„Mandatspflichtige Beschlüsse“: Eine Aussage von Merz zu den „Sicherheitsgarantien“ lässt aufhorchen

„Mandatspflichtige Beschlüsse“: Eine Aussage von Merz zu den „Sicherheitsgarantien“ lässt aufhorchen

„Mandatspflichtige Beschlüsse“: Eine Aussage von Merz zu den „Sicherheitsgarantien“ lässt aufhorchen

Ein Artikel von Marcus Klöckner

Bundeswehrsoldaten in der Ukraine? Das Magazin Stern macht auf eine Aussage von Friedrich Merz aufmerksam, die es in sich hat. Es geht um die vielbeschworenen Sicherheitsgarantien und eine Anmerkung des Bundeskanzlers, wonach über diese Garantien gesprochen werden müsse – bis hin zur Frage „mandatspflichtiger Beschlüsse“. Was ist damit gemeint? Von Marcus Klöckner.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Genau auf die Worte von Politikern zu achten, darüber nachzudenken und auch zwischen den Zeilen zu lesen: Das gehört mit zur Aufgabe von Journalisten. Nico Fried, Chefkorrespondent beim Stern, hat das aktuell im Hinblick auf Aussagen von Bundeskanzler Merz zum Thema Ukraine und Sicherheitsgarantien gemacht. Und dabei ist ihm ein Halbsatz aufgefallen, den es tatsächlich zu beachten gilt.  

Merz sprach im Zusammenhang mit den Sicherheitsgarantien von „mandatspflichtigen Beschlüssen“, über die es zu sprechen gelte. Merz sagte:

„Bis hin zu der Frage, ob wir hier vielleicht mandatspflichtige Beschlüsse zu fassen haben.“

Das bedeutet, wie Fried anmerkt, nichts anderes, als dass der Kanzler der Bundesrepublik in den Raum stellt, deutsche Soldaten bei einem Friedensschluss womöglich in die Ukraine schicken zu wollen. Für eine solche Unternehmung bedürfte es der Zustimmung des Bundestages.

Nun ist in den Medien von dem einen oder anderen Experten derzeit zu hören, die Frage, ob Deutschland Bundeswehrsoldaten zur Friedenssicherung in die Ukraine schicken werde, sei erstmal nur heiße Luft, schließlich: Ein Frieden sei nach wie vor in weiter Ferne und Russland würde da auch noch ein Wort mitreden wollen.  

Das stimmt. Bei Lichte betrachtet, sieht es leider noch immer nicht nach einem Ende des Krieges aus. Und aller Voraussicht nach würde Russland kaum Soldaten aus NATO-Ländern akzeptieren wollen. Doch Vorsicht. Politik produziert bisweilen zwar viel heiße Luft. Viele Politiker sind aber auch Meister darin, das Wasser, in dem der Frosch sitzt, mit geringfügigen, kaum wahrnehmbaren Temperaturerhöhungen zum Kochen zu bringen.  

Soll heißen: Am Ukraine-Krieg hat sich Deutschland zunächst mit 5.000 Helmen beteiligt. Heute reden wir von Waffen, Panzern und über 40 Milliarden Euro „Hilfen“, die die Bundesrepublik der Ukraine hat zukommen lassen. Wir reden ferner von Taurus-Lieferungen, von einem Krieg, der laut Kiesewetter nach Russland getragen werden müsse – und nun von „mandatspflichtigen Beschlüssen“.  

Wir wissen nicht, wie sich der Ukraine-Krieg weiterentwickelt, ob (und wenn ja: wie) es in absehbarer Zeit vielleicht zu einem Friedensschluss kommen mag.  

In Anbetracht dessen, wie weit Deutschland bereits in den Krieg verstrickt ist, ist Gelassenheit fehl am Platz, wenn bereits der Bundeskanzler über einen Parlamentsentscheid in Sachen deutscher Bodentruppen in der Ukraine spricht.  

Für die Politik sind die Reaktionen der Medien und der „Zivilgesellschaft“ von Bedeutung. Die Reaktionen können als Leitplanken verstanden werden, die den politischen Kurs mit prägen. Zurückhaltende oder ausbleibende Reaktionen in der Frage der Sicherheitsgarantien dürften für die Politik bedeuten: Freie Fahrt voraus!  

Die Aussage von Merz ist ungeachtet der Frage, wie realistisch überhaupt derzeit eine Beteiligung der Bundeswehr an einer „Friedensmission“ in der Ukraine ist, weitreichend. Gut, dass der Stern die Bedeutung hervorhebt. Schlecht aber ist, wie ruhig noch immer weite Teile der Medien und der Bevölkerung reagieren.  

Als die deutsche Politik Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan geschickt hat, war zunächst die Rede von einem „Stabilisierungseinsatz“. Als die ersten Soldaten getötet wurden, sprachen Politiker von einem „robusten“ Stabilisierungseinsatz. In Anbetracht weiterer getöteter Soldaten rang sich die Politik vom bequemen Sessel aus irgendwann durch, von einer „kriegsähnlichen“ Situation zu sprechen.  

Was wäre, wenn deutsche Soldaten tatsächlich in die Ukraine geschickt würden?  

Der Weg von 5.000 Helmen zu Panzern war bemerkenswert kurz. Der Weg vom Reden über „mandatspflichtige Beschlüsse“ hin zu tatsächlich gefassten Beschlüssen dürfte kaum länger sein.

Titelbild: Ryan Nash Photography / Shutterstock