„Es war nicht einfach, aber wir haben sie alle dazu gebracht, sich zu den fünf Prozent zu verpflichten […] Europa wird auf GROSSE Art und Weise Geld ausgeben, so wie es sein sollte, und das wird Dein Sieg sein“, so formulierte es der devote NATO-Generalsekretär Rutte gegenüber dem US-Präsidenten Donald Trump. Fünf Prozent. Das klingt auf den ersten Blick wenig, zumal kaum jemand sich wirklich vergegenwärtigt, dass es hier um fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts geht, was nahezu der Hälfte der gesamten Ausgaben des Bundes entspricht. Bei jedem Brötchen, jedem Bier, jedem Urlaub zahlen auch Sie künftig Ihren Zehnt für die Rüstung. Die NachDenkSeiten haben diese abstrakten Zahlen einmal auf verständliche Größen heruntergebrochen. Von Jens Berger.
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Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands betrug im Jahr 2024 rund 4.305 Milliarden Euro. Fünf Prozent davon wären also 215,3 Milliarden Euro für Rüstungsausgaben. Die Ausgaben des gesamten deutschen Bundeshaushalts beliefen sich 2024 auf 465,7 Milliarden Euro, womit die neuen Militärausgaben dann mit 46,2 Prozent fast die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts einnehmen würden.
215 Milliarden Euro. Jedes Jahr. Was ließe sich damit alles finanzieren! In Deutschland kostet beispielsweise das Schulsystem den Steuerzahler rund 9.200 Euro pro Jahr und Schüler. Für das Rüstungsbudget ließen sich also 24 Millionen Schüler unterrichten – oder halt etwas weniger, wenn man die Schulen besser ausstattet. Die Kosten für einen Kita-Platz liegen übrigens bei rund 7.700 Euro pro Jahr und Kind, die Rüstungsausgaben würden also für die Kita-Betreuung von 28 Millionen Kindern reichen. Würden die 215 Milliarden als Bundeszuschuss in das Rentensystem fließen, könnte die durchschnittliche monatliche Rente von etwa 1.300 Euro auf ca. 2.153 Euro steigen, was einer Erhöhung von etwa 65,6 Prozent entspricht. Altersarmut ade.
Und wie sieht es mit der Pflegekatastrophe aus? Ein Krankenhausbett kostet den Steuerzahler in Deutschland pro Jahr etwa 20.834-31.250 Euro (nur direkte Steuermittel) bis 131.251–147.917 Euro (inkl. Arbeitnehmeranteil der GKV). Nimmt man 140.000 Euro als Mittelwert, entspräche das Rüstungsbudget mehr als 1,5 Millionen Krankenhausbetten – wohlgemerkt inklusive der ärztlichen und pflegerischen Versorgung. Die Gesamtkosten eines Platzes im Pflegeheim liegen übrigens bei rund 60.000 Euro pro Jahr, die Rüstungsausgaben entsprächen 3,6 Millionen Plätzen – wohlgemerkt vollfinanziert, ohne Eigenanteil und ohne Pflegeversicherung.
Auch andere „dicke Brocken“ wirken im Vergleich zum Rüstungsbudget bei 5 Prozent erstaunlich klein. So betragen die Kosten für die Energiewende (über Bundeszuschüsse, Länderzuschüsse und indirekte Steuermittel) rund 60 Milliarden Euro pro Jahr. Auf die gleichen Kosten kommt das Bürgergeld. Die Kosten für die Investitionen in die Bahninfrastruktur liegen bei rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. Die Gesamtkosten für Flüchtlinge und Asylpolitik liegen bei rund 40 Milliarden Euro pro Jahr. Wenn man also die Kosten für Energiewende, Bürgergeld, Schienenverkehr und Flüchtlinge zusammenzählt, kommt man auf rund 175 Milliarden Euro – was rund 80 Prozent der kommenden Rüstungsausgaben entspricht. Ohne die Hochrüstung ließen sich – zumindest finanziell – also alle „Probleme“ lösen, über die die Politik sonst so heiß debattiert.
Wo kommt das ganze Geld her? Natürlich vom Steuerzahler, also von Ihnen. Aber was heißt das konkret?
Ein verbeamteter Lehrer der Besoldungsstufe A13 kommt nach einigen Jahren Berufserfahrung auf ein Bruttogehalt von rund 6.000 Euro pro Monat, für das er bei Steuerklasse I rund 1.500 Euro Lohnsteuern pro Monat abführen muss. Wenn 46,2 Prozent der Steuereinnahmen in die Rüstung gehen, wären dies 693 Euro. Pro Monat, wohlgemerkt. Jeden Monat würde unser Lehrer fast 700 Euro für die Rüstungspolitik der Bundesregierung bezahlen, 8.316 Euro im Jahr! Das reicht, um zumindest eines seiner Kinder studieren zu lassen.
Wenn Sie Ihr Auto mit 50 Liter Benzin E10 volltanken, zahlen sie derzeit bei einem Literpreis von 1,70 Euro 85 Euro, wobei der Steueranteil rund 1,07 Euro pro Liter, also 53,50 Euro beträgt. Wenn 46,2 Prozent der Steuereinnahmen in die Rüstung gehen, wären dies 24,72 Euro. Mit jedem Volltanken zahlen Sie also fast 25 Euro für die Rüstung.
Auch Raucher können sich künftig damit brüsten, dass sie sich in besonderem Maße für die „Landesverteidigung“ einsetzen. Heute kostet eine Zigarette einer Premiummarke im Handel rund 45 Cent, wovon stolze 27 Cent ins Staatssäckel fließen. Wenn künftig 46,2 Prozent der Steuereinnahmen für die Rüstung ausgegeben werden, sind dies 12,5 Cent pro Zigarette.
Ähnlich hoch ist der Steueranteil bei alkoholischen Getränken. In Deutschland fallen hier 13,03 Euro Alkoholsteuer pro Liter reinem Alkohol an, die Mehrwertsteuer kommt natürlich noch on top. Und auch die Biersteuer ist mit 9,4 Cent pro Liter Bier nicht zu vernachlässigen. Wer sich also künftig eine Flasche Single Malt für 50 Euro gönnt, unterstützt damit die Rüstung mit rund neun Euro; bei der Flasche preiswerten Doppelkorn vom Discounter sind es immerhin bis zu rund zwei Euro. Mit jeder Flasche Bier aus dem Supermarkt gehen rund zehn Cent in die Rüstung; trinkt man das Bier in der Kneipe oder dem Biergarten steigt die „Rüstungsabgabe“ freilich.
Richtig viel Geld wird den Rüstungskonzernen auch über die Strom- und Gas-Steuern in die Kassen gespült. Rund 20 Cent beträgt die Steuerlast pro verbrauchter Kilowattstunde, 9,25 Cent davon würden also in die Rüstung fließen. Das führt zu kuriosen Situationen. Wenn Sie sich beispielsweise den mit Rüstungslobbyisten besetzten TV-Talk von Maybrit Illner anschauen, fließt künftig allein über den Stromverbrauch Ihres Fernsehers ein Cent in die Rüstung. Und wenn Sie im Winter ordentlich heizen, unterstützen Sie nicht mehr – wie es 2022 noch hieß – „Putin“, sondern die deutsche Hochrüstung – mit durchschnittlich rund 30 Euro pro Monat.
Auch der Urlaub im Süden dürfte künftig die Kassen der Rüstungswirtschaft ordentlich klingeln lassen. Wenn Sie für 400 Euro mit dem Flieger nach Mallorca reisen, beträgt der Steueranteil inkl. Luftverkehrssteuer, Steueranteil an den Flughafengebühren und Mehrwertsteuer stolze 96,26 Euro, wovon nach der nun bekannten Formel künftig 44,47 Euro in die Rüstung gehen. Wenn Sie also mit Ihrer vierköpfigen Familie mal die Sonne genießen und die Seele baumeln lassen wollen, haben Sie – ohne es zu merken – die Rüstung mit ganzen 178 Euro frischem Geld versorgt.
Aber auch Kleinvieh macht bekanntlich Mist. Wenn Sie beim Bäcker ein Brötchen für 50 Cent kaufen, ist der Steueranteil dank des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel überschaubar. Aktuell zahlen Sie 3,3 Cent Steuern für jedes Brötchen. Doch sogar hier würde die Rüstungspolitik ihre Spuren hinterlassen. Künftig würden mit jedem einzelnen Brötchen immerhin 1,5 Cent in die Rüstung gehen.
Lassen Sie sich doch all diese Zahlen mal durch den Kopf gehen und verwenden Sie sie gerne bei Diskussionen mit Mitmenschen, die der Meinung sind, fünf Prozent wären ja gar nicht so viel. Viel Spaß dabei.
Titelbild: Onur26120/stutterstock.com