfunk berichtete jetzt, dass sich ein Call-Center in Bremerhaven illegal Zugriff auf Datenbanken der Deutschen Telekom AG verschafft und Informationen an Dritte weiterverkauft habe. Die Telekom erklärte dazu, sie sei »offenbar Opfer hochkrimineller Machenschaften« geworden. Erst vor einer Woche waren der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein 17000 Datensätze übergeben worden, die offensichtlich der »Süddeutschen Klassenlotterie« entwendet worden waren. Seither ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften wegen der Diebstähle. Es soll mit Hilfe der entwendeten Kontonummern sogar zu unberechtigten Geldabhebungen gekommen sein.

    Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol gab bekannt, dass allein in NRW vermutlich mehrere zehntausend Verbraucher vom Missbrauch ihrer Daten betroffen seien. Sokol sagte der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, die Beschwerden hätten sich in den vergangenen Tagen gehäuft. Sie habe daher bei den Staatsanwaltschaften in Köln und Mönchengladbach Strafanzeigen gestellt.
    Quelle: junge Welt

  18. Patente auf Leben – Enteignung durch Biopiraterie
    Der Patentexperte von Greenpeace, Christoph Then, bezeichnet es als alarmierend, dass die Gene von normalen Kühen und die Zucht mit normalen Kühen patentiert worden seien. Er sagte dazu: “Das Patentamt weitet Schritt für Schritt die Patentierbarkeit in Richtung normaler Pflanzen und Tiere aus. Brokkoli, Kühe und demnächst auch Schweine werden durch Patente zu Erfindungen erklärt. Die Politik darf dem nicht länger tatenlos zusehen, sondern muss das Patentamt in seine Schranken weisen.“ Im Oktober 2007 legte Greenpeace gemeinsam mit einem Bündnis aus Milchviehhaltern, Bauern und Verbänden Einspruch gegen dieses Patent ein. Für Christoph Thenn gehört der Kuhstall bald nicht mehr den Bauern sondern den Konzernen. Dutzende von Patenten auf normale Zucht, geklonte und genmanipulierte Tiere seien beantragt und viele schon vergeben.
    Quelle: Europa-im-Blick
  19. Wähler gewöhnen sich schnell
    Die Union frohlockt über hessische Verhältnisse und SPD-Krise. Aber die Enttabuisierung der Linken könnte CDU und CSU noch Probleme bereiten. Die Veränderungen im Parteiensystem, die sich in Hessen manifestieren, könnten der Union mehr Probleme bereiten, als ihr lieb ist. Zunächst einmal würde die CDU die Macht und einen Ministerpräsidenten verlieren. Das schmerzt jeder Partei, zumal Hessen eines der wirtschaftlich stärksten Bundesländer ist. Auch fünf Stimmen im Bundesrat gingen verloren. Die schwarz-gelbe Mehrheit in der Länderkammer würde auf drei Stimmen zusammenschmelzen. Schon nach der nächsten Landtagswahl in Thüringen könnte sie dann dahin sein.

    Gleichzeitig würde sich die SPD machtpolitisch einen strategischen Vorteil verschaffen. Sie hätte in einem Fünfparteiensystem eine Koalitionsoption mehr. Zwar ist dieser Vorteil zunächst nur klein, weil sich die Zusammenarbeit mit den Linken erst bewähren muss und diese 2009 im Bund noch tabu ist. Aber die SPD wäre die einzige Partei, die zunächst in den Ländern und nach 2009 auch im Bund im Prinzip mit allen anderen Parteien regieren kann. Gleichzeitig würden auch Ampelregierungen wieder wahrscheinlicher, denn auch die FDP müsste auf die Veränderungen reagieren.
    Quelle: Die Zeit

    Anmerkung WL: Ob in der SPD-Führung überhaupt noch jemand zu solchen strategischen Kalkülen fähig ist?

  20. Grünen-Politikerin Hustedt berät RWE
    Michaele Hustedt, die dem Bundestag von 1994 bis 2005 angehörte und viele Jahre energiepolitische Sprecherin ihrer Fraktion war, werde stellvertretende Vorsitzende des neu gegründeten Beirats der Ökostromtochter RWE Innogy, teilte der Konzern mit. Hustedt und acht weitere Personen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sollen RWE Innogy in allen Fragen der erneuerbaren Energie beraten. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, übernehme den Vorsitz des Gremiums, hieß es bei RWE.

    Hustedt ist nicht die einzige Grünen-Politikerin, die keine Berührungsängste mit den Gegnern von einst hat. Margareta Wolf, frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen, arbeitet als Mitarbeiterin einer Kommunikationsberatung auch für die deutsche Kernenergiebranche. Kürzlich kehrte sie ihrer Partei den Rücken. Zuvor waren Forderungen nach einem Parteiausschlussverfahren laut geworden.
    Quelle 1: Handelsblatt

    Anmerkung Martin Betzwieser: Da muss noch zur Ergänzung der frühere grüne Franktionsvorsitzende und Wirtschaftsstaatssekretär Rezzo Schlauch genannt werden, der nun für EnBW tätig ist.
    Quelle 2: Süddeutsche

  21. Kein Zurück zu Lehrlingszeiten
    Als eine unglaubliche Frechheit bezeichnete Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE die Forderungen des Bundesverbandes Mittelständischer Wirtschaft nach einem Leistungslohn für Auszubildende:

    Die deutschen Unternehmen stehlen sich seit Jahren aus der Verantwortung nach ausreichenden und guten Ausbildungsplätzen. Zugunsten steigender Gewinne wurden Investitionen in die Zukunft und das eigene Personal vernachlässigt. Die Forderung Ohovens nach Lehrlingsgeld und Leistungslohn für Auszubildende treibt diese Entwicklung auf die Spitze: um Profit erarbeiten zu können, sollen die jungen Menschen vorher Geld zahlen. Das ist eine unglaubliche Frechheit.
    Quelle: Die LINKE

  22. Wenn die Uhr rast
    Der Druck auf Schüler und Lehrer steigt. Dabei braucht kreatives und nachhaltiges Lernen Zeit. Gegenwärtig besteht aber die Gefahr, dass es direkt in die umgekehrte Richtung geht. Der Druck soll sogar noch erhöht werden. Verkürzung der Gymnasialzeit, Anhebung und Vereinheitlichung der Leistungsstandards, Evaluation und Controllings im Sinne der Forderungen aus der Wirtschaft werden das Klima an den Schulen kaum verbessern.

    So fordert der “Aktionsrat Bildung” der Bayerischen Wirtschaft, Lehrer nur noch befristet anzustellen, ihre Gehälter “leistungsbezogen” auszugestalten und die Schulen zu privatisieren. In einer auf marktwirtschaft­liche Effizienz getrimmten Schule mit Lehrern als ängstlich-angepassten Saisonarbeitern werden auch die Schüler nichts mehr zu lachen haben. Nur die Wiedereinführung der Prügelstrafe wäre noch härter.
    Quelle: Freitag

  23. Schulversagern droht Abschiebung
    Ausländischen Schulversagern droht verstärkt die Abschiebung. Zukünftig sollen Jugendliche ab 16 Jahren ohne deutschen Pass nur dann eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, Aussicht auf eine Lehre haben. Dazu aber ist ein Schulabschluss nötig. Jährlich verlassen rund 1000 ausländische Jugendliche die Schulen ohne Abschluss.
    Quelle: Berliner Kurier
  24. Drei Jahre, 42 Prüfungen
    Was ist das? Es verbreitet an Hochschulen Lern-Brechsucht, verblödet Studierende und wird die deutsche Universität bald völlig zerstört haben. – Richtig geraten: der Bachelor. Folgt man Umfragen, der Ansicht vieler Fakultätentage und der dominierenden öffentlichen Meinung, handelt es sich beim Bachelor um die missratenste Reform in der Geschichte der Hochschule.
    Quelle: Tagesspiegel
  25. Das Image des Bachelors wird immer unbeliebter
    Das Vertrauen der Studenten in die neuen Studiengänge sinkt dramatisch – und ein Großteil der Probleme entsteht wegen der Kürze der neuen Bachelor-Studiengänge. Wie von Geisterhand gesteuert, haben sich die meisten deutschen Universitäten mit der Bologna-Reform dafür entschieden, dass der Bachelor nur sechs Semester dauert – mit Folgen für die Studenten. In die kurzen Studiengänge quetschen die Hochschulen so viele Kurse wie es nur geht, die Studenten klagen, sie seien überlastet. Gleichzeitig entsteht für sie aber der Eindruck, sie würden im Vergleich zu ihren Magister- und Diplom-Vorgängern mit ihrem Abschluss nur eine Art besseres Zwischenprüfungszeugnis erhalten.
    Quelle: Tagesspiegel
  26. Bildungsillusionen
    Der Glaube an die Heilkraft der Bildung gehört seit je zu den Grundpfeilern der deutschen Ideologie. In einem verträumten Land, das am liebsten seine Grenzen abdichten und gleichzeitig die ganze Welt umschlingen möchte, soll es im Notfall immer die Bildung richten. Jedes soziale oder persönliche Problem hält man hierzulande zuerst für eine Erziehungsfrage.
    Quelle: DLF
  27. Studienabschlussdarlehen: Stiftung Warentest lobt Darlehenskassen der Studentenwerke
    Studienkredit-Analyse in der aktuellen Ausgabe “Finanztest” der Stiftung Warentest · 64 Banken und Sparkassen, vier Landesförderbanken und fünf Darlehenskassen im Vergleich · Ergebnis: Studienabschlussdarlehen der Studentenwerke sind “unschlagbar günstig”.
    Quelle: Bildungsklick
  28. Die Luft reicht für alle
    Im Konvoi von Tiflis nach Gori.
    Quelle: Freitag
  29. Die Als-ob-Strategen
    Viele westliche Regierungen tun so, als ob sie das Verhalten Russlands im Kaukasus in ihrem Sinne beeinflussen könnten. Das ist ein Irrtum.
    Quelle: Zeit.de
  30. Neue Fronten im Osten
    Jeder sieht sich durch jeden bedroht. Warschau und Prag haben deshalb die Proteste Moskaus gegen den amerikanischen Raketenschild ignoriert. Sie unterstellen dem Kreml im Gegenzug, das polnische und tschechische Sicherheitsbedürfnis nicht zur Kenntnis zu nehmen, weil Moskau sehr wohl wisse, dass das Raketensystem schon aus technischen Gründen nicht gegen Russland gerichtet sein könne.

    Prag und Warschau sind überzeugt, dass Moskau nicht aufrüstet, um sich gegen Angriffe zu wappnen. Der Kreml will seine Armee entweder direkt militärisch oder als politisches Druckmittel einsetzen. Deshalb fühlt sich die Mehrheit der Polen und Tschechen auch, so sagen es die jüngsten Umfragen, dank des Abkommens mit den Amerikanern zum Raketenschild sicherer als zuvor.
    Quelle: SZ

    Anmerkung: Geschichte wiederholt sich. Ein neuer Kalter Krieg bahnt sich an. Diesmal aber ohne den „Puffer“ eines geteilten Deutschlands.

  31. Ist er wirklich größenwahnsinnig?
    In Frankreich ist seit Sarkozys Amtsantritt vieles neu, und es widerspricht der Tradition. Eine Erklärung, was die Franzosen von ihrem Präsidenten halten von Franziska Augstein. Als kleiner Napoleon haben einige französische Präsidenten schon gegolten. Sarkozy hat sich zudem als kleiner “Berlusconi” qualifiziert, was aber die meisten Franzosen gar nicht aufregt, weil sie entweder … nichts davon erfahren oder sich sagen, dass es ja immer schon so gewesen sei.
    Quelle: SZ
  32. Korrektur (WL):

    In Ziffer 13 der gestrigen Hinweise „Bund stützt IKB-Verkauf wohl mit 800 Millionen“ habe ich angemerkt, dass die IKB eine „private“ Bank sei. Das war sie zwar einmal, sie ist es aber inzwischen nicht mehr.

    Dazu schreibt unser Leser H.F.: Ihr Hinweis, die IKB sei eine private Bank, trifft nicht mehr zu. Im Rahmen der Rettungsaktionen” hat die KfW ihren Anteil auf 91 % erhöht. Siehe dazu:

    Wie die IKB abgewickelt wird
    Ende 2001 stieg die staatliche KfW mit einem größeren Paket bei der IKB ein. Die Förderbank kaufte die Anteile von den Versicherern Allianz und Münchener Rück und kam damit auf gut 34 Prozent der IKB-Aktien. Später stockte die KfW noch einmal auf knapp 38 Prozent auf. Während der Krise stieg der Anteil noch einmal auf fast 46. Inzwischen sind es sogar 91 Prozent.

    Die Begründung der KfW für den Einstieg: Sie wolle helfen, die Finanzierung des Mittelstands zu sichern. Man befürchtete damals, dass ein ausländischer Investor oder eine Bank die IKB-Aktien erwerben könnte. Die Staatsbank selbst fördert in erste Linie mittelständische Unternehmen. Als “Ohr am Markt” für das Mittelstandsgeschäft hatte die frühere KfW-Chefin Ingrid Matthäus-Maier die IKB vor einem Jahr bezeichnet. Der Bundesrechnungshof allerdings bezweifelte bereits kurz nach dem Einstieg, ob die KfW-Beteiligung “die Grenzen ihres gesetzlichen Förderauftrags angemessen beachtet hat”. Er befand die Erklärung der KfW für nicht schlüssig.
    Quelle: FTD

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