Deutschland, einig Überwachungsland

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Christine Wicht gibt für uns einen Überblick über die geplanten Überwachungsmaßnahmen und über die aktuelle Diskussion darüber. Ist der Kampf gegen den Terrorismus nur ein Vorwand für die Sicherheitsmanie und die damit verbundene Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürger? Geht es vielleicht eher um die Ablenkung von viel drängenderen Problemen in unserer Gesellschaft und um die Angst konservativer Politiker vor sozialen Konflikten?

Deutschland, einig Überwachungsland oder die kontinuierliche Umsetzung der Vision aus George Orwells Buch “1984”

von Christine Wicht

Zur Bekämpfung der Kriminalität beabsichtigt die Bundesregierung eine Änderung des Passgesetzes (PassG). Das Bundesinnenministerium bestätigte am 12. April, dass die Polizei zur Verfolgung von Straftaten künftig auf digitalisierte Passbilder zugreifen kann. Mit diesem Gesetz sollen die rechtlichen Grundlagen für die elektronischen Reisepässe mit biometrischen Daten geschaffen werden, die ab November ausgegeben werden. Die geplante Nutzung der biometrischen Passbilder wurde heftig von der FDP, der Linkspartei und den Grünen kritisiert. Der Koalitionspartner SPD will dem Vorhaben nur in eingeschränkter Form zustimmen.

Seit Ende 2005 enthalten neue Reisepässe einen Chip, auf dem das Passbild in digitalisierter Form gespeichert ist. Ab November 2007 soll dieser Chip zusätzlich die digitalisierten Abdrücke der zwei Zeigefinger enthalten. Bei Passkontrollen soll auf diese Weise sichergestellt werden, dass die kontrollierte Person nicht den fremden Pass einer ähnlich aussehenden Person vorlegt. Nach dem Passgesetz dürfen die biometrischen Daten nur auf dem Pass gespeichert und zudem lediglich zur Identifizierung des Passinhabers verwendet werden. Die Änderung des Passgesetzes, welche die Zugriffsrechte der Polizei ausweitet, könnte noch vor der Sommerpause in Kraft treten.

Laut Information einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums, müssen dem Entwurf zufolge durch die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden die Passdaten bei den insgesamt rund 5300 Passregistern in Deutschland im Einzelfall abgefragt werden. Die Sprecherin widersprach Angaben, wonach künftig auch biometrische Passdaten auf Antrag abgefragt werden können. Eine dauerhafte Speicherung solcher Daten, wie etwa Fingerabdrücken, sei «gegenwärtig nicht vorgesehen». Im Rahmen der Änderung des Passgesetzes sei lediglich eine Überprüfung von Passfotos für Verkehrsdelikte etwa zum Abgleich für eine Fahrzeughalterfeststellung vorgesehen. Von dieser Möglichkeit könnten die Behörden bereits jetzt Gebrauch machen. Im Zuge der Gesetzesberatungen sei «im Bundesrat der Vorschlag gekommen», diese Option «auf Straftaten auszuweiten».

Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht die Freiheit „scheibchenweise verloren“ gehen. Schaar bezeichnete die Pläne als „Wortbruch“. Bei Einführung der E-Pässe habe die Bundesregierung „hoch und heilig versprochen, es gäbe keine zentralisierte Referenzdatei“. Nun komme man auf dem Umweg der Vernetzung der 5300 Pass- und Personalausweisregister „zu genau demselben Ergebnis“. Der Datenschutzbeauftragte warnte vor einer «vollständigen erkennungsdienstlichen Datei der gesamten Bevölkerung», die in einem nächsten Schritt mit der
Videoüberwachung kombiniert werden könne. Das Bundeskriminalamt hatte kürzlich ein System getestet, das Gesichter aus Menschenmengen herausfiltert und diese sofort mit Bildern aus einer Datenbank vergleicht.

Der ehemalige Innenminister Otto Schily (SPD) (inzwischen Aufsichtsratsmitglied eines Biometrie-Unternehmens), betonte noch im Mai 2005, dass die biometrischen Daten ausschließlich auf dem Pass gespeichert würden. Bereits im Jahr 2004 haben sich die Innenminister der EU darauf geeinigt, dass die Reisepässe der EU-Bürger einen Chip erhalten, auf welchem Fingerabdrücke und digitalisierte Fotos gespeichert werden können. Mit der Begründung der Terrorismusbekämpfung forcierte der damalige Innenminister Schily das Vorhaben. Anlässlich der Feier des 125. Jubiläums der Gründung der Reichsdruckerei im September 2004, bezeichnete Schily die Speicherung biometrischer Daten als wichtigsten Baustein im Gesamtkonzept der Terrorismusbekämpfung. Sie sei geeignet, potentielle Attentäter zu identifizieren. Nun beabsichtigt das Bundesinnenministerium einen erweiterten Zugriff auf die Daten.

Betroffen von der neuen Regelung sind alle Bürger, die seit November 2005 einen Reisepass beantragt haben, da der Chip im Ausweis den Zugriff ermöglicht.

Speicherung der Fingerabdrücke – ein weiterer Schritt zum Überwachungsstaat
Zum Vorschlag Schäubles die Fingerabdrücke, die künftig auf einem Chip auf den Reisepässen gespeichert werden, bei den Meldeämtern zu sammeln, äußerte sich Sebastian Edathy (SPD), Vorsitzender des Innenausschusses, ablehnend: „Wir sind kein Überwachungsstaat und wollen es auch nicht werden“. Seiner Auffassung nach sei die Speicherung der Daten nicht vereinbar mit einem demokratischen Rechtsstaat, dessen Grundlage die allgemeine Unschuldsvermutung seiner Bürger ist.

Die innenpolitische Sprecherin Gisela Piltz, FDP kritisierte, dass Schäuble bislang noch nicht erklärt habe, warum die Maßnahmen für den Terrorkampf erforderlich seien. Auch Piltz wandte sich gegen die Sammlung von Fingerabdrücken. Sie warf dem Minister vor, biometrische Daten zur erkennungsdienstlichen Behandlung aller Deutschen zu missbrauchen. Die Fraktionsvorsitzende der FDP, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, bezeichnete die Pläne Schäubles als „völlig unverhältnismäßig“ und sagte, „Jetzt müsse endlich Schluss sein“.

Rechtsstaatliche Linien werden überschritten
Wolfgang Wieland, Sprecher für Innere Sicherheit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sagte am 12. April in Berlin, mit den Plänen überschritten Schäuble und die CDU-geführten Länder «sämtliche rechtsstaatlichen Linien. Wir erwarten von der SPD, dass sie diesen maßlosen Überwachungswahn umgehend stoppt.» Mit der Schaffung einer Zentraldatei der Biometriedaten aller Deutschen werde seiner Ansicht nach „jeder rechtsstaatliche Rahmen gesprengt“. Wieland betonte, dass bislang Fingerabdrücke und biometrisches Passbild nach geltendem Recht nur auf dem Pass gespeichert werden dürfen und dies diene ausschließlich zur Identifizierung des rechtmäßigen Besitzers des Ausweises.

Zugriff in begründeten Einzelfällen
Für Dieter Wiefelspütz, dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, käme ein polizeilicher Zugriff auf biometrische Passfotos „in begründeten Einzelfällen“ in Frage. Einzelfälle seien für ihn „nachts oder am Wochenende, wenn die Meldeämter geschlossen sind“. Wiefelspütz sagte, dass die SPD Schäubles vorgehen generell mit „erheblicher Skepsis“ gegenüber stehe. Weitergehende Unions-Forderungen nach einem Zugriff auf die Fingerabdrücke lehnte der innenpolitische Sprecher als „verfassungswidrig“ ab, denn Fingerabdrücke dürfen nur dann genommen werden, wenn ein konkreter Tatverdacht bestehe.

Abfragen zur Aufklärung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, machte darauf aufmerksam, dass die Polizei auf Antrag bereits heute Passbilder zur Aufklärung von Verkehrsordnungswidrigkeiten abfragen dürfe. Dies solle künftig zur Verfolgung von Straftaten lediglich auch online und außerhalb der Dienstzeiten möglich sein.

Terrorismusbekämpfung als Deckmantel
Ständig neue Vorhaben über weitere Datenspeicherungen, wie die Nutzung der Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung, Telefonüberwachung und Onlinedurchsuchungen unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung, lassen Deutschland zunehmend zu einem Überwachungsstaat nach der Vision des Buches „1984“ von George Orwell werden. Die aktuell bekannt gewordenen Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zur Verschärfung der Sicherheitsgesetze stoßen beim Koalitionspartner SPD bisher auf entschiedenen Widerspruch. Klaus Uwe Benneter, Rechts- und Innenpolitiker der SPD, nannte die Vorschläge Schäubles einen billigen Versuch, sich politisch zu profilieren. Sebastian Edathy (SPD), sprach von einer Bedrohung für die Balance zwischen Innerer Sicherheit und Bürgerrechten. Des Weiteren warnte Edathy davor, heimliche Online-Durchsuchungen als Standard-Ermittlungsinstrument einzuführen, dies könne, so der Vorsitzenden des Innenausschusses, nur die ultima ratio sein.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, äußerte im WDR, das er größere Befugnisse des Bundeskriminalamts zur Verbrechensverfolgung „ziemlich kritisch“ sehe. Man wisse ja im Vorfeld noch nicht genau, wonach und nach wem man suche. Für Peter Schaar ist es problematisch eine Lösung zu finden, die auf terroristische Straftäter abzielt und nicht auf normale Bürger oder den ganz gewöhnlichen Internetsurfer. Der Datenschutzbeauftragte kündigte an, sich alle Vorschläge sehr genau anzusehen.

Der Innenexperte der Grünen Wolfgang Wieland bezeichnete im Deutschlandradio die Pläne Schäubles als “Totalausspähung” der persönlichen Sphäre von Bürgern. Seiner Ansicht will Schäuble das heimliche Eindringen in PC-Datenbestände, bei gleichzeitiger Kommunikationsüberwachung und Lauschangriffen über Webcams ermöglichen. Dass dies alles ohne Wissen der Bürger und ohne rechtliches Entgegenwirken stattfinden soll, kritisierte Wieland. Damit würde Schäuble die weitestgehende Eingriffsbefugnis, die im Computerzeitalter vorstellbar sei, planen. Wieland hatte am 12. März eine schriftliche Frage an das Bundesministerium des Innern zu Online-Durchsuchungen von Geheimdiensten gestellt und geht am 23. März in einer Pressemitteilung auf die Antwort des Bundesinnenministeriums des Innern ein: “Die Bürger müssen nach Auskunft des Ministeriums damit rechnen, dass die Inhalte ihrer PCs von deutschen Geheimdiensten ohne ausreichende Rechtsgrundlage und unter Bruch ihrer — in der Verfassung verbürgten — Grundrechte heimlich ausgespäht werden.” Auf die Frage von Wieland ob dies bereits praktiziert werde, blieb das Ministerium die Antwort schuldig. Wielands Schlussfolgerung daraus ist, das Geheimdienste bereits hacken, ungeniert und unkontrolliert.

Innenexperten von SPD und Grünen wenden sich entschieden gegen Pläne von Schäuble, Online-Durchsuchungen von Computern zu ermöglichen. Der Innenminister Schleswig-Holsteins, Ralf Stegner, sagte am 4. März im Deutschlandfunk, das er überhaupt nicht davon überzeugt sei, dass solche Untersuchungen notwendig seien. Zudem würden Online-Durchsuchungen, ähnlich wie die Telefonüberwachung, gravierend in die Grundrechte eingreifen.
Der FDP-Innenexperte Hartfried Wolff und die Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, stellten ebenfalls eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung. In einer Pressemitteilung vom 21. März nehmen die beiden FDP-Politiker Stellung zur erteilten Antwort. Ihrer Auffassung nach hält die Bundesregierung Online-Durchsuchungen ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage für gesetzmäßig. Sie werfen der Regierung vor, die Öffentlichkeit bislang in der Diskussion um die Online-Durchsuchungen getäuscht zu haben: “Auf die Frage nach der gesetzlichen Grundlage zu den von Bundesinnenminister Schäuble verlangten Online-Durchsuchungen hat die Bundesregierung erklärt, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe schon jetzt das Recht zu Online-Durchsuchungen.” Die FDP-Politiker forderten die Bundesregierung auf, umfassend und umgehend darzulegen, welche Grundlagen und Dienstvorschriften bislang zum Thema Online-Durchsuchungen existieren und inwieweit Verfassungsschutz und andere Dienststellen Online-Durchsuchungen durchgeführt haben.

Mautdaten – Sind Terroristen neuerdings mit dem Lastwagen unterwegs?
Für Uwe Beckmeyer, dem verkehrspolitischen Sprecher der SPD, ist der Sachverhalt klar: Im Maut-Gesetz sei die Datenerhebung nur auf die Festsetzung der Mautgebühren beschränkt. Er bezweifelte den Nutzen der Daten im Anti-Terror-Kampf und stellte die Frage: „Sind die Terroristen neuerdings mit dem Lkw unterwegs? Ansonsten müsse man sich fragen, ob es in Wahrheit um die Erfassung von Pkw gehe.“ Dafür sei aber das System nicht ausgelegt.
Benneter kritisierte an den Plänen Schäubles, dass sie nicht mit den Sozialdemokraten abgesprochen worden seien. Seiner Meinung nach, würde die geplante Rasterfahndung ein Instrumentarium des totalen Überwachungsstaates sein. Sie sei nur „bei sehr schweren Straftaten und ganz konkreten Verdachtsmomenten zulässig, die sich auf eine bestimmte Personengruppe beschränken.“ Des Weiteren sprach er sich gegen die Nutzung der Lkw-Maut-Daten zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr aus.

Neue Pläne von Schäuble
Am letzten Wochenende sind nun noch weitere Sicherheitspläne von Schäuble bekannt geworden. Der Bundesinnenminister strebt eine Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes an. Das nachrichtendienstliche Informationssystem (Nadis), welches das Bundesamt für Verfassungsschutz mit den 16 Landesverfassungsschutzämtern vernetzt, soll seiner Vorstellung nach modernisiert werden. Ziel des Vorhabens sei ein verbesserter Datenaustausch. Ferner beabsichtigt Schäuble nach Auskunft der ARD-Tagesschau eine Änderung des G-10-Gesetzes (Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6636334,00.html).
Artikel 10 des Grundgesetzes umfasst das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis:

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass US-Präsident George W. Bush im Januar 2007 mit der Unterzeichnung eines neuen Postgesetzes den Sicherheitsbehörden das Recht eingeräumt hat, Briefe ohne richterliche Anordnung öffnen zu dürfen (Quelle: Telepolis))

Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur erweiterten Telefonüberwachung
Am 18. April hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur erweiterten Telefonüberwachung und die Speicherung von Telefongesprächen beschlossen. Mit dem Gesetz wird eine EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umgesetzt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Telekommunikationsfirmen künftig Daten von Telefon- und Internetverbindungen “zur besseren Verfolgung schwerer Straftaten” sechs Monate lang speichern müssen. Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei erklärt in einer Pressemitteilung am 18. April dazu: “Die große “sicherheitspolitische” Koalition: Wolfgang Schäuble und Brigitte Zypries beschneiden Arm in Arm Grund- und BürgerInnenrechte mit der Heckenschere. Ob Vollzugriff auf Passbilder und Fingerabdrücke oder verdachtsunabhängiges Speichern von Telefonaten, Mails und SMS – das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Deutschland ist ein Auslaufmodell. Generalverdacht statt Unschuldsvermutung ist die verfassungswidrige Kurzform dessen, was die Bundesregierung plant. Die Linke wird diesem Ansinnen ihren ganzen Widerstand entgegen setzen. Bürgerliche Freiheitsrechte sind ein unveräußerliches Gut, deshalb unterstützen wir die verfassungsrechtlichen Bedenken der Datenschützer gegen die Pläne der Koalition. Die Linkspartei bleibt bei ihrer Forderung: Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, über ihre Daten zu bestimmen. Sie müssen nachvollziehen können, welche Daten über sie wo und warum gespeichert werden. Sie müssen über deren Verwendung informiert werden.”
Brigitte Zypries (SPD) verteidigte am 18. April im ARD-Morgenmagazin die Neuregelung der Telefonüberwachung gar als Stärkung der Bürgerrechte. Datenschützer haben bereits eine Verfassungsklage angekündigt.

Der Kampf gegen den Terror als Vorwand zur Bekämpfung innerer Konflikte?
Der Kampf gegen Terrorismus wird offenbar nur noch mit repressiven Mitteln geführt – mit Militäreinsätzen im Äußeren und mit Überwachungsmaßnahmen im Inneren. Der ganz überwiegende Anteil der politischen Energien beschränkt sich darauf. Eine Reflexion darüber, warum eine Bedrohung durch Terrorismus besteht oder gar Überlegungen, wie man den Terrorismus mit anderen politischen Mitteln eindämmen könnte, findet von politischer Seite offenbar kaum noch statt. Im Gegenteil, wer einen Zusammenhang zwischen der Lieferung der Tornado-Kampfflugzeuge nach Afghanistan und einer weitere Verstrickung Deutschlands in einen Krieg, herstellt, wird politisch ins Abseits gedrängt. Umso mehr werden unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung Gesetze vorangetrieben, die immer mehr auf eine totale Überwachung der Bürger hinauslaufen. Der Verfolgungswahn einiger Politiker, allen voran Wolfgang Schäuble, führt dazu, dass Gesetze eingeführt werden, die tief in die demokratischen Grund- und Freiheitsrechte jedes einzelnen Bürger eingreifen. Zur Legitimation der Vorhaben wird in der Bevölkerung Angst und Unsicherheit geschürt. Man gaukelt den Bürgern vor, dass sie sich mit immer neuen Maßnahmen in unserem Land sicher fühlen könnten. Dabei ist die innere Sicherheit eines Landes entschieden mehr gefährdet durch Armut, Arbeitslosigkeit, sinkende Bildungsmöglichkeiten, sinkende soziale Absicherung und die damit verbundene steigende Kriminalität, als durch Terrorismus. Nachhaltige Maßnahmen zur Lösung der bestehenden sozialen Probleme wären ein probateres Mittel, um die innere Sicherheit in unserem Land dauerhaft aufrecht zu erhalten.
Es drängt sich in diesem Zusammenhang der Verdacht auf, ob mit dem Schüren von Ängsten bei den Bürgern und dem Sicherheitswahn und der Überwachungsmanie einiger politischer Entscheidungsträger, statt mehr Sicherheit vor Terrorismus eher von den drängenden Problemen von Arbeitslosigkeit und zunehmender Armut in unserem Landes abgelenkt werden soll – ja noch mehr, dass totale Überwachung der Bürgerinnen und Bürger weniger einem Reflex auf die Sorge vor einem Terrorismus folgen, sondern vielmehr von einer Angst konservativer Politiker getrieben wird, dass das weitere Scheitern ihrer Politik zu sozialen Konflikten in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft führen könnten, die man mit Mitteln der inneren Sicherheit unter Kontrolle halten möchte.

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