Hinweise des Tages II

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Namentliche Abstimmung zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
  2. Das wichtigste Vorhaben der Legislatur darf endlich diskutiert werden
  3. Cum-Ex-Skandal: Fragwürdige Zusammenarbeit von Politik und Bankenlobby
  4. Deutschland schmarotzt die Nachfrage der Anderen
  5. Macron makes EUrope (look) great again
  6. Andrea Nahles’ neue Betriebsrente
  7. Auf Kosten des Personals
  8. DGB-Steuereckpunkte: Stadt und Land werden fit gemacht!
  9. Rekommunalisierung öffentlicher Dienstleistungen – was heisst das für die Beschäftigten?
  10. Deutsch-russischer Aufschwung
  11. Wie die Große Koalition ihre Gesetze durchsetzt
  12. Bundesanwaltschaft, BKA und LKA sabotieren NSU-Ausschuss
  13. Absurdistan Afghanistan
  14. Machtkampf im Nahen Osten: Katar soll sich gefügig zeigen
  15. Steht auf gegen die McDonaldisierung der Hochschule!
  16. Republikanerin gewinnt Nachwahl in Georgia
  17. Regierungssprecher Seibert blamiert sich bei Pressekonferenz: „Auch RT kann besser recherchieren“
  18. Zu guter Letzt: “Wir gewinnen doch eh”: CDU verzichtet auf Bundestagswahlkampf

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Namentliche Abstimmung zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
    Quelle: Bundestag

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung ist für den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz so wichtig, dass sie auf dem Parteitag am Sonntag vermutlich mit viel Applaus nach kämpferischer Rede als zentrale Forderung in das Wahlprogramm aufgenommen wird. Doch was Schulz ankündigt, später tun zu wollen, lehnt die SPD-Bundestagsfraktion in namentlicher Abstimmung heute mal wieder ab, obwohl die Forderung schon im SPD-Wahlprogramm 2013 stand. Und als ob das nicht schon peinlich genug wäre, setzt Fraktionschef Thomas Oppermann mit seiner Warnung vor einem „Albtraum Schwarz-Gelb“ gleich noch eine weitere Pointe oben drauf. Dabei ist es doch die SPD, die in ihren Träumen Bündnisse mit der Union als auch mit der FDP favorisiert.

    dazu: Sachgrundlose Befristungen jetzt abschaffen!
    Über drei Millionen Menschen in der Bundesrepublik haben nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Betroffen sind vor allem junge Menschen. Sie hangeln sich häufig von einem befristeten Job zum anderen. Sie leben in ständiger Planungsunsicherheit. Ihnen bleibt trotz Vollzeitarbeit kaum ein Lohn, mit dem man vernünftig leben kann. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sachgrundlose Befristungen abgeschafft werden sollen. Eine Forderung, die sich auch im aktuellen Wahlprogramm-Entwurf der SPD findet.
    Quelle: Klaus Ernst via Youtube

  2. Das wichtigste Vorhaben der Legislatur darf endlich diskutiert werden
    Bei dem SPD-Parteitag in Dortmund wird es für die SPD-Parteitagsdelegierten zum ersten Mal die Möglichkeit geben, über die bereits beschlossene Grundgesetzänderung zur Autobahnprivatisierung innerhalb der SPD zu sprechen. Eine erste Gelegenheit, Fragen und Kritik an dem “größten Vorhaben der Legislaturperiode” zu äußern und das Thema zu diskutieren. Dazu Carl Waßmuth von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB):

    „Die Debatte hätte im Vorfeld stattfinden müssen und nicht erst nach den Abstimmungen am 1. und 2. Juni. Das ist völlig undemokratisch. Aber auch im Nachhinein verspürt man offenbar Rechtfertigungsdruck: Die SPD-Spitze präsentiert sich als Privatisierungsverhinderer. Das ist Geschichtsklitterung. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Delegierten das nicht bieten lassen.“

    GiB hat sich intensiv mit den Gesetzen, aber auch mit den Begründungen für das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten, auch der SPD-Abgeordneten, befasst. Vor diesem Hintergrund schlägt GiB den Delegierten sowie Journalisten die folgenden Fragen vor:

    1. Ist die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr im Privatrecht keine Privatisierung?
    2. Verhindert der Ausschluss von Netz-ÖPPs die Privatisierung der Autobahnen?
    3. Sind Genussscheine, stille Beteiligungen und ÖPP-Kredite auf der Projektebene keine Formen von privaten Krediten?

    Quelle: Geimeingut in BürgerInnenhand

  3. Cum-Ex-Skandal: Fragwürdige Zusammenarbeit von Politik und Bankenlobby
    Der vorläufige Abschlussbericht des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses im Bundestag kommt zu dem Schluss, der Ausschuss sei “nicht erforderlich” gewesen und sieht keinen weiteren Handlungsbedarf. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit bedauert diese unkritische Einschätzung der Regierungsparteien.
    Die Sondervoten der Opposition zum vorläufigen Abschlussbericht legen nahe, dass das Bundesministerium für Finanzen insgesamt zu langsam und mehrfach in nicht ausreichendem Maße vorgegangen ist, um die betrügerischen Aktivitäten von Banken, Investoren und Beratern zu unterbinden. Obwohl Hinweise auf Regulierungslücken vorlagen, wurde in Bezug auf die Cum-Ex-Geschäfte drei Jahre nicht gehandelt, in Bezug auf Cum-Cum-Geschäfte von ausländischen Konzernen ließ die große Koalition sogar sieben Jahre verstreichen. Die Einnahmeverluste werden auf über 31 Milliarden Euro beziffert.
    Quelle: attac

    dazu: Abhaken, weitermachen
    Das Finanzministerium reagierte hilflos und blauäugig auf den größten deutschen Steuerraub. Doch statt Konsequenzen zu ziehen, duckt sich die Koalition weg.
    Haken dran und abgelegt – es geht ja bloß um 31,8 Milliarden Euro. Man mag es nicht glauben, aber genauso gehen die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen im Bundestag mit dem größten Steuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik um. Da haben Banken, Börsenmakler und Anwälte den Staat über ein Vierteljahrhundert hinweg um unfassbare Summen an Steuergeldern gebracht. Doch in der Regierung, in deren Reihen jene sitzen, die den Skandal schon früher hätten unterbinden können, sieht man keinen Anlass, Konsequenzen zu ziehen. […]
    So bleibt letztlich unbeantwortet, warum Politik und Behörden dem Treiben der Steuerbetrüger über 25 Jahre lang keinen Einhalt gebieten konnten. Und ob man sicher sein kann, dass so etwas nicht wieder passiert. Die Sache ist nämlich die: Man kann sich nicht sicher sein.
    Quelle: Zeit Online

    dazu auch: Ministerium auf Autopilot
    Warum agierte das Finanzministerium im Cum-Ex-Skandal so hilflos? Weil man eher mit Lobbyisten spricht als mit Kollegen, sagt die Politikwissenschaftlerin Thurid Hustedt.
    Quelle: Zeit Online

  4. Deutschland schmarotzt die Nachfrage der Anderen
    Der Europaabgeordnete Fabio de Masi im Gespräch über die Sparpolitik, „Mafianomics“ und Wirtschaftsnationalismus in Europaflagge.
    Seit 2014 sitzt Fabio De Masi für Die Linke im Europäischen Parlament und ist dort Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON). Den Kampf gegen die Kürzungspolitik bezeichnet er als „Markenkern“ seiner politischen Arbeit. Schon bald könnte das Gesicht des gebürtigen Hessen mit italienischen Wurzeln in Deutschland bekannter werden. De Masi wurde zum Hamburger Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2017 nominiert. Nico Beckert sprach mit ihm in Brüssel.
    Herr De Masi, im deutschen Sprachgebrauch gibt es zahlreiche Sprichwörter zur Sparsamkeit: „Spare in der Zeit, so hast du in der Not.“ Am Berliner Rathaus soll es gar den Spruch geben „Auf Sparen folgt Haben.“ Wie ist Ihre Position zur Sparpolitik?
    Die sogenannte Sparpolitik ist verheerend. In Wahrheit wird gekürzt, nicht gespart. Denn durch die schwache Wachstumsdynamik steigen die öffentliche Schulden statt zu sinken. Was man da macht ist folgendes: Man geht zur einer verschuldeten Person und zwingt ihr noch eine Kreditkarte auf – ein sogenanntes Rettungspaket. Gleichzeitig sagt man, du musst dein Restaurant , deine Stühle und deinen Tisch verkaufen, darfst niemanden mehr bedienen an den Tischen, um ein Einkommen zu erzielen.
    Man hat versucht, diese Länder (Anm. d. R.: die südeuropäischen Länder) mit der Sparpolitik zu filetieren. Griechenland musste seine Regionalflughäfen mit nur einem Bieter an die Fraport verkaufen. Das hat nichts mehr mit Marktwirtschaft zu tun, das ist ganz normale räuberische Erpressung. Es ist eher eine Art Mafianomics …
    Quelle: Makroskop
  5. Macron makes EUrope (look) great again
    Et voilà, der Macron-Hype zeigt Wirkung. Nachdem der neue französische Staatschef von den Medien hochgejubelt wurde, erobert er nun auch den EU-Gipfel im Sturm. Vor allem Kanzlerin Merkel kommt das gelegen. Der französische Pressesaal war überfüllt, jeder wollte den neuen Gipfel-Star sehen. Doch was Macron bei seiner ersten Pressekonferenz in Brüssel sagte, war alles andere als überraschend.
    “Hand in Hand mit Deutschland” wolle er arbeiten, sagte der liberale Franzose. Die EU müsse ihre Bürger besser schützen und strengere Regeln für entsandte Arbeitnehmer aus Osteuropa einführen. Genauso hätte es auch Macrons Ziehvater Hollande sagen können. Doch der wäre dafür nicht als “Gipfelstürmer” (SPON) gefeiert worden, sondern als lahme protektionistische Ente.
    Quelle: Lost in Europe
  6. Andrea Nahles’ neue Betriebsrente
    Mit der Reform der Betriebsrenten will sich die SPD einmal mehr als die Partei der sozialen Gerechtigkeit in Szene setzen. Am 01. Juni hat der Bundestag das Gesetz gebilligt, das Andrea Nahles maßgeblich entwickelt hat. Das Versprechen: Vor allem Geringverdiener sollen trotz sinkender gesetzlicher Renten eine sichere Altersversorgung haben. Doch wer genauer hinsieht, stellt fest: Dafür gibt es keine Garantie. Das Ministerium selbst hat das Konzept offenbar nicht durchgerechnet. Sicher ist nur, wer in die unsichere Betriebsrente einzahlt, bekommt am Ende weniger gesetzliche Rente.
    Quelle: Kontraste
  7. Auf Kosten des Personals
    Krankenhäuser sind unterfinanziert. Proteste bei Gesundheitsministerkonferenz
    Im Rahmen der in Bremen stattfindenden Gesundheitsministerkonferenz hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi den Ministern am Mittwoch eine Liste mit 200.000 Unterschriften übergeben, um auf die angespannte Personalsituation in Krankenhäusern und stationären Altenpflegeeinrichtungen hinzuweisen. »Wir machen Rabatz, weil die Beschäftigten im Gesundheitswesen unter der Personalnot leiden und viele darüber krank werden«, erklärte Sylvia Bühler, Mitglied des Bundesvorstandes von Verdi. Bundesweit fehlen nach Berechnungen der Gewerkschaft in den Krankenhäusern 162.000 Vollzeitkräfte, davon allein in der Pflege 70.000. Zudem habe sich der Personalmangel in der Altenpflege seit Jahresbeginn verschärft, »weil durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs mehr Menschen Anspruch auf Pflegeleistungen haben«, heißt es in einer Erklärung.
    Quelle: junge Welt
  8. DGB-Steuereckpunkte: Stadt und Land werden fit gemacht!
    Wir brauchen mehr öffentliche Investitionen für alle und Steuerentlastungen für die arbeitende Mehrheit. Dass sich das auch finanzieren lässt, zeigt der DGB mit seinem Steuereckpunkten zur Bundestagswahl. Länder, Kommunen und die Mehrheit der Lohnsteuerzahler würden zu den Gewinnern zählen.
    Nirgends tritt die Schieflage zwischen Sonntagsreden von Politikerinnen und Politikern und ihrem tatsächlichen (Nicht-) Handeln so deutlich hervor, wie in der Bildungspolitik. Das liegt daran, dass für die Bildungspolitik in erster Linie die Länder und Kommunen in der Verantwortung stehen, diese aber kaum Einfluss auf die Steuereinnahmen haben. Steuerquellen, die nach dem Grundgesetz den Ländern zustehen, werden entweder gar nicht mehr genutzt oder sind teilweise zur Bagatellsteuer degeneriert. Ähnlich geht es den Kommunen. Anstatt die Gewerbesteuer als deren wichtigste Steuerquelle dem wirtschaftlichen Wandel anzupassen, fordern manche unentwegt ihre Abschaffung. Das hindert sie aber nicht, einen forcierten Ausbau der Kinderbetreuung einzufordern, um – völlig zu Recht! – die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen.
    Wer Kita-Gebühren abschaffen, beste Schulen, genug bezahlbaren Wohnraum und eine Polizei haben möchte, die schnell da ist, wenn man sie braucht, muss zeigen, wie auch Länder, Städte und Gemeinden das schaffen sollen. Schließlich müssen besonders sie diese Herausforderungen schultern. Aber auch für sie gilt die sogenannte Schuldenbremse. Ebenso sind die kürzlich neu geregelten Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern kein großer Wurf, um ärmeren Regionen stärker unter die Arme zu greifen. Und schließlich ist auch die unstrittig erforderliche Entlastung für die Mehrheit der arbeitenden Menschen bei der Lohn- und Einkommensteuer nicht zum Nulltarif zu haben.
    Quelle: DGB Klartext
  9. Rekommunalisierung öffentlicher Dienstleistungen – was heisst das für die Beschäftigten?
    Das Transnational Institute in Amsterdam (TNI) hat bereits im Jahr 2015 eine internationale Studie zu Rekommunalisierungen im Wassersektor veröffentlicht. Dabei wurde festgestellt, dass die Zahl der Rekommunalisierungen in 37 Ländern von zwei Fällen im Jahr 2000 auf 235 Fälle bis zum Jahr 2015 gestiegen ist. Aufbauend darauf wurde ein Forschungsprojekt initiiert, um die Entwicklung von Rekommunalisierungen öffentlicher Dienstleistungen in allen Sektoren in den letzten 15 Jahren zu beleuchten. Das aktuelle Projekt wurde vor wenigen Tagen abgeschlossen: Für „Reclaiming Public Services: How cities and citizens are turning back privatisation“ wurden Entwicklungen und Trends analysiert sowie weltweit 835 Fallbeispiele in mehr als 1.600 Städten und 45 Ländern gesammelt, davon über 300 im deutschsprachigen Raum. Betroffen sind viele Branchen, wie zum Beispiel Wasserversorgung, Energie, Abfallentsorgung und soziale Dienstleistungen.
    Die Erfahrungen mit Privatisierungen sind aus Sicht der ArbeitnehmerInnen vorwiegend negativ. In den meisten Fällen brachten sie Verschlechterungen der Löhne und Arbeitsbedingungen mit sich. In England, dem Mutterland des Privatisierungstrends ab den 1980er-Jahren, war es sogar deklariertes Ziel von Premierministerin Margaret Thatcher, die Macht der Gewerkschaften zu brechen und Löhne niedrig zu halten.
    In Deutschland und Österreich wurden Privatisierungen weniger radikal argumentiert – betont wurden in den Debatten vorwiegend vermeintliche Kosten- und Effizienzvorteile privater Leistungserbringung. Dennoch hatten auch in Deutschland und Österreich Privatisierungen gravierende Folgen für die Beschäftigten der vormals öffentlichen Unternehmen. Nach Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung gingen allein in Deutschland durch Privatisierungen in der Daseinsvorsorge zwischen 1989 und 2007 rund 600.000 Arbeitsplätze verloren. Für jene Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz behalten konnten, waren Privatisierungen häufig mit deutlicher Intensivierung der Arbeit bei geringerer Bezahlung und schlechteren Arbeitsbedingungen verbunden. Ebenso üblich war eine vertragliche Schlechterstellung neu eingestellter MitarbeiterInnen gegenüber der alten Stammbelegschaft nach einer Privatisierung. Prekäre Beschäftigungsformen und Leiharbeit nahmen zu.
    Quelle: Blog Arbeit und Wirtschaft
  10. Deutsch-russischer Aufschwung
    Ungeachtet der gestrigen Verlängerung der EU-Russland-Sanktionen befindet sich das deutsche Russland-Geschäft erstmals seit Jahren in einem spürbaren Aufschwung. Wie aus aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts hervorgeht, sind die deutschen Russland-Exporte im ersten Quartal 2017 um fast ein Drittel gestiegen; mit einem Jahreswachstum um mindestens zehn Prozent wird gerechnet. Gleichzeitig nehmen die Investitionen in Russland deutlich zu; der Daimler-Konzern hat am Dienstag den Grundstein für ein etwa 250 Millionen Euro teures Werk in der Nähe von Moskau gelegt. Umgekehrt hat der russische Erdölkonzern Rosneft Investitionen in Höhe von 600 Millionen Euro in Deutschland angekündigt. Damit könnte der Konzern, der bereits jetzt ein Viertel der deutschen Rohölimporte stellt, seine Marktmacht in der Bundesrepublik weiter ausbauen. Unterdessen spitzt sich der Streit um die Pipeline Nord Stream 2, die die Ukraine weiter schwächen und ihr Transitgebühren im Wert von rund zwei Milliarden Euro jährlich nehmen würde, weiter zu – nicht zuletzt aufgrund neuer Sanktionspläne aus Washington.
    Quelle: German Foreign Policy
  11. Wie die Große Koalition ihre Gesetze durchsetzt
    Die Große Koalition hat das Ziel ihrer sicherheitspolitischen Wünsche mit der gestrigen Abstimmung erreicht. Wie sie vorging, um die Befugnisse für Online-Durchsuchung und Quellen-TKÜ durchzudrücken, dabei „bleibt einem die Spucke weg“, schrieb Heribert Prantl in der SZ. Dieses Vorgehen hat System und Methode. Wir haben die sieben wesentlichen Bausteine des Modus Operandi der Großen Koalition und Regierung bei der Durchsetzung ihrer Gesetzesvorhaben näher analysiert …
    Scheibchenweise, aber im Ergebnis sehr erfolgreich geht der Gesetzgeber vor, wenn es darum geht, der Polizei (und den Nachrichtendiensten) weitere Befugnisse beim Überwachen, Ausspähen, Mithören, Aufzeichnen und Auswerten der Telekommunikation zu verschaffen.
    Quelle: cives

    dazu: Die Abhörbefugnis
    Der Bundestag erlaubt die Überwachung von Kommunikation über Messenger-Dienste. Und alle wissen: Das ist ein fataler Fehler. […]
    Die Debatte um den Staatstrojaner ist selber ein Trojanisches Pferd zur Aushebelung der Bürgerrechte, und alle wissen das. Da hat die Koalitionsmehrheit im Bundestag sich also gedacht: Warum die ermüdende Debatte immer wieder führen? Warum das ganze nicht einfach ohne weitere Expertenanhörungen und langwierige Aussprache zügig mitnehmen?
    Zur Vermeidung des parlamentarischen Theaters wurde eine Änderung im Strafgesetzbuch, in der es um Fahrverbote als Teil des Strafverfahrens geht, wiederum als Trojanisches Pferd verwendet, in dessen Bauch über eine „Formulierungshilfe“ der Bundesregierung die Abhörbefugnisse der ermittelnden Behörden um eben den alltäglichen Einsatz des Staatstrojaners ausgeweitet wurden.
    Immerhin durften Lars Klingbeil und Saskia Esken, netzpolitische SprecherInnen der SPD-Fraktion, die beiden Gegenstimmen aus der Koalition abgeben. Damit wurden sie gewissermaßen selber zu einem Trojanischen Pferd, das den Eindruck erwecken soll, es gäbe Platz für bürgerrechtliche Verantwortung, netzpolitischen Sachverstand und so etwas wie Prinzipientreue in seiner Partei – einer Partei, die bald wirklich gemeinsam mit ihren WählerInnen in ein bis drei von Hand gezimmerte Pferdeattrappen passen mag. Na hüh.
    Quelle: taz

  12. Bundesanwaltschaft, BKA und LKA sabotieren NSU-Ausschuss
    Sicherheitsbehörden behandeln Landtag von Baden-Württemberg wie rechtlosen Bittsteller – Immer noch wird ermittelt – nur was genau?
    NSU-Aufklärung 2017 live – dabei geht es weniger um die Taten und Täter, als um diejenigen, die aufklären sollten und nicht wollen. Die Ermittlungsbehörden Bundesanwaltschaft (BAW), Bundeskriminalamt (BKA) und Landeskriminalamt von Baden-Württemberg (LKA) behindern fortgesetzt die Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) des Landes. Das reicht bis zu Demütigungen. Doch der Ausschuss hat sich das selber zuzuschreiben. Er unterwirft sich seit zweieinhalb Jahren der Exekutive und deren Regeln. Die jüngste Sitzung lieferte dazu gleich drei Beispiele. Sie zeigen nebenbei, dass wir uns nach wie vor mitten im Skandal befinden und die Sicherheitsbehörden Teil davon sind.
    Thema des Baden-Württemberg-Ausschusses ist der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter vom April 2007 in Heilbronn – der letzte der zehn Morde, die dem NSU zugeschrieben werden. Die BAW behauptet, die Täter seien allein Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen. Haltbar ist das nicht. Dennoch stützt der Ausschuss in Stuttgart die Sicht der Karlsruher Behörde. Er meint aber, es müsse Unterstützer gegeben haben. Die sucht er seit Monaten in Neonazi-Kreisen des Landes.
    Quelle: Telepolis
  13. Absurdistan Afghanistan
    Merkel und die Bundesregierung wissen, wie sehr die Abschiebungen ein Klima der Angst ausgelöst haben. Offenkundig aber hat auch die Flüchtlingskanzlerin entschieden, an der Stelle Härte zu zeigen. Zum einen, um den Kritikern in den eigenen Reihen zu zeigen, dass sie hart sein kann; zum anderen aber, und das vor allem, um Abschreckung zu erreichen.
    Die im Übrigen funktioniert auf zynische Weise nahezu perfekt. Bislang hat der Staat 2017 gerade mal knapp siebzig Leute wirklich abgeschoben, obwohl mehr als 14 000 ausreisepflichtig wären. Das heißt nicht, dass die Abschiebepraxis gar nicht so schlimm sein kann. Anders herum sollte man es lesen: Schon wenige Abschiebungen haben gereicht, um unter Flüchtlingen und ihren Helfern maximale Unsicherheit und Angst zu verbreiten.
    Wer diese Stimmung kennt, ahnt, wie sehr das Thema zum Wahlkampfthema werden könnte. Zumal die Sache mit der Neubewertung der Sicherheitslage eine längere Geschichte werden könnte. Ursprünglich hatten das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium sie bis Ende Juli angekündigt. Und die Innenministerkonferenz erklärte vor wenigen Tagen, sie erwarte sie noch vor der Sommerpause.
    In der Bundesregierung aber gibt es jetzt erste Politiker, die hinter vorgehaltener Hand andeuten, die Sache könnte womöglich bis nach der Bundestagswahl dauern. Der Grund: die eingegrenzte Abschiebung könnte für die SPD und ihr SPD-geführtes Außenministerium genau der richtige Kompromiss sein: Straftäter abschieben, andere Menschen schützen. Das klingt schon wie ein SPD-Plakat aus dem Wahlkampf.
    Quelle: Süddeutsche
  14. Machtkampf im Nahen Osten: Katar soll sich gefügig zeigen
    Über Medien wird ein Forderungskatalog von Saudi-Arabien, VAE, Bahrein und Ägypten übermittelt, der einer Unterwerfung des Landes gleichkommt
    Zehn Tage hat Katar Zeit, um in seine Unterwerfung einzuwilligen. Der Nachrichtenagentur AP ist nach eigenen Angaben eine Liste der Forderungen zugespielt worden, welche Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten an den Sündenbock Katar stellen, um den Konflikt (siehe: Katar als Schurkenstaat isoliert) zu beenden.
    Die Forderungen sind teilweise “bigger than life”, surreal. Sie dokumentieren einen Machtkampf, der Katar in die Knie zwingen will. Das Land soll eine Kompensation in noch unbekannter Höhe zahlen, die diplomatischen Beziehungen mit Iran, die geschäftlich von großer Bedeutung sind, komplett abbrechen. Es soll al-Jazeera samt der nicht-arabischen Kanäle schließen und die Unterstützung für die Medien Arabi 21 und Middle Esat Eye soll einstellen. Saudi-Arabiens Mediengroßmacht in der region hätte kein kritisches Gegenüber mehr.
    Dazu kommen kleinere Regelungen, die in innere Angelegenheiten des Landes eingreifen: Katar darf keine katarische Staatsbürgerschaft mehr an Bürger der vier genannten Staaten verleihen und muss diejenigen ausweisen, die aus den vier Staaten stammen und sich in Katar aufhalten. Begründet wird dies mit der Unterstützung von Terroristen durch Katar. Die Begriffe “Terroristen” und “Oppositionelle” werden, wei auch aus anderen Ländern bekannt, synonym gebraucht.
    Quelle: Telepolis
  15. Steht auf gegen die McDonaldisierung der Hochschule!
    Schlechte Arbeitsbedingungen für den akademischen Nachwuchs, intellektueller Kahlschlag dank Bachelor, kreuzbrave Studenten ohne kritisches Bewusstsein: Die Zustände an deutschen Unis seien bedrückend, sagt Politologe Peter Grottian. Der Protest sei überfällig. Um es vorweg zu nehmen: Wilhelm von Humboldt würde sich wohl im Grabe umdrehen, wenn er die vertanen Chancen für gute Universitäten heute wahrnehmen könnte.
    Humboldt war zurecht überzeugt, dass der wissenschaftliche Fortschritt von einem egalitär angenäherten Lernprozess zwischen Studenten und Hochschullehrern bestimmt sein sollte. Humboldt wollte, würden wir heute sagen, den demokratischen Lernprozess zwischen Studierenden und Hochschullehrern. Natürlich wollte Humboldt als Repräsentant der preußischen Reformen den starken, innovativen Hochschullehrer mit Vorbildcharakter. Aber er träumte auch davon, wie diese Hochschullehrer mit sich, ihrem wissenschaftlichen Nachwuchs und den Studenten umgehen sollen: fürsorglich, aber auch emanzipatorisch, Kritik und Gegenkritik zulassend, auf die produktive Urteilskraft setzend.
    Quelle: Peter Grottian auf Deutschlandfunk Kultur
  16. Republikanerin gewinnt Nachwahl in Georgia
    Bei der Nachwahl um einen Abgeordnetensitz für den US-Bundesstaat Georgia hat die Republikanerin Karen Handel gewonnen. Jon Ossoff, der 30-jährige Hoffnungsträger der Demokraten, musste sich trotz eines Kopf-an-Kopf-Rennens geschlagen geben. Der Abgeordnetensitz des sechsten Wahlbezirks ist bereits seit 1979 in der Hand der Republikaner. Nach ersten Hochrechnungen gewann Handel in dem Distrikt nördlich von Atlanta mit rund 52 Prozent vor Ossoff, der 48 Prozent der Stimmen erhielt. Auch in South Carolina konnte sich der republikanische Kandidat durchsetzen. Ralph Norman entschied das Rennen um den Sitz im Repräsentantenhaus für sich und folgt damit auf Mick Mulvaney nach. Dieser gab sein Amt auf, nachdem er für Trump Haushaltsdirektor im Weißen Haus wurde.
    Für die Demokraten gilt der Sieg der 55-jährigen Handel in Georgia, die schon in der Vergangenheit für die Republikaner politische Ämter innehatte, als große Enttäuschung. Handel hatte sich im Wahlkampf klar zu Präsident Donald Trump und seiner Politik bekannt. Dafür hatte dieser ihr enthusiastisch Schützenhilfe gegeben. Er war im April mit ihr aufgetreten und hatte zahlreiche Tweets abgesetzt, in denen er Ossoff als extremen Linken diskreditierte und zur Wahl von Handel aufrief.
    Quelle: Süddeutsche
  17. Regierungssprecher Seibert blamiert sich bei Pressekonferenz: „Auch RT kann besser recherchieren“
    Während der Regierungspressekonferenz bat RT Deutsch um eine Stellungnahme zur Aussage des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels. Die dpa hatte geschrieben, das Bartels eine „Zusammenlegung der nationalen Streitkräfte“ in Europa fordere. Grund genug für Regierungssprecher Steffen Seibert, faktenfrei gegen RT Deutsch auszuholen.
    Während der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Floßdorf, sachlich zur Frage des RT-Reporters Stellung bezieht, fällt Regierungssprecher Steffen Seibert aus der Rolle. So lässt er sich unter anderem zu der Behauptung hinreißen, dass der konkrete Verweis auf Bartels inhaltlich falsch sei. Seibert fügt hinzu, „auch Russia Today kann besser recherchieren als das“. Im Anschluss an die Regierungspressekonferenz kontaktierte RT Deutsch die dpa. Die Antwort der Deutschen Presseagentur lässt den Regierungssprecher nicht gut aussehen.
    Quelle: RT deutsch
  18. Zu guter Letzt: “Wir gewinnen doch eh”: CDU verzichtet auf Bundestagswahlkampf
    Berlin (dpo) – Die CDU hat heute überraschend verkündet, sich nicht aktiv am Bundestagswahlkampf zu beteiligen. Zuvor hatten parteiinterne Analysen ergeben, dass die Union die Bundestagswahl ohnehin gewinnen werde, weshalb ein eigenes Programm oder politische Inhalte überflüssig, wenn nicht gar kontraproduktiv seien. […]
    Einzig die bayerische Schwesterpartei CSU will aus Traditionsgründen ein wenig Wahlkampf betreiben und gegen Migranten poltern. “Ja, wir werden ein bisschen Kampagne machen”, bestätigt Parteichef Horst Seehofer. “Irgendeinen Grund brauchen wir doch, um uns in Bierzelten zu versammeln.” Auf die konkrete Regierungspolitik werde dies jedoch ebenfalls keine Auswirkung haben.
    Quelle: Der Postillon

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