Bemerkungen zum US/China-„Handelsabkommen“

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Was „Die Märkte“ aufatmen lässt und in der Presse als Schlussstrich unter einen fast zweijährigen „Handelsstreit“ zwischen den USA und China gefeiert wird, betrachtet der US-Wirtschaftsexperte Paul Craig Roberts[*] etwas nüchterner: Nämlich als kaschiertes Eingeständnis einer gescheiterten US-Strategie, China mittels Zöllen einzuhegen. Der Artikel ist interessant. Susanne Hofmann hat ihn übersetzt. Vielen Dank. Eine Nachbemerkung konnte ich mir nicht verkneifen. Siehe am Ende des Textes. Albrecht Müller.

Bemerkungen zum US/China-„Handelsabkommen“
von Paul Craig Roberts

Zunächst einmal muss man verstehen, dass es sich hier nicht um ein Handelsabkommen handelt. Vielmehr schreckt Trump vor Zöllen zurück, da er erkannt hat, dass die Zölle auf US-Waren und für amerikanische Konsumenten anfallen, nicht für China. Trump verschleiert seinen Rückzug, indem er von einem Handelsabkommen spricht. Chinas Part des Abkommens besteht darin, dem Kauf von US-Waren zuzustimmen, die es ohnehin erwerben wollte.

Der Sinn und Zweck von Zöllen liegt darin, heimische Produzenten vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, indem man den Preis importierter Waren anhebt. Was Trump, seine Regierung und die Finanzpresse nicht verstanden haben, ist, dass mindestens die Hälfte des US-Handelsdefizits mit China von den Waren herrührt, deren Produktion nach China verlagert wurde, zum Beispiel von Unternehmen wie Apple, Nike und Levi. Wenn die Waren in die Vereinigten Staaten eingeführt werden, um dort an Amerikaner verkauft zu werden, zählt die ins Ausland verlagerte Produktion global agierender US-amerikanischer Konzerne als Import. Daher treffen die Zölle US-Firmen und US-Verbraucher.

Zölle sind kein probates Mittel, um ausgelagerte US-Produktion wieder zurückzuholen. Wenn Trump oder irgendeine US-Regierung die Produktion aus dem Ausland wieder zurück in die Vereinigten Staaten holen möchte, könnten sie dieses Ziel erreichen, indem sie die Besteuerung von Unternehmen änderte und zwar nach der Maßgabe: Produziert eine US-Firma in den USA mit US-Arbeitskräften für US-Märkte, gilt für ihren Gewinn ein niedriger Steuersatz. Stellt die Firma Produkte für den US-Markt im Ausland mit ausländischen Arbeitskräften her, sollte der Steuersatz so hoch sein, dass er die Arbeitskosten-Ersparnis mehr als wettmacht.

Wie ich seit Jahren betone, hat die Verlagerung der US-Produktion ins Ausland den Vereinigten Staaten immense externe Kosten auferlegt. Arbeitsplätze der Mittelklasse sind verloren gegangen, Karrieren wurden beendet, der Lebensstandard ehemaliger US-Arbeiter und ihrer Familien ist gesunken. Die städtischen und staatlichen Steuereinnahmen sind geschrumpft, was zur Folge hatte, dass die Daseinsvorsorge gekürzt und kommunale und staatliche Rentenfonds ausgehöhlt wurden. Und diese Liste lässt sich fortsetzen. Diese Kosten sind der wahre Preis der Gewinnsteigerungen aus den niedrigeren Lohnkosten und der Kostenersparnis aufgrund laxerer Auflagen im Ausland. Nur ein relativ überschaubarer Kreis von Führungskräften und Anteilseignern hat davon auf Kosten unzähliger Amerikaner profitiert.

Dies ist das Problem, das angegangen und korrigiert werden muss.

Nachbemerkung Albrecht Müller: Wie die vom Autor vorgeschlagene höhere Besteuerung von Unternehmen, die Produktion nach außen verlagert haben, aussehen soll, wie sie berechnet werden soll und wie sie rechtlichen Bestand haben soll, das möchte ich mal sehen. Aber vielleicht täusche ich mich und Paul Craig Roberts weiß einen Weg.


[«*] Der US-amerikanische Ökonom und Publizist Paul Craig Roberts (geboren 1939) war in den 1980ern Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik im Finanzministerium der Regierung Reagan. Er hat das wirtschaftspolitische Programm der Regierung Reagan mit dem Namen „Reaganomics“ mitbegründet. Außerdem war Roberts Mitherausgeber und Kolumnist des Wall Street Journal und Kolumnist von Business Week und schreibt unter seiner Website paulcraigroberts.org seit vielen Jahren gegen die aggressive US-Politik an.

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