Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

  1. Arm ins Alter?
    Mit diesem Jahr endet die befristete 58er-Regelung, die noch aus der Ära Kohl stammt. Damit konnten ältere Arbeitslose offiziell darauf verzichten, dass ihnen ein neuer Job vermittelt wird, und erhielten trotzdem weiter Arbeitslosenunterstützung. Für ältere Hartz-IV-Empfänger hat es schwerwiegende Folgen, wenn diese Bestimmung gestrichen wird. Statt bis 65 Arbeitslosengeld II zu beziehen, ohne dass ihnen Jobs angeboten werden, müssen sie dann so früh wie möglich in Rente gehen – auch wenn das dauerhafte Abschläge beim Ruhegeld bedeutet. Und wenn sie nicht selbst den Rentenantrag stellen, kann das an ihrer Stelle die zuständige Behörde tun, sogar gegen ihren Willen.
    »Zwangsverrentung« nennen das Gewerkschaften und Sozialverbände. Und Christina Wübbeke vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fürchtet: »Ein erheblicher Teil der Hartz-IV-Empfänger wird künftig eine Rente erhalten, die unterhalb des Sozialhilfeniveaus liegt.« Das heißt, dass sie für den Rest ihres Lebens auf Unterstützung angewiesen sind.
    Quelle: Die Zeit

    Anmerkung: Ein Leser weist uns darauf hin, dass, wer die 58er-Regelung benutzt hat, mit 60 gleichfalls 18 Prozent weniger Rente erhält. Ab 2008 kann jeder gezwungen werden, mit diesem Abschlag in Rente gehen zu müssen.

  2. 40 Prozent mehr 55- bis 64-Jährige im Jahr 2020: Noch zu wenig betriebliche Maßnahmen für Ältere
    Sich auf ältere Belegschaften einzustellen, ist die größte Herausforderung für die Betriebe in den nächsten 15 Jahren. Betriebliche Maßnahmen für ältere Beschäftigte sind aber noch eher selten, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ihre Verbreitung hat zwischen 2002 und 2006 sogar leicht abgenommen: Der Anteil der Betriebe mit Maßnahmen für Ältere ist zwischen 2002 und 2006 von 19 auf 17 Prozent zurückgegangen.
    Die Zahl der 55- bis 64-Jährigen wird bis 2020 um rund 40 Prozent zunehmen. Ein genereller Arbeitskräftemangel ist bis dahin nicht zu erwarten: Das Angebot an Arbeitskräften wird allenfalls leicht abnehmen. Erst nach 2020 wird ein spürbarer Rückgang der Bevölkerung und damit auch des Arbeitsangebots einsetzen,
    Quelle: idw
  3. Münteferings Goldenes Kalb
    In der SPD-internen Debatte zum Arbeitslosengeld I beschädigt sich Franz Müntefering selbst. Aus Treue zur vormaligen Regierung Schröder hat er sich zu einem Agenda-Fundamentalismus hinreißen lassen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung: Es ist der Fundamentalismus von bornierten Dogmatikern, die ihre Weltanschauung über die Welt, wie sie ist, stellen.

  4. Münte wird frech
    Beim Showdown mit SPD-Chef Beck geht es um eine winzige Korrektur der Agenda 2010. Der Vizekanzler macht daraus eine Staatsaktion. Die Korrektur am Arbeitslosengeld I, die Beck vorschlägt, ist lächerlich. Sie ändert am Prinzip des Sozialabbaus, der Ausplünderung allein der sozial Schwächsten, nicht das geringste, will keinen »Politikwechsel«. In Zeiten zunehmender Spannungen in der Gesellschaft reichen aber offenbar solche Geringfügigkeiten, um prinzipielle Fragen aufzuwerfen – weit über die SPD und ihre Großkapitalfraktion hinaus. Die Schröder/Müntefering-Botschaft »Es gibt für unten nichts mehr, nur noch für oben« macht jede Sozialstaatsforderung aus dieser Sicht automatisch zur Systemgefährdung.
    Quelle: junge Welt
  5. Die Zukunft des Sozialstaats
    Der Freitag hat die Artikel im Rahmen der Debatte unter der Überschrift “Zukunft des Sozialstaates” zusammengefasst.
    Quelle: Freitag
  6. Engelen-Kefer: Kurt Beck hat Recht
    Mit der Korrektur an der Agenda 2010 würde der SPD-Chef endlich auf die Stimmung bei den Wählern reagieren. Ihr Tipp an Beck: Als nächstes medienwirksames Thema sollte er sich die Leiharbeit vornehmen
    Quelle: taz
  7. SPD enttäuscht die Dachdecker
    Die Bemühungen aus den Reihen der SPD, das wenig geliebte Projekt der Rente mit 67 aufzubohren, sind vorerst gescheitert. Prominente Kritiker des Vorhabens mussten am Freitag einräumen, ihre Vorschläge für Korrekturen an der Reform seien in weiten Teilen nicht realisierbar.
    Der jüngste Rückzieher bedeutet einen Prestige-Erfolg für Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD). Der Vizekanzler hatte sich den Änderungsplänen seiner Parteifreunde in der Rentenpolitik vehement widersetzt und – wie Elke Ferner, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, andeutete – dabei auch schlagende Argumente. Freundliche Worte kamen gestern auch vom Koalitionspartner: Es sei “gut, dass sich die Position des Arbeitsministers durchgesetzt und die SPD zur rentenpolitischen Vernunft zurückgefunden” habe, sagte der CDU-Rentenexperte Peter Weiß.
    Quelle: FR
  8. Jobmaschine Wachstum
    Die Rekordzahl der Erwerbstätigen gilt flugs als Beleg für den Erfolg der Agenda 2010. Tatsächlich wurden viele Jobs geschaffen: mit einem versteckten Konjunkturprogramm der Koalition. Über Zinsverbilligungen hat der Staat und seine Staatsbank KfW allein im vergangenen Jahr Investitionen von Immobilieneigentümern in Höhe von 30 Milliarden Euro initiiert – und damit rund eine halbe Million Arbeitsplätze im mittelständisch geprägten Baugewerbe und lokalen Handwerk gesichert oder geschaffen. Eine Regierung, die weiß, dass sie das Wachstum positiv beeinflussen kann und es auch tut, sorgt ganz automatisch für mehr Beschäftigung. So einfach ist das,
    Quelle: FR
  9. Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft bei SPD und INSM e.V.
    Antrag des Bezirks Mittelfranken auf dem SPD-Bundesparteitag.
    Quelle: Bayern SPD [PDF – 40 KB]
  10. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Edmund Phelbs hält sich derzeit in Deutschland auf – auf Einladung der INSM
    Da kann man sich schon denken, warum er hier ist, und das SZ-Interview bestätigt das auf eindrucksvolle Weise. Einige der Plattitüden, die er im Interview abgibt…
    Quelle: Oeffinger Freidenker
  11. Miegel-Institut schließt 2008
    Das Bonner Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG) wird spätestens Mitte kommenden Jahres geschlossen. Das bestätigte IWG-Vorstand Meinhard Miegel der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die Gründer, neben Miegel noch der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, hätten ursprünglich vorgehabt, das Institut zu erhalten und die Führung an einen Jüngeren zu übergeben. „Doch wir haben keinen Nachfolger für uns gefunden“, sagte Miegel dem Blatt laut Vorabmitteilung vom Samstag. Das Institut war vor genau 30 Jahren gegründet und vor allem mit seiner Warnung vor den Folgen des demographischen Wandels bekannt geworden.
    Quelle: Epoch Times

    Anmerkung: Der demografische Wandel macht eben auch vor Meinhard Miegel nicht Halt. Die dadurch bewirkte Schließung seines sog. „Instituts“ beweist einmal mehr, welche positiven Auswirkung dieser Wandel auch haben kann.

  12. Elefantenrunde gegen Arbeitslosigkeit
    Über ein Großereignis der Jahrestagung (des Vereins für Socialpolitik) muss an dieser Stelle unbedingt noch berichtet werden: das Treffen der hochkarätigen Arbeitsmarktexperten Sinn, Snower und Zimmermann, so eine Art Elefantenrunde zum Abbau der Erwerbslosigkeit. Um eins vorwegzunehmen: Richtig abgebaut war die Arbeitslosigkeit danach nicht.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: So gern man der Polemik von Thomas Fricke folgen möchte, ein Leserkommentar (Rottmann) dazu verweist völlig zu Recht darauf, dass die Herren Sinn, Snower und Zimmermann trotz mancher Differenzen sich darin einig sind, dass die hohe Arbeitslosigkeit bei Geringqualifizierten auf die zu hohen Löhnen in diesem Bereich und auf die hohen Transferentzugsraten zurückzuführen seien, welche zu geringe Anreize böten, eine Arbeit zu geringerem Lohn aufzunehmen.
    Und dieser Konsens wird sowohl von den Elefanten wie von Fricke völlig unterschätzt. Genau hier setzte die Agenda 2010 an und ist inzwischen Dogma des politischen, wissenschaftlichen wie auch journalistischen Mainstreams. Die Politiker haben sehr wohl den Wissenschaftlern zugehört und taten alles, um die markträumenden Löhne des neoklassischen Modells Wirklichkeit werden zu lassen.
    Gegen die Klagen unserer ökonomischen Spitzenleute die Rede von der “spektakulären Besserung am deutschen Arbeitsmarkt ” in das Feld zu führen, ist ein Angriff auf dem falschen Feld. So sehr man versteht, dass Fricke von der jahrelangen Miesmacherei des deutschen Standorts durch unsere “Spitzenökonomen” genug hat und sich seit einiger Zeit daran erfreut, etwas Positives zu berichten zu können, die Daten der BA sollte er doch etwas genauer studieren und nicht nur die propagandistischen Leitsätze übernehmen. Stichworte wären: der Anstieg von unsicherer und schlecht bezahlter Leiharbeit, Zunahme der ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten, Stagnation bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, von denen mehr als 2 Mio. zusätzlich einen geringfügig entlohnten Nebenjob ausüben müssen usw.

  13. Dieter Wermuth: Was den Dollar treibt?
    Es bleibt dabei: Die amerikanische Leistungsbilanz ist ein bedeutendes, wenn nicht tatsächlich das bedeutendste Ungleichgewicht der Weltwirtschaft, das durch Dollarabwertung und/oder Wachstumsdifferenzen beseitigt werden muss. Beide Prozesse laufen. Die Leistungsbilanzen spielen zusammen mit den Zinsdifferenzen (Japan!) letztlich doch die entscheidende Rolle für die Wechselkurse. Dass sie sich nicht immer sofort durchsetzen, liegt an den Interventionen der Länder, die ihre Wechselkurse zum Dollar zu stabilisieren versuchen.
    Quelle: Zeit webblog
  14. Reiche tragen leichtere Bürde
    Zehn Prozent der gut 27 Millionen Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen haben im Jahr 2003 über die Hälfte der festgesetzten Einkommensteuer gezahlt. Zu dieser Gruppe zählt, wer über 65 950 Euro verdiente. Auf ein Prozent der Einkommensreichsten entfielen immerhin 20 Prozent der Einkommensteuer.
    Man kann die Geschichte auch anders erzählen: Blickt man auf die ganze Wahrheit, also auf Steuern und Sozialabgaben, dann ergibt sich folgendes Bild: Während die obersten zehn Prozent am Markt 33 Prozent des Gesamteinkommens erwirtschaften, beläuft sich ihr Anteil am Nettomarkteinkommen, also nach staatlichen Abgaben, auf 35,6 Prozent. Relativ sind sie also noch reicher geworden!
    Quelle: FR
  15. Gutes Berlin, schlechtes Berlin
    Von der Spitze bis ans Schlusslicht: 12 Monate, 17 Rankings. Berlin durchläuft einen Städtevergleich nach dem anderen – was sagen die Ergebnisse eigentlich aus?
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung: Wie heißt es doch so schön: Souverän ist, wer über die Ranking-Kriterien bestimmt.

  16. Manager erobern Kontrolle an den Unis
    Die deutsche Wirtschaft gewinnt an Hochschulen mehr und mehr Einfluss: In den neu entstehenden Hochschulräten stellen Manager bereits ein Drittel aller Mitglieder. Von den Vorsitzenden dieser Kontrollgremien kommt sogar fast jeder zweite aus der Wirtschaft. Für die Hochschulen ein Engagement mit Zukunft.
    Je mehr Forschung die Uni im Auftrag Wirtschaft treibt, desto mehr Manager sitzen auch im Hochschulrat. Nach den Uniangehörigen und den Vertretern der Wirtschaft folgen an dritter Stelle Politiker, Vertreter der Öffentlichen Verwaltung und Richter. Unter ferner liefen rangieren dagegen die Gewerkschaften: Sie stellen nur jeden hundertsten Hochschulrat.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Von der „unternehmerischen“ zur von Unternehmern geführten Hochschule. Das Wirtschaftsblatt jubelt.

  17. Deutsches Studentenwerk: “Gesicherte Studienfinanzierung ist Grundlage für erfolgreiche Bildungspolitik”
    • 40% der Studierenden bezeichnen ihre Studienfinanzierung als unsicher
    • DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde fordert rasche BAföG-Erhöhung
    • Studienfinanzierung heute: Eltern, Jobben, BAföG – nur 2% der Studierenden erhalten ein Stipendium.

    Meyer auf der Heyde sprach sich erneut für eine rasche Anhebung der BAföG-Bedarfssätze um 10% und der Freibeträge um mindestens 9% aus. Die in Deutschland herrschende Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft, wie sie der jüngste OECD-Bildungsbericht nachweist, kann nur mit einem starken BAföG aufgebrochen werden, das den Kreis der Förderberechtigten weit in die untere Mittelschicht hinein ausweitet.
    Quelle: idw

    Anmerkung: Die Quote von 2 Prozent mag demnächst empor schnellen: An einigen Hochschulen werden die Studiengebühren dafür verwendet, Stipendien an Studierende zu vergeben. Man darf gespannt sein, wie viel das Betteln im Armenhaus bringt.
    Quelle: fzs

  18. Europas stärkste Rechtspartei in der Schweiz
    „Bist du für ihn oder gegen ihn“ – der Milliardär und Rechtspopulist Christoph Blocher stellt die Schweiz vor die Glaubensfrage. Sein Wahlkampf ist hart und polemisch. Er wird gewinnen. Ab kommender Woche ist seine SVP laut Umfragen Europas stärkste Rechtspartei Blocher als Parlamentsabgeordneter dem Land schon seit mehr als zwei Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt. Der Schweizer Isolationismus, das Nein zur EU: hauptsächlich Blochers Werk. Verschärftes Ausländerrecht, extremer Wirtschaftsliberalismus, Glorifizierung von Heimat und Nation, die enorme Wertschätzung von Armee und Landesverteidigung, der Kampf gegen „Sozialschmarotzer“ und gegen die „korrupte Elite“ der poltischen Klasse.
    Quelle: Tagesspiegel
  19. Ex-Kommandeur geißelt “Alptraum ohne Ende”
    Attacke auf George W. Bush: In bisher unbekannter Schärfe rechnet der frühere Kommandeur der US-Truppen im Irak mit der Strategie des Präsidenten ab. Ricardo Sanchez bezeichnet die Regierung als “inkompetent” und den amerikanischen Einsatz als “Alptraum ohne absehbares Ende”.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Das ist allerdings die Kritik eines Militärstrategen, mehr auch nicht. Aber selbst unter diesem Gesichtspunkt ganz interessant.