Stoiber macht Angela Merkel das Leben schwer

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Drei Beispiele für Stoibers Wirken: die 45%-Marke, die „Frustrierten“ im Osten und eine Beleidigung der Arbeitslosen in Hamburg, dokumentiert in einem Brief eines Nutzers der NachDenkSeiten an die CDU Hamburgs. Siehe unten. Eine solche Häufung lässt darauf schließen, dass Stoibers Vorstöße geplant sind. Er will Merkel offenbar beschädigen; vielleicht will er sich als Kanzler einer großen Koalition ins Spiel bringen. Das könnte sein Motiv sein. Wir wissen es nicht.

  1. Wenn Stoiber und die CSU von Angela Merkel und der CDU ein bundesweites Ergebnis von 45% verlangen, dann verlangen sie aus heutiger Sicht Unmögliches. Die Union liegt derzeit bei den Umfragen bei 42%, nach 49% noch im Juni. Der Abwärtstrend ist dem Auftauchen der Linkspartei zu verdanken – und einer immer wieder beobachteten Entwicklung, dass die regierenden Parteien im Laufe eines Wahlkampfes gewinnen und die Opposition verliert. Aus diesen Gründen sind die Zielvorgaben der CSU nicht realistisch. Man kann sie also nur so verstehen, dass man Angela Merkel am 18. September als Verliererin erscheinen lassen will.
  2. Bei einer Veranstaltung in Egloff im Allgäu sagte Stoiber Folgendes: „Ich akzeptiere nicht, dass der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Die Frustrierten dürfen nicht über Deutschlands Zukunft bestimmen.” (So berichtet “Der Westallgäuer” vom 5. August 05). Dieser Äußerung ist nicht ganz unkalkuliert. Sie stärkt das Wählerpotenzial der CSU und wohl auch der CDU in Ländern wie Baden-Württemberg und anderen westlichen Bundesländern. Sie schwächt die CDU im Osten. So unglaublich diese Äußerung ist, man sollte sich daran erinnern, dass reihenweise Kommentare in Zeitungen erschienen sind, die über die Wahlbeteiligung der Ausgegrenzten und „Frustrierten“ ähnlich jammerten wie Stoiber im Allgäu. Einen entsprechenden Beitrag aus der „Zeit“ haben wir in der NachDenkSeiten erwähnt und kommentiert.
  3. Im folgenden dokumentieren wir einen Brief an die CDU Hamburgs von Dr. Dieter Wolf, der von einer Veranstaltung mit Edmund Stoiber in Hamburg berichtet. „Sie bestreiten alles, nur nicht ihren Lebensunterhalt!“ hat Stoiber dort einigen störenden Zwischenrufern entgegengehalten. Hier der Brief, der zeigt, dass der Briefeschreiber prinzipiell kein Feind der Union ist:

Sehr geehrte Damen und Herren,

es läuft doch wieder absolut schlecht: Bei der gestrigen verregneten Wahlkampfveranstaltung an der Petri-Kirche hat Edmund Stoiber in einem Moment offen liegender Nerven sehr sehr unklug reagiert, als er einigen wenigen störenden Zurufern die herablassende Bemerkung für alle laut hörbar durchs Mikrophon entgegenschmetterte: “Sie bestreiten alles, nur nicht ihren Lebensunterhalt! Hähä.” Eine einfach unvorstellbare Geschmacklosigkeit, so etwas zu äußern. Stoiber hat gedankenlos wiederholt, womit der luftschnappende dicke Norbert Blüm vor 20 Jahren in ähnlichen Situationen hilflos “witzig” auftrumpfen wollte, was jetzt aber in der schlimmen Beschäftigungslage angesichts von 5 Millionen, außerstatistisch sogar 8 bis 10 Millionen gleichgültig durch Hartz IV in der Aussichtslosigkeit belassenen Arbeitslosen schon eine ekelhafte Verächtlichkeit war und nicht nur mich verstört hat. Dieses sinnlose hämische Mokieren dürfte den ohnehin sinkenden Siegesaussichten der Union einen weiteren Dämpfer verpaßt haben. Viele eigentlich CDU-nahe Veranstaltungsteilnehmer waren darüber hell empört und fragten sich: Warum nur konnte sich Stoiber diese maßlose Instinktlosigkeit leisten? Kommt es im Vorfeld der neoliberalen Großen Koaltion auf die Wählerstimmen der gescholtenen Arbeitslosen denn nicht mehr an? Es sind immerhin Millionen. Zählen nur noch Unternehmerverbände und deren wachsendes Auslandskapital? Vergessen Sie darüber bitte die deutsche Bevölkerung nicht, so wie es mit beispielloser sozialer Kälte und finsterer Rücksichtslosigkeit Schröder vor Ihnen getan hat. Wenn es aber so brutal wie gehabt weiter geht, gibt sich dieser sterbende “schlanke Staat” bald selber auf. Und Stoiber lacht unecht wie Schröder…

In ziemlicher Enttäuschung Dr. Dieter Wolf